Phantasien der Wiederholung; Losers Geschichte; Die Schwellen

Notizbuch, 160 Seiten, 18.08.1982 bis 16.12.1982

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Beschreibung

Das 160 Seiten umfassende Notizbuch enthält tägliche Einträge von 18. August bis 16. Dezember 1982 mit einer durchschnittlichen Länge von 1-2 Seiten, vereinzelt bis zu 5 Seiten (z.B. ein Eintrag während Handkes Frankreichreise vom 31. August oder während der intensiven Arbeitsphase an Der Chinese des Schmerzes am 3. Dezember) oder auch nur wenigen Zeilen (wie ein kurzes Lektürezitat am 18. Oktober).

Orte und Reisen

Zu Beginn der Aufzeichnungen am 18. August befindet sich Handke in Salzburg (er notiert am 19. August einen Besuch im Großen Festspielhaus – »"Die Schöpfung"«). Am 27. August reist er nachts nach Paris, besucht von dort in die Orte Chartres, Ètampes, Ormoy-la-Rivière, Boissy-la-Rivière, Chantilly, fährt wieder nach Paris, weiter nach Laon, Clamart oder Rouen (je nachdem, welche Fontaine Sainte-Marie gemeint ist) und Étretat. Am 5./6. September 1982 fliegt er vom Charles de Gaulle-Airport nach Venedig, danach notiert er als Stationen Treviso, Venedig, Padua, Mestre, Bahnhof Warmbad Villach, bis er am 12. September 1982 »back home« ist, allerdings ist damit noch nicht Salzburg gemeint. Ab 13. September 1982 notiert er die Orte Tainach, Tscherberg, Rinkolach, Edling, Humtschach, Hemmaberg, Stift Griffen, Mölltal, Spittal a.d. Drau und Schwarzach-St. Veit, bis er am 17. September 1982 »wieder in S« ist. Ab dann folgt ein längerer durchgehender Aufenthalt in Salzburg (immer wieder versieht er Notizen mit der exakten Ortsangabe »Mönchsberg« fest), wo er umliegende Orte oder Stadtteile erkundet: Anif, Gois, Siezenheim, Wals, Viehausen. Am 5. Oktober 1982 ist eine Fahrt nach Biel »als Heimbegleiter für E. H.« dokumentiert und ein anschließender sofortige Rückflug nach Wien: »[ich bin in Wien]«. Der Aufenthalt in Wien (mit Museumsbesuchen) dauert bis 7. Oktober, die Rückreise erfolgt über Linz nach Salzburg mit der Bahn. Danach hält sich Handke durchgehend in Salzburg und den umliegenden Orten bzw. Stadtteilen auf, u.a. am 1. November in »Hallein« oder am 3. Dezember in »Tamsweg«).

Datierung, Zitate und Mottos auf den Vorsatzblättern

Das Beginndatum des Notizbuchs ist auf dem vorderen Vorsatz mit »18. August 1982 –« vermerkt (S. I), ein Enddatum fehlt. Die Blätter I und II des vorderen Vorsatzes enthalten neben Handkes Salzburger Wohnadresse und Telefonnummer drei Textzitate oder Mottos. »"Gehe hinaus, Ahas entgegen, ... an das Ende der Wasserleitung des oberen Teiches, am Wege beim Acker des Walkmüllers" (Jesaja 7,3) [a. 36,2]«: Dieses Zitat auf Blatt I hatte Handke bereits im vorangehenden Notizbuch (vgl. ÖLA SPH/LW/W100) auf den hinteren Vorsatz eingetragen. Ebenfalls auf Blatt I notierte er eine Passage von/zu Francis Ponge: »"Monde muet, ma seul patrie..." (Francis Ponge) ... je ne vous quitte pas verres, herbes, maisons, lettres.« Auf Blatt II schrieb er in Großbuchstaben folgendes Motto: »"WAS IST, DIENT ZUM BESITZ WAS NICHT IST, DIENT ZUM WERK" (Tao-Te-King) oder Malherbe als Motto? (Si l’enfer.....)«, (vgl. auch die gleichlautende Notiz am 3. Dezember 1982). Unter diesem dritten Zitat ist mit etwas Abstand der Begriff »Die Leere« notiert.

Folgende beiden Titel für Werkprojekte sind auf dem vorderen Vorsatz untereinander eingetragen: »Phantasien der Wiederholung [/] (ab 13.10.82.) Losers Geschichte (Der Chinese des Schmerzes) [/] Die Schwellen (Versuch über die Schwellen)«.

Am hinteren Vorsatz verwendet Handke eine Seite (Bl. I*) noch für zwei letzte datierte Notizbucheinträge. Auf Blatt II* oben endet der letzte datierte Eintrag vom 16. Dezember 1982, unter dem Handke einen Buchtitel vermerkt: »Willem Frederik Hermans: Nie mehr schlafen" R. Wunderlich Verlag«. Darunter ist elf Mal untereinander die Phrase »Es ist so tragisch« eingetragen, daneben stehen Notizen mit Telefonnummern und die durchgestrichene Notiz einer Berechnung zur geplanten Anzahl an Arbeitstagen bis zur Fertigstellung des Textes (vermutlich von Der Chinese des Schmerzes).

Die letzten Seiten des Notizbuchs sind von 13. bis 16. Dezember datiert und weisen zahlreiche Streichungen und Überschreibungen auf. Die Korrekturnotizen zu Der Chinese des Schmerzes, die bis in den hinteren Vorsatz reichen, sind überschrieben mit notierten Adressen und Telefonnummern – oder umgekehrt: zuvor gemachte Notizen wurden mit den Korrekturen zu Der Chinese des Schmerzes überschrieben.

Wie in den meisten Notizbüchern Handkes sind am hinteren Vorsatz Telefonnummern, Bahnverbindungen und Ortsnamen zu finden, zudem ein Zitat aus Ponges Malherbe, das Handke am vorderen Vorsatz mit der Frage »oder Malherbe als Motto?« bereits andeutet: »Et si l’enfer est fable au centre de la terre / Il es vrai dans mon sein (Malherbe)«.

Die auffällige Abkürzung »(O.)«

Auch in diesem Notizbuch verwendet Handke die Abkürzung »(O.)« (Orakel?) für bestimmte Notizen, z.B. am 23. August 1982: »Lebensart ist Pflichtbewußtsein (O.)«, am 19. September 1982: »Die Wendung ist es (O.)«, »L.s Schlafzimmer ist mehr eine „Kammer“ ( O.)«, am 19. Oktober 1982: »Wir werden nicht alt (O.)«, am 24. Oktober 1982: »Wenn ich betrachte, ist alles in Ordnung (O.)«, am 27. Oktober 1982: »Ich bilde mich aus im Zeithaben (O.)«, am 28. Oktober 1982: »Ruhig absetzen (O.)«.

Auffällig sind auch vereinzelte Verweise und Erinnerungen an Beobachtungen und Empfindungen (z.B. zum Stichwort »Einsamkeit«), die zeitlich zurückliegen, z.B. ein Aufenthalt in New York 1978, und am 18. November 1982 auch ein Rückbezug auf 1971: »Schöner Tag heute, dank wem? vgl. 18. November 1971«. (ck)

Werkbezüge

Über die Dörfer

Das Notizbuch enthält nachträgliche Anmerkungen zu Über die Dörfer, dessen Uraufführung am 8. August 1982 in Salzburg stattfand. Handke vermerkt im ersten Eintrag am 18. August 1982: »(... hat den Anfang geboren, die Sonne der Gerechtigkeit, Ambrosius; ich habe doch alles schon gesehen! ÜdD)«; am 22. August 1982: »Das Blau des Himmels zieht wieder einmal weg nach Süden (letzte Vorstellung ÜdD, 12h30); nein, das Blau kommt zurück (13h30)«; Auch während seiner anschließenden Reise nach Frankreich notiert er in Chartres am 27. August 1982 in einem hauptsächlich DCS gewidmeten Eintrag: »Es gibt nichts Gewaltigeres als diese so ekstatische wie beherrschte Musik Joh. Seb. Bachs! und ich dachte dabei an ÜdD: ein mit allen Wassern gewaschenes Stück, im besten Sinn;« Zuletzt schreibt er am 31. August 1982: »ein Kunstgriff etwa war es in ÜdD, die Sätze der Überlieferung und der großen Literatur (Tao-te-King u. Nietzsche, usw.) als „Sprichwort“, als „Volksmund“ aus diesem und jenem „Tal“ auftreten zu lassen«. (ck)

Der Chinese des Schmerzes

ÖLA SPH/LW/W101Dieses 160 Seiten umfassende, zwischen 18. August und 16. Dezember 1982 entstandene Notizbuch ist die Hauptquelle zur ersten Textfassung von Der Chinese des Schmerzes, die Peter Handke am 12. Oktober 1982 zu schreiben begann. Wie bereits im vorangehenden Notizbuch von April bis August werden darin zahlreiche projektbezogene Einträge mit dem Symbol »« oder auch mit Bezeichnungen wie »L’s. Geschichte« und »L.’s G.« ausgewiesen, von denen hier nur einzelne Beispiele genannt werden.

Überlegungen vor dem Schreibbeginn

Von 18. bis 27. August befand sich Handke in Salzburg. Nur an zwei Schwerpunkttagen, am 18. und 19. August, enthält das Buch Notizen zu Der Chinese des Schmerzes, die vor allem der Charakterisierung seines Protagonisten gewidmet sind. Ab dem Beginn einer Reise am 27. August, die ihn zuerst nach Frankreich (Chartres und weitere Orte in und um Paris), danach nach Italien und über Kärnten zurück führte, entstanden erneut vereinzelte, nicht tägliche Einträge zum Werkprojekt, die eher allgemeine Anmerkungen zur Erzählhaltung enthalten, so z.B. bei Handkes Besuch der Kathedrale von Chartres: »Nimm dir die gewaltige stille Einförmigkeit und Vielfältigkeit der Figuren am Portail Royal vor als Vorbild, als Wegweiser für L.s Geschichte!!« (S. 11) oder am 2. September: »L's Geschichte muß sich ausschließlich aus so gewaltigen wie unanständigen Elementen zusammenfügen« (S. 23). Es folgten punktuelle Einträge zu Der Chinese des Schmerzes am 5. und 10./11. und 14./15. September, die bereits klare Vorstellungen zur Entwicklung des Protagonisten Loser wiedergeben, wie z.B. »jedenfalls: seßhafter Beruf mit vielem tagsüber, Nachmittage und Abende allein! « (S. 33). Nachdem er am 17. September wieder nach Salzburg zurückgekehrt war, begann Handke ab 20. September, täglich Notizen zur Erzählung festzuhalten, die – je näher der Arbeitsbeginn an der ersten Textfassung rückte – zunehmend an der konkreten Handlung orientiert waren, z.B. am 28. September 1982: »Tatmoment in L’s Geschichte« (S. 62) oder der zentrale »Chinesentraum« am 29. September 1982 (S. 64). 

ÖLA SPH/LW/W101Am 1. Oktober 1982, elf Tage vor dem Beginn der Niederschrift, notierte Handke: »Man muß geschwollen sein von Erzählung (und allmählich bin ich so weit mit L.’s Geschichte – die zwei Warnlichter an der Goiser Kirchturmspitze)« (S. 67). Nachdem er am 8. Oktober von einem Wienbesuch nach Salzburg zurückkehrte, ist eine Zunahme an ausformulierten Erzählpassagen und Sätzen für die Erzählung zu bemerken, der Schreibbeginn stand unmittelbar bevor.

Arbeit an der ersten Fassung

Dass Handke am 12. Oktober mit der Niederschrift begann, geht aus dem Notizbuch nicht direkt hervor. Erkennbar ist, dass ab diesem Datum die Notizen nahezu ausschließlich auf das Projekt konzentriert waren, sowohl inhaltlich in Form von Erzählideen, Ergänzungen und Korrekturen als auch den eigenen Fortschritt an der Arbeit kommentierend, wie z.B. am 28. Oktober: »Gerade freute ich mich auf jeden Tag bis Weihnachten (ob bis dahin L.’s Geschichte fertig ist?)« (S. 96). Die Notizen vom 28. Oktober 1982 enthalten auch erste mit »Korr.« versehene Überarbeitungen für den bis zu diesem Datum geschriebenen Text. Die Anmerkungen beziehen sich weiters auf zentrale Elemente, etwa die Präzisierung des »Tatmoments«: »Totschlag findet statt vor dem Tarockspiel, auf einem Umweg (L. ist zu früh dran)« (S. 96) oder zur Konstruktion der Metaerzählung: »im Café: unauffällig der gelbe Bleistift auf dem Tisch (L. als sein Autor!) [...] der gelbe Bleistift wird immer auftauchen« (S. 97). Zur Wiedergabe der erzählten Zeit notierte Handke am 31. Oktober: »Erst nach dem Totschlag beginnt die Schilderung des Morgens, des Mittags, des Tags (bis dahin war immer nur Abend und Nacht)« (S. 102).

ÖLA SPH/LW/W101Wie als Begleitkommentar zur Arbeit an der ersten Textfassung enthält das Notizbuch Überlegungen zur genaueren Ausgestaltung der Erzählung, so etwa am 3. November: »L.’s Geschichte: im Fortgang den Mittelgrund verstärken [...] + nunc-stans-Momente, unauffällig« (S. 107).  Am 8. November notierte Handke eine Idee zur Selbstreferenz: »Der "Gastgeber", "Hausherr" beim Kartenspiel werde ich sein (Parodie!) [Maler / Priester / Politiker / Loser / Hausherr [...]« (S. 115).  Die Chronologie der Notizen entspricht etwa der Chronologie der Erzählung, ein Beleg für ein den Schreibprozess »begleitendes Notieren«: So scheint der Figurenname »Tilia« erst spät, am 27. November, erstmals auf (S. 136) und zum Epilog des Buches hielt er erst am 5. Dezember fest: »Letztes kurzes Kapitel (Epilog): Die Weltzeit« (S. 148). Bis zum ersten (vorläufigen) Ende seiner Arbeit an der Erstfassung am 18. Dezember traten im Notizbuch Abkürzungen wie »Anf.« (=anfügen), »K« (=Korrektur), »Korr.«, »E« (=Einfügung/Ergänzung?) stark in den Vordergrund.

Titel und Kapitel

Zur Titelfindung, die sich nahezu über den gesamten Entstehungszeitraum der ersten Fassung erstreckt, überlegte Handke neben den anfänglichen Bezeichnungen »L.'s Geschichte« oder »Losers Geschichte« am 29. Oktober erstmals eine neue Variante: »Ein anderer Titel für L.’s Geschichte: Der Betrachter greift ein« (S. 98). Am 3. November folgt die nächste Notiz mit Bezugnahme auf den (späteren) Titel, ohne diesen als solchen in Betracht zu ziehen: »Der Chinese des Schmerzes hockt im Türspalt (er mußte sich hinhocken)« (S. 107). Zur Kapitelstruktur überlegte er am 19. November: »4 Kapitel v. L.’s Geschichte: Der Betrachter wird abgelenkt / Der Betrachter greift ein / (4) Der Betrachter betrachtet / (3) Der Betrachter wird betrachtet« (S. 126); eine weitere Titelidee präzisierte am 23. November: »Das Mädchen vom Flughafen sagt zu L.: "Sie sehen aus wie der Chinese des Schmerzes" [Der Chinese des Schmerzes – Untertitel: Losers Geschichte]« (S. 131). Den alternativen Titel »Die Schwellengeschichte« überlegte Handke am 1. und 3. Dezember, als das Ende der Arbeit an der ersten Fassung sich bereits abzeichnete: »Ja, L.’s Geschichte soll DIE SCHWELLENGESCHICHTE heißen! (und jetzt muß ich die nächsten 20 Tage nur noch bei Kräften bleiben...)« (S. 142). Dessen ungeachtet fiel Handkes Wahl zuletzt auf »Der Chinese des Schmerzes«.

Lektürenotizen

Vom 18. August bis zum Schreibbeginn der ersten Textfassung am 12. Oktober notierte Handke regelmäßig Lektürezitate, vorwiegend aus verschiedenen Büchern der Bibel, insbesondere dem Buch Jesaja. Zusätzlich werden weitere Werke oder Autoren vereinzelt zitiert (siehe tabellarische Daten). Während der konzentrierten Schreibphase sind Notizen zu Lektüren kaum mehr zu finden.

Zeichnungen

Das Notizbuch enthält drei kleine Skizzen am 21. November (S. 127) sowie am 1. (S. 139) und 3. Dezember (S. 146), die der Verdeutlichung des Beschriebenen (der »Untersbergabfall«, ein nach oben gestreckter Daumen, ein »Tautropfenrinnsal«) dienen. Für die Werkentstehung aufschlussreich ist jedoch vielmehr eine Notiz, ebenfalls am 3. Dezember, in der Handke seine Idee für den Buchumschlag festhielt, die den »Tatmoment« der Erzählhandlung darstellen sollte: »Zeichnung wie David und Goliath, David mit Schleuder, Goliath fallend (A. soll zeichnen)«. Eine an diese Überlegung anknüpfende Titelzeichnung – zwei Beine, neben denen ein Stein auf dem Boden liegt – wurde am Umschlag der Erstausgabe umgesetzt. (ck)

Forschungsbeitrag

Phantasien der Wiederholung

In diesem Notizbuch sind keine expliziten Bezüge zum Schreibprojekt Phantasien der Wiederholung erkennbar, der Werktitel ist allerdings als erster von drei Titeln auf dem Vorsatzblatt eingetragen, was auf eine noch nicht abgeschlossene Beschäftigung mit dem Projekt hinweist. Die Notizbucheinträge geben indes keine nähere Auskunft über Arbeiten an der Fertigstellung von Phantasien der Wiederholung, das erst im folgenden Jahr, am 20. September 1983, im Suhrkamp Verlag erschienen. (ck)

Die Wiederholung

Am 31. August 1982 ist in diesem Notizbuch erstmals eine Notiz mit dem Kürzel »(DW)« versehen, zuletzt notierte Handke im vorangehenden Notizbuch während seiner Sardinienreise, von der er am 8. August nach Salzburg zurückkehrte. Am 15. September 1982 fällt ein Bezug auf die spätere Kapitelüberschrift in Die Wiederholung auf: »Blinde Fenster und leere Viehsteige, immer wieder«; Auch Lektürenotizen bezieht Handke in seine Notizen für DW mit ein: »Immer wenn ich bei Jesaja "im Lande" lese ("Denn wo dein Recht im Lande geht, so lernen die Bewohner des Erdbodens Gerechtigkeit"), so sehe ich vor mir Jugoslawien (Slovenien) [DW!]« (19. September 1982). Und am selben Tag notiert er: »Ich habe wohl alles erlebt, was ein Mensch auf Erden (an Weltweite) erleben kann, und ich will das Wiederholen, besser: ich erwarte vertrauend die Wiederholung«. Danach wendet sich Handke von September bis Dezember 1982 fast ausschließlich seinem Projekt Der Chinese des Schmerzes zu. (ck)

Am Felsfenster morgens

Einträge aus diesem Notizbuch sind ins Journal Am Felsfenster morgens (AF, 9-15) übernommen worden. Zudem übernimmt Handke in Am Felsfenster morgens das auf dem Vorsatzblatt notierte Zitat »"Monde muet, ma seul patrie..."«, eine Lieblingsmethaper Francis Ponges (vgl. Huber 2005, S. 216). (ck)

Siglenverzeichnis

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Eingetragene Werktitel (laut Vorsatzblatt): 

Phantasien der Wiederholung; (ab 12.10.82) Losers Geschichte (Der Chinese des Schmerzes); Die Schwellen (Versuch über die Schwellen)

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  18. August 1982 bis 16. Dez. 1982
Datum normiert:  18.08.1982 bis 16.12.1982
Entstehungsorte (laut Vorsatzblatt): 

Salzburg

Zusätzlich eingetragene Entstehungsorte: 

Salzburg (18.8.1982), Fuschler Ache (19.8.1982), Anif (24.8.1982), Liefering (25.8.1982), Paris (27.8.1982); Chartres (27.8.1982), Étampes Ormoy-la-Rivière (Valée de la Juine) (28.8.1982), Boissy-la-Rivière (28.8.1982), Chantilly (Musée Condé) (29.8.1982), St. Julien-le-Pauvre (Paris) (30.8.1982), St. Vincent de Paul (Paris) (31.8.1982), Gare du Nord (Abfahrt nach Laon) (31.8.1982), Villers-Cotterêts (31.8.1982), Laon (Kathedrale) (31.8.1982), Fontaine Sainte-Marie (Clamart oder Rouen?) (1.9.1982), Étretat (3.9.1982), Charles de Gaulle Airport (5.9.1982), Venedig (6.9.1982), San Giorgio (6.9.1982), Giudecca (7.9.1982), Biennale di V[enezia] (7.9.1982), Treviso (7.9.1982), Venedig (10.9.1982), Padua (10.9.1982), Mestre (10.9.1982), Bahnhof Warmbad Villach (11.9.1982), »(back home)« (Kärnten? 12.9.1982); Tainach (13.9.1982), Tscherberg (13.9.1982), Rinkolach Edling (13.9.1982), Humtschach (14.9.1982), Hemmaberg (14.9.1982), Stift Griffen (15.9.1982), Mölltal (15.9.1982), Schwarzach-St. Veit (15.9.1982), Spittal a.d. Drau (15.9.1982, notiert am 16.9.1982), »wieder in S.[alzburg]« (17.9.1982); Anif (23.9.1982, notiert am 24.9.1982), Gois (24.9.1982); Siezenheim (25.9.1982), Wals (25.9.1982), Viehausen (28.9.1982, notiert am 29.9.1982); Biel (5.10.1982, »als Heimbegleiter für E.H.«), Wien-Schwechat, Wien, Kärntner-Str. (5.10.1982); (Gemäldegalerie der Akademie der Bildenden Künste, 6.10.1982); Grinzing, Grinzinger Steig (6.10.1982); Weidling (6.10.1982); Klosterneuburg (6.10.1982); Innenstadt, Akademiestraße (6.10.1982); Wien-Mauer, Rodaun (7.10.1982); Linz "Zur Lokomotive" (7.10.1982); Flughafen, Walserfeld (8.10.1982); Walserfeld (9.10.1982); M[önchs]b[er]g., Nacht (9.10.1982); Loig (10.10.1982); Gois (11.10.1982); Maria Plain (13.10.1982); M[önchs]b[er]g. (14.10.1982); Wals (16.10.1982); S[alzburg], Walserfeld, Aiglhof (16.10.1982); M[önchs]b[er]g. 17c (19.10.1982); Hallein (1.11.1982); Tamsweg (3.12.1982)

Materialart und Besitz

Besitz 1:  Deutsches Literaturarchiv Marbach
Art, Umfang, Anzahl: 

1 schwarzbraunes Notizbuch, gebunden, unliniert, 160 Seiten, I-III, pag. 1-160, I*-III*

Format:  10,5 x 14,6 cm
Schreibstoff:  Bleistift, Kugelschreiber (blau), Fineliner (rot, schwarz, dunkelblau)
Weitere Beilagen: 

getrocknete Pflanzen zw. S. 34/35 und S. 80/81 (im DLA aus konservatorischen Gründen gesondert abgelegt)

Nachweisbare Lektüren

An Hinweisen zu Handkes Lektüre während des Eintragungszeitraums des Notizbuches können durch einzelne oder mehrmalige Lektürenotizen ermittelt werden:

  • Bibel (kontinuierliche Lektüreeinträge ab 18.8.1982, immer während der Aufenthalte in Salzburg): Buch der Sprichwörter, Buch Johannes, Offenbarung, Psalmen, Ezechiel und insbesondere Jesaja (Buch Jesaja regelmäßig ab 22.8.1982 bis Anfang Oktober 1982); z.T. zitiert n. Text der Lutherbibel von 1545
  • Walter Benjamin (22.8.1982)
  • Francis Ponge: Pour un malherbe (4.9.1982ff.)
  • Magi{st}er: Sprichwörtersammlung
  • Rudolf Steiner: Die Schwelle der geistigen Welt (6.10.1982)
  • Martin Heidegger: Nietzsche (24.10.1982)
  • Tao-Te-King (24.10.1982, »gibt mir viel Mut zu L.’s Geschichte«)
  • Simone Weil
  • Theokrit: Die Zauberinnen

Ergänzende Bemerkungen

Illustrationen: 

 

  • S. 54 (24.9.1982) geschwungene Doppellinie (Baumstamm?)
  • S. 56 (24.9.1982) gekreuzte Linien
  • S. 127 (21.11.1982) befindet sich eine kleine, aus wenigen Strichen erstellte Skizze zur Andeutung eines Berghangs neben der Notiz »Untersbergerfall: Klondikepass [...] dagegen die viel sanftere Steiglinie am linken Gaisberg [...]«
  • am 1.12.1982 ist eine in den Text gezeichnete Hand mit nach oben gestrecktem Daumen zu sehen: »Siegeszeichen mit dem bloßen Daumen«
  • am 3.12. die Skizze eines »Tautropfenrinnsal« in Form mehrerer kleiner Kreise in der Textzeile.
  • Zum Umschlag von Der Chinese des Schmerzes vermerkt Handke: »Zeichnung wie David und Goliath, David mit Schleuder, Goliath fallend (A. soll zeichnen)« (3.12., S. 144)