Zeit poetischer Dürre
In den 1970er-Jahren schien der künstlerische Anspruch von Erich Fried gegen das politische Engagement stellenweise ins Hintertreffen zu geraten. Die Themen, die sich ihm aufdrängten und die er in seinen Gedichten verarbeitete, standen einer poetischen Sprache offenbar im Weg.
Trockene Gedichte
Ich weiß daß diese Gedichte
trocken sind
vom Staub des Unrechts bedeckt
das sie bekämpfen
Aber bleibt mir die Wahl
von anderen Dingen zu schreiben
von denen ich gerne schriebe
oder muß ich zuerst
das da schreiben
um Zeugnis abzulegen
was mich bedrückt
und gegen die die bedrücken?
Viele Zeilen
sind ohne Freude geschrieben
und was ich sage in ihnen
das sage ich ungern
Aber ich sage es doch
denn es muß gesagt sein
unverschleiert
bitter vom Staub des Unrechts
Und wenn es trocken ist
so sind daran auch die schuld
die schuld daran sind
daß es gesagt werden muß
(1974, GW 2, 141f.)
Mit diesem Dilemma hatte Fried bis zuletzt zu kämpfen, und so schien er sich noch 1987 in „Am Rand unserer Lebenszeit“, einem seiner letzten Gedichtbände, Mut machen zu müssen. In einem „Vorspruch“ schrieb er von der „unbeholfenen Wahrheit“, die sich den geschliffenen Worten entgegenstelle: „Dann muß nicht immer / Kunstfertigkeit der Sprache / an ihr sich versuchen // Nein, unverbessert / und unverbesserlich / ist sie am besten“ (1987, GW 3, 230).
1) Eine Begabung wächst heran und behauptet sich langsam 2) Der lange Weg zum ersten Buch in Deutschland 3) „Ein Soldat und ein Mädchen“. (K)Ein Roman 4) Wiedergefundene Sprache 5) „Gruppe 47“. Eine späte Heimkehr 6) Zeit poetischer Dürre 7) Gedichte als Bestseller 8) Alternativlos und mechanisch. Ein Dichterleben
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Kapitelübersicht
» 1) Eine Begabung wächst heran und behauptet sich langsam
» 2) Der lange Weg zum ersten Buch in Deutschland
» 3) Ein Soldat und ein Mädchen. (K)Ein Roman
» 4) Wiedergefundene Sprache
» 5) Gruppe 47. Eine späte Heimkehr
» 6) Zeit poetischer Dürre
» 7) Gedichte als Bestseller
» 8) Alternativlos und mechanisch. Ein Dichterleben