Bücher aus der mittelalterlichen Universität Wien und ihrem Umfeld
zusammengestellt von Friedrich Simader, Wien, ab 2007



 

Vorwort
Artistenfakultät | Collegium ducale u. Theologische Fakultät | Medizinische Fakultät
Bibliotheken in Bursen | Lammburse | Lilienburse | Paulusburse | Bursa Ramung | Rosenburse | Schlesierburse
Die Fabri-Bibliothek | Die Alte Universitätsbibliothek


Die Bibliothek der Lammburse[1]
(Bursa agni - Bursa Sprenger)

Ein im Bereich der heutigen Universitätskirche gelegenes Haus, in dem sich schon zuvor die kommerziell geführte Sprenger-Burse befunden hatte, wurde 1487 an die Stiftung des Wiener Bürgers und Fleischhauers Christoph Ötzesdorfer (+1470) verkauft. Nach dem Vorbild der Rosenburse sollten hier zehn arme Studenten aus Österreich Stipendien erhalten; gleichzeitig konnten sich Studenten aber ebenso wie in einer Unternehmerburse gegen Bezahlung einmieten. 1511 wurde hier auch eine Stiftung realisiert, die auf den bereits 1454 verstorbenen Wiener Ratsbürger Hans Sarger zurückging. Nach 1513 fanden in den Räumlichkeiten unter anderem auch die Stipendiaten der Bursa Ramung Unterkunft.

Für das Vorhandensein einer Bibliothek gibt es mehrere Anhaltspunkte. Zum einen wird in den 1511 verfaßten Statuten dem Vorbild der Rosenburse folgend die Verwaltung der Bücher geregelt[2]. Zum anderen gehörte das Studentenheim zu jenen vier Häusern, die im Rahmen der Reform des Bursenwesens 1533 als Grundschule dienen sollten; vorgesehen war als Hauptlehrstoff die lateinische Grammatik[3], und man kann deshalb davon ausgehen, daß die für den Unterricht notwendigen Bücher vorhanden waren. Tatsächlich zuweisbar sind derzeit freilich nur zwei: eine Inkunabel (Ink. 1.G.2) aus dem Besitz des Mag. Andreas Schüstel von Pottenbrunn, die der Stiftung des Hans Sarger zugedacht war, und Cod. Ser. n. 4265, der 1518 zum Teil wohl in der Burse geschrieben wurde, denn der Schreiber Sebastian Freylander de Wolsperg bezeichnet sich extra als Konventor der Lammburse.
Im Haus befanden sich nach 1513 auf jeden Fall auch die Bücher der Stipendiaten der Ramung-Burse - ob diese getrennt verwahrt wurden oder Teil der Bursenbibliothek und damit allgemein zugänglich waren, ist nicht zu klären.




Liste der bislang ermittelten Bücher
(Bei Signaturen ohne Ortsangabe handelt es sich um Handschriften und Drucke der Österreichischen Nationalbibliothek)

Cod. Ser. n. 4265
  • Sebastian Rütsch ex Brina (Mag.; Uni. Wien ab 1513): Vermerk fol. 291r; verkauft den Druck fol. 291-304 an unbekannt (Petrus Freylander ?) - Zeitraum: 1518 [Mazal, Series Nova 4, 1975].

  • Petrus Freylander de Wolsperg (Mag.; Uni. Wien ab 1504): Schreiber zahlreicher Teile; Vermerk fol. 229v: Freylander nennt sich in der Schlußschrift als Konventor der Lammburse - Zeitraum: 1518 [Mazal, Series Nova 4, 1975].

  • Wien, Alte Universität, Lammburse (vormals Sprengerburse; ab 1489 'Bursa agni'; bis 1623): hier tw. vom Konventor geschrieben - siehe Vermerk fol. 229v für fol. 202r-229v - Zeitraum: 1518 [Mazal, Series Nova 4, 1975].

  • Sebastian Raufmann (16. Jhdt.): Vermerk fol. 265r [Mazal, Series Nova 4, 1975].

  • Antiquariat Rosenthal (München): hier von HB angekauft - Zeitraum: bis 1905 [Mazal, Series Nova 4, 1975].


  • Ink. 1.G.2
  • Wappen (Weißer Baum mit zwei Wipfeln über rotem Grund): Fol. Ia; vermutlich Wien - Zeitraum: 15. Jhdt. [Mazal, Inkunabelkatalog, 2004, A-21].

  • Andreas Schüstel aus Pottenbrunn (Mag.; Uni. Wien ab ca. 1465; +1491): Vermerk am Vorsatzblatt - Zeitraum: ab 1483 (?) bis 1491 [Mazal, Inkunabelkatalog, 2004, A-21].

  • Wien, Alte Universität, Lammburse (vormals Sprengerburse; ab 1489 'Bursa agni'; bis 1623): Vermerk '... ad Stipendium Johannis Surger' - d.h. die 1511 der Lammburse zugeeignete Stiftung des Hans Sarger - Zeitraum: 16. Jhdt. [Autopsie].

  • Wiener Neustadt, Bischöfliche Bibliothek: Schilder am Rücken [Autopsie].



  • [1] Grundlegende Literatur zur Burse: K. Schrauf, Zur Geschichte der Studentenhäuser an der Wiener Universität während des ersten Jahrhunderts ihres Bestehens, in: Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte V 3 (1895), 1-74, bes. 19-22 et passim. - K. Schrauf, Die Wiener Universität im Mittelalter. Separatabdruck aus Band II der Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Alterthumsvereine zu Wien. Wien 1904, 45-47. - R. Perger, Universitätsgebäude und Bursen vor 1623, in: Das Alte Universitätsviertel in Wien, 1385-1985 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs 2). Wien 1985, 90f. - K. Mühlberger, Wiener Studentenbursen und Kodreien im Wandel vom 15. zum 16. Jahrhundert, in: Aspekte der Bildungs- und Universitätsgeschichte. 16. bis 19. Jahrhundert (Schriftenreihe des Universitätsarchivs, Universität Wien 7). Wien 1993, 180-182 et passim.

    [2] Siehe Schrauf, Studentenhäuser, 1895, 38ff.

    [3] Mühlberger, Wiener Studentenbursen, 1993, 164.


    Zum Seitenanfang  Zur Startseite