Die Alte Universit&aum;tsbibliothek

Bücher aus der mittelalterlichen Universität Wien und ihrem Umfeld
zusammengestellt von Friedrich Simader, Wien, ab 2007



 

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In den Jahren 1773-1775 verfaßte der Jurist und zeitweilige Prokurator der Sächsischen Nation an der Universität Wien, Johann Joseph Locher[1], seine dreibändige Abhandlung 'Speculum academicum viennense seu magistratus universitatis viennensis a primo ejusdem auspicio ad nostra tempora ... exhibitus'. Zum Druck gelangte nur der erste Teil[2]; die Manuskripte, heute Cod. 7705-7707, schenkte Locher 1776 der Wiener Hofbibliothek 'ad usum publicum' und erbat als Gegenleistung, Einsicht in Bücher nehmen zu dürfen, die im dritten Band seines Speculums erwähnt werden[3]
Hier findet sich auf den Seiten 55 bis 193 die Abschrift eines 'Catalogus Bibliothecae Universitatis Viennensis'[4]. Das alphabetische Verzeichnis bietet Angaben zu Autor, Titel, Sprache (wenn nicht lateinisch) und Format, Handschriften sind zusätzlich als 'M.S.' gekennzeichnet. Am Schluß (pag. 183-193) werden, wieder nach dem Alphabet, Verfasser angeführt, deren Werke mit anderen zusammengebunden sind. Erfaßt sind rund 2849 Bücher, davon rund 1080 Handschriften[5]. Die Quelle Lochers läßt sich nicht zweifelsfrei ermitteln, aber am wahrscheinlichsten ist, dass er einen im Jahr 1740 angelegten Katalog benutzt hat. Im zweiten Band seines Speculums (Cod. 7706, pag. 155) wird unter den Archivalien der Universität ein 'Catalogus bibliothecae universitatis noviter confectus' erwähnt, der am 28. September 1740 im Archiv hinterlegt wurde[6]; dieses Exemplar ging zwar nach 1755 verloren[7], doch schon aus praktischen Erwägungen ist anzunehmen, dass es davon mehrere Abschriften gab. Zudem stimmt auch die Anzahl der Handschriften und Drucke weitgehend mit jenen Daten überein, die von der 1756 vollzogenen Überführung der Alten Universitätsbibliothek in die Hofbibliothek bekannt sind: Übersiedelt wurden 1037 Handschriften und 1750 Drucke, darunter 364 Inkunabeln bzw. Drucke ohne Jahreszahl, in Summe 2787 Bände[8]. Die etwas grössere Zahl von Büchern bei Locher ergibt sich im Wesentlichen durch Mehrfacheinträge, bei denen ein und derselbe Autor sowohl nach dem Nachnamen als auch nach dem Vornamen angesetzt ist, während alle anderen Daten zum Buch identisch sind. Auf jeden Fall bietet der Katalog trotz aller Mängel einen Überblick über den Bestand, der besonders im Hinblick auf die Drucke von Bedeutung ist, da von deren Inhalt bislang nichts bekannt war.


Catalogus Bibliothecae Universitatis Viennensis (PDF)


[1] Zur Person siehe J. G. Meusel, Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller, Band 8. Leipzig 1808, 305f.

[2] 1773 bei Leopold Kaliwoda in Wien - siehe z. B. Wien, ÖNB, 25.X.3.

[3] Siehe den Cod. 7705 vorgebundenen Brief Lochers vom 21. August 1776.

[4] Der Katalog wurde 1925 bereits von Schwarz benutzt - siehe A. Z. Schwarz, Die hebräischen Handschriften der Nationalbibliothek in Wien (Museion. Veröffentlichungen aus der Nationalbibliothek in Wien, Abhandlungen 2). Wien - Prag - Leipzig 1925, XIIIf.

[5] Diese Zählung ist nicht ganz präzise, denn auf pag. 89 werden z. B. zusammengebundene Drucke u. Handschriften genannt: 'Dionysius Alexandrinus de situ orbis cum m. s. geographicis in duplo'. - Bei dem auf pag. 113 genannten Buch 'Joannes de Sacro Busto computus cum aliis opusculis mathematicis 8' handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Pergamenthandschrift, da sich in der Liste der 1756 übergebenen Handschriften in Cod. 14633 folgender Eintrag findet: '1037 Joannis de Sacro Busto computus cum aliis opusculis mathematicis 8vo membrana' = Cod. 2520 (Univ. 645).

[6] Th. Gottlieb, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, Band I: Niederösterreich. Wien 1915, 472, mit Irrtum bei der Datumsangabe. - So auch W. Pongratz, Die Alte Universitätsbibliothek, in: Das Alte Universitätsviertel in Wien, 1385-1985 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs 2). Wien 1985, 138.

[7] Ebenda, mit Anm. 76

[8] Ebenda, 141.


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