85 Jahre allgemeines Frauenwahlrecht in Österreich
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I. Der Kampf um das Frauenwahlrecht - 1848 bis 1918

I. Der Kampf um das Frauenwahlrecht - 1848 bis 1918
II. Die Frau als Wählerin und Politikerin - 1918 bis 1919III. Der Blick in die WeltLETZTE SEITE
Straßenkrawalle 1893
1890er – Frauen organisieren sich

Bild: Straßenkrawalle (Zeitungsillustration: Das Interessante Blatt , 31. 8. 1893)

Zahlreiche Frauenvereine, die zuallererst an Bildungs- und Berufsmöglichkeiten für Frauen interessiert waren, entstanden seit den 1880er Jahren. Eine Frauenstimmrechtsbewegung konstituierte sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der erste im engeren Sinne politische Frauenverein entstand 1893 mit dem "Allgemeinen Österreichischen Frauenverein". Ein Grund für die späte Aufnahme politischer Forderungen kann darin gesehen werden, dass einige privilegierte Frauen bereits das Wahlrecht besaßen.

Das auslösende Moment der Organisierung von Frauen war der Entzug des Wahlrechts für steuerzahlende Frauen in Niederösterreich. 1889 war die Bekanntgabe dieses Beschlusses für eine Anzahl von Lehrerinnen Anlass für eine Mobilisierung im Kampf um ihre politischen Rechte und das Frauenwahlrecht.

Die bürgerlich-liberalen Frauen versuchten, sich mittels Versammlungen und Unterschriftenpetitionen an Reichsrat und Landtag bei Politikern Gehör zu verschaffen. Wichtig waren Kontakte zu Abgeordneten, die sich für das Frauenstimmrecht einsetzten und die Petitionen der Frauenbewegung im Abgeordnetenhaus einbrachten. Das Petitionsrecht war für Frauen die einzige Form der Einflussmöglichkeit auf die Gesetzgebung und wurde von den bürgerlichen Frauen intensiv genutzt.

Im Unterschied dazu war die sozialdemokratische Frauenbewegung eng mit ihrer Parteiorganisation verwoben. Obwohl 1892 die Forderung nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts in das Parteiprogramm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ) aufgenommen worden war, fand diese wenig Unterstützung bei den männlichen Parteimitgliedern. Den sozialdemokratischen Agitatorinnen ging es darum, Frauen zu gewinnen und in die vorhandene Parteiorganisation zu integrieren, ohne auf die Wahrnehmung ihrer geschlechtsspezifischen Interessen zu verzichten.

Für die bürgerlichen Frauen waren Petitionen und Publikationen die geeigneten Mittel der Agitation, für die Sozialdemokratinnen Aufmärsche und Demonstrationen. Die Frauenbewegungen in Österreich wurden auf Grund der unterschiedlichen Zielsetzungen und politischen Strategien nie zu einer geeinigten Bewegung, wie in Großbritannien oder den USA.