Entstehungskontext

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Der österreichische Autor Franz Nabl (geb. 1883 in Lautschin/Böhmen) verstarb am 19. Jänner 1974 in Graz. Noch im selben Jahr äußerten sich Peter Handke und Alfred Kolleritsch über diesen Autor in ihren Beiträgen zum Almanach auf das Jahr 1974, einer Schriftenreihe des Salzburger Residenz Verlages: Kolleritsch in seiner kleinen Studie Franz Nabl zum Gedenken (Almanach 1974, S. 66-70), Handke in seinem Beitrag Österreich und die Schriftsteller (Almanach 1974, S. 57-61). Dort erwähnt er, Nabl bereits 1972 in Der kurze Brief zum langen Abschied »unverschämt aus der Erinnerung« zitiert zu haben. Etwa zwei Jahre vor seinem Tod wurde Franz Nabl von der jungen steirischen Schriftstellergeneration (u.a. Gerhard Roth, Peter Handke, Alfred Kolleritsch und Wolfgang Bauer) wiederentdeckt. Die persönliche Begegnung und der Tod Nabls dürften Handke veranlasst haben, drei frühe Erzählungen des Autors unter dem Titel Charakter. Der Schwur des Martin Krist. Dokument. Frühe Erzählungen im Residenz Verlag herauszugeben, um diese mit einem einleitenden Essay einer neuerlichen Rezeption zuzuführen (Brief an Wolfgang Schaffler, 10. Jänner 1975). Bereits am 21. März bestätigte Verlagsleiter Wolfgang Schaffler den Erhalt von Handkes Essay-Typoskript und kündigte »Korrekturen und Hinweise« des Verlagslektors »Dr. [Jochen] Jung« zu dieser ersten Textfassung an, die am 25. März gemeinsam mit einem Begleitbrief Jungs Handke zugeschickt wurden. Schaffler bestätigte am 14. April in einem Brief alle von Handke getroffenen Korrektur-Entscheidungen und kündigte die Druckfahnen für Anfang Mai an. Am 27. Mai retournierte Handke die Druckfahnen, wies im Begleitbrief auf einige kleinere Korrekturen hin und notierte auf der Rückseite desselben Briefes einen einleitenden Satz zu Franz Nabls Größe und Kleinlichkeit. Etwa zwei Monate später, im Begleitbrief zum zurückgesandten Aushänger des Essays, erwähnte Handke, dass er noch »2 kleine Sachen« korrigiert haben möchte (Brief an Wolfgang Schaffler, 23. Juli 1975). Diese fanden jedoch im publizierten Text keine Berücksichtigung mehr.

Die von Handke als »sanftes Monument« (Brief an Wolfgang Schaffler, 21. April 1975) bezeichnete biografische Skizze Gerhard Roths, mit dem Titel Über den 90jährigen Franz Nabl, sollte den Sammelband abschließen, und zwar »als Nachwort und Ergänzung und Korrektur« (Brief an Wolfgang Schaffler, 12. März 1975). Deutlich sprach Handke sich dem Verlagsleiter gegenüber gegen ein von Reinhard Urbach geplantes Kapitel »Stimmen über Franz Nabl« aus, das außer dem Beitrag von Roth die bereits publizierten Texte von Kolleritsch und ihm selbst enthalten sollte. Diese von Handke fälschlich als »Zeugnisse zu Nabl« zitierte Zusammenstellung von Rezeptionsdokumenten würde »die Einfachheit und Bündigkeit, die der Band jetzt hat (Vorwort, Prosa, Geschichte v. G. Roth)« zerstören, weil »literarisier[en]« (Brief an Wolfgang Schaffler, 21. April 1975).

Der Verlag folgte im Großen und Ganzen dem Wunsch Handkes, fügte jedoch am Ende des Sammelbandes ein Foto von Franz Nabl, eine Kurzbiografie und eine Bibliografie des Dichters, verfasst von Reinhard Urbach, hinzu, offensichtlich ohne Handke noch einmal in die Entscheidung miteinbezogen zu haben. Charakter. Der Schwur des Martin Krist. Dokument erschien in dieser Form Anfang September 1975 im Herbstprogramm des Residenz Verlags. (Silvia Bengesser)

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