„Geschichte der Wiener Hofburg“ von Hofarchitekt Johann Aman (30. 6. 1827 - 20. 1. 1835)
Ad Num 8051 Bittsch:
Der Hofarchitekt Aman bittet, ein von ihm verfaßtes Werk, unter dem Titel:
Die Entstehung der k.k. Hofburg, durch Grundpläne und Aufriße dargestellt, und mit kurzen Erklärungen erläutert
welches er im Wege der Praenumeration herauszugeben gedenkt, E. M. widmen, und die Reinzeichnung der Original-Handzeichnungen in die Ah. Privatbibliothek niederlegen zu können.
In Ermangelung an Plänen, und überhaupt einer näheren bestimmten Kunde über die eigentliche Entstehung der Hofburg habe er während 16. Jahren seine Nebenstunden dieser Nachforschung gewidmet, und durch fleißiges [fol. 1v] Untersuchen der vorhandenen verschiedenen Bau-Bestandtheile der Hofburggebäude, dann Benützung der Archive und einzelnen Daten von Geschichtforschern, sey es ihm gelungen, vom Ursprunge – d.i. vom J. 1216 unter Leopold VII. Herzog von Oesterreich an, bis auf gegenwärtige Zeit ein zuverläßiges zusammenhängendes Ganze zusammen zu stellen.
Ob das Werk des Hofarchitekten Aman hinsichtlich des inneren Werthes sowohl, als der aeusserlichen Ausstattung der angesuchten Ehre, E.M. gewidmet zu werden, nicht unwürdig seye? hierüber dürfte die Zensur, welche das Manuskript entweder geprüft, oder prüfen [fol. 2r] wird, ihre Meinung abgeben. Vorausgesetzt, daß der Verfasser seine Aufgabe glücklich gelöst habe, scheint es, daß ein Werk über einen so interessanten Gegenstand, als die Hofburg ist, keinem andern Mecönas, als dem erhabenen Burgherrn selbst, gewidmet werden dürfte.
Uebrigens ob die Original-Zeichnungen dieses Werkes, anstatt in die Ah. Privatbibliothek, wie Aman antragt, am zweckmäßigsten in das Hofbauamt niedergelegt werden dürften, stelle ich dem Ermessen E.M. allerunterthänigst anheim.
Endlich muß ich bemerken, daß die 2 von Aman [fol. 2v] seinem Gesuche beygelegten lithographischen Muster mir nicht zugekommen sind.
Wien den 30. Juny 1827.
Young
[Abschrift der kaiserlichen Resolution von der Hand des Kabinettssekretärs und Bibliothekars der Privatbibliothek Peter Thomas Young]
Ah. Cabinetsschreiben.
Lieber Graf Sedlnitzky
Ueber das beyliegende Gesuch Meines Hofarchitekten Aman, der Mir ein von ihm über die hiesige Hofburg verfaßtes Werk widmen zu dürfen bittet, erwarte Ich Ihre gutächtliche Aeusserung, ob dasselbe der angesuchten Auszeichnung würdig sey?
Baden den 23. July 827.
Franz
[fol. 3r]
Ad N 8051827
Im Jahre 1827 hat der Hof-Architekt Aman Euere Majestät um die Gnade gebethen ein von ihm verfaßtes Werk, unter dem Titel:
Die Entstehung der k.k. Hofburg durch Grundpläne und Aufriße dargestellt, und mit kurzen Erklärungen erläutert,
widmen, und die Reinzeichnung der dießfälligen Originale in die Ah. Privatbibliothek niederlegen zu können.
Gedachtes Werk will er übrigens im Wege der Pränumeration herausgeben.
Auf die in dieser Sache von dem sel. Hofr. Young abgestattete hier ehrfurchtsvoll reproduzierte Aeußerung; erging nun unterm 23tn July 1827 an den Grafen Sedlnitzky das Ah. Cabinetsschreiben; daß er sein Gutachten abgeben solle, ob das in der Frage stehende Werk der angesuchten Auszeichnung würdig sey? [fol. 3v]
Ew. Majestät haben mir neulich mündlich zu befehlen geruht, daß ich nachsehen solle, was seither in dieser Sache geschehen sey?
Da ich nun im geh. Cabinete erfuhr, daß Graf Sedlnitzky sein Gutachten noch nicht erstattet hat; so hängt es von Allerhöchstdero weisem Ermeßen ab, ob dieser gegen dritthalb Jahre anhängliche Gegenstand urgirt werden darf. – Die Sache scheint mir für die Geschichte der vaterländischen Baukunst von mehrfachem Interesse zu seyn; auch will Aman – wie ich vernommen habe – wenn einmahl sein gedachtes Unternehmen im Gange ist; etwas Aehnliches über die St. Stephanskirche und das kais. Lustschloß Schönbrunn herausgeben. – Vorgearbeitet hat er bereits seit vielen Jahren. Wien den 16tn Jänr 1830
Kloyber[1]
[kaiserliche Resolution]
Ich erlasse zur Betreibung dieser Sache das Erforderliche an den Grafen Sedlnitzky
Wien den 24. Jänner 836
Franz m.p.
[fol. 5r]
ad Num 16347 834.
Die Kinder des sel. Hofarchitekten Aman; Johann unentgeldlicher Praktikant der k.k. n.ö. Kameral-Gefällen-Verwaltung, und seine beiden Schwestern Amalie und Adelberte bitten demüthigst:
um gnädigste Abhülfe ihrer durch den Tod ihres Vaters herbeygeführten bedrängten Lage, und wagen bei dieser Veranlaßung die von ihrem Vater in 35 Blättern entworfenen Grund- und Ansichtspläne über die Entstehung und nach und nach erfolgte Vergrößerung der k.k. Hofburg ab anno 1216 bis 1815, mit der Bitte um huldvolle Annahme zu Füßen zu legen.
Zeuge Cab. Zahl 8051 hatte Hofarchitekt Aman, der im Sinne gehabt hat, diese Pläne mit kurzen Erläuterungen im Wege der Pränumeration herauszugeben im Jahre 1827 um die gnädigste Vergünstigung gebethen: das Werk Eurer Majestät widmen, und die Reinzeichnung in der Allh Privatbibliothek niederlegen zu dürfen.
[fol. 5v]
Dieses Gesuch geruhten Allerhöchstdieselben unterm 23tn Juli 827 dem Grafen Sedlnitzky zur gutächtlichen Aeußerung zuzuweisen; und als diese selbst nach dritthalb Jahren nicht erfolgte, sie unterm 24tn Jänner 830 neuerdings abzuverlangen.
Noch ist aber meines Wißens diese Vergutachtung bis zur Stunde – wahrscheinlich aus triftigem Grunde nicht heraufgelangt. Indessen behebt sich durch den Tod des Bittstellers auch ihr Zweck.
Die mir von Eurer Majestät vor einigen Tagen übergebenen Pläne habe ich genau durchgesehen, und sie alle in einem guten Zustande gefunden. Die meisten sind ihrem Inhalte nach sehr interessant. Sie sind das Resultat 16jähriger Forschungen, und bilden ein Ganzes, welches einen Zeitraum von 600 Jahren umschließt. Schwerlich dürfte über diesen Gegenstand etwas Ähnliches existieren.
Was die Glaubwürdigkeit dieser Darstellungen betrifft; so kann ich mir darüber zwar kein Urtheil erlauben; und glaube daß selbst ein Architekt, wenn er sich nicht besonders mit diesen Forschungen abgegeben hat, nicht leicht mit Sicherheit ein solches fällen könnte; immerhin kann aber auch der Uneingeweithe nicht ohne Grund annehmen, daß diese historische Darstellung möglichst richtig seyn wird; denn [fol. 6r] Aman hatte dieses Werk mit besonderer Liebe betrieben, und hoffte damit Ehre zu erwerben; es mußte ihm daher an der Wahrheit seiner architekt. Entwürfe alles gelegen seyn. Schon seine Stellung als Hofbaubeamter kam seinen Forschungen sehr zu statten. Fleißig suchte er dabei in Archiven und Bibliotheken; und erfreute sich der instructiven Mittheilungen des sel. Burgpfarrers Langenau und des n.ö. ständischen Secretärs v. Bergenstamm.
Die Zeit des Aufbaues der jetzigen k.k. Hofburg theilte er in 12 Perioden.
Die 1te Periode beginnt mit Herzog Leopold VII von Babenberg von 1190 bis 1308; und so führt er die Baugeschichte der Burg bis unter die glorreiche Regierung Eurer Majestät.
Jede dieser Abtheilungen enthält 2 bis 3 Pläne. Auf ein Paar Blättern ist auch das alte Wien dargestellt.
Die handschriftlichen Erläuterungen zu diesen 35 Plänen haben sich nicht vorgefunden; vielleicht sind sie noch bei Graf Sedlnitzky.
Bei dieser Veranlaßung glaube ich auch zur Allh. Kenntniß bringen zu dürfen, daß sich noch folgende Gegenstände in den Händen der Aman’schen Kinder befinden:
a) mehrere Pläne zu dem k.k. Lustgarten am [fol. 6v] Rennwege
b) Pläne und ein Modell zur Restauration der k.k. Hofburg mit Rücksicht auf ihren jetzigen Zustand, nach Fischers v. Erlach Project bearbeitet auf Veranlaßung des im J. 1817 von den Ständen gemachten Anerbiethens eines Burgbaues auf ihre Kosten.
c) Zeichnungen und Schriften in Bezug auf jenen Altar, den Ew. Mt von dem Gfen Franz Potocki erstanden haben, und der sich gegenwärtig in der Josephi Kapelle aufgestellt befindet.
Auch erinnere ich mich, daß mir Aman erzählte; er sei Willens mit der Zeit auch über Schönbrunn und die St. Stephanskirche ähnliche Pläne wie über die Hofburg herauszugeben.
Was die Bittsteller, nämlich den Sohn und die beiden Töchter Amans betrifft; so dient Ersterer seit 2 Jahren als unentgeldlicher Concepts Praktikant bei der Cameral Gefällen Verwaltung. Sein schlichter Wunsch ist, recht bald ein Adjutum im Betrage von 300 fl. zu erhalten; da er aber noch 12 Vormänner hat, so werden wohl noch ein Paar Jahre vergehen, bis er an die Reihe kommt.
Die inständige gegen mich geäußerte Bitte dieses jungen bescheidenen Mannes [fol. 7r] geht nun dahin: Ew. Majestät möchten a.g. geruhen ihm statt einer etwaigen Ablösung des ehrerbietigst dargebrachten, ein außerordentliches Adjutum in so lange zu bewilligen; bis er in den Genuß eines ordentlichen Adjutums eintritt. Er wagt es sich hiebei auf die 32jährige Dienstzeit seines Vaters zu berufen, der zu wiederholten Mahlen das Glück hatte Beweise der Allh Zufriedenheit zu erhalten, wie: bei Abwendung der Feuers Gefahr der k.k. Hofburg während des feindlichen Bombardements, und der bewirkten Schonung des k.k. Hofbibliotheks-Gebäudes und der Hofwasserleitung bei Gelegenheit der Sprengung der Festungswerke; ferner bei Erbauung des k. Theaters in Pesth, bei der gefahrvollen Herstellung des St. Stephan Thurmes, bei der Restauration des k.k. Lustschlosses Schönbrunn und den Bauführungen im k.k. Lustgebäude in der Ungargasse. Er ersuchte mich in seinem Namen ehrerbietigst vorzustellen: daß er dereinst die Stütze seiner Schwestern werden muß, wovon die Eine 26, die Andere 22 Jahre alt, mit einem Augenübel behaftet ist.
[fol. 7v] Im Namen dieser Letzteren gab er zu erkennen; daß diese sich überschwenglich glücklich fühlen würden; wenn die Allerh. Großmuth ihnen, wie dieses oft bei Hof- und Staatsbeamten-Waisen geschehen ist, irgend ein kleines Gnadengehalt zu ertheilen geruhen würde.
Die Pläne über die Entstehung einer Residenz, aus der die Weltgeschichte seit Jahrhunderten ihre glänzendsten und seegenreichsten Epochen datirt; scheinen allerdings ein würdiger Gegenstand für die Allh. Privatbibliothek. Ein Kunstkenner schlug die 35 Blätter auf 6 bis 700 fl. an; jedoch wie mich deucht ein wenig zu hoch.
Mehr aber als irgend eine Ablösungssumme, möchte vielleicht nach meiner geringen unmaßgeblichen Ansicht; die gnädigste Gewährung eines kleinen Adjutums für den Sohn, in so lange bis er der Reihe nach in den Genuß eines normalmäßigen Bezugs dieser [fol. 8r] Art tritt, Gutes bewirken können. Ueber seine Würdigkeit könnte allenfalls Hofrath Cuvelier die gehörige Auskunft geben.
Hinsichtlich seiner beiden Schwestern, scheint der Bittsteller mit ihnen durch das Beispiel ermuthiget worden zu seyn; wo Ew Majestät den beiden damals freilich noch unmündig gewesenen Töchtern, des längst verstorbenen Hofbauamts-Secretärs Schweigler einen Erziehungsbetrag – wenn ich nicht irre von 60 fl. in gnädigster Huld bewilligten; den sie obschon bereits großjährig, angeblich als Gnadengehalt fortbeziehen.
Beim Schluße dieser meiner unterthänigsten Aeußerung übergibt mir so eben Aman, die oben sub a) erwähnten Pläne des k.k. Lustgartens ind der Ungargasse.
Wien den 24tn Dezbr. 834
Kloyber m.p.
[kaiserliche Resolution]
Ich bewillige dem Johann Aman 300 fl. jährl. aus Meiner Privatkasse von dem Tage des Todes seines Vaters, bis er allenfalls ein Adjutum oder eine besoldete Dienststelle erhält, und erlasse hierwegen das Erforderliche an die Direktion Meiner Privatkasse. Über das Gesuch des Johann Aman verlange Ich von dem Obersthofmeister eine b. m. Auskunft.
Wien den 20 Jänner 835
Franz m.p.
[Beilage: Gutachten des Cameral-Gefällen-Administrators Anton Cuvelier über Leistung, Betragen und finanzielle Lage des Konzeptpraktikanten Johann Aman, auf kaiserlichen Befehl erstattet an den Direktor des Geheimen Kabinetts Anton von Martin, dat. 31.12.1834]
[1] Leopold Joseph von Kloyber (auch: Khloyber) war seit 1823 als Skriptor in der Privatbibliothek angestellt und leitete diese als Kustos nach dem Tod Youngs 1829. 1836 wurde er zum Vorsteher ernannt.
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