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Tagebuch 1952

AOk

2 60

Tagebuch

von ... Mo 4 8 52

bis ... So 24 8 52

(Urlaubszeit)

Montag, 4. August 1952:

Heiß. Letzte Woche vor dem Urlaub. Mittags im Büro Notizen gemacht. Abends Post von Mathes. (Und 20.- Schilling.)

Kohle kam.


Dienstag, 5. August:

Hatte früh noch viel Zeit. Genoß diese Tatsache und arbeitete auch.

Formulare in Druck gegeben fürs Büro.

Heiß! Stadtpark mittags.

Abends Dr. Grinse-Gedicht. 46-er-Fahrt angenehm.


Mittwoch, 6. August:

Schon früh strahlend heiß.  Ingeborg-Gedicht weiter.

Mittags wieder Stadtpark. Irrsinnige Arbeit im Büro.

Abends immer sehr

angenehm. Gutes Essen. Ohne Hemd und Decke geschlafen.


Donnerstag, 7. August:

Früh wieder am Ingrid- Gedicht geschrieben.

(Falsch, es heißt doch Ingeborg -.)

Ordnungen im Büro. Mittags Stadtpark. Der riecht diese Tage nach Abwasser, Ölfarbe und Benzin.

Es wurde trüber, blieb aber so schwül wie gestern. Gestern war der heißeste Tag dieses Sommers.

Abends brachte mir der kleine Paddy Nachricht von Artmann. Er lebt ein paar Wochen sehr gut in der Schweiz. Erfolge bei der ersten Lesung drüben (auch für mich selber, und die "publikationen"), weitere Lesungen folgen. Er lebt bekanntlich bei Esther.


Freitag, 8. August:

Letzter langer Bürotag vor dem Urlaub. Es war wieder eine heiße Nacht. Sehr windig.


Samstag, 9. August:

Im Büro Abschlußarbeiten. Verabschiedet für 16 Tage.

Heißer Tag.

Nachmittag noch Wirbel mit Tante. Ich machte Ordnungen. Über Greguerias mich etwas hingesetzt, mehrere ausgemistet, den Rest ehrlich abgeteilt "zur Rechten und zur Linken".

Abends "Urlaubbeginn". Backhuhn. Wein. (Erstmals wieder, ohne Begehren, seit der letzten Sauferei.)

Ich habe einen meiner literarischen, sogar kritischen, Tiefstände. Ich habe die Absicht, Tigerls 3 Junge (die alle am Leben gelassen und großgezogen werden in der Tillgasse) zu photographieren. Ich möchte gern Briggi eine solche Aufnahme schenken.

Wie wertlos wir sind.


Sonntag, 10. August:

Mit Jandl in den Garten gegangen. Sehr angenehmen Vormittag verbracht. Gute Sachen von ihm gelesen. Versucht, ihm da und dort ein wenig zu helfen.

Dienstag bei Polakovics treffe ich ihn vor seiner Englandfahrt nochmals.

Nachmittags ein satirisches Gedicht fertiggemacht.


Montag, 11. August:

Zeitig morgens aufgestanden und die seinerzeitige Kurzgeschichte fertiggeschrieben (das Mädchen vom Autobus Unter Laa).

Nahm dann auf die Wiese Medea mit, sonnte mich aber großteils nur.

Waren zuerst auf die Linzerstraße gegangen, ich hatte auch photographiert.

Ich möchte gern für Hakels Wienbuch etwas schreiben.

Auch Nachmittag auf die Wiese gegangen. Ich habe das Büro längst schon vergessen. Mehrere Aufnahmen.

Abends Rohscheiben.


Dienstag, 12. August:

Vormittag Nebel, Sonne. Drückende Hitze.

Ich ging auf die Linzerstraße einkaufen, es gab reinste gelbe Fisolen.

Begrub "Medea" und "Ingeborg" unter den Fragmenten. Fehlversuche damit nahmen den Vormittag ein.

Jandl sagte ab, da er morgen schon verreist.

In der Hitze nach Mittag fuhr ich Polakovics besuchen.

Sie waren etwas müde beisammen. Ich hörte beider Prosa zum gleichen Thema ("Vom Fenster eines Zinshauses aus ..."). Mein Gedicht: "Projekt" gefiel Polakovics von meinen letzten Sachen am besten. Bei Polakovics zerriß ich auch die Grinse-Gedichte von neulich.

Dann hörten wir Lyrik zweier Zeitgenossen im Radio Wien.

Es ist ein arger Abstieg vom "Stundenbuch" zu Puffler ...

(Den anderen Namen behielt ich überhaupt nicht.)

Wir stritten dann. Polakovics sprechen der Katze Charakterzüge ab. Maja, obwohl eine aufgeklärte Katholikin, hat gewisse jesuitische Eigenschaften. So diskutiert sie nie aus dem lebenden Zusammenhang sondern von vorgefaßten Theorien aus, die Gesprächsführung ist starr: sie drückt auf einen Knopf und der Zettel mit der vollkommen geschliffenen Antwort springt heraus.

Man spricht vom Tigerl und sie antwortet über die Katze an sich, die wissenschaftlich erfaßt und standardisiert ist. Alles (und das begründet den "jesuitischen" Eindruck) geschieht, um nicht in Schwierigkeiten mit der katholischen Theorie vom Tier zu kommen und eine Sünde auf diese Weise zu begehen.

Maja hat mein "Bändchen-Manuskript" gelesen, Pol. noch nicht. Sie sagt: Keines unter den Gedichten ist ganz uninteressant, an jedem ist etwas dran. Keines befriedigt wirklich. Ihr privat gefallen jene, die sie an ihre Kindheit erinnern.

Abends machte ich ein Gedicht: "Zwischen den Versuchen", das ich nächstentags wegwarf.

Es gibt Menschen, von denen man mit durchgepflügtem Gewissen kommt weil sie immer Pathos um sich verbreiten. Bald entlarvt sich diese Ethik als rhetorische Sache, die man üben kann.

Wie man glockenläuten übt, nicht wie man Andacht übt.

Jandl kam trotz der Absage auf kurze Zeit zu Polakovics. Er brachte seine Übersetzung der "Preludes" von Eliot mit. Wir nahmen Abschied.

Von Zand nette Prosastücke gelesen, die ich nicht, wie seine jämmerliche "Glaskugel", verabscheue.

Den Ausflug verschoben wir auf kommenden Montag.


Mittwoch, 13. August:

Gingen auf die Linzerstraße einkaufen.

Viel Post kam.

(Jirgal, Hakel, Fischer, Dietrichs Zeitschrift).

Mit Mama in den Garten. Ich sonnte mich und ruhte mich innerlich ganz aus.

In den Nebengärten die Mädchen von Steinhof, jetzt auch die 13- oder 14-jährige Christl aus der Dr. Huber-Familie, die auf Ferien hier ist. Sie wurde von ihren Leuten mit Englisch gequält. Das hinterließ auf mich einen tiefen Eindruck.

Heißester Tag, wie man lesen kann. Ich beobachtete 32 Grad im Schatten, es hatte aber als Schattenmaximum, glaube ich, 35 Grad. -

Ich las aus der Kassandra von Weigel, ärgerte mich über Gütersloh, schrieb ein Gedicht ähnlich dem "Projekt", zerriß es ziemlich bald darauf wegen Unmenschlichkeit; richtete Material für die kommenden "publikationen" zusammen und freute mich an den Übersetzungen von Jandl.

Bemühte mich, "Eros Turannos" von Robinson zu übersetzen, abends.

Abends auch nette Szenen vor der Haltestelle: Ein Siebverkäufer mit großem Hut und zwei breiten ländlichen Mädchen.

Ein Ziegentreiber.

Proben von Chris Marker, auf den Jirgal mich hinwies, in einem früheren Heft der "Neuen Wege" nachgelesen.


Donnerstag, 14. August:

Vormittag kam Kein. Wir gingen in den Garten und diskutierten die letzten Ereignisse. Er kommt erst in zehn Tagen wieder.

Nachmittag allein in den Garten, nahm die Schreibmaschine mit und arbeitete an der Kurzgeschichte von der Literatka.

Noch heißer als gestern. Bier.

Schrieb die Prosa zu Ende, auch Mama kam in den Garten. Ich werde die Geschichte aber noch einmal schreiben.


Freitag, 15. August: Feiertag.

Früh lernte ich ein bißchen Englisch, schrieb dann weiter an der Kurzgeschichte und erwartete dann unsere Verwandten.

Tante sagte mir, daß im Büro jetzt unvorstellbar viel zu arbeiten ist.

Wir gingen - es war noch heißer als gestern - in den Garten.

Auch den Nachmittag dort in der Sonne verbracht. Noch heißer als gestern.

Abends Eliot übersetzt ("Bildnis einer Dame").


Samstag, 16. August:

Bei schönem Wetter - an den Instituten vorbei - nach Grinzing gefahren. Von dort aus fuhren wir auf den Kahlenberg und gingen weiter nach Klosterneuburg-Weidling. Dort besoff man mich bei einem Bauern-Heurigen, also in einer sehr ruhigen Umgebung. Drei Wespen störten mich, und Paul sprach von seinen Ansichten über manches. (Es war, wie ich gelesen habe, der heißeste

37° im Schatten
Tag seit 100 Jahren.) Die Gegend machte einen sehr freundlichen Eindruck; wo man in die Ebene sah, und auf die Donau, war es sogar sehr schön.

Nachmittag Eliot übersetzt ("Portrait" fertig).

Abends erstes Unwetter.


Sonntag, 17. August:

Nachts richtete das Gewitter Schaden an. Morgens danach abgekühlt.

Ich blieb heute im Haus und schrieb vormittags die Prosa fertig.

Nachmittag mistete ich literarisch aus. So gewann ich wieder etwas Rückblick-Überblick.

Natürlich kam ich auf die Briggi-Zeit zurück, die ich bis jetzt nicht übersehe. Ich bin mir über dieses Mädchen nicht klar geworden. Stimmt das? Vielleicht ist das falsch gefragt. Mitlebend habe ich sie verstanden. Und nur erklären kann ich sie vermutlich nicht.

Kann ich mich erklären?

Abends lange zum Fenster hinausgesehen. Es regnete.


Montag, 18. August:

Beim Einkaufen im Konsum traf ich wieder Christl x (Huber!), die auch einkaufen ging.

Der Polakovics-Ausflug entfiel wegen Regens. Verschiedene Besorgungen gemacht.

Eintragungen Tagebuch 50 nachgeholt. Der Elektriker kam und brachte unser Licht in Ordnung. Er war sehr bissig. -

Jirgal war nicht und nicht zu erreichen.

Ich vertelephonierte 4 Schilling. -

Nach Mittag auf die Linzerstraße. Photographien abgeholt. -

Abends in den Art Club zur Hakelbesprechung. Dort war aber nichts los und nichts zu erfragen: man schickte mich wieder heim. -

Ein gemeiner Tag!


Dienstag, 19. August:

Später aufgestanden.

Im Garten am "Bändchen" weitergearbeitet.

Einen soweit lustigen Nachmittag gemacht.

Apologie u. Kriton, Heines "Wintermärchen" und Teile aus "Atta Troll" gelesen.

Abends gutes Essen mit Salzmandeln und Wein genossen.

Ersehnte nur ein geliebtes Mädchen.


Mittwoch, 20. August:

2. Partie Photographien (besser als die 1.) von der Linzerstraße geholt u.a. Wieder trüberes und kühles Wetter.

Selected Poems von Eliot kamen mit der Post (unlängst bei Heger bestellt). Jetzt ist das Bändchen also in meinem Besitz (seit Jahren erwünscht).

Nachmittag kam Kein. (Überraschend.)

Wir unterhielten uns über verschiedenes.

(Nächste publikationen; gab ihm eine Übersetzung und eine Vervollständigung auf; Hakelbesprechung hatte stattgefunden, etwas später, sagt er.

Unterlaa-Prosa gefiel ihm.)


Donnerstag, 21. August:

Früh zur Urania gefahren, mußte Pfirsiche abholen. (von Tante.)

Vormittags Aufnahmen in Steinhof gemacht.

Abends kalt, zum Fenster hinausgesehen, Rechenschaft mir abgelegt ...

Brachte mir Cocteaus Taschentheater vormittags von der Stadt mit. Reizvoll, wie es Deutsche nie zusammenbringen. Erotik ohne nur eine schlüpfrige Bemerkung.

Ich kenne anderseits die Nachteile der Franzosen.


Freitag, 22. August:

Früh weitere Reinschriften fürs Bändchen.

Dann zu Rohrbeck (fürs Büro), zu Tigerls werkstatt; erfuhr, daß ein junges Mädel, Arbeiterin von dort, Tigerl + 2 Junge habe. 3. Junges weitergegeben worden.

Häßliches Kopfwehwetter. So kam ich nicht zur Ausführung meines Wunsches, Tigerl für Briggi und für uns zu photographieren.

2 Trickaufnahmen im Garten gemacht.

Nachmittag gelesen, ausgeruht. Direktor Schenner (Baumruck) brachte Nachricht aus Rußland, wenn auch nichts von Papa selbst.

Immensee wieder gelesen. Wie immer reagiert, in Form von Tränenausbrüchen (zweimal).

Abends über Gedichte nachgedacht (bei schlechtem Wetter). "Herbstwind. Situationen ..."


Samstag, 23. August:

Vormittag viel geschrieben ("Bändchen" fast fertig).

Nachmittag mit Tante zu Weltsch in den Schrebergarten. Ich ging zeitiger fort, nach einigem Weintrinken. (Wir logen ihn an und sagten, ich müsse zu einem Freund.) Es war mir nämlich lieber, heute zu sein. Vorher hatte es häßliche Bürogespräche gegeben.

Für morgen bin ich bei Jirgal eingeladen; er schrieb mir, "sein Sommer habe ihn reichlich beschenkt, wenn er ihn auch wie Hölderlin schlug".


So 24 8 52

Bei Jirgal erfuhr ich, dass eine Stunde zuvor Brigitte Kahr verabschiedet worden war, die dort einen Monat gearbeitet hatte. Tivoli ist ein Schnittpunkt.

Ich ging zu leicht angezogen. Man war besorgt, dass ich mich bei dem herbstlichen Regen erkälten könnte. Noch dazu war die Strassenbahn auf meinem Heimweg gestört.


Nachmittags war das Mädchen Christl aus der Dr. Huber-Familie schon nach Deutschland zurückgefahren.

Es herbstet ein.


Tagebuch 1952

AOk

2   60

Tagebuch

von ... Mo 4 8 52

bis ... So 24 8 52

(Urlaubszeit)

Montag, 4. August 1952:

Heiß. Letzte Woche
vor dem Urlaub.
Mittags im Büro
Notizen gemacht.
Abends Post von
Mathes. (Und 20.-
Schilling.)

Kohle kam.


Dienstag, 5. August:

Hatte früh noch viel Zeit.
Genoß diese Tatsache
und arbeitete auch.

Formulare in Druck
gegeben fürs Büro.

Heiß! Stadtpark mittags.

Abends Dr. Grinse-Gedicht.
46-er-Fahrt angenehm.


Mittwoch, 6. August:

Schon früh strahlend
heiß.     Ingeborg-Gedicht
weiter.

Mittags wieder Stadtpark.
Irrsinnige Arbeit im Büro.

Abends immer sehr

angenehm. Gutes Essen.
Ohne Hemd und Decke
geschlafen.


Donnerstag,
7. August:

Früh wieder am Ingrid-
Gedicht geschrieben.

(Falsch, es heißt doch
Ingeborg -.)

Ordnungen im Büro.
Mittags Stadtpark.
Der riecht diese Tage
nach Abwasser, Ölfarbe
und Benzin.

Es wurde trüber, blieb aber
so schwül wie gestern.
Gestern war der heißeste
Tag dieses Sommers.

Abends brachte mir
der kleine Paddy
Nachricht von Artmann.
Er lebt ein paar Wochen
sehr gut in der
Schweiz. Erfolge bei
der ersten Lesung
drüben (auch für
mich selber, und die
"publikationen"),
weitere Lesungen
folgen. Er lebt bekannt-
lich bei Esther.


  Freitag, 8. August:

Letzter langer
Bürotag vor dem
Urlaub. Es war
wieder eine heiße
Nacht. Sehr windig.


Samstag, 9. August:

Im Büro Abschluß-
arbeiten. Verab-
schiedet für 16
Tage.

Heißer Tag.

Nachmittag noch
Wirbel mit Tante.
Ich machte Ord-
nungen. Über
Greguerias etwas
mich etwas hinge-
setzt, mehrere
ausgemistet, den
Rest ehrlich ab-
geteilt "zur Rechten
und zur Linken".

Abends "Urlaub-
beginn". Backhuhn.
Wein. (Erstmals
wieder, ohne
Begehren, seit der letzten Sauferei.)

Ich habe einen meiner
literarischen, sogar
kritischen, Tiefstände.
Ich habe die Absicht,
Tigerls 3 Junge
(die alle am Leben
gelassen und groß-
gezogen werden
in der Tillgasse)
zu photographieren.
Ich möchte gern
Briggi eine solche
Aufnahme schenken.

Wie wertlos wir sind.


Sonntag, 10. August:

Mit Jandl in den Garten
gegangen. Sehr angeneh-
men Vormittag verbracht.
Gute Sachen von ihm
gelesen. Versucht, ihm
da und dort ein
wenig zu helfen.

Dienstag bei Polakovics
treffe ich ihn vor
seiner Englandfahrt
nochmals.

Nachmittags ein satirisches
Gedicht fertiggemacht.


Montag, 11. August:

Zeitig morgens aufgestanden
und die seinerzeitige
Kurzgeschichte fertigge-
schrieben (das Mädchen
vom Autobus Unter Laa).

Nahm dann auf die
Wiese Medea mit,
sonnte mich aber
großteils nur.

Waren zuerst auf die
Linzerstraße gegangen,
ich hatte auch
photographiert.

Ich möchte gern
für Hakels Wienbuch
etwas schreiben.

Auch Nachmittag
auf die Wiese gegangen.
Ich habe das Büro
längst schon vergessen.
Mehrere Aufnahmen.

Abends Rohscheiben.


Dienstag, 12. August:

Vormittag Nebel, Sonne.
Drückende Hitze.

Ich ging auf die
Linzerstraße einkaufen,
es gab reinste gelbe
Fisolen.

Begrub "Medea" und
"Ingeborg" unter den
Fragmenten. Fehl-
versuche damit
nahmen den Vor-
mittag ein.

Jandl sagte ab, da er
morgen schon verreist.

In der Hitze nach Mittag
fuhr ich Polakovics
besuchen.

Sie waren etwas müde
beisammen. Ich hörte
beider Prosa zum
gleichen Thema
("Vom Fenster eines
Zinshauses aus ...
").
Mein Gedicht:
"Projekt" gefiel
Polakovics von meinen
letzten Sachen am
besten. Bei Polakovics
zerriß ich auch die Grinse-Gedichte von neulich.

Dann hörten wir Lyrik zweier Zeitgenossen
im Radio Wien.

Es ist ein arger Abstieg
vom "Stundenbuch"
zu Puffler ...

(Den anderen Namen
behielt ich über-
haupt nicht.)

Wir stritten dann.
Polakovics sprechen
der Katze Charakter-
züge ab. Maja,
obwohl eine aufgeklärte
Katholikin, hat
gewisse jesuitische Eigenschaften. So diskutiert
sie nie aus dem lebenden
Zusammenhang sondern
von vorgefaßten Theorien
aus, die Gesprächsführung
ist starr: sie drückt auf
einen Knopf und der
Zettel mit der voll-
kommen geschliffenen
Antwort springt heraus.

Man spricht vom Tigerl
und sie geht antwortet
über die Katze an
sich, die wissenschaftlich
erfaßt und standar-
disiert ist. Alles
(und das begründet den "jesuitischen" Eindruck)
geschieht, um nicht
in Schwierigkeiten mit
der katholischen Theorie
vom Tier zu kommen
und eine Sünde auf
diese Weise zu begehen.

Maja hat mein
"Bändchen-Manuskript"
gelesen, Pol. noch nicht.
Sie sagt: Keines
unter den Gedichten
ist ganz uninteressant,
an jedem ist etwas
dran. Keines befriedigt wirklich. Ihr privat
gefallen jene, die sie
an ihre Kindheit
erinnern.

Abends machte ich
ein Gedicht: "Zwischen
den Versuchen
", das
ich nächstentags
wegwarf.

Es gibt Menschen,
von denen man
mit durchgepflügtem
Gewissen kommt
weil sie immer Pathos
um sich verbreiten. Als bBald entlarvt sich diese
Ethik als rhetorische Sache,
die man üben kann.

Wie man glockenläuten
übt, nicht wie man
Andacht übt.

Jandl kam trotz der
Absage auf kurze Zeit
zu Polakovics. Er
brachte seine Übersetzung
der "Preludes" von Eliot
mit. Wir nahmen
Abschied.

Von Zand nette Prosastücke
gelesen, die ich nicht,
wie seine jämmerliche
"Glaskugel", verabscheue.

Den Ausflug verschoben
wir auf kommenden
Montag.


Mittwoch, 13. August:

Gingen auf die Linzer-
straße
einkaufen.

Viel Post kam.

(Jirgal, Hakel, Fischer,
Dietrichs Zeitschrift).

Mit Mama in den
Garten. Ich sonnte
mich und ruhte
mich innerlich
ganz aus.

In den Nebengärten
die Mädchen von
Steinhof, jetzt auch die 13- oder 14-jährige
Christl aus der Dr. Huber-
Familie, die auf Ferien
hier ist. Sie wurde
von ihren Leuten
mit Englisch gequält.
Das hinterließ auf
mich einen tiefen
Eindruck.

Heißester Tag, wie
man lesen kann.
Ich beobachtete 32
Grad im Schatten,
es hatte aber als
Schattenmaximum,
glaube ich, 35 Grad. -

Ich las aus der Kassandra
von Weigel, ärgerte mich
über Gütersloh,
schrieb ein Gedicht
ähnlich dem "Projekt",
zerriß es ziemlich bald
darauf wegen Un-
menschlichkeit;
richtete Material
für die kommenden
"publikationen" zu-
sammen und freute
mich an den Über-
setzungen
von Jandl.

Bemühte mich,
"Eros Turannos"
von Robinseon zu übersetzen, abends.

Abends auch nette
Szenen vor der Halte-
stelle: Ein Sieb-
verkäufer mit
großem Hut und
zwei breiten ländlichen
Mädchen.

Ein Ziegentreiber.

Proben von Chris
Marker
, auf den
Jirgal mich hinwies,
in einem früheren
Heft der "Neuen Wege"
nachgelesen.


Donnerstag, 14. August:

Vormittag kam Kein.
Wir gingen in den
Garten und diskutierten
die letzten Ereignisse.
Er kommt erst in zehn
Tagen wieder.

Nachmittag allein
in den Garten,
nahm die Schreib-
maschine mit und
arbeitete an der
Kurzgeschichte von
der Literatka
.

Noch heißer als gestern.
Bier.

Schrieb die Prosa
zu Ende, auch Mama
kam in den Garten.
Ich werde die Geschichte
aber noch einmal
schreiben.


Freitag, 15. August:
Feiertag.

Früh lernte ich ein
bißchen Englisch,
schrieb dann weiter
an der Kurzgeschichte und erwartete dann unsere
Verwandten.

Tante sagte mir, daß
im Büro jetzt unvor-
stellbar viel zu
arbeiten ist.

Wir gingen - es war
noch heißer als
gestern - in den
Garten.

Auch den Nachmittag
dort in der Sonne
verbracht. Noch
heißer als gestern.

Abends Eliot übersetzt
("Bildnis einer Dame").


Samstag, 16. August:

Bei schönem Wetter -
an den Instituten
vorbei - nach
Grinzing gefahren.
Von dort aus fuhren
wir auf den Kahlen-
berg
und gingen
weiter nach Kloster-
neuburg-Weidling
.
Dort besoff man
mich bei einem
Bauern-Heurigen,
also in einer sehr
ruhigen Umgebung.
Drei Wespen störten
mich, und Paul sprach von seinen
Ansichten über manches.
(Es war, wie ich gelesen
habe, der heißeste

37° im Schatten
Tag seit 100 Jahren.)
Die Gegend machte einen
sehr freundlichen
Eindruck; wo man
in die Ebene sah,
und auf die Donau,
war es sogar sehr
schön.

Nachmittag Eliot
übersetzt ("Portrait"
fertig).

Abends erstes Unwetter.


Sonntag, 17. August:

Nachts richtete das
Gewitter Schaden an.
Morgens danach
abgekühlt.

Ich blieb heute
im Haus und
schrieb vormittags
die Prosa fertig.

Nachmittag mistete
ich literarisch aus.
So gewann ich
wieder etwas
Rückblick-Überblick.

Natürlich kam ich auf
die Briggi-Zeit zurück,
die ich bis jetzt nicht
übersehe. Ich bin mir
über dieses Mädchen
nicht klar geworden.
Stimmt das? Vielleicht
ist das falsch gefragt.
Mitlebend habe ich sie
verstanden. Und nur
erklären kann ich sie
vermutlich nicht.

Kann ich mich erklären?

Abends lange zum
Fenster hinausgesehen.
Es regnete.


Montag, 18. August:

Beim Einkaufen im
Konsum traf ich
wieder Christl x (Huber!), die
auch einkaufen ging.

Der Polakovics-Ausflug
entfiel wegen Regens.
Verschiedene
Besorgungen gemacht.

Eintragungen Tagebuch 50 nachgeholt.
Der Elektriker kam
und brachte unser
Licht in oOrdnung. Er war sehr bissig. -

Jirgal war nicht und
nicht zu erreichen.

Ich vertelephonierte
4 Schilling. -

Nach Mittag auf die
Linzerstraße. Photographien
abgeholt. -

Abends in den Art Club
zur Hakelbesprechung.
Dort war aber nichts
los und nichts zu
erfragen: man schickte
mich wieder heim. -

Ein gemeiner Tag!


Dienstag, 19. August:

Später aufgestanden.

Im Garten am "Bändchen"
weitergearbeitet.

Einen soweit lustigen
Nachmittag gemacht.

Apologie u. Kriton,
Heines "Wintermärchen"
und Teile aus "Atta
Troll
" gelesen.

Abends gutes Essen
mit Salzmandeln
und Wein genossen.

Ersehnte nur
ein geliebtes Mädchen.


Mittwoch, 20. August:

2. Partie Photographien
(besser als die 1.) von
der Linzerstraße geholt
u.a.     Wieder trüberes
und kühles Wetter.

Selected Poems von
Eliot kamen mit
der Post (unlängst
bei Heger bestellt).
Jetzt ist das Bändchen also in meinem Besitz
(seit Jahren erwünscht).

Nachmittag kam Kein.
(Überraschend.)

Wir unterhielten uns
über verschiedenes.

(Nächste publikationen;
gab ihm eine Über-
setzung
und eine
Vervollständigung auf;
Hakelbesprechung hatte
stattgefunden, etwas
später, sagt er.

Unterlaa-Prosa gefiel
ihm.)


Donnerstag, 21. August:

Früh zur Urania gefahren,
mußte Pfirsiche abholen.
(von Tante.)

Vormittags aAufnahmen
in Steinhof gemacht.

Abends kalt, zum
Fenster hinausgesehen,
Rechenschaft mir
abgelegt ...

Brachte mir
Cocteaus Taschentheater
vormittags von der
Stadt mit.
Reizvoll, wie es Deutsche nie zusammen-
bringen. Erotik ohne nur
eine schlüpfrige Be-
merkung.

Ich kenne anderseits
die Nachteile der
Franzosen.


Freitag, 22. August:

Früh weitere Reinschriften
fürs Bändchen.

Dann zu Rohrbeck (fürs
Büro), zu Tigerls -
werkstatt; erfuhr, daß
ein junges Mädel, Arbeiterin von dort,
Tigerl + 2 Junge habe.
3. Junges weitergegeben
worden.

Häßliches Kopfwehwetter.
So kam ich nicht zur
Ausführung meines
Wunsches, Tigerl für
Briggi und für uns
zu photographieren.

2 Trickauf-
nahmen im Garten
gemacht.

Nachmittag gelesen,
ausgeruht. Direktor
Schenner (Baumruck) brachte Nachricht aus
Rußland, wenn auch
nichts von Papa selbst.

Immensee wieder gelesen.
Wie immer reagiert,
in Form von Tränen-
ausbrüchen (zweimal).

Abends über Gedichte
nachgedacht (bei
schlechtem Wetter).
"Herbstwind. Situationen ..."


Samstag, 23. August:

Vormittag viel geschrieben
("Bändchen" fast fertig).

Nachmittag mit Tante
zu Weltsch in den
Schrebergarten. Ich
ging zeitiger fort,
nach einigem Wein-
trinken. (Wir logen
ihn an und sagten,
ich müsse zu einem
Freund.) Es war
mir nämlich lieber,
heute
zu sein. Vorher
hatte es häßliche
Bürogespräche gegeben.

Für morgen bin ich bei
Jirgal eingeladen;
er schrieb mir,
"sein Sommer habe ihn
reichlich beschenkt,
wenn er ihn auch
wie Hölderlin schlug".


So 24 8 52

Bei Jirgal erfuhr ich, dass eine Stunde zuvor Brigitte Kahr
verabschiedet worden war, die dort einen Monat gearbeitet hatte.
Tivoli ist ein Schnittpunkt.

Ich ging zu leicht angezogen. Man war besorgt, dass ich mich
bei dem herbstlichen Regen erkälten könnte. Noch dazu war
die Strassenbahn auf meinem Heimweg gestört.


Nachmittags war das
Mädchen Christl aus der Dr.
Huber-Familie schon
nach Deutschland zurück-
gefahren.

Es herbstet ein.


Laden...

Tagebuch 1952

AOk

2 60

Tagebuch

von ... Mo 4 8 52

bis ... So 24 8 52

(Urlaubszeit)

Montag, 4. August 1952:

Heiß. Letzte Woche vor dem Urlaub. Mittags im Büro Notizen gemacht. Abends Post von Mathes. (Und 20.- Schilling.)

Kohle kam.


Dienstag, 5. August:

Hatte früh noch viel Zeit. Genoß diese Tatsache und arbeitete auch.

Formulare in Druck gegeben fürs Büro.

Heiß! Stadtpark mittags.

Abends Dr. Grinse-Gedicht. 46-er-Fahrt angenehm.


Mittwoch, 6. August:

Schon früh strahlend heiß.  Ingeborg-Gedicht weiter.

Mittags wieder Stadtpark. Irrsinnige Arbeit im Büro.

Abends immer sehr

angenehm. Gutes Essen. Ohne Hemd und Decke geschlafen.


Donnerstag, 7. August:

Früh wieder am Ingrid- Gedicht geschrieben.

(Falsch, es heißt doch Ingeborg -.)

Ordnungen im Büro. Mittags Stadtpark. Der riecht diese Tage nach Abwasser, Ölfarbe und Benzin.

Es wurde trüber, blieb aber so schwül wie gestern. Gestern war der heißeste Tag dieses Sommers.

Abends brachte mir der kleine Paddy Nachricht von Artmann. Er lebt ein paar Wochen sehr gut in der Schweiz. Erfolge bei der ersten Lesung drüben (auch für mich selber, und die "publikationen"), weitere Lesungen folgen. Er lebt bekanntlich bei Esther.


Freitag, 8. August:

Letzter langer Bürotag vor dem Urlaub. Es war wieder eine heiße Nacht. Sehr windig.


Samstag, 9. August:

Im Büro Abschlußarbeiten. Verabschiedet für 16 Tage.

Heißer Tag.

Nachmittag noch Wirbel mit Tante. Ich machte Ordnungen. Über Greguerias mich etwas hingesetzt, mehrere ausgemistet, den Rest ehrlich abgeteilt "zur Rechten und zur Linken".

Abends "Urlaubbeginn". Backhuhn. Wein. (Erstmals wieder, ohne Begehren, seit der letzten Sauferei.)

Ich habe einen meiner literarischen, sogar kritischen, Tiefstände. Ich habe die Absicht, Tigerls 3 Junge (die alle am Leben gelassen und großgezogen werden in der Tillgasse) zu photographieren. Ich möchte gern Briggi eine solche Aufnahme schenken.

Wie wertlos wir sind.


Sonntag, 10. August:

Mit Jandl in den Garten gegangen. Sehr angenehmen Vormittag verbracht. Gute Sachen von ihm gelesen. Versucht, ihm da und dort ein wenig zu helfen.

Dienstag bei Polakovics treffe ich ihn vor seiner Englandfahrt nochmals.

Nachmittags ein satirisches Gedicht fertiggemacht.


Montag, 11. August:

Zeitig morgens aufgestanden und die seinerzeitige Kurzgeschichte fertiggeschrieben (das Mädchen vom Autobus Unter Laa).

Nahm dann auf die Wiese Medea mit, sonnte mich aber großteils nur.

Waren zuerst auf die Linzerstraße gegangen, ich hatte auch photographiert.

Ich möchte gern für Hakels Wienbuch etwas schreiben.

Auch Nachmittag auf die Wiese gegangen. Ich habe das Büro längst schon vergessen. Mehrere Aufnahmen.

Abends Rohscheiben.


Dienstag, 12. August:

Vormittag Nebel, Sonne. Drückende Hitze.

Ich ging auf die Linzerstraße einkaufen, es gab reinste gelbe Fisolen.

Begrub "Medea" und "Ingeborg" unter den Fragmenten. Fehlversuche damit nahmen den Vormittag ein.

Jandl sagte ab, da er morgen schon verreist.

In der Hitze nach Mittag fuhr ich Polakovics besuchen.

Sie waren etwas müde beisammen. Ich hörte beider Prosa zum gleichen Thema ("Vom Fenster eines Zinshauses aus ..."). Mein Gedicht: "Projekt" gefiel Polakovics von meinen letzten Sachen am besten. Bei Polakovics zerriß ich auch die Grinse-Gedichte von neulich.

Dann hörten wir Lyrik zweier Zeitgenossen im Radio Wien.

Es ist ein arger Abstieg vom "Stundenbuch" zu Puffler ...

(Den anderen Namen behielt ich überhaupt nicht.)

Wir stritten dann. Polakovics sprechen der Katze Charakterzüge ab. Maja, obwohl eine aufgeklärte Katholikin, hat gewisse jesuitische Eigenschaften. So diskutiert sie nie aus dem lebenden Zusammenhang sondern von vorgefaßten Theorien aus, die Gesprächsführung ist starr: sie drückt auf einen Knopf und der Zettel mit der vollkommen geschliffenen Antwort springt heraus.

Man spricht vom Tigerl und sie antwortet über die Katze an sich, die wissenschaftlich erfaßt und standardisiert ist. Alles (und das begründet den "jesuitischen" Eindruck) geschieht, um nicht in Schwierigkeiten mit der katholischen Theorie vom Tier zu kommen und eine Sünde auf diese Weise zu begehen.

Maja hat mein "Bändchen-Manuskript" gelesen, Pol. noch nicht. Sie sagt: Keines unter den Gedichten ist ganz uninteressant, an jedem ist etwas dran. Keines befriedigt wirklich. Ihr privat gefallen jene, die sie an ihre Kindheit erinnern.

Abends machte ich ein Gedicht: "Zwischen den Versuchen", das ich nächstentags wegwarf.

Es gibt Menschen, von denen man mit durchgepflügtem Gewissen kommt weil sie immer Pathos um sich verbreiten. Bald entlarvt sich diese Ethik als rhetorische Sache, die man üben kann.

Wie man glockenläuten übt, nicht wie man Andacht übt.

Jandl kam trotz der Absage auf kurze Zeit zu Polakovics. Er brachte seine Übersetzung der "Preludes" von Eliot mit. Wir nahmen Abschied.

Von Zand nette Prosastücke gelesen, die ich nicht, wie seine jämmerliche "Glaskugel", verabscheue.

Den Ausflug verschoben wir auf kommenden Montag.


Mittwoch, 13. August:

Gingen auf die Linzerstraße einkaufen.

Viel Post kam.

(Jirgal, Hakel, Fischer, Dietrichs Zeitschrift).

Mit Mama in den Garten. Ich sonnte mich und ruhte mich innerlich ganz aus.

In den Nebengärten die Mädchen von Steinhof, jetzt auch die 13- oder 14-jährige Christl aus der Dr. Huber-Familie, die auf Ferien hier ist. Sie wurde von ihren Leuten mit Englisch gequält. Das hinterließ auf mich einen tiefen Eindruck.

Heißester Tag, wie man lesen kann. Ich beobachtete 32 Grad im Schatten, es hatte aber als Schattenmaximum, glaube ich, 35 Grad. -

Ich las aus der Kassandra von Weigel, ärgerte mich über Gütersloh, schrieb ein Gedicht ähnlich dem "Projekt", zerriß es ziemlich bald darauf wegen Unmenschlichkeit; richtete Material für die kommenden "publikationen" zusammen und freute mich an den Übersetzungen von Jandl.

Bemühte mich, "Eros Turannos" von Robinson zu übersetzen, abends.

Abends auch nette Szenen vor der Haltestelle: Ein Siebverkäufer mit großem Hut und zwei breiten ländlichen Mädchen.

Ein Ziegentreiber.

Proben von Chris Marker, auf den Jirgal mich hinwies, in einem früheren Heft der "Neuen Wege" nachgelesen.


Donnerstag, 14. August:

Vormittag kam Kein. Wir gingen in den Garten und diskutierten die letzten Ereignisse. Er kommt erst in zehn Tagen wieder.

Nachmittag allein in den Garten, nahm die Schreibmaschine mit und arbeitete an der Kurzgeschichte von der Literatka.

Noch heißer als gestern. Bier.

Schrieb die Prosa zu Ende, auch Mama kam in den Garten. Ich werde die Geschichte aber noch einmal schreiben.


Freitag, 15. August: Feiertag.

Früh lernte ich ein bißchen Englisch, schrieb dann weiter an der Kurzgeschichte und erwartete dann unsere Verwandten.

Tante sagte mir, daß im Büro jetzt unvorstellbar viel zu arbeiten ist.

Wir gingen - es war noch heißer als gestern - in den Garten.

Auch den Nachmittag dort in der Sonne verbracht. Noch heißer als gestern.

Abends Eliot übersetzt ("Bildnis einer Dame").


Samstag, 16. August:

Bei schönem Wetter - an den Instituten vorbei - nach Grinzing gefahren. Von dort aus fuhren wir auf den Kahlenberg und gingen weiter nach Klosterneuburg-Weidling. Dort besoff man mich bei einem Bauern-Heurigen, also in einer sehr ruhigen Umgebung. Drei Wespen störten mich, und Paul sprach von seinen Ansichten über manches. (Es war, wie ich gelesen habe, der heißeste

37° im Schatten
Tag seit 100 Jahren.) Die Gegend machte einen sehr freundlichen Eindruck; wo man in die Ebene sah, und auf die Donau, war es sogar sehr schön.

Nachmittag Eliot übersetzt ("Portrait" fertig).

Abends erstes Unwetter.


Sonntag, 17. August:

Nachts richtete das Gewitter Schaden an. Morgens danach abgekühlt.

Ich blieb heute im Haus und schrieb vormittags die Prosa fertig.

Nachmittag mistete ich literarisch aus. So gewann ich wieder etwas Rückblick-Überblick.

Natürlich kam ich auf die Briggi-Zeit zurück, die ich bis jetzt nicht übersehe. Ich bin mir über dieses Mädchen nicht klar geworden. Stimmt das? Vielleicht ist das falsch gefragt. Mitlebend habe ich sie verstanden. Und nur erklären kann ich sie vermutlich nicht.

Kann ich mich erklären?

Abends lange zum Fenster hinausgesehen. Es regnete.


Montag, 18. August:

Beim Einkaufen im Konsum traf ich wieder Christl x (Huber!), die auch einkaufen ging.

Der Polakovics-Ausflug entfiel wegen Regens. Verschiedene Besorgungen gemacht.

Eintragungen Tagebuch 50 nachgeholt. Der Elektriker kam und brachte unser Licht in Ordnung. Er war sehr bissig. -

Jirgal war nicht und nicht zu erreichen.

Ich vertelephonierte 4 Schilling. -

Nach Mittag auf die Linzerstraße. Photographien abgeholt. -

Abends in den Art Club zur Hakelbesprechung. Dort war aber nichts los und nichts zu erfragen: man schickte mich wieder heim. -

Ein gemeiner Tag!


Dienstag, 19. August:

Später aufgestanden.

Im Garten am "Bändchen" weitergearbeitet.

Einen soweit lustigen Nachmittag gemacht.

Apologie u. Kriton, Heines "Wintermärchen" und Teile aus "Atta Troll" gelesen.

Abends gutes Essen mit Salzmandeln und Wein genossen.

Ersehnte nur ein geliebtes Mädchen.


Mittwoch, 20. August:

2. Partie Photographien (besser als die 1.) von der Linzerstraße geholt u.a. Wieder trüberes und kühles Wetter.

Selected Poems von Eliot kamen mit der Post (unlängst bei Heger bestellt). Jetzt ist das Bändchen also in meinem Besitz (seit Jahren erwünscht).

Nachmittag kam Kein. (Überraschend.)

Wir unterhielten uns über verschiedenes.

(Nächste publikationen; gab ihm eine Übersetzung und eine Vervollständigung auf; Hakelbesprechung hatte stattgefunden, etwas später, sagt er.

Unterlaa-Prosa gefiel ihm.)


Donnerstag, 21. August:

Früh zur Urania gefahren, mußte Pfirsiche abholen. (von Tante.)

Vormittags Aufnahmen in Steinhof gemacht.

Abends kalt, zum Fenster hinausgesehen, Rechenschaft mir abgelegt ...

Brachte mir Cocteaus Taschentheater vormittags von der Stadt mit. Reizvoll, wie es Deutsche nie zusammenbringen. Erotik ohne nur eine schlüpfrige Bemerkung.

Ich kenne anderseits die Nachteile der Franzosen.


Freitag, 22. August:

Früh weitere Reinschriften fürs Bändchen.

Dann zu Rohrbeck (fürs Büro), zu Tigerls werkstatt; erfuhr, daß ein junges Mädel, Arbeiterin von dort, Tigerl + 2 Junge habe. 3. Junges weitergegeben worden.

Häßliches Kopfwehwetter. So kam ich nicht zur Ausführung meines Wunsches, Tigerl für Briggi und für uns zu photographieren.

2 Trickaufnahmen im Garten gemacht.

Nachmittag gelesen, ausgeruht. Direktor Schenner (Baumruck) brachte Nachricht aus Rußland, wenn auch nichts von Papa selbst.

Immensee wieder gelesen. Wie immer reagiert, in Form von Tränenausbrüchen (zweimal).

Abends über Gedichte nachgedacht (bei schlechtem Wetter). "Herbstwind. Situationen ..."


Samstag, 23. August:

Vormittag viel geschrieben ("Bändchen" fast fertig).

Nachmittag mit Tante zu Weltsch in den Schrebergarten. Ich ging zeitiger fort, nach einigem Weintrinken. (Wir logen ihn an und sagten, ich müsse zu einem Freund.) Es war mir nämlich lieber, heute zu sein. Vorher hatte es häßliche Bürogespräche gegeben.

Für morgen bin ich bei Jirgal eingeladen; er schrieb mir, "sein Sommer habe ihn reichlich beschenkt, wenn er ihn auch wie Hölderlin schlug".


So 24 8 52

Bei Jirgal erfuhr ich, dass eine Stunde zuvor Brigitte Kahr verabschiedet worden war, die dort einen Monat gearbeitet hatte. Tivoli ist ein Schnittpunkt.

Ich ging zu leicht angezogen. Man war besorgt, dass ich mich bei dem herbstlichen Regen erkälten könnte. Noch dazu war die Strassenbahn auf meinem Heimweg gestört.


Nachmittags war das Mädchen Christl aus der Dr. Huber-Familie schon nach Deutschland zurückgefahren.

Es herbstet ein.


Tagebuch 1952

AOk

2   60

Tagebuch

von ... Mo 4 8 52

bis ... So 24 8 52

(Urlaubszeit)

Montag, 4. August 1952:

Heiß. Letzte Woche
vor dem Urlaub.
Mittags im Büro
Notizen gemacht.
Abends Post von
Mathes. (Und 20.-
Schilling.)

Kohle kam.


Dienstag, 5. August:

Hatte früh noch viel Zeit.
Genoß diese Tatsache
und arbeitete auch.

Formulare in Druck
gegeben fürs Büro.

Heiß! Stadtpark mittags.

Abends Dr. Grinse-Gedicht.
46-er-Fahrt angenehm.


Mittwoch, 6. August:

Schon früh strahlend
heiß.     Ingeborg-Gedicht
weiter.

Mittags wieder Stadtpark.
Irrsinnige Arbeit im Büro.

Abends immer sehr

angenehm. Gutes Essen.
Ohne Hemd und Decke
geschlafen.


Donnerstag,
7. August:

Früh wieder am Ingrid-
Gedicht geschrieben.

(Falsch, es heißt doch
Ingeborg -.)

Ordnungen im Büro.
Mittags Stadtpark.
Der riecht diese Tage
nach Abwasser, Ölfarbe
und Benzin.

Es wurde trüber, blieb aber
so schwül wie gestern.
Gestern war der heißeste
Tag dieses Sommers.

Abends brachte mir
der kleine Paddy
Nachricht von Artmann.
Er lebt ein paar Wochen
sehr gut in der
Schweiz. Erfolge bei
der ersten Lesung
drüben (auch für
mich selber, und die
"publikationen"),
weitere Lesungen
folgen. Er lebt bekannt-
lich bei Esther.


  Freitag, 8. August:

Letzter langer
Bürotag vor dem
Urlaub. Es war
wieder eine heiße
Nacht. Sehr windig.


Samstag, 9. August:

Im Büro Abschluß-
arbeiten. Verab-
schiedet für 16
Tage.

Heißer Tag.

Nachmittag noch
Wirbel mit Tante.
Ich machte Ord-
nungen. Über
Greguerias etwas
mich etwas hinge-
setzt, mehrere
ausgemistet, den
Rest ehrlich ab-
geteilt "zur Rechten
und zur Linken".

Abends "Urlaub-
beginn". Backhuhn.
Wein. (Erstmals
wieder, ohne
Begehren, seit der letzten Sauferei.)

Ich habe einen meiner
literarischen, sogar
kritischen, Tiefstände.
Ich habe die Absicht,
Tigerls 3 Junge
(die alle am Leben
gelassen und groß-
gezogen werden
in der Tillgasse)
zu photographieren.
Ich möchte gern
Briggi eine solche
Aufnahme schenken.

Wie wertlos wir sind.


Sonntag, 10. August:

Mit Jandl in den Garten
gegangen. Sehr angeneh-
men Vormittag verbracht.
Gute Sachen von ihm
gelesen. Versucht, ihm
da und dort ein
wenig zu helfen.

Dienstag bei Polakovics
treffe ich ihn vor
seiner Englandfahrt
nochmals.

Nachmittags ein satirisches
Gedicht fertiggemacht.


Montag, 11. August:

Zeitig morgens aufgestanden
und die seinerzeitige
Kurzgeschichte fertigge-
schrieben (das Mädchen
vom Autobus Unter Laa).

Nahm dann auf die
Wiese Medea mit,
sonnte mich aber
großteils nur.

Waren zuerst auf die
Linzerstraße gegangen,
ich hatte auch
photographiert.

Ich möchte gern
für Hakels Wienbuch
etwas schreiben.

Auch Nachmittag
auf die Wiese gegangen.
Ich habe das Büro
längst schon vergessen.
Mehrere Aufnahmen.

Abends Rohscheiben.


Dienstag, 12. August:

Vormittag Nebel, Sonne.
Drückende Hitze.

Ich ging auf die
Linzerstraße einkaufen,
es gab reinste gelbe
Fisolen.

Begrub "Medea" und
"Ingeborg" unter den
Fragmenten. Fehl-
versuche damit
nahmen den Vor-
mittag ein.

Jandl sagte ab, da er
morgen schon verreist.

In der Hitze nach Mittag
fuhr ich Polakovics
besuchen.

Sie waren etwas müde
beisammen. Ich hörte
beider Prosa zum
gleichen Thema
("Vom Fenster eines
Zinshauses aus ...
").
Mein Gedicht:
"Projekt" gefiel
Polakovics von meinen
letzten Sachen am
besten. Bei Polakovics
zerriß ich auch die Grinse-Gedichte von neulich.

Dann hörten wir Lyrik zweier Zeitgenossen
im Radio Wien.

Es ist ein arger Abstieg
vom "Stundenbuch"
zu Puffler ...

(Den anderen Namen
behielt ich über-
haupt nicht.)

Wir stritten dann.
Polakovics sprechen
der Katze Charakter-
züge ab. Maja,
obwohl eine aufgeklärte
Katholikin, hat
gewisse jesuitische Eigenschaften. So diskutiert
sie nie aus dem lebenden
Zusammenhang sondern
von vorgefaßten Theorien
aus, die Gesprächsführung
ist starr: sie drückt auf
einen Knopf und der
Zettel mit der voll-
kommen geschliffenen
Antwort springt heraus.

Man spricht vom Tigerl
und sie geht antwortet
über die Katze an
sich, die wissenschaftlich
erfaßt und standar-
disiert ist. Alles
(und das begründet den "jesuitischen" Eindruck)
geschieht, um nicht
in Schwierigkeiten mit
der katholischen Theorie
vom Tier zu kommen
und eine Sünde auf
diese Weise zu begehen.

Maja hat mein
"Bändchen-Manuskript"
gelesen, Pol. noch nicht.
Sie sagt: Keines
unter den Gedichten
ist ganz uninteressant,
an jedem ist etwas
dran. Keines befriedigt wirklich. Ihr privat
gefallen jene, die sie
an ihre Kindheit
erinnern.

Abends machte ich
ein Gedicht: "Zwischen
den Versuchen
", das
ich nächstentags
wegwarf.

Es gibt Menschen,
von denen man
mit durchgepflügtem
Gewissen kommt
weil sie immer Pathos
um sich verbreiten. Als bBald entlarvt sich diese
Ethik als rhetorische Sache,
die man üben kann.

Wie man glockenläuten
übt, nicht wie man
Andacht übt.

Jandl kam trotz der
Absage auf kurze Zeit
zu Polakovics. Er
brachte seine Übersetzung
der "Preludes" von Eliot
mit. Wir nahmen
Abschied.

Von Zand nette Prosastücke
gelesen, die ich nicht,
wie seine jämmerliche
"Glaskugel", verabscheue.

Den Ausflug verschoben
wir auf kommenden
Montag.


Mittwoch, 13. August:

Gingen auf die Linzer-
straße
einkaufen.

Viel Post kam.

(Jirgal, Hakel, Fischer,
Dietrichs Zeitschrift).

Mit Mama in den
Garten. Ich sonnte
mich und ruhte
mich innerlich
ganz aus.

In den Nebengärten
die Mädchen von
Steinhof, jetzt auch die 13- oder 14-jährige
Christl aus der Dr. Huber-
Familie, die auf Ferien
hier ist. Sie wurde
von ihren Leuten
mit Englisch gequält.
Das hinterließ auf
mich einen tiefen
Eindruck.

Heißester Tag, wie
man lesen kann.
Ich beobachtete 32
Grad im Schatten,
es hatte aber als
Schattenmaximum,
glaube ich, 35 Grad. -

Ich las aus der Kassandra
von Weigel, ärgerte mich
über Gütersloh,
schrieb ein Gedicht
ähnlich dem "Projekt",
zerriß es ziemlich bald
darauf wegen Un-
menschlichkeit;
richtete Material
für die kommenden
"publikationen" zu-
sammen und freute
mich an den Über-
setzungen
von Jandl.

Bemühte mich,
"Eros Turannos"
von Robinseon zu übersetzen, abends.

Abends auch nette
Szenen vor der Halte-
stelle: Ein Sieb-
verkäufer mit
großem Hut und
zwei breiten ländlichen
Mädchen.

Ein Ziegentreiber.

Proben von Chris
Marker
, auf den
Jirgal mich hinwies,
in einem früheren
Heft der "Neuen Wege"
nachgelesen.


Donnerstag, 14. August:

Vormittag kam Kein.
Wir gingen in den
Garten und diskutierten
die letzten Ereignisse.
Er kommt erst in zehn
Tagen wieder.

Nachmittag allein
in den Garten,
nahm die Schreib-
maschine mit und
arbeitete an der
Kurzgeschichte von
der Literatka
.

Noch heißer als gestern.
Bier.

Schrieb die Prosa
zu Ende, auch Mama
kam in den Garten.
Ich werde die Geschichte
aber noch einmal
schreiben.


Freitag, 15. August:
Feiertag.

Früh lernte ich ein
bißchen Englisch,
schrieb dann weiter
an der Kurzgeschichte und erwartete dann unsere
Verwandten.

Tante sagte mir, daß
im Büro jetzt unvor-
stellbar viel zu
arbeiten ist.

Wir gingen - es war
noch heißer als
gestern - in den
Garten.

Auch den Nachmittag
dort in der Sonne
verbracht. Noch
heißer als gestern.

Abends Eliot übersetzt
("Bildnis einer Dame").


Samstag, 16. August:

Bei schönem Wetter -
an den Instituten
vorbei - nach
Grinzing gefahren.
Von dort aus fuhren
wir auf den Kahlen-
berg
und gingen
weiter nach Kloster-
neuburg-Weidling
.
Dort besoff man
mich bei einem
Bauern-Heurigen,
also in einer sehr
ruhigen Umgebung.
Drei Wespen störten
mich, und Paul sprach von seinen
Ansichten über manches.
(Es war, wie ich gelesen
habe, der heißeste

37° im Schatten
Tag seit 100 Jahren.)
Die Gegend machte einen
sehr freundlichen
Eindruck; wo man
in die Ebene sah,
und auf die Donau,
war es sogar sehr
schön.

Nachmittag Eliot
übersetzt ("Portrait"
fertig).

Abends erstes Unwetter.


Sonntag, 17. August:

Nachts richtete das
Gewitter Schaden an.
Morgens danach
abgekühlt.

Ich blieb heute
im Haus und
schrieb vormittags
die Prosa fertig.

Nachmittag mistete
ich literarisch aus.
So gewann ich
wieder etwas
Rückblick-Überblick.

Natürlich kam ich auf
die Briggi-Zeit zurück,
die ich bis jetzt nicht
übersehe. Ich bin mir
über dieses Mädchen
nicht klar geworden.
Stimmt das? Vielleicht
ist das falsch gefragt.
Mitlebend habe ich sie
verstanden. Und nur
erklären kann ich sie
vermutlich nicht.

Kann ich mich erklären?

Abends lange zum
Fenster hinausgesehen.
Es regnete.


Montag, 18. August:

Beim Einkaufen im
Konsum traf ich
wieder Christl x (Huber!), die
auch einkaufen ging.

Der Polakovics-Ausflug
entfiel wegen Regens.
Verschiedene
Besorgungen gemacht.

Eintragungen Tagebuch 50 nachgeholt.
Der Elektriker kam
und brachte unser
Licht in oOrdnung. Er war sehr bissig. -

Jirgal war nicht und
nicht zu erreichen.

Ich vertelephonierte
4 Schilling. -

Nach Mittag auf die
Linzerstraße. Photographien
abgeholt. -

Abends in den Art Club
zur Hakelbesprechung.
Dort war aber nichts
los und nichts zu
erfragen: man schickte
mich wieder heim. -

Ein gemeiner Tag!


Dienstag, 19. August:

Später aufgestanden.

Im Garten am "Bändchen"
weitergearbeitet.

Einen soweit lustigen
Nachmittag gemacht.

Apologie u. Kriton,
Heines "Wintermärchen"
und Teile aus "Atta
Troll
" gelesen.

Abends gutes Essen
mit Salzmandeln
und Wein genossen.

Ersehnte nur
ein geliebtes Mädchen.


Mittwoch, 20. August:

2. Partie Photographien
(besser als die 1.) von
der Linzerstraße geholt
u.a.     Wieder trüberes
und kühles Wetter.

Selected Poems von
Eliot kamen mit
der Post (unlängst
bei Heger bestellt).
Jetzt ist das Bändchen also in meinem Besitz
(seit Jahren erwünscht).

Nachmittag kam Kein.
(Überraschend.)

Wir unterhielten uns
über verschiedenes.

(Nächste publikationen;
gab ihm eine Über-
setzung
und eine
Vervollständigung auf;
Hakelbesprechung hatte
stattgefunden, etwas
später, sagt er.

Unterlaa-Prosa gefiel
ihm.)


Donnerstag, 21. August:

Früh zur Urania gefahren,
mußte Pfirsiche abholen.
(von Tante.)

Vormittags aAufnahmen
in Steinhof gemacht.

Abends kalt, zum
Fenster hinausgesehen,
Rechenschaft mir
abgelegt ...

Brachte mir
Cocteaus Taschentheater
vormittags von der
Stadt mit.
Reizvoll, wie es Deutsche nie zusammen-
bringen. Erotik ohne nur
eine schlüpfrige Be-
merkung.

Ich kenne anderseits
die Nachteile der
Franzosen.


Freitag, 22. August:

Früh weitere Reinschriften
fürs Bändchen.

Dann zu Rohrbeck (fürs
Büro), zu Tigerls -
werkstatt; erfuhr, daß
ein junges Mädel, Arbeiterin von dort,
Tigerl + 2 Junge habe.
3. Junges weitergegeben
worden.

Häßliches Kopfwehwetter.
So kam ich nicht zur
Ausführung meines
Wunsches, Tigerl für
Briggi und für uns
zu photographieren.

2 Trickauf-
nahmen im Garten
gemacht.

Nachmittag gelesen,
ausgeruht. Direktor
Schenner (Baumruck) brachte Nachricht aus
Rußland, wenn auch
nichts von Papa selbst.

Immensee wieder gelesen.
Wie immer reagiert,
in Form von Tränen-
ausbrüchen (zweimal).

Abends über Gedichte
nachgedacht (bei
schlechtem Wetter).
"Herbstwind. Situationen ..."


Samstag, 23. August:

Vormittag viel geschrieben
("Bändchen" fast fertig).

Nachmittag mit Tante
zu Weltsch in den
Schrebergarten. Ich
ging zeitiger fort,
nach einigem Wein-
trinken. (Wir logen
ihn an und sagten,
ich müsse zu einem
Freund.) Es war
mir nämlich lieber,
heute
zu sein. Vorher
hatte es häßliche
Bürogespräche gegeben.

Für morgen bin ich bei
Jirgal eingeladen;
er schrieb mir,
"sein Sommer habe ihn
reichlich beschenkt,
wenn er ihn auch
wie Hölderlin schlug".


So 24 8 52

Bei Jirgal erfuhr ich, dass eine Stunde zuvor Brigitte Kahr
verabschiedet worden war, die dort einen Monat gearbeitet hatte.
Tivoli ist ein Schnittpunkt.

Ich ging zu leicht angezogen. Man war besorgt, dass ich mich
bei dem herbstlichen Regen erkälten könnte. Noch dazu war
die Strassenbahn auf meinem Heimweg gestört.


Nachmittags war das
Mädchen Christl aus der Dr.
Huber-Familie schon
nach Deutschland zurück-
gefahren.

Es herbstet ein.


Zitiervorschlag

Okopenko, Andreas: Tagebuch 04.08.1952–24.08.1952. Digitale Edition, hrsg. von Roland Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 1.1, 15.1.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/okopenko/o:oko.tb-19520804-19520824/methods/sdef:TEI/get?mode=p_1

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Jegliche Nutzung der Digitalisate muss mit dem Rechtsnachfolger von Andreas Okopenko, August Bisinger, individuell abgeklärt werden.