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Über die Ausstellung
Mozart. Das Requiem. Die Originalpartitur
Kaum ein Werk der Musikgeschichte ist so von Geheimnissen und Legenden
umgeben wie Mozarts Requiem, seine letzte und unvollendete Komposition.
Die Österreichische Nationalbibliothek zeigt zum Auftakt des Mozartjahres
2006 die Originalhandschriften dieses Werkes, die zu ihren kostbarsten
und berühmtesten Objekten zählen, und stellt sie in den Kontext
ihrer Zeit.
Das Requiem verdankt seine Entstehung der Laune eines Sonderlings. Es
wurde von Graf Franz Walsegg-Stuppach bei Mozart über einen Mittelsmann
in Auftrag gegeben. Der Graf hatte die Gepflogenheit, Werke anderer Komponisten
als seine eigenen auszugeben und hielt dies auch so im Falle des Requiems,
das er seiner eben verstorbenen Gattin zugedacht hatte. Dies ist der historische
Kern für die Legende vom „grauen Boten“, der als geheimnisvoller
Unbekannter bei Mozart eine Totenmesse bestellt und damit dessen eigene
Todesahnungen bestätigt habe.
Mozart konnte die Arbeit am Requiem, die 1791 von der Komposition der
„Zauberflöte“ und des „Titus“ unterbrochen
wurde, nicht vollenden. So bekamen nach seinem Tod zunächst Josef
Eybler, später Franz Xaver Süßmayr von Mozarts Witwe Constanze
den Auftrag, das Werk fertig zu stellen. In der von Süßmayr
vollendeten Form wurde das Requiem an den Besteller abgeliefert und am
14. Dezember 1793 in der Kirche des Stiftes Neukloster in Wiener Neustadt
unter der Leitung Graf Walsegg-Stuppachs erstmals aufgeführt.
Als Süßmayr von Constanze Mozart den Auftrag erhielt, das
Requiem fertig zu stellen, fügte er zu den zwei (von Mozart selbst
geschriebenen) Anfangssätzen die von ihm ergänzten bzw. neu
komponierten Sätze hinzu, wobei er sich bemühte, Mozarts Schrift
nachzuahmen. Diese Partitur wurde an Graf Walsegg abgeliefert („Ablieferungspartitur“).
Die übrigen, von Mozart stammenden Partiturfragmente wurden zu einem
eigenen Band vereinigt – zur „Arbeitspartitur“, weil
sie Süßmayr als Arbeitsunterlage gedient hatte. In dieser „Arbeitspartitur“
finden sich die Ergänzungsversuche Josef Eyblers. Sie wurden von
Georg Nikolaus Nissen, Constanze Mozarts zweitem Mann, identifiziert und
gekennzeichnet.
Das Manuskript besteht daher aus zwei Teilen: der vollständigen
Partitur, die von Franz Xaver Süßmayr ergänzt wurde, und
den von Mozart hinterlassenen skizzenhaften Teilen. Es ist dem Interesse
und dem Sammlungseifer Moritz Graf von Dietrichsteins zu verdanken, des
Präfekten der Hofbibliothek in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
dass beide Teile des Requiems im Zeitraum zwischen 1831 und 1838 in die
Hofbibliothek gelangten.
Mozarts Requiem steht gattungsgeschichtlich an einem musikhistorischen
Wendepunkt: War bis dahin die Totenmesse ausschließlich ein Werk
des liturgischen Gebrauchs gewesen, so fand sie im 19. Jahrhundert mehr
und mehr ihren Platz in den Konzertsälen: Man denke an die monumentalen
Requiemkompositionen von Hector Berlioz und Giuseppe Verdi, die den Rahmen
des Liturgischen bei weitem sprengen. Mozarts Werk wird beiden Sphären
gerecht; es erfüllt bis heute seine Funktion im liturgischen Bereich,
vermag aber ebenso als konzertantes Chorwerk das Publikum zu bewegen und
zu erschüttern. Als „opus summum viri summi“ wurde es
im 19. Jahrhundert bezeichnet – und die Österreichische Nationalbibliothek
weiß, dass sie mit diesen Manuskriptblättern unschätzbares
Kulturgut verwahrt.
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