Entstehungskontext
Der Sammelband Die Theaterstücke oder Theaterstücke in einem Band, wie ein anderer Titel des Buchs lautet, versteht sich nicht als Fortsetzung der in den siebziger Jahren herausgegebenen Theaterbände Stücke 1 (von 1972) und Stücke 2 (von 1973), sondern das insgesamt 575 Seiten umfassende Buch versammelt noch einmal alle von Peter Handke bis zum Oktober 1992 uraufgeführten Bühnenwerke in ihrer entstehungschronologischen Reihenfolge mit dem Zweck seine Arbeit als Bühnenautor, die Entwicklung seines Theaters sowie die Zusammenhänge der Stücke deutlich zu machen. Handkes Notizen und Anmerkungen zu den Stücken, die man noch als Anhang in den Sammelbänden Stücke 1 und Stücke 2 findet, wurden dafür allerdings nicht mehr aufgenommen, auch nicht seine frühen theoretischen Texte zum Theater. Alle in dem Band zusammengestellten Stücke sind zuvor in Einzelpublikationen oder wie Hilferufe, Das Mündel will Vormund sein und Quodlibet in Sammelbänden erschienen.
Der Reihe der Theaterstücke beginnt mit den von Handke so genannten »Sprechstücken«: dem theatertheoretischen Stück Publikumsbeschimpfung (1965) sowie den kurzen Stücken Weissagung (1964), Selbstbezichtigung (1965) und Hilferufe (1966). Dem abendfüllenden sprachkritischen Sprechstück Kaspar (1968), das erstmals einen Helden (wenn auch keinen individuellen) und eine Handlung aufweist, folgen weitere in diesem Sinne sprach- oder auch gestenkritische Arbeiten mit ansatzweiser Handlung: Das Mündel will Vormund sein (1968) – Handkes erstes Theaterstück ohne Worte –, Quodlibet (1969) und der Der Ritt über den Bodensee (1970). Das kapitalismuskritische Stück Die Unvernünftigen sterben aus (1973) bildet den Abschluss dieser zweiten Phase von Handkes Bühnenwerk. Es steht zugleich für sich, denn es zeigt eine Rückbesinnung auf konventionelle Theaterformen, verfügt über einen konkreten Schauplatz und individuelle Figuren. Es bildet somit schon den Übergang zur nächsten Phase von Handkes Bühnenschaffen. Die weiteren, nach einer achtjährigen Theaterpause entstandenen Stücke Handkes dokumentieren eine neue Theaterästhetik: das an antike Formen anknüpfende Stück Über die Dörfer (1981), das als theatertheoretisches Stück zu bezeichnende Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land (1989) sowie das 1992 am Burgtheater uraufgeführte stumme Stück Die Stunde da wir nichts voneinander wußten (1992). (kp)