Über die Ausstellung
Huldigungsadressen sind spezielle Geschenke an das Kaiserhaus, die aus prächtig gestalteten Mappen (Enveloppes, Kassetten, Rollen, Büchern) bestehen. Meist wurden sie dem Kaiser oder der Kaiserin – gelegentlich auch nahen Mitgliedern des Kaiserhauses – zu feierlichen Anlässen wie Geburten, runden Geburtstagen, Jubiläen, Hochzeiten oder Trauerfällen überreicht.
In der Ausstellung werden 86 Huldigungsadressen – die schönsten und extravagantesten Objekte – zu sehen sein, mit deren Entwürfen nicht selten bekannte Künstler beauftragt waren. Alle Exponate stammen aus der Fideikommissbibliothek der Österreichischen Nationalbibliothek. Diese 1835 von Kaiser Franz I. als unteilbarer Familienbesitz eingerichtete Privat-sammlung der Habsburger wurde 1921 in die damals neu gegründete Nationalbibliothek integriert.
Huldigungsadressen sind stumme historische Zeugnisse aus der letzten Epoche der Donaumonarchie, die auf Grund ihrer aufwändigen kunsthandwerklichen Ausführung und ihrem meist streng formalen Inhalt interessante Einblicke in die Kultur und die gesellschaftspolitischen Strukturen ihrer Zeit geben.
Diese Widmungsexemplare waren Geschenke an den Kaiserhof, die meist von Vereinigungen oder Körperschaften, aber auch von Einzelpersonen zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Hochzeits- und Regierungs-jubiläen überreicht wurden. Die Schenker kamen aus allen gesellschaftlichen Schichten des gesamten Vielvölkerstaates. Beachtenswert sind die Beweg-gründe für das Überreichen von Adressen. In vielen Fällen dienten sie der Selbstdarstellung, etwa für Geschäftsanbahnungen auf höchster Ebene (große Bauvorhaben, militärische Ausrüstung). Im Gegenzug erwarteten sich Schenker mitunter Titel, berufliche und wirtschaftliche Vorteile. Die Herkunft der Absender verrät auch Einiges über die Anliegen nationaler Gruppen oder religiöser Minderheiten, die am Wohlwollen des Kaisers besonderes Interesse hatten. Auffallend viele Huldigungsadressen stammen von jüdischen Gemeinden, die sich dem Kaiser ganz besonders verbunden fühlten. In der Vielfalt der Huldigungsadressen erweist sich, dass Kaiser Franz Joseph I. das zentrale Symbol des Zusammenhalts der Donaumonarchie war.
Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt ca. 3.500 Huldigungsadressen. Abgesehen von den bekannten Anlässen, wie runden Geburtstagen und Regierungsjubiläen der 68 Jahre dauernden Regentschaft Franz Josephs I. oder der Silberhochzeit des Kaiserpaares, zu denen sich die Adressen häufen, gibt es bemerkenswerte, heute vergessene Anlässe, zu denen Geschenke gereicht wurden, wie z.Bsp. die Einrichtung einer Schariatsrichterschule in Sarajewo, der Bau von Bahnstrecken oder der Wiederaufbau von Städten nach Naturkatastrophen.
Der zahlenmäßig größte Teil der Sammlung kommt aus den Kronländern, ein Drittel der Adressen stammt aus Ungarn, oft wurden Wiener Kunsthandwerker mit der Ausführung beauftragt. Die Ausstellung zeigt die schönsten Objekte, etwa Entwürfe von berühmten Künstlern wie Otto Wagner, Kolo Moser, der Wiener Werkstätte, die in kunstvollen, auffälligen Gestaltungen und wertvollen Materialien in raffinierten Kombinationen umgesetzt wurden.
Kaiser Franz Joseph wurde als moderner, aufgeschlossener Mensch geschätzt, das manifestiert sich nicht nur in der zeitgenössischen Umsetzung der Huldigungsadressen im Jugendstil, sondern auch in den Themen, die an den technisch interessierten Monarchen herangetragen wurden, wie etwa die Huldigungsadresse der k. k. Staatseisenbahngesellschaft mit den frühesten Fotografien vom Bau der Südbahn zwischen Laibach und Triest beweist. Der Kaiser war übrigens persönlich anwesend bei der Eröffnung der Bahnstrecke, die vom Erbauer der Semmeringbahn, Karl Ritter von Ghega, geplant wurde.
Mit der von der Historikerin Dr. Ulla Fischer-Westhauser kuratierten Ausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek wird zum ersten Mal ein Überblick über die gesamte Bandbreite dieser in Vergessenheit geratenen historischen Zeugnisse präsentiert. Begleitet wird die Ausstellung von einem Buch, in dem die Vielfalt dieser besonderen Geschenke an das Kaiserhaus reich bebildert wiedergegeben wird.
Ort
Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
Josefsplatz 1, 1010 Wien
Dauer
27. April – 28. Oktober 2007
Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 21 Uhr
Eintritt
€ 5,– / ermäßigt € 3,–
Führungen
Zum Preis von € 2,50 jeden Donnerstag um 18 Uhr sowie
nach Vereinbarung unter
Tel. (+43 1) 534 10-464, -261
Treffpunkt an der Prunksaalkasse
Buch zur Ausstellung
€ 29,90