Tagebuch
Sa 1 März -
Fr 18 April
1952
Früh meine alten Gedichte überprüft (1949, 50). Müßte sie bald herausbringen.
Bücherordnung und ausgeruht. Nm. versuchsweise begonnen, Französisch zu lernen.
Lektüre der Gedichte von damals wirkt für heute sehr demütigend und reinigend.
Abends langer Dienst.
Wahnsinnige Arbeit.
Frühlinghafter Morgen.
Schönere Stimmung.
Abends kam Post.
Winter. (Schnee, -5°.)
Revolutionsstimmung im Büro. Zeitiger frei.
Jirgalszene abends geschrieben.
Freundlicher Tagesbeginn. Zwar winterlich (-9° früh), aber irgendwie liegt Frühling in der Luft. Blauer Himmel.
Briggi getroffen.
Nm. zu Artmann gefahren Abends Art Club.
MathesGespräch (Intellektualismus usw.).
Lieber Andreas Okopenko,
Ihr so von Herzen lieber Brief hat mich wirklich gefreut und mr sehr, sehr viel geholfen. Und ich nehme Ihren so freundlichen Vorschlag zu einer Aussprache einmal an einem Sonntag gerne an. Ich bin nur momentan - wie das um diese Jahreszeit zu sein pflegt - mit meiner Gesundheit nicht ganz in Ordnung, habe dadurch wertvolle Arbeitszeit verloren und muss zusehen, dass ich das Verlorene einbringe. Aber sobald ich Zeit habe - von Herzen gern.
Ihr Glaube und Ihr Vertrauen in mich ehren mich mehr als Sie denken mögen. Und vor allem Ihre Überzeugung, dass ich, trotz Anders Überzeugter, ein vertrauenswürdiger Mensch bin. Hinzu kommt nun meine seltsame Veranlagung, immer in unangenehme Situationen zu geraten und mir Gegner zu schaffen. Wahrscheinlich ist das auch meine Schuld. Sollten Sie etwas Böses über mich hören, so bitte ich Sie - selbstverständlich ohne Quellenangabe - mich davon zu benachrichtigen. Ich möchte gerne in mich gehen und nachsehen, ob ich nicht auch Schuld trage. Denn ich bin der Überzeugung, dass Sie mich viel, viel liebenswerter sehen, als ich wirklich bin.
Ich werde mir grosse Mühe geben, doch noch etwas Brauchbares für Ihre schönen Publikationen zu schreiben. Leider schlägt mir der Alltag über dem Kopf zusammen und ich sehe und höre nichts mehr. Haben Sie also bitte, sowohl in Bezug auf Zeit - für eine Aussprache - als auch in Bezug auf publikationen noch einmal Geduld mit
Ihrer
Gestern bis abends war ein schöner Tag.
Heute trüb, kalt, winterlich. Ich stehe leer da.
Früh -11°.
Blauer Frostmorgen.
Nm. ausgeruht.
Sehr angenehm den Tag verbracht.
Hatte das Bedürfnis, auszulaufen: Fuhr im Vorfrühlingswetter nach Breitensee.
Polakovics besucht, mit ihm einen möglichst il-literarischen Spaziergang unternommen.
Kein brachte während meiner Abwesenheit die Nachricht, daß Fritsch an einem neuen Platz wohne; sie haben ein Kind bekommen.
abends angenehme Post ( Brigitte Kahr , RAVAG).
ich möchte aus meiner haut fahren wie die wiener sagen.
aber nicht über mich reden!
das wetter ist wieder trübgeworden und ich hänge von der frühjahrswärme und den sonnenstrahlen ab.
ich sitze allein im büro und weiß nichts zu tun als auf den tisch zu trommeln.
es müßte etwas ganz unerwartetes geschehen, aber das ist vielleicht sowieso nah.
in vier tagen habe ich meinen 22. geburtstag. ich möchte momentan bei eisenreich in oberneukirchen sein. oder mit weißenborn die stadt laufen, an einem freien werktag.
11 mä 52Früh Briggi Falkingers "come back"?
Bei diesem Wetter möchte ich in der Stadt herumzigeunern.
Nachmittag 15h schon aus. Zu Artmann, den aber nicht angetroffen, hinterließ ihm nur ein Zetterl und fuhr heim.
Zuhause infolge meiner Stimmung weniger gemütlich als erwartet.
Schrieb an der Maschine ein Gedicht, das ich wieder wegwarf.
Obwohl ich 10 Minuten früher fuhr, Briggi in der Straßenbahn getroffen.
Aufgewiegelte Stimmung der Leute gegen die Herren im Büro.
Trüber, kalter Morgen ohne Vorfrühlingsluft.
Nm. besserte sich das Wetter.
Es regnete dann am Abend.
Briggi getroffen, obwohl ich 10 Minuten später mit der Straßenbahn fuhr.
Viel Arbeit im Büro vm.
Abends Zahnarzt und Art Club:
Beim Zahnarzt schönerweise nicht zu behandeln.
Parduren viten mit Darmol Du sagst die bildhauer wären vagabunden aber die kalligramme von Apollinaire sind keineswegs kakophonien wie schon der grosse helvetische feldobrist sagte als er die stadt Schwyz am horizont auftauchen sah. koka Bola stand in den barbierladen auf allen waschmuscheln zu lesen. Da versagte Okopenko seiner ehemaligen klostermelissengeist sekretärin die gunst kaubonbons zu prägen. O tempora o mores (eccl. II. ii.)
Lasst die lebenden brieftauben züchten und die toten ice-cream plantagen (Plautus: Menächme I./15) ¡That's the rub!
Nachher in der Adamsgasse. Viel über die vergangenen Monate gesprochen.
In den Art Club gefahren, einen sehr schön lebhaften Abend dort verbracht. (Ein Mädchen, das mich irgendwie an Brigitte Kahr erinnerte, Artmann, Kein, Mathes ...)
Spät heim.
Uns wurde die Wohnung gekündigt.
Früh mit überraschter Freude Erich Kästner gelesen, auch Gedichte von Mathes aus allerletzter Zeit.
Es ist Schnee gefallen, früh -7°, aber herrlich blauer Himmel. Briggi früh nicht getroffen.
Im Büro leicht gereizt. Mittags Schneegestöber.
Nachmittag war schöner.
Sehr freundlicher Abend (Geburtstags-Vorabend).
Ein Brief von Diem kam auch.
Angenehmer Tagesbeginn. Nachmittag Geburtstag halbwegs gefeiert.
Ich schrieb.
Abends getollt.
Anregender Spaziergang mit Artmann: Neuwaldegg bei herrlichem Wetter.
Nachmittags frische Sachen geschrieben.
Nm. schon +6° in der Sonne.
Früh noch -3°. Strahlend blau. Korrespondenzen erledigt.
Steger in Salzburg, gelockerter Betrieb.
Abends: muß morgen aufs Wohnungsamt.
Vormittag auf dem Wohnungsamt aufgerieben. Dann ins Büro. Saumüde.
Früh Erhebungsbeamter in der Wohnung. Postweg fürs Büro. Sonniger Morgen, aber kalt.
Wieder ziemlich müde. Abends etwas Wein getrunken.
Die entzückenden Zeichnungen von Klee und Post von Hofmann und Weigel kamen.
Früh Matrizen besorgt, Weigel angerufen.
Nachmittag zu Artmann (in ungünstiger Stimmung). Art Club (Kein, Mathes). Ich lernte Ferra, den Bruder der Vera Ferra, näher kennen. (Ähnlich stelle ich mir Toman vor.)
Abends gut unterhalten.
Frühlingsbeginn bei Morgenregen.
Etwas müde nach gestern.
Vormittags schlecht gefühlt.
Erste 4 Matrizen geschrieben. Abends Post von der RAVAG.
Wein.
Wieder trübes Wetter. Briggi die ganze Woche nicht getroffen.
Sehr froh übers Wochenende.
Schönen Nachmittag verbracht und Abend.
Zu Kein gefahren. (Das Wetter war reizvoll, windig.)
Versuchten vergebens Eisenreich anzutreffen.
Unterhielten uns sodann ganz gut ohne ihn.
Nachmittag mit Säuberungen für die kommende Übersiedlung verbracht.
Ich bin überzeugt davon, daß ich nichts Anständiges schreiben werde, bis sich in meinem Privatleben etwas ändert.
Trüber Tag.
RAVAG Honorar geholt.
Huber wieder krank.
Im Büro gefährliche Stimmung gegen sie.
Abends frühlinghafter Regen.
Wieder trüb und verregnet. Im Büro grauenhafte Stimmung. Huber noch nicht hinausgeworfen.
Korrespondenzen erledigt. Abends bis 19h geblieben.
Wieder trüb. Recht müde.
19 Orangen. Viel Arbeit und Aufruhr im Büro. 4 Matrizen geschrieben.
Abends kalt.
Nervosität im Büro steigt und steigt.
Schneefall.
Bauer meldete sich gestern krank.
Vorletzte Matrizen geschrieben.
Abends konnte ich zeitiger fort. Wein und Schnitzel.
Kaltes klares Wetter (-4°).
Letzte Seiten matriziert. Viele Arbeit, vor allem am Abend.
Verregnet, kalt.
Besondere Eile.
Kein Winter und Frühlingsanfang war so trüb wie dieser.
Im Büro Krach zwischen Dr. Mj und Huber. Nachmittag publ. abgezogen (mit Kein).
Abends gutes Essen.
Wetter hält mich vom Schreiben ab.
10h publ.-Arbeit am Bierhäuselberg fortgesetzt. (Mit Artmann.) Nächsten Samstag noch 6 Seiten herzustellen
Abends fast schon Frühlingsregen.
Früh erstmals sonnig und wärmer. Frühlingstimmung unter den Leuten.
Auch Briggi nun verweht.
Kürzerer Dienst im Büro. Bauer kam erstmals wieder. Tante geht es sehr schlecht.
Abends Schnaps.
Frühlingswetter.
Gegen Abend wieder kalter Wind. Kein schöner Abend.
Mittags schickte ich Jirgal in den April. (Als Louis Aragon.)
Schneefall über Nacht. -3° früh, Regenschnee. Seelischer Tiefpunkt. Krank.
Ich höre, daß mein Gehalt erhöht werden soll.
Viel Arbeit vm.
Sehr müde.
Abends sehr gute Laune. Schnaps. Briefe von Ophir und Matejka kamen.
Aufheiterung.
Blauer Himmel, wärmer. Briggi erstmals wieder getroffen. Sie war auf Skiurlaub gewesen.
Tante wieder im Büro. Hitchman in Wien. Bewegter Vormittag. Gegen mittags wieder schlechtes Wetter. Angenehmer Abend.
Schönes Wetter morgens. Briggi nur gesehen.
Es gibt schon Veilchen.
Dr. L wird nach Italien und Argentinien fahren. Viel Arbeit.
Abends daheim ausgeruht.
Frühlingshafter, wenn auch noch etwas kühler, Morgen.
Nm. Bierhäuselberg, letzte Vervielfältigung der publ. 5.
Publ.-Arbeit (um 10h kam Kein).
Liebe Brigitte Kahr,
da ich Sie nicht stören will, bring' ich Ihnen die "publikationen" Wieder nur so.
Ich habe mich über Ihren Brief gefreut. Ich werde im Interesse Ihrer Konspiration Geduld haben. Bitte schreiben Sie, dass Sie kommen können. Ich möchte Sie sehr gerne sehen. Oder haben Sie sich unser Zusammensein mittlerweile aus dem Kopf geschlagen?
Mit aller Liebe
Ihr Andreas
Schon frühlingshafte Luft, im Schatten wieder kalt.
Abends bei mildem Wetter zu Brigitte Kahr.
Publikationen abgegeben mit Brieflein.
Daheim noch eine Weile bei offenem Fenster.
Milderes Wetter.
Dr. L und Hitchman verreist. Angenehmeres Büro.
Publ.-Versand.
Abends Diem, Polakovics (Maja war dort), angenehmer Abend.
Briggi getroffen abends.
Früh wieder mit Briggi gefahren. Publ.-Versand.
Abends lange gearbeitet im Büro.
Größtenteils schon warm.
Frühlingswetter.
Briggi, die heute schon frühlinghaft geht, wieder getroffen. Angenehmer Morgen.
Früh mit Briggi gefahren. Ich hatte heute meinen ersten Tag die leichten Sachen an.
Wieder Postweg. Früh schon +7°, strahlendes Frühlingswetter. Ich möchte jetzt anderswo, anderswie sein.
Sehr warmer Tag schon. Feiertagstimmung im Büro.
In den Art Club. Dort Mikl-Ausstellung; Kein, später Ebner, R. Ferra, Esther, Artmann ...
Sehr angenehmer Abend.
Mit Briggi gefahren.
Frühlingswärme.
Abendbesuch (tags blühende Bäume gesehen)
Erster warmer Tag. Auf dem Rasen spielen die Kinder.
Ein Mädchen mit roter Bluse.
Hinter dem Park die Dächer der Stadt sichtbar /hinter den Büschen des Parks/.
Himmel hellblau, leicht weiss bewölkt; bis mittags konnte man sich sonnen, bis nachmittags. Ich habe heute den ersten Tag etwas braune Farbe bekommen.
Jetzt geht ein Wind. In der Tanne und den Büschen, um die ein Motorrad eben scharf gefahren ist. Ein anderes.
Es gehen ein Vater und ein Kind.
Die aufgeschichtete Stadt, ihr Panorama, mit einem bräunlichen Schornstein vorn. Mehrere Lichter werfen die Sonne zurück, sehr viele weisse Fassaden. Die braunlila Dächer.
Unsere Laterne vorn erwartet den ersten Abend. Lastauto vom Brauhaus der Stadt Wien. Zwei Töffsignale. Ein Mädchen mit Dynamik im Rock. Die rote Strassenbahn fährt vorbei mit den drei Zeilen im gelblichen Schild "Ottakring Maroltingergasse Steinhof ".
Ein Glanzlicht in der Laterne. Die Luft weht kühl.
Bezüge schon wieder zum Juni .
bei Matejka.
Warme Stadtnacht. Schönes Tagesende für mich.
Der blaue Tag, ein Feiertag wie selten, begann.
Sonne und Leute auf der Straße. Erstmals in diesem Jahr am Fenster gesessen und besonnt.
Post (der Amen-Song) von Jirgal.
Tante kam nachmittags.
+20° beim Schattenfenster um 16 Uhr.
Das Buch von Makarenko zu lesen begonnen.
Froher Abend.
Fenster nachts offen gelassen.
Besonnt. Eliots Prufrock fertigübertragen.
Fruchtlos im Frühling, vor allem im Abend, an B. K. gedacht.
Ostermontag Morgen.
Nach dem Erwachen zum offenen Fenster.
Es wehte Wasserluft (wie über Auen) und die Sonne stand schon ohne Aufgangs-Erscheinungen klar im Osten. Noch fast keine Leute.
Die Bäume blühten gegenüber unseren Fenstern rosa. Der schönste Ausblick die lange Straße entlang. Vogelrufe erwachten.
Gedanken über die Unerfülltheit von so vielem, das hoffnungsvoll beginnt. (Ich hatte rückschauende Träume. Zwei Träume in der Nacht von B. F.)
Diese Notizen abgebrochen. Zu Polakovics gefahren. Wollte ihn nach Ober-Laa verführen, er lenkte aber nach Floridsdorf.
Schön am Wasserpark. Maja angetroffen.
Man hätte aber um 8 und nicht erst um 11,10 dortsein müssen.
So nur knapp dort aufgehalten und im Amerikaner wieder heim.
Nachmittag publikationen fertiggemacht. Nirgendwohin gegangen.
Hielt auch den leichten Wettermantel heute nicht mehr aus.
Osterdienstag.
Nun wieder ins Büro. Es sind einige Feiertage dieses Frühjahr noch in Aussicht, und manchmal leichterer Dienst.
Im Großen aber wird wieder an den knospenden und blühenden Bäumen vorbeigesegelt. Morgen und Abend habe ich die Fahrt auf den Straßenbahnen, von wo man immerhin ein wenig vom Frühling sieht.
Feststellung zum zwölften Mal: Briggi F. ist also nun verweht. Bei dieser Notiz ist mir flüchtig Hertha Kräftner eingefallen, die im eigentlichen Sinn "verweht", nämlich tot, ist.
Ich wollte diese Tage, als das Fenster abends offen war, Gedichte machen. Nichts Geeignetes war da, obwohl dieses Jahr wie 1950 so schön wird.
Gestern war wieder ein Bürotag. Langer Dienst. Abends beim Fenster. Baumblüte, und die Kastanien knospen.
Jetzt stehe ich morgens immer zeitiger auf.
Ich kann hinausschauen (Arbeiter, Schülerinnen und in der Luft die Singvögel).
Steger verreiste. Gelockerter Betrieb, für mich allerdings viel Arbeit.
Abends am offenen Fenster.
Früh Regen, leichter Regen bei zehn Grad. Forsythien blühen schon.
Nachmittags überraschend bürofrei. Zu Artmann gefahren. Dort Versuche unternommen, wie früher.
Ich werde die Rhapsody of a Windy Night von Eliot übersetzen.
Morgen wieder bürofrei. Ich werde photographieren gehen.
Heute nach kühler Nacht wieder strahlend schön.
Briggi auf der Straßenbahn getroffen.
Tagebuch
Sa 1 März -
Fr 18 April
1952
Früh meine alten Gedichte
überprüft (1949, 50). Müßte sie
bald
herausbringen.
Bücherordnung und ausgeruht.
Nm. versuchsweise
begonnen,
Französisch zu lernen.
Lektüre der Gedichte von
damals wirkt für heute
sehr demütigend und
reinigend.
Abends langer Dienst.
Wahnsinnige Arbeit.
Frühlinghafter Morgen.
Schönere Stimmung.
Abends kam Post.
Winter. (Schnee, -5°.)
Revolutionsstimmung im Büro.
Zeitiger frei.
Jirgalszene abends geschrieben.
Freundlicher Tagesbeginn.
Zwar winterlich (-9° früh),
aber irgendwie liegt
Frühling in der Luft.
Blauer Himmel.
Briggi getroffen.
Nm. zu Artmann gefahren
Abends Art Club.
Mathes-Gespräch (Intellek-
tualismus usw.).
Lieber Andreas Okopenko,
Ihr so von Herzen lieber Brief hat mich wirklich
gefreut und moir sehr, sehr viel geholfen. Und ich
nehme Ihren so freundlichen Vorschla g zu einer Aus-
sprache einmal an einem Sonntag gerne
an. Ich bin
nur momentan - wie das um diese Jahreszeit zu sein
pflegt - mit meiner Gesundheit nicht ganz in Ordnung,
habe dadurch
wertvolle Arbeitszeit verloren und muss
zusehen, dass ich das Verlorene
einbringe. Aber sobald
ich Zeit habe - von Herzen gern.
Ihr Glaube und Ihr Vertrauen in mich ehren mich
mehr als Sie denken
mögen. Und vor allem Ihre Über-
zeugung, dass ich, trotz
Anders Überzeugter, ein ver-
trausenswürdiger Mensch bin. Hinzu kommt nun meine
seltsame
Veranlagung, immer in unangenehme Situationen
zu geraten und mir Gegner
zu schaffen. Wahrscheinlich
ist das auch meine Svchuld. Sollten Sie etwas Böses über
mich hören, so bitte ich Sie
- selbstverständlich ohne
Quellenangabe - mich davon zu
benachrichtigen. Ich
möchte gerne in mich gehen und nachsehen, ob ich
nicht
auch Schuld trage. Denn ich bin der Überzeugung, dass
Sie mich viel, viel
liebenswerter sehen, als ich
wirklich bin.
Ich werde mir grosse Mühe geben, doch noch etwas
Brauchbares für Ihre
schönen Publikationen zu
schreiben. Leider schlägt mir der Alltag über
dem
Kopf zusammen und ich sehe und höre nichts mehr.
Haben Sie
also bitte, sowohl in Bezug auf Zeit -
für eine Aussprache - als auch
in Bezug auf
publikationen noch einmal Geduld mit
Ihrer
Gestern bis abends war
ein schöner Tag.
Heute trüb, kalt, winterlich.
Ich stehe leer da.
Früh -11°.
Blauer Frostmorgen.
Nm. ausgeruht.
Sehr angenehm den Tag
verbracht.
Hatte das Bedürfnis,
auszulaufen: Fuhr
im Vorfrühlingswetter
nach
Breitensee.
Polakovics
besucht, mit
ihm einen möglichst
il-literarischen Spazier-
gang unternommen.
Kein brachte während
meiner Abwesenheit die
Nachricht, daß Fritsch
an einem neuen Platz
wohne; sie haben ein
Kind bekommen.
abends angenehme Post
(
Brigitte Kahr
,
RAVAG).
ich möchte aus meiner haut fahren
wie die wiener
sagen.
aber nicht über mich reden!
das wetter ist wieder trübgeworden
und ich hänge von der frühjahrswärme
und
den sonnenstrahlen ab.
ich sitze allein im büro und weiß
nichts tzu tun als auf den tisch zu
trommeln.
und das ist alles ganz fruchtlos.
es müßte etwas ganz unerwartetes geschehen,
aber das ist vielleicht sowieso
nah.
in vier tagen habe ich meinen 22. geburtstag.
ich möchte momentan bei eisenreich
in
oberneukirchen sein. oder mit weißenborn
die stadt laufen, an einem freien
wrerktag.
Früh Briggi Falkingers
"come back"?
Bei diesem Wetter möchte
ich in der Stadt herum-
zigeunern.
Nachmittag 15h schon
aus. Zu Artmann,
den aber nicht ange-
troffen, hinterließ ihm
nur ein Zetterl und
fuhr heim.
Zuhause infolge meiner
Stimmung weniger
gemütlich als erwartet.
Schrieb an der Maschine
ein Gedicht, das ich
wieder wegwarf.
Obwohl ich 10 Minuten
früher fuhr, Briggi in
der Straßenbahn
getroffen.
Aufgewiegelte Stimmung
der Leute gegen die
Herren im Büro.
Trüber, kalter Morgen
ohne Vorfrühlingsluft.
Nm. besserte sich das
Wetter.
Es regnete dann am
Abend.
Briggi getroffen, obwohl
ich 10 Minuten
später
mit der Straßenbahn
fuhr.
Viel Arbeit im Büro nvm.
Abends Zahnarzt und
Art Club:
Beim Zahnarzt schöner-
weise nicht zu behandeln.
Parduren viten mit Darmol
Du sagst die bildhauer wären
vagabunden aber die kalligramme
von Apollinaire sind keineswegs
kakophonien wie schon der grosse
helvetische feldobrist sagte als
er die stadt Schwyz am horizont
auftauchen sah. koka Bola
stand in den ba rbierladen auf
allen waschmuscheln zu lesen.
Da versagte
Okopenko seiner
ehemaligen
klostermelissengeist
sekretärin die güunst kaubon-
bons zu prägen. O tempora
o mores
(eccl. II. ii.)
Lasst die lebenden brieftauben
züchten und die toten ice-cream
plantagen (Plautus: Menächme I./15)
¡That's the rub!
Nachher in der Adams-
gasse. Viel über die
vergangenen Monate
gesprochen.
In den Art Club gefahren,
einen sehr schön
lebhaften
Abend dort verbracht.
(Ein Mädchen, das mich
irgendwie an
Brigitte Kahr
erinnerte, Artmann,
Kein, Mathes ...)
Spät heim.
Uns wurde die Wohnung
gekündigt.
Früh mit überraschter
Freude Erich Kästner
gelesen, auch Gedichte
von Mathes aus
allerletzter Zeit.
Es ist Schnee gefallen,
früh -7°, aber
herrlich blauer
Himmel. Briggi
früh nicht getroffen.
Im Büro leicht
gereizt. Mittags
Schneegestöber.
Nachmittag war schöner.
Sehr freundlicher Abend
(Geburtstags-Vorabend).
Ein Brief von Diem
kam auch.
Angenehmer Tagesbeginn.
Nachmittag Geburtstag
halbwegs gefeiert.
Ich schrieb.
Abends getollt.
Anregender Spaziergang
mit Artmann:
Neuwaldegg bei
herrlichem Wetter.
Nachmittags frische
Sachen geschrieben.
Nm. schon +6° in der
Sonne.
Früh noch -3°.
Strahlend blau.
Korrespondenzen
erledigt.
Steger in Salzburg,
gelockerter Betrieb.
Abends: muß morgen
aufs Wohnungsamt.
Vormittag auf dem
Wohnungsamt aufge-
rieben. Dann ins
Büro.
Saumüde.
Früh Erhebungsbeamter
in der Wohnung.
Postweg fürs Büro.
Sonniger
Morgen,
aber kalt.
Wieder ziemlich müde.
Abends etwas Wein
getrunken.
Die entzückenden
Zeichnungen von Klee
und Post von Hofmann
und Weigel kamen.
Früh Matrizen besorgt,
Weigel angerufen.
Nachmittag zu Artmann
(in ungünstiger Stimmung).
Art Club (Kein,
Mathes).
Ich lernte Ferra,
den Bruder der
Vera Ferra, näher kennen.
(Ähnlich stelle ich mir
Toman vor.)
Abends gut unterhalten.
Frühlingsbeginn bei
Morgenregen.
Etwas müde nach
gestern.
Vormittags schlecht
gefühlt.
Erste 4 Matrizen geschrieben.
Abends Post von der
RAVAG.
Wein.
Wieder trübes Wetter.
Briggi die ganze Woche
nicht getroffen.
Sehr froh übers
Wochenende.
Schönen Nachmittag
verbracht und Abend.
Zu Kein gefahren.
(Das Wetter war
reizvoll,
windig.)
Versuchten vergebens
Eisenreich anzu-
treffen.
Unterhielten uns sodann
ganz gut ohne ihn.
Nachmittag mit
Säuberungen für
die kommende Über-
siedlung
verbracht.
Ich bin überzeugt davon,
daß ich nichts Anständiges
schreiben werde, bis
sich in meinem Privat-
leben etwas ändert.
Trüber Tag.
RAVAG Honorar geholt.
Huber wieder krank.
Im Büro gefährliche
Stimmung gegen sie.
Abends frühlinghafter
Regen.
Wieder trüb und verregnet.
Im Büro grauenhafte
Stimmung. Huber noch
nicht hinausgeworfen.
Korrespondenzen erledigt.
Abends bis 19h
geblieben.
Wieder trüb. Recht müde.
19 Orangen. Viel Arbeit
und Aufruhr im Büro.
4 Matrizen geschrieben.
Abends kalt.
Nervosität im Büro steigt
und steigt.
Schneefall.
Bauer meldete sich
gestern krank.
Vorletzte Matrizen
geschrieben.
Abends konnte ich
zeitiger fort. Wein und
Schnitzel.
Kaltes klares Wetter
(-4°).
Letzte Seiten matriziert.
Viele Arbeit, vor allem
am Abend.
Verregnet, kalt.
Besondere Eile.
Kein Winter und Frühlings-
anfang war so
trüb wie
dieser.
Im Büro Krach zwischen
Dr. Mj und Huber.
Nachmittag publ.
abgezogen (mit Kein).
Abends gutes Essen.
Wetter hält mich vom
Schreiben ab.
10h
publ.-Arbeit am
Bierhäuselberg fort-
gesetzt. (Mit Artmann.)
N ächsten Samstag noch
6 Seiten herzustellen
Abends fast schon Frühlingsregen.
Früh erstmals sonnig und
wärmer. Frühlingstimmung
unter den Leuten.
Auch Briggi nun verweht.
Kürzerer Dienst im Büro.
Bauer kam erstmals
wieder.
Tante geht es
sehr schlecht.
Abends Schnaps.
Frühlingswetter.
Gegen Abend wieder kalter
Wind. Kein schöner
Abend.
Mittags schickte ich Jirgal
in den April. (Als
Louis Aragon.)
Schneefall über Nacht.
-3° früh, Regenschnee.
Seelischer Tiefpunkt.
Krank.
Ich höre, daß mein Gehalt
erhöht werden soll.
Viel Arbeit vm.
Sehr müde.
Abends sehr gute Laune.
Schnaps. Briefe von Ophir
und Matejka kamen.
Aufheiterung.
Blauer Himmel, wärmer.
Briggi erstmals wieder
getroffen. Sie war auf
Skiurlaub gewesen.
Tante wieder im Büro.
Hitchman in Wien.
Bewegter
Vormittag.
Gegen mittags wieder
schlechtes Wetter.
Angenehmer
Abend.
Schönes Wetter morgens.
Briggi nur
gesehen.
Es gibt schon Veilchen.
Dr. L wird nach Italien
und Argentinien fahren.
Viel Arbeit.
Abends daheim ausgeruht.
Frühlingshafter, wenn
auch noch etwas kühler,
Morgen.
Nm. Bierhäuselberg,
letzte Vervielfältigung
der publ. 5.
Publ.-Arbeit (um 10h
kam Kein).
Liebe Brigitte Kahr,
da ich Sie nicht stören will,
überbring' ich Ihnen die
"publikationen" Wieder nur so.
Ich freue habe mich
über Ihren Brief gefreut. Ich werde im Interesse
Ihrer Konspiration Geduld haben. Bitte schreiben Sie, dass Sie kommen können. Ich möchte Sie sehr gerne sehen. Oder haben Sie sich unser Zusammensein
mittlerweile aus dem Kopf geschlagen?
Mit aller Liebe
Ihr Andreas
Schon frühlingshafte Luft,
im Schatten wieder kalt.
Abends bei mildem Wetter
zu Brigitte Kahr.
Publikationen abgegeben
mit Brieflein.
Daheim noch eine Weile
bei offenem Fenster.
Milderes Wetter.
Dr. L und Hitchman verreist.
Angenehmeres Büro.
Publ.-Versand.
Abends Diem, Polakovics (Maja
war dort), angenehmer
Abend.
Briggi getroffen abends.
Früh wieder mit Briggi
gefahren.
Publ.-Versand.
Abends lange gearbeitet
im Büro.
Größtenteils schon warm.
Frühlingswetter.
Briggi, die heute schon
frühlinghaft geht, wieder
getroffen. Angenehmer
Morgen.
Früh mit Briggi gefahren.
Ich hatte heute
meinen
ersten Tag die leichten
Sachen an.
Wieder Postweg. Früh schon
+7°, strahlendes Frühlings-
wetter.
Ich möchte jetzt
anderswo, anderswie sein.
Fr 11 April: Sehr warmer Tag schon.
Fe iertagstimmung im Büro.
In den Art Club. Dort
Mikl-Ausstellung; Kein,
später Ebner, R.
Ferra,
Esther, Artmann ...
Sehr angenehmer Abend.
Mit Briggi gefahren.
Frühlingswärme.
Abendbesuch (tags blüh ende
Bäume gesehen)
Erster warmer Tag. Auf dem Rasen spielen die Kinder.
Ein Mädchen mirt roter Bluse.
Hinter dem Park die Dächer der Stadt sichtbar /hinter den
Büschen des
Parks/.
Himmel hellblau, leicht weiss bewölkt; bis mittags konnte
man sich
sonnen, bis nachmittags. Ich habe heute den ersten
Tag etwas braune
Farbe bekommen.
Jetzt geht ein Wind. In denr Tannen und den Büschen, um die
ein Motorrad eben scharf gefahren ist. Ein anderes.
Es gehen ein Vater und ein Kind.
Die aufgeschichtete Stadt, ihr Panorama, mit einem bräunlichen
Schornstein vorn. Mehrere Lichter werfen die Sonne zurück,
sehr
viele weisse Fassaden. Die braunlila Dächer.
Unsere Laterne vorn erwartet den ersten Abend. Lastauto
vom Brauhaus
der Stadt Wien. Zwei Töffsignale. Ein Mädchen
mit Dynamik im Rock. Die
rote Strassenbahn fährt vorbei
mit den drei Zeilen im gelblichen Schild
"Ottakring
Maroltingergasse
Steinhof
2".
Ein Glanzlicht in der Latern e. Die Luft weht kühl.
Bezüge schon wieder zum Juni .
bei Matejka.
Warme Stadtnacht.
Schöners Tagesende für
mich.
Der blaue Tag, ein
Feiertag wie selten,
begann.
Sonne und Leute auf
der Straße. Erstmals
in diesem Jahr
am Fenster
gesessen
und besonnt.
Post (der Amen-Song)
von Jirgal.
Tante kam nachmittags.
+20° beim Schattenfenster
um 16 Uhr.
Das Buch von Makarenko
zu lesen begonnen.
Froher Abend.
Fenster nachts offen gelassen.
Besonnt.
Eliots
Prufrock
fertigübertragen.
Fruchtlos im Frühling,
vor allem im Abend,
an B. K. gedacht.
Ostermontag Morgen.
Nach dem Erwachen zum offenen Fenster.
Es wehte Wasserluft (wie über Auen) und die Sonne
stand schon ohne
Aufgangs-Erscheinungen klar
im Osten. Noch fast keine Leute.
Die Bäume blühten gegenüber unseren Fenstern
rosa. Der schönste Ausblick die
lange Straße
entlang. Vogelrufe erwachten.
Gedanken über die Unerfülltheit von so vielem,
das hoffnungsvoll beginnt. (Ich
hatte rückschauende
Träume. Zwei Träume in der Nacht von B. F.)
Diese Notizen abgebrochen. Zu Polakovics
gefahren.
Wollte ihn nach Ober-Laa verführen,
er lenkte aber nach
Floridsdorf.
Schön am Wasserpark. Maja angetroffen.
Man hätte aber um 8 und nicht erst um
11,10
erst dortsein müssen.
So nur knapp dort aufgehalten und im
Amerikaner wieder heim.
Nachmittag publikationen fertiggemacht.
Nirgendwohin ausgegangen.
Hielt auch den leichten Wettermantel
heute nicht mehr aus.
Osterdienstag.
Nun wieder ins Büro. Es sind einige
Feiertage dieses Frühjahr noch in Aussicht,
und manchmal leichterer Dienst.
Im Großen aber wird wieder an den
knospenden und blühenden Bäumen
vorbeigesegelt. Morgen und Abend
habe ich die Fahrt auf den Straßenbahnen,
von wo man immerhin ein wenig
vom Frühling sieht.
Feststellung zum zwölften Mal:
Briggi F. ist
also nun verweht.
Bei dieser Notiz ist mir flüchtig
Hertha Kräftner eingefallen, die
im eigentlichen
Sinn "verweht",
nämlich tot, ist.
Ich wollte diese Tage, als das Fenster abends
offen war, Gedichte machen. Nichts
gGeeignetes war da, obwohl dieses Jahr
wie 1950 so schön wird.
Gestern war wieder ein
Bürotag. Langer Dienst.
Abends beim Fenster.
Baumblüte, und die
Kastanien knospen.
Jetzt stehe ich morgens
immer zeitiger auf.
Ich kann hinausschauen
(Arbeiter, Schülerinnen
und i n der Luft die
Singvögel).
Steger verreiste. Gelockerter
Betrieb, für mich aller-
dings viel Arbeit.
Abends am offenen Fenster.
Früh Regen, leichter
Regen bei zehn Grad.
Forsythien blühen
schon.
Nachmittags überraschend
bürofrei. Zu Artmann
gefahren. Dort
Versuche unternommen,
wie früher.
Ich werde die Rhapsody
of a Windy Night
von Eliot übersetzen.
Morgen wieder bürofrei.
Ich werde photographieren
gehen.
Heute nach kühler
Nacht wieder strahlend
schön.
Briggi auf der Straßen-
bahn
getroffen.
Tagebuch
Sa 1 März -
Fr 18 April
1952
Früh meine alten Gedichte überprüft (1949, 50). Müßte sie bald herausbringen.
Bücherordnung und ausgeruht. Nm. versuchsweise begonnen, Französisch zu lernen.
Lektüre der Gedichte von damals wirkt für heute sehr demütigend und reinigend.
Abends langer Dienst.
Wahnsinnige Arbeit.
Frühlinghafter Morgen.
Schönere Stimmung.
Abends kam Post.
Winter. (Schnee, -5°.)
Revolutionsstimmung im Büro. Zeitiger frei.
Jirgalszene abends geschrieben.
Freundlicher Tagesbeginn. Zwar winterlich (-9° früh), aber irgendwie liegt Frühling in der Luft. Blauer Himmel.
Briggi getroffen.
Nm. zu Artmann gefahren Abends Art Club.
MathesGespräch (Intellektualismus usw.).
Lieber Andreas Okopenko,
Ihr so von Herzen lieber Brief hat mich wirklich gefreut und mr sehr, sehr viel geholfen. Und ich nehme Ihren so freundlichen Vorschlag zu einer Aussprache einmal an einem Sonntag gerne an. Ich bin nur momentan - wie das um diese Jahreszeit zu sein pflegt - mit meiner Gesundheit nicht ganz in Ordnung, habe dadurch wertvolle Arbeitszeit verloren und muss zusehen, dass ich das Verlorene einbringe. Aber sobald ich Zeit habe - von Herzen gern.
Ihr Glaube und Ihr Vertrauen in mich ehren mich mehr als Sie denken mögen. Und vor allem Ihre Überzeugung, dass ich, trotz Anders Überzeugter, ein vertrauenswürdiger Mensch bin. Hinzu kommt nun meine seltsame Veranlagung, immer in unangenehme Situationen zu geraten und mir Gegner zu schaffen. Wahrscheinlich ist das auch meine Schuld. Sollten Sie etwas Böses über mich hören, so bitte ich Sie - selbstverständlich ohne Quellenangabe - mich davon zu benachrichtigen. Ich möchte gerne in mich gehen und nachsehen, ob ich nicht auch Schuld trage. Denn ich bin der Überzeugung, dass Sie mich viel, viel liebenswerter sehen, als ich wirklich bin.
Ich werde mir grosse Mühe geben, doch noch etwas Brauchbares für Ihre schönen Publikationen zu schreiben. Leider schlägt mir der Alltag über dem Kopf zusammen und ich sehe und höre nichts mehr. Haben Sie also bitte, sowohl in Bezug auf Zeit - für eine Aussprache - als auch in Bezug auf publikationen noch einmal Geduld mit
Ihrer
Gestern bis abends war ein schöner Tag.
Heute trüb, kalt, winterlich. Ich stehe leer da.
Früh -11°.
Blauer Frostmorgen.
Nm. ausgeruht.
Sehr angenehm den Tag verbracht.
Hatte das Bedürfnis, auszulaufen: Fuhr im Vorfrühlingswetter nach Breitensee.
Polakovics besucht, mit ihm einen möglichst il-literarischen Spaziergang unternommen.
Kein brachte während meiner Abwesenheit die Nachricht, daß Fritsch an einem neuen Platz wohne; sie haben ein Kind bekommen.
abends angenehme Post ( Brigitte Kahr , RAVAG).
ich möchte aus meiner haut fahren wie die wiener sagen.
aber nicht über mich reden!
das wetter ist wieder trübgeworden und ich hänge von der frühjahrswärme und den sonnenstrahlen ab.
ich sitze allein im büro und weiß nichts zu tun als auf den tisch zu trommeln.
es müßte etwas ganz unerwartetes geschehen, aber das ist vielleicht sowieso nah.
in vier tagen habe ich meinen 22. geburtstag. ich möchte momentan bei eisenreich in oberneukirchen sein. oder mit weißenborn die stadt laufen, an einem freien werktag.
11 mä 52Früh Briggi Falkingers "come back"?
Bei diesem Wetter möchte ich in der Stadt herumzigeunern.
Nachmittag 15h schon aus. Zu Artmann, den aber nicht angetroffen, hinterließ ihm nur ein Zetterl und fuhr heim.
Zuhause infolge meiner Stimmung weniger gemütlich als erwartet.
Schrieb an der Maschine ein Gedicht, das ich wieder wegwarf.
Obwohl ich 10 Minuten früher fuhr, Briggi in der Straßenbahn getroffen.
Aufgewiegelte Stimmung der Leute gegen die Herren im Büro.
Trüber, kalter Morgen ohne Vorfrühlingsluft.
Nm. besserte sich das Wetter.
Es regnete dann am Abend.
Briggi getroffen, obwohl ich 10 Minuten später mit der Straßenbahn fuhr.
Viel Arbeit im Büro vm.
Abends Zahnarzt und Art Club:
Beim Zahnarzt schönerweise nicht zu behandeln.
Parduren viten mit Darmol Du sagst die bildhauer wären vagabunden aber die kalligramme von Apollinaire sind keineswegs kakophonien wie schon der grosse helvetische feldobrist sagte als er die stadt Schwyz am horizont auftauchen sah. koka Bola stand in den barbierladen auf allen waschmuscheln zu lesen. Da versagte Okopenko seiner ehemaligen klostermelissengeist sekretärin die gunst kaubonbons zu prägen. O tempora o mores (eccl. II. ii.)
Lasst die lebenden brieftauben züchten und die toten ice-cream plantagen (Plautus: Menächme I./15) ¡That's the rub!
Nachher in der Adamsgasse. Viel über die vergangenen Monate gesprochen.
In den Art Club gefahren, einen sehr schön lebhaften Abend dort verbracht. (Ein Mädchen, das mich irgendwie an Brigitte Kahr erinnerte, Artmann, Kein, Mathes ...)
Spät heim.
Uns wurde die Wohnung gekündigt.
Früh mit überraschter Freude Erich Kästner gelesen, auch Gedichte von Mathes aus allerletzter Zeit.
Es ist Schnee gefallen, früh -7°, aber herrlich blauer Himmel. Briggi früh nicht getroffen.
Im Büro leicht gereizt. Mittags Schneegestöber.
Nachmittag war schöner.
Sehr freundlicher Abend (Geburtstags-Vorabend).
Ein Brief von Diem kam auch.
Angenehmer Tagesbeginn. Nachmittag Geburtstag halbwegs gefeiert.
Ich schrieb.
Abends getollt.
Anregender Spaziergang mit Artmann: Neuwaldegg bei herrlichem Wetter.
Nachmittags frische Sachen geschrieben.
Nm. schon +6° in der Sonne.
Früh noch -3°. Strahlend blau. Korrespondenzen erledigt.
Steger in Salzburg, gelockerter Betrieb.
Abends: muß morgen aufs Wohnungsamt.
Vormittag auf dem Wohnungsamt aufgerieben. Dann ins Büro. Saumüde.
Früh Erhebungsbeamter in der Wohnung. Postweg fürs Büro. Sonniger Morgen, aber kalt.
Wieder ziemlich müde. Abends etwas Wein getrunken.
Die entzückenden Zeichnungen von Klee und Post von Hofmann und Weigel kamen.
Früh Matrizen besorgt, Weigel angerufen.
Nachmittag zu Artmann (in ungünstiger Stimmung). Art Club (Kein, Mathes). Ich lernte Ferra, den Bruder der Vera Ferra, näher kennen. (Ähnlich stelle ich mir Toman vor.)
Abends gut unterhalten.
Frühlingsbeginn bei Morgenregen.
Etwas müde nach gestern.
Vormittags schlecht gefühlt.
Erste 4 Matrizen geschrieben. Abends Post von der RAVAG.
Wein.
Wieder trübes Wetter. Briggi die ganze Woche nicht getroffen.
Sehr froh übers Wochenende.
Schönen Nachmittag verbracht und Abend.
Zu Kein gefahren. (Das Wetter war reizvoll, windig.)
Versuchten vergebens Eisenreich anzutreffen.
Unterhielten uns sodann ganz gut ohne ihn.
Nachmittag mit Säuberungen für die kommende Übersiedlung verbracht.
Ich bin überzeugt davon, daß ich nichts Anständiges schreiben werde, bis sich in meinem Privatleben etwas ändert.
Trüber Tag.
RAVAG Honorar geholt.
Huber wieder krank.
Im Büro gefährliche Stimmung gegen sie.
Abends frühlinghafter Regen.
Wieder trüb und verregnet. Im Büro grauenhafte Stimmung. Huber noch nicht hinausgeworfen.
Korrespondenzen erledigt. Abends bis 19h geblieben.
Wieder trüb. Recht müde.
19 Orangen. Viel Arbeit und Aufruhr im Büro. 4 Matrizen geschrieben.
Abends kalt.
Nervosität im Büro steigt und steigt.
Schneefall.
Bauer meldete sich gestern krank.
Vorletzte Matrizen geschrieben.
Abends konnte ich zeitiger fort. Wein und Schnitzel.
Kaltes klares Wetter (-4°).
Letzte Seiten matriziert. Viele Arbeit, vor allem am Abend.
Verregnet, kalt.
Besondere Eile.
Kein Winter und Frühlingsanfang war so trüb wie dieser.
Im Büro Krach zwischen Dr. Mj und Huber. Nachmittag publ. abgezogen (mit Kein).
Abends gutes Essen.
Wetter hält mich vom Schreiben ab.
10h publ.-Arbeit am Bierhäuselberg fortgesetzt. (Mit Artmann.) Nächsten Samstag noch 6 Seiten herzustellen
Abends fast schon Frühlingsregen.
Früh erstmals sonnig und wärmer. Frühlingstimmung unter den Leuten.
Auch Briggi nun verweht.
Kürzerer Dienst im Büro. Bauer kam erstmals wieder. Tante geht es sehr schlecht.
Abends Schnaps.
Frühlingswetter.
Gegen Abend wieder kalter Wind. Kein schöner Abend.
Mittags schickte ich Jirgal in den April. (Als Louis Aragon.)
Schneefall über Nacht. -3° früh, Regenschnee. Seelischer Tiefpunkt. Krank.
Ich höre, daß mein Gehalt erhöht werden soll.
Viel Arbeit vm.
Sehr müde.
Abends sehr gute Laune. Schnaps. Briefe von Ophir und Matejka kamen.
Aufheiterung.
Blauer Himmel, wärmer. Briggi erstmals wieder getroffen. Sie war auf Skiurlaub gewesen.
Tante wieder im Büro. Hitchman in Wien. Bewegter Vormittag. Gegen mittags wieder schlechtes Wetter. Angenehmer Abend.
Schönes Wetter morgens. Briggi nur gesehen.
Es gibt schon Veilchen.
Dr. L wird nach Italien und Argentinien fahren. Viel Arbeit.
Abends daheim ausgeruht.
Frühlingshafter, wenn auch noch etwas kühler, Morgen.
Nm. Bierhäuselberg, letzte Vervielfältigung der publ. 5.
Publ.-Arbeit (um 10h kam Kein).
Liebe Brigitte Kahr,
da ich Sie nicht stören will, bring' ich Ihnen die "publikationen" Wieder nur so.
Ich habe mich über Ihren Brief gefreut. Ich werde im Interesse Ihrer Konspiration Geduld haben. Bitte schreiben Sie, dass Sie kommen können. Ich möchte Sie sehr gerne sehen. Oder haben Sie sich unser Zusammensein mittlerweile aus dem Kopf geschlagen?
Mit aller Liebe
Ihr Andreas
Schon frühlingshafte Luft, im Schatten wieder kalt.
Abends bei mildem Wetter zu Brigitte Kahr.
Publikationen abgegeben mit Brieflein.
Daheim noch eine Weile bei offenem Fenster.
Milderes Wetter.
Dr. L und Hitchman verreist. Angenehmeres Büro.
Publ.-Versand.
Abends Diem, Polakovics (Maja war dort), angenehmer Abend.
Briggi getroffen abends.
Früh wieder mit Briggi gefahren. Publ.-Versand.
Abends lange gearbeitet im Büro.
Größtenteils schon warm.
Frühlingswetter.
Briggi, die heute schon frühlinghaft geht, wieder getroffen. Angenehmer Morgen.
Früh mit Briggi gefahren. Ich hatte heute meinen ersten Tag die leichten Sachen an.
Wieder Postweg. Früh schon +7°, strahlendes Frühlingswetter. Ich möchte jetzt anderswo, anderswie sein.
Sehr warmer Tag schon. Feiertagstimmung im Büro.
In den Art Club. Dort Mikl-Ausstellung; Kein, später Ebner, R. Ferra, Esther, Artmann ...
Sehr angenehmer Abend.
Mit Briggi gefahren.
Frühlingswärme.
Abendbesuch (tags blühende Bäume gesehen)
Erster warmer Tag. Auf dem Rasen spielen die Kinder.
Ein Mädchen mit roter Bluse.
Hinter dem Park die Dächer der Stadt sichtbar /hinter den Büschen des Parks/.
Himmel hellblau, leicht weiss bewölkt; bis mittags konnte man sich sonnen, bis nachmittags. Ich habe heute den ersten Tag etwas braune Farbe bekommen.
Jetzt geht ein Wind. In der Tanne und den Büschen, um die ein Motorrad eben scharf gefahren ist. Ein anderes.
Es gehen ein Vater und ein Kind.
Die aufgeschichtete Stadt, ihr Panorama, mit einem bräunlichen Schornstein vorn. Mehrere Lichter werfen die Sonne zurück, sehr viele weisse Fassaden. Die braunlila Dächer.
Unsere Laterne vorn erwartet den ersten Abend. Lastauto vom Brauhaus der Stadt Wien. Zwei Töffsignale. Ein Mädchen mit Dynamik im Rock. Die rote Strassenbahn fährt vorbei mit den drei Zeilen im gelblichen Schild "Ottakring Maroltingergasse Steinhof ".
Ein Glanzlicht in der Laterne. Die Luft weht kühl.
Bezüge schon wieder zum Juni .
bei Matejka.
Warme Stadtnacht. Schönes Tagesende für mich.
Der blaue Tag, ein Feiertag wie selten, begann.
Sonne und Leute auf der Straße. Erstmals in diesem Jahr am Fenster gesessen und besonnt.
Post (der Amen-Song) von Jirgal.
Tante kam nachmittags.
+20° beim Schattenfenster um 16 Uhr.
Das Buch von Makarenko zu lesen begonnen.
Froher Abend.
Fenster nachts offen gelassen.
Besonnt. Eliots Prufrock fertigübertragen.
Fruchtlos im Frühling, vor allem im Abend, an B. K. gedacht.
Ostermontag Morgen.
Nach dem Erwachen zum offenen Fenster.
Es wehte Wasserluft (wie über Auen) und die Sonne stand schon ohne Aufgangs-Erscheinungen klar im Osten. Noch fast keine Leute.
Die Bäume blühten gegenüber unseren Fenstern rosa. Der schönste Ausblick die lange Straße entlang. Vogelrufe erwachten.
Gedanken über die Unerfülltheit von so vielem, das hoffnungsvoll beginnt. (Ich hatte rückschauende Träume. Zwei Träume in der Nacht von B. F.)
Diese Notizen abgebrochen. Zu Polakovics gefahren. Wollte ihn nach Ober-Laa verführen, er lenkte aber nach Floridsdorf.
Schön am Wasserpark. Maja angetroffen.
Man hätte aber um 8 und nicht erst um 11,10 dortsein müssen.
So nur knapp dort aufgehalten und im Amerikaner wieder heim.
Nachmittag publikationen fertiggemacht. Nirgendwohin gegangen.
Hielt auch den leichten Wettermantel heute nicht mehr aus.
Osterdienstag.
Nun wieder ins Büro. Es sind einige Feiertage dieses Frühjahr noch in Aussicht, und manchmal leichterer Dienst.
Im Großen aber wird wieder an den knospenden und blühenden Bäumen vorbeigesegelt. Morgen und Abend habe ich die Fahrt auf den Straßenbahnen, von wo man immerhin ein wenig vom Frühling sieht.
Feststellung zum zwölften Mal: Briggi F. ist also nun verweht. Bei dieser Notiz ist mir flüchtig Hertha Kräftner eingefallen, die im eigentlichen Sinn "verweht", nämlich tot, ist.
Ich wollte diese Tage, als das Fenster abends offen war, Gedichte machen. Nichts Geeignetes war da, obwohl dieses Jahr wie 1950 so schön wird.
Gestern war wieder ein Bürotag. Langer Dienst. Abends beim Fenster. Baumblüte, und die Kastanien knospen.
Jetzt stehe ich morgens immer zeitiger auf.
Ich kann hinausschauen (Arbeiter, Schülerinnen und in der Luft die Singvögel).
Steger verreiste. Gelockerter Betrieb, für mich allerdings viel Arbeit.
Abends am offenen Fenster.
Früh Regen, leichter Regen bei zehn Grad. Forsythien blühen schon.
Nachmittags überraschend bürofrei. Zu Artmann gefahren. Dort Versuche unternommen, wie früher.
Ich werde die Rhapsody of a Windy Night von Eliot übersetzen.
Morgen wieder bürofrei. Ich werde photographieren gehen.
Heute nach kühler Nacht wieder strahlend schön.
Briggi auf der Straßenbahn getroffen.
Tagebuch
Sa 1 März -
Fr 18 April
1952
Früh meine alten Gedichte
überprüft (1949, 50). Müßte sie
bald
herausbringen.
Bücherordnung und ausgeruht.
Nm. versuchsweise
begonnen,
Französisch zu lernen.
Lektüre der Gedichte von
damals wirkt für heute
sehr demütigend und
reinigend.
Abends langer Dienst.
Wahnsinnige Arbeit.
Frühlinghafter Morgen.
Schönere Stimmung.
Abends kam Post.
Winter. (Schnee, -5°.)
Revolutionsstimmung im Büro.
Zeitiger frei.
Jirgalszene abends geschrieben.
Freundlicher Tagesbeginn.
Zwar winterlich (-9° früh),
aber irgendwie liegt
Frühling in der Luft.
Blauer Himmel.
Briggi getroffen.
Nm. zu Artmann gefahren
Abends Art Club.
Mathes-Gespräch (Intellek-
tualismus usw.).
Lieber Andreas Okopenko,
Ihr so von Herzen lieber Brief hat mich wirklich
gefreut und moir sehr, sehr viel geholfen. Und ich
nehme Ihren so freundlichen Vorschla g zu einer Aus-
sprache einmal an einem Sonntag gerne
an. Ich bin
nur momentan - wie das um diese Jahreszeit zu sein
pflegt - mit meiner Gesundheit nicht ganz in Ordnung,
habe dadurch
wertvolle Arbeitszeit verloren und muss
zusehen, dass ich das Verlorene
einbringe. Aber sobald
ich Zeit habe - von Herzen gern.
Ihr Glaube und Ihr Vertrauen in mich ehren mich
mehr als Sie denken
mögen. Und vor allem Ihre Über-
zeugung, dass ich, trotz
Anders Überzeugter, ein ver-
trausenswürdiger Mensch bin. Hinzu kommt nun meine
seltsame
Veranlagung, immer in unangenehme Situationen
zu geraten und mir Gegner
zu schaffen. Wahrscheinlich
ist das auch meine Svchuld. Sollten Sie etwas Böses über
mich hören, so bitte ich Sie
- selbstverständlich ohne
Quellenangabe - mich davon zu
benachrichtigen. Ich
möchte gerne in mich gehen und nachsehen, ob ich
nicht
auch Schuld trage. Denn ich bin der Überzeugung, dass
Sie mich viel, viel
liebenswerter sehen, als ich
wirklich bin.
Ich werde mir grosse Mühe geben, doch noch etwas
Brauchbares für Ihre
schönen Publikationen zu
schreiben. Leider schlägt mir der Alltag über
dem
Kopf zusammen und ich sehe und höre nichts mehr.
Haben Sie
also bitte, sowohl in Bezug auf Zeit -
für eine Aussprache - als auch
in Bezug auf
publikationen noch einmal Geduld mit
Ihrer
Gestern bis abends war
ein schöner Tag.
Heute trüb, kalt, winterlich.
Ich stehe leer da.
Früh -11°.
Blauer Frostmorgen.
Nm. ausgeruht.
Sehr angenehm den Tag
verbracht.
Hatte das Bedürfnis,
auszulaufen: Fuhr
im Vorfrühlingswetter
nach
Breitensee.
Polakovics
besucht, mit
ihm einen möglichst
il-literarischen Spazier-
gang unternommen.
Kein brachte während
meiner Abwesenheit die
Nachricht, daß Fritsch
an einem neuen Platz
wohne; sie haben ein
Kind bekommen.
abends angenehme Post
(
Brigitte Kahr
,
RAVAG).
ich möchte aus meiner haut fahren
wie die wiener
sagen.
aber nicht über mich reden!
das wetter ist wieder trübgeworden
und ich hänge von der frühjahrswärme
und
den sonnenstrahlen ab.
ich sitze allein im büro und weiß
nichts tzu tun als auf den tisch zu
trommeln.
und das ist alles ganz fruchtlos.
es müßte etwas ganz unerwartetes geschehen,
aber das ist vielleicht sowieso
nah.
in vier tagen habe ich meinen 22. geburtstag.
ich möchte momentan bei eisenreich
in
oberneukirchen sein. oder mit weißenborn
die stadt laufen, an einem freien
wrerktag.
Früh Briggi Falkingers
"come back"?
Bei diesem Wetter möchte
ich in der Stadt herum-
zigeunern.
Nachmittag 15h schon
aus. Zu Artmann,
den aber nicht ange-
troffen, hinterließ ihm
nur ein Zetterl und
fuhr heim.
Zuhause infolge meiner
Stimmung weniger
gemütlich als erwartet.
Schrieb an der Maschine
ein Gedicht, das ich
wieder wegwarf.
Obwohl ich 10 Minuten
früher fuhr, Briggi in
der Straßenbahn
getroffen.
Aufgewiegelte Stimmung
der Leute gegen die
Herren im Büro.
Trüber, kalter Morgen
ohne Vorfrühlingsluft.
Nm. besserte sich das
Wetter.
Es regnete dann am
Abend.
Briggi getroffen, obwohl
ich 10 Minuten
später
mit der Straßenbahn
fuhr.
Viel Arbeit im Büro nvm.
Abends Zahnarzt und
Art Club:
Beim Zahnarzt schöner-
weise nicht zu behandeln.
Parduren viten mit Darmol
Du sagst die bildhauer wären
vagabunden aber die kalligramme
von Apollinaire sind keineswegs
kakophonien wie schon der grosse
helvetische feldobrist sagte als
er die stadt Schwyz am horizont
auftauchen sah. koka Bola
stand in den ba rbierladen auf
allen waschmuscheln zu lesen.
Da versagte
Okopenko seiner
ehemaligen
klostermelissengeist
sekretärin die güunst kaubon-
bons zu prägen. O tempora
o mores
(eccl. II. ii.)
Lasst die lebenden brieftauben
züchten und die toten ice-cream
plantagen (Plautus: Menächme I./15)
¡That's the rub!
Nachher in der Adams-
gasse. Viel über die
vergangenen Monate
gesprochen.
In den Art Club gefahren,
einen sehr schön
lebhaften
Abend dort verbracht.
(Ein Mädchen, das mich
irgendwie an
Brigitte Kahr
erinnerte, Artmann,
Kein, Mathes ...)
Spät heim.
Uns wurde die Wohnung
gekündigt.
Früh mit überraschter
Freude Erich Kästner
gelesen, auch Gedichte
von Mathes aus
allerletzter Zeit.
Es ist Schnee gefallen,
früh -7°, aber
herrlich blauer
Himmel. Briggi
früh nicht getroffen.
Im Büro leicht
gereizt. Mittags
Schneegestöber.
Nachmittag war schöner.
Sehr freundlicher Abend
(Geburtstags-Vorabend).
Ein Brief von Diem
kam auch.
Angenehmer Tagesbeginn.
Nachmittag Geburtstag
halbwegs gefeiert.
Ich schrieb.
Abends getollt.
Anregender Spaziergang
mit Artmann:
Neuwaldegg bei
herrlichem Wetter.
Nachmittags frische
Sachen geschrieben.
Nm. schon +6° in der
Sonne.
Früh noch -3°.
Strahlend blau.
Korrespondenzen
erledigt.
Steger in Salzburg,
gelockerter Betrieb.
Abends: muß morgen
aufs Wohnungsamt.
Vormittag auf dem
Wohnungsamt aufge-
rieben. Dann ins
Büro.
Saumüde.
Früh Erhebungsbeamter
in der Wohnung.
Postweg fürs Büro.
Sonniger
Morgen,
aber kalt.
Wieder ziemlich müde.
Abends etwas Wein
getrunken.
Die entzückenden
Zeichnungen von Klee
und Post von Hofmann
und Weigel kamen.
Früh Matrizen besorgt,
Weigel angerufen.
Nachmittag zu Artmann
(in ungünstiger Stimmung).
Art Club (Kein,
Mathes).
Ich lernte Ferra,
den Bruder der
Vera Ferra, näher kennen.
(Ähnlich stelle ich mir
Toman vor.)
Abends gut unterhalten.
Frühlingsbeginn bei
Morgenregen.
Etwas müde nach
gestern.
Vormittags schlecht
gefühlt.
Erste 4 Matrizen geschrieben.
Abends Post von der
RAVAG.
Wein.
Wieder trübes Wetter.
Briggi die ganze Woche
nicht getroffen.
Sehr froh übers
Wochenende.
Schönen Nachmittag
verbracht und Abend.
Zu Kein gefahren.
(Das Wetter war
reizvoll,
windig.)
Versuchten vergebens
Eisenreich anzu-
treffen.
Unterhielten uns sodann
ganz gut ohne ihn.
Nachmittag mit
Säuberungen für
die kommende Über-
siedlung
verbracht.
Ich bin überzeugt davon,
daß ich nichts Anständiges
schreiben werde, bis
sich in meinem Privat-
leben etwas ändert.
Trüber Tag.
RAVAG Honorar geholt.
Huber wieder krank.
Im Büro gefährliche
Stimmung gegen sie.
Abends frühlinghafter
Regen.
Wieder trüb und verregnet.
Im Büro grauenhafte
Stimmung. Huber noch
nicht hinausgeworfen.
Korrespondenzen erledigt.
Abends bis 19h
geblieben.
Wieder trüb. Recht müde.
19 Orangen. Viel Arbeit
und Aufruhr im Büro.
4 Matrizen geschrieben.
Abends kalt.
Nervosität im Büro steigt
und steigt.
Schneefall.
Bauer meldete sich
gestern krank.
Vorletzte Matrizen
geschrieben.
Abends konnte ich
zeitiger fort. Wein und
Schnitzel.
Kaltes klares Wetter
(-4°).
Letzte Seiten matriziert.
Viele Arbeit, vor allem
am Abend.
Verregnet, kalt.
Besondere Eile.
Kein Winter und Frühlings-
anfang war so
trüb wie
dieser.
Im Büro Krach zwischen
Dr. Mj und Huber.
Nachmittag publ.
abgezogen (mit Kein).
Abends gutes Essen.
Wetter hält mich vom
Schreiben ab.
10h
publ.-Arbeit am
Bierhäuselberg fort-
gesetzt. (Mit Artmann.)
N ächsten Samstag noch
6 Seiten herzustellen
Abends fast schon Frühlingsregen.
Früh erstmals sonnig und
wärmer. Frühlingstimmung
unter den Leuten.
Auch Briggi nun verweht.
Kürzerer Dienst im Büro.
Bauer kam erstmals
wieder.
Tante geht es
sehr schlecht.
Abends Schnaps.
Frühlingswetter.
Gegen Abend wieder kalter
Wind. Kein schöner
Abend.
Mittags schickte ich Jirgal
in den April. (Als
Louis Aragon.)
Schneefall über Nacht.
-3° früh, Regenschnee.
Seelischer Tiefpunkt.
Krank.
Ich höre, daß mein Gehalt
erhöht werden soll.
Viel Arbeit vm.
Sehr müde.
Abends sehr gute Laune.
Schnaps. Briefe von Ophir
und Matejka kamen.
Aufheiterung.
Blauer Himmel, wärmer.
Briggi erstmals wieder
getroffen. Sie war auf
Skiurlaub gewesen.
Tante wieder im Büro.
Hitchman in Wien.
Bewegter
Vormittag.
Gegen mittags wieder
schlechtes Wetter.
Angenehmer
Abend.
Schönes Wetter morgens.
Briggi nur
gesehen.
Es gibt schon Veilchen.
Dr. L wird nach Italien
und Argentinien fahren.
Viel Arbeit.
Abends daheim ausgeruht.
Frühlingshafter, wenn
auch noch etwas kühler,
Morgen.
Nm. Bierhäuselberg,
letzte Vervielfältigung
der publ. 5.
Publ.-Arbeit (um 10h
kam Kein).
Liebe Brigitte Kahr,
da ich Sie nicht stören will,
überbring' ich Ihnen die
"publikationen" Wieder nur so.
Ich freue habe mich
über Ihren Brief gefreut. Ich werde im Interesse
Ihrer Konspiration Geduld haben. Bitte schreiben Sie, dass Sie kommen können. Ich möchte Sie sehr gerne sehen. Oder haben Sie sich unser Zusammensein
mittlerweile aus dem Kopf geschlagen?
Mit aller Liebe
Ihr Andreas
Schon frühlingshafte Luft,
im Schatten wieder kalt.
Abends bei mildem Wetter
zu Brigitte Kahr.
Publikationen abgegeben
mit Brieflein.
Daheim noch eine Weile
bei offenem Fenster.
Milderes Wetter.
Dr. L und Hitchman verreist.
Angenehmeres Büro.
Publ.-Versand.
Abends Diem, Polakovics (Maja
war dort), angenehmer
Abend.
Briggi getroffen abends.
Früh wieder mit Briggi
gefahren.
Publ.-Versand.
Abends lange gearbeitet
im Büro.
Größtenteils schon warm.
Frühlingswetter.
Briggi, die heute schon
frühlinghaft geht, wieder
getroffen. Angenehmer
Morgen.
Früh mit Briggi gefahren.
Ich hatte heute
meinen
ersten Tag die leichten
Sachen an.
Wieder Postweg. Früh schon
+7°, strahlendes Frühlings-
wetter.
Ich möchte jetzt
anderswo, anderswie sein.
Fr 11 April: Sehr warmer Tag schon.
Fe iertagstimmung im Büro.
In den Art Club. Dort
Mikl-Ausstellung; Kein,
später Ebner, R.
Ferra,
Esther, Artmann ...
Sehr angenehmer Abend.
Mit Briggi gefahren.
Frühlingswärme.
Abendbesuch (tags blüh ende
Bäume gesehen)
Erster warmer Tag. Auf dem Rasen spielen die Kinder.
Ein Mädchen mirt roter Bluse.
Hinter dem Park die Dächer der Stadt sichtbar /hinter den
Büschen des
Parks/.
Himmel hellblau, leicht weiss bewölkt; bis mittags konnte
man sich
sonnen, bis nachmittags. Ich habe heute den ersten
Tag etwas braune
Farbe bekommen.
Jetzt geht ein Wind. In denr Tannen und den Büschen, um die
ein Motorrad eben scharf gefahren ist. Ein anderes.
Es gehen ein Vater und ein Kind.
Die aufgeschichtete Stadt, ihr Panorama, mit einem bräunlichen
Schornstein vorn. Mehrere Lichter werfen die Sonne zurück,
sehr
viele weisse Fassaden. Die braunlila Dächer.
Unsere Laterne vorn erwartet den ersten Abend. Lastauto
vom Brauhaus
der Stadt Wien. Zwei Töffsignale. Ein Mädchen
mit Dynamik im Rock. Die
rote Strassenbahn fährt vorbei
mit den drei Zeilen im gelblichen Schild
"Ottakring
Maroltingergasse
Steinhof
2".
Ein Glanzlicht in der Latern e. Die Luft weht kühl.
Bezüge schon wieder zum Juni .
bei Matejka.
Warme Stadtnacht.
Schöners Tagesende für
mich.
Der blaue Tag, ein
Feiertag wie selten,
begann.
Sonne und Leute auf
der Straße. Erstmals
in diesem Jahr
am Fenster
gesessen
und besonnt.
Post (der Amen-Song)
von Jirgal.
Tante kam nachmittags.
+20° beim Schattenfenster
um 16 Uhr.
Das Buch von Makarenko
zu lesen begonnen.
Froher Abend.
Fenster nachts offen gelassen.
Besonnt.
Eliots
Prufrock
fertigübertragen.
Fruchtlos im Frühling,
vor allem im Abend,
an B. K. gedacht.
Ostermontag Morgen.
Nach dem Erwachen zum offenen Fenster.
Es wehte Wasserluft (wie über Auen) und die Sonne
stand schon ohne
Aufgangs-Erscheinungen klar
im Osten. Noch fast keine Leute.
Die Bäume blühten gegenüber unseren Fenstern
rosa. Der schönste Ausblick die
lange Straße
entlang. Vogelrufe erwachten.
Gedanken über die Unerfülltheit von so vielem,
das hoffnungsvoll beginnt. (Ich
hatte rückschauende
Träume. Zwei Träume in der Nacht von B. F.)
Diese Notizen abgebrochen. Zu Polakovics
gefahren.
Wollte ihn nach Ober-Laa verführen,
er lenkte aber nach
Floridsdorf.
Schön am Wasserpark. Maja angetroffen.
Man hätte aber um 8 und nicht erst um
11,10
erst dortsein müssen.
So nur knapp dort aufgehalten und im
Amerikaner wieder heim.
Nachmittag publikationen fertiggemacht.
Nirgendwohin ausgegangen.
Hielt auch den leichten Wettermantel
heute nicht mehr aus.
Osterdienstag.
Nun wieder ins Büro. Es sind einige
Feiertage dieses Frühjahr noch in Aussicht,
und manchmal leichterer Dienst.
Im Großen aber wird wieder an den
knospenden und blühenden Bäumen
vorbeigesegelt. Morgen und Abend
habe ich die Fahrt auf den Straßenbahnen,
von wo man immerhin ein wenig
vom Frühling sieht.
Feststellung zum zwölften Mal:
Briggi F. ist
also nun verweht.
Bei dieser Notiz ist mir flüchtig
Hertha Kräftner eingefallen, die
im eigentlichen
Sinn "verweht",
nämlich tot, ist.
Ich wollte diese Tage, als das Fenster abends
offen war, Gedichte machen. Nichts
gGeeignetes war da, obwohl dieses Jahr
wie 1950 so schön wird.
Gestern war wieder ein
Bürotag. Langer Dienst.
Abends beim Fenster.
Baumblüte, und die
Kastanien knospen.
Jetzt stehe ich morgens
immer zeitiger auf.
Ich kann hinausschauen
(Arbeiter, Schülerinnen
und i n der Luft die
Singvögel).
Steger verreiste. Gelockerter
Betrieb, für mich aller-
dings viel Arbeit.
Abends am offenen Fenster.
Früh Regen, leichter
Regen bei zehn Grad.
Forsythien blühen
schon.
Nachmittags überraschend
bürofrei. Zu Artmann
gefahren. Dort
Versuche unternommen,
wie früher.
Ich werde die Rhapsody
of a Windy Night
von Eliot übersetzen.
Morgen wieder bürofrei.
Ich werde photographieren
gehen.
Heute nach kühler
Nacht wieder strahlend
schön.
Briggi auf der Straßen-
bahn
getroffen.
Okopenko, Andreas: Tagebuch 01.03.1952–18.04.1952. Digitale Edition, hrsg. von Roland
Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno
Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische
Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 1.1,
15.1.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/
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