Farbige Ausführung der von Thomas Ender in Brasilien angefertigten Zeichnungen (14.-26. 3. 1824)

 

[Fol. 1r]

Ad Num 1021

Thomas Ender, Landschaftsmaler, der dadurch aufgemuntert, daß seine bey der Brasilianischen Expedition mitverwendeten Collegen bereits schon alle durch fixierte Anstellungen für ihre künftige Existenz sicher gestellt worden sind, bittet um allerhöchsten Auftrag, eine Auswahl von den von ihm in Brasilien verfertigten Zeichnungen in Farbe ausführen – und eine gewiße Anzahl dieser ausgeführten Stücke in die Privatbibliothek Sr. Majestät, gegen einen ihm bis zur Beendigung der Ausführung anzuweisenden mäßigen Jahresgehalt abliefern zu dürfen.

Die beym Brasilianischen Musaeum aufbewahrten 900. Zeichnungen, von welchen hier die Rede ist, sprechen gewiß für den Eifer und den Fleiß des Mahlers Ender das beste Wort.

Auch scheint’s allerdings erwünschlich zu seyn, daß diese Zeichnungen, wenn nicht alle, doch wenigstens die interessantesten derselben, um so eher ausgeführt werden möchten, als die durch dieselben vorgestellten Gegenstände annoch im frischen Andenken des geschickten Mahlers ruhen, und bey einer längeren Verzögerung leicht seinem Gedächtniße entfallen könnten.

Eine solche, in ihrer Art einzige Sammlung würde unstreitig zur Zierde und zum Ruhm der Ah. Privatbibliothek gereichen. Allein! Sind Seine Majestät gesonnen, Ah. Ihre Privatkasse mit einem für den Ender auszuwerfenden Jahrsgehalt zu belasten? – Wieviel soll dieser Jahrsgehalt betragen? – Weil viel aus den 900. vorhandenen Zeichnungen [fol. 1v] sollen zur Ausführung ausgewählt werden? – Wieviel aus geführte Stücke soll Ender jährlich abliefern? – Wieviel Jahre sollen bis zur Beendigung der Ausführung bestimmt werden? – Lauter Fragen, über welche es mir nicht zustehet einen bestimmten Antrag zu machen, und deren Entscheidung bloß dem Ah. Ermessen und der Ah. Gnade anheim gestellt werden muß.

Mir scheints ohnmaßgeblich, daß diese Zeichnungen, wenn sie ausgeführt werden sollen, auf Kosten des Staates, und nicht der Privatkasse Sr. Majt. bewerkstelligt werden sollen; und daher denselben eher in das Brasilianische Musaeum als in die k. k. Privatbibliothek ein Platz eingeräumt werden sollte. Denn ihre Aufstellung im Musaeum würde weit gemeinnütziger seyn, als in der Privatbibliothek, wo selbe in einem Portefeuille aufbewahrt vielleicht auf ewige Zeiten vergraben und unbenützt bleiben würden. Die mit so vielem Aufwande von Seite des Staates veranlaßte Expedition, welcher diese Zeichnungen ihr Daseyn zu verdanken haben, hatte ja nur das Wohl der Wissenschaft und Kunst zum Zwecke.

Daher unterziehe ich dem Allerhöchsten Ermessen, ob nicht der bittliche Antrag des Ender’s dem Fürsten Metternich, als demjenigen, dem die Oberleitung der Brasilianischen [fol. 3r] Expedition übertragen wurde, seiner gutachtlichen Äusserung mitgetheilt werden sollte?

Wien den 14. März 1824

Young

 

[eigenhändige Resolution]

Sie werden das Handschreiben an Fürsten Metternich zu diesem Zweck entwerfen und mir den heirnach verfaßten Entwurff desselben vorlegen.

Franz m.p.

Wien d 20tn März 824

 

[Fol. 3r]

In ehrerbittlicher Befolgung des anliegenden Allerhöchsten Befehls wird der Entwurf des an Fürsten Metternich, in Betref des von dem Mahler Ender gemachten Antrages, zu erlassenden Kabinetsschreibens allerunterthänigst vorgelegt.

Wien den 21. März 1824

Young

 

Lieber Fürst Metternich.

Ueber den – von dem Landschafts-Mahler Thomas Ender in dem beyliegendem Gesuche gemachten Antrag gewärtige Ich Ihre gutachtliche Aeusserung, ob selber anzunehmen sey? und im bejahenden Falle, ob es nicht gemeinnützlicher seyn dürfte, die von ihm ausgeführt werden sollenden Zeichnungen eher dem Brasilianischen Musaem als Meiner Privatbibliothek zu widmen, und ob selbe sodann auf Kosten des Staates zu bewerkstelligen wären[1]; wie hoch sich der dem Ender dieserwegen auszumessende Jahresgehalt zu belaufen hätte? wie viele von den vorhandenen 900. zeichnungen zur Ausführung ausgewählt – wieviele [fol. 3v] ausgeführte Stücke vom Bittsteller jährlich abgeliefert, - und wieviel Jahre demselben zur Beendigung der Ausführung angeraumt werden sollen?

Franz m.p.[2]

Wien 26. März 824.“


[1] „und ob selbe sodann auf Kosten des Staates zu bewerkstelligen wären“: korriggierte Fassung von Kaiser Franz I. aus ursprünglich: „wo sodann selbe auf Kosten des Staates zu bewerkstelligen seyn würden“.

[2] Unterschrift des Kaisers eigenhändig