Licht erlaubt uns, Farben zu sehen. Es kann aber an ebendiesen auch zu Veränderungen führen. Diese gilt es in Ausstellungen durch Schutzmaßnahmen zu minimieren.
Autorin: Uta Landwehr
Welche Farbe hat das Logo der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)? Dunkelrot, rotorange oder rostrot? Das kommt ganz auf die Wahrnehmung der Betrachterin oder des Betrachters an, und unter welchen Lichtbedingungen es angeschaut wird. In diffusem Tageslicht im Prunksaal wird es anders erscheinen als unter der gedimmten LED-Beleuchtung im Literaturmuseum.
Für die Wahrnehmung von Farben braucht es immer drei Faktoren: Eine Lichtquelle, einen Gegenstand oder eine Fläche, auf die das Licht auftrifft, und einen Rezeptor oder die Augen der betrachtenden Person. Jede Lichtquelle erzeugt einen Lichtstrom, gemessen mit der Einheit Lumen (lm). Der Teil dieses Lichtstroms, der auf den betrachteten Gegenstand auftrifft (lm/m²), erzeugt dort eine Beleuchtungsstärke, die in Lux (lx) angegeben wird.
Das Auge nimmt diese als Eindruck einer gewissen Helligkeit wahr. Diese ist stark abhängig von der Beschaffenheit der Oberfläche des Gegenstands und dessen Eigenschaft, Teile des auftreffenden Lichts zu reflektieren oder zu absorbieren.
Das für das menschliche Auge sichtbare Licht deckt nur ein schmales Band der uns umgebenden elektromagnetischen Strahlung ab. Die kurzwellige UV-Strahlung (Wellenlänge λ < 380 nm) und die Wärmestrahlung im Infrarotbereich (λ > 700 nm) sind für uns unsichtbar. Dazwischen liegen die Wellenlängen, die das sichtbare Farbspektrum von Blau über Grün, Orange, Gelb bis Rot ergeben. Verschiedene Lichtquellen senden, technisch bedingt, unterschiedliche Anteile im sichtbaren Spektrum aus. So kommt es, dass die Farbe eines Objektes unterschiedlich wirkt, je nachdem, ob dieses bei Tageslicht nach Sonnenaufgang, zu Mittag oder in der Abenddämmerung, oder aber unter einer Glühlampe, einer Gasentladungslampe oder einer LED-Beleuchtung angeschaut wird. Simulieren lässt sich dieser Effekt bei der Fotografie mit einem Smartphone, indem unterschiedliche Lichtquellen angewählt und durch Berechnungen farblich stark abweichende Abbildungen erzeugt werden können.
Zusätzlich ist eine differenzierte Farbwahrnehmung auch bei gleicher Beleuchtung nicht konstant: sie ist u.a. abhängig von Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Erfahrung der betrachtenden Person.
Die vom sichtbaren Licht transportierte Energie löst in den beschienenen Materialien chemische und physikalische Prozesse aus. Diese können, insbesondere an organischen Materialien, Veränderungen wie Verblassen, Ausbleichen, Verspröden oder aber Verbräunungen verursachen. Das historische Kulturgut, das die Sammlungen der ÖNB verwahren, besteht großteils aus lichtempfindlichen Materialien: unterschiedlichste Papiere, Leder, Pergament und Papyrus gepaart mit diversen Malmitteln und Beschreibstoffen wie Pigmenten, Farbstoffen, Tinten, aber auch modernen Filzstiften und Kugelschreibern. Die Sammlungsobjekte gilt es bestmöglich in ihrer Materialität zu bewahren und zugleich auch zugänglich zu machen.
Für Ausstellungen vorausgewählte Objekte, sei es für Präsentationen in den Museen der ÖNB oder als potenzielle Leihgaben an andere Institutionen, werden von Restaurator*innen des Instituts für Restaurierung der ÖNB begutachtet. Es wird deren allgemeiner Erhaltungszustand geprüft und, wenn das Objekt als ausstellungs- bzw. leihfähig eingeschätzt ist, werden Ausstellungsbedingungen und Schutzmaßnahmen abgeleitet. Diese betreffen u.a. klimatische Voraussetzungen (Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit) und Lichtschutz während der Ausstellung.
Die Lichtbeständigkeit von Materialien wird in acht Stufen auf der Blauwollskala (blue wool standards) angegeben. Farbveränderungen werden verglichen mit den Veränderungen an standardisierten, blau gefärbten Wollstoff-Streifen, die nebeneinander auf einer Karte befestigt sind (ISO 105-B01:2014).
Der Streifen mit Blauwollstandard 1 bleicht am schnellsten aus, Blauwollstandard 8 ist unempfindlich, wobei benachbarte Streifen jeweils doppelt bzw. halb so lang brauchen, bis ihre Farbe komplett verschwindet. Viele Pflanzenfarbstoffe, aber auch moderne synthetische Farbstoffe, die in Kugelschreibern und Filzstiften enthalten sind, gelten als besonders lichtempfindlich.
Ebenso empfindlich sind Seidenstoffe und Papiere, die Holzschliff enthalten, wie z.B. Zeitungspapier, aber auch Farbfotografien.
Nicht nur die kurzwellige, energiereiche UV-Strahlung kann Schäden verursachen, sondern auch das sichtbare Licht. Farbveränderungen können nicht nur die Ästhetik oder auch die ursprüngliche Farbsymbolik eines Werkes beeinträchtigen, es können auch Informationen verloren gehen.
Einmal eingetretene Farbverluste sind nicht reversibel. Um sensible Exponate bestmöglich zu schützen, gibt es in der Ausstellungspraxis unterschiedliche, auch kombinierbare Möglichkeiten.
Für empfindliche Materialien (Blauwollstandard 1 bis 3) wird, internationalen Richtlinien folgend, die Beleuchtungsstärke auf 50 Lux gedimmt und die Ausstellungsdauer auf drei Monate begrenzt. Der Lux-Wert, multipliziert mit der Summe der Stunden, denen ein Ausstellungsstück während der Öffnungszeiten des Museums Licht ausgesetzt ist, ergibt den gesamten Lichteintrag, der während einer Ausstellung auf ein Objekt einwirkt. Dieser wird in Luxstunden (lx.h) angegeben. Die Auswirkungen des Lichts auf das Exponat summieren sich mit jeder weiteren Ausstellung.
Soll die Ausstellung länger als drei Monate dauern, kann das Original z.B. gegen eine Doublette oder ein anderes, inhaltlich passendes Werk ausgetauscht werden. Bei Büchern oder Notizheften bietet sich an, auf eine andere Seite weiterzublättern. Wenn Tauschen oder Umblättern keine Option ist, kann zum Schutz hochempfindlicher Originale vor erhöhter Lichtbelastung mit qualitätvollen Faksimiles gearbeitet werden. Diese ersetzen das Originalexponat nach Ablauf der verantwortungsvollen Ausstellungsdauer. Sie vermitteln dessen Informationsgehalt und sind optisch meist kaum vom Original zu unterscheiden.
Vitrinengläser oder Bilderrahmen werden mit Glas oder Acrylglas mit UV-Schutz ausgestattet. Zusätzlich können Lichtschutzfolien aufgebracht werden, die einen Teil des sichtbaren Lichts herausfiltern. Je nach Wirkungsgrad führen sie allerdings zu einem leicht bis stark veränderten Farbeindruck. Für Ausstellungsräume mit Tageslichteintrag, wie sie oft in historischen Gebäuden zu finden sind, bietet sich zusätzlich noch ein mechanischer Lichtschutz durch Rollos oder Jalousien an Fenstern und Vitrinen an.
Die Beleuchtungsstärke, die durch das auftreffende Licht an der Grafik im Rahmen oder am Buch in der Vitrine entsteht, wird mithilfe eines Luxmeters gemessen. Dieses Gerät wird beim Einleuchten einer Ausstellung verwendet, um das Lichtniveau zu kontrollieren und bei Bedarf zu dimmen. Es dient auch dazu, eine möglichst gleichmäßige Ausleuchtung zu erzielen, die das Exponat bestmöglich zur Geltung bringt.
Während einer Ausstellung können in Vitrinen mit besonders sensiblen Objekten zur Kontrolle Messgeräte platziert werden, die in bestimmten Intervallen Klima- und Lichtwerte registrieren und aufzeichnen. Die regelmäßige Auswertung der Daten für Lux, Luxstunden, Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit erlauben es, zeitnah auf etwaige Abweichungen zu reagieren. Als Indikator, ab wann die hochsensiblen Materialien beginnen können, sich farblich sichtbar zu verändern, kann eine partiell abgedeckte Blauwollkarte eingelegt werden, die periodisch kontrolliert wird. Neben der visuellen Begutachtung kann mit einem Photospektrometer gearbeitet werden. Dieses Gerät beleuchtet einen Messpunkt mit wenigen Millimetern Durchmesser mit einem genormten Licht und bestimmt die Position seiner Farbe im Farbraum CIEL*a*b* (Vgl. Wikipedia). Durch Vergleichsmessungen an denselben Punkten auf der Blauwollkarte oder auch an ausgewählten Exponaten vor und nach einer Ausstellung wird durch eine etwaige Änderung der L*a*b*-Werte eine veränderte Position im Farbraum aufgezeigt, die Differenz wird als ΔE* Wert ausgedrückt. Die Veränderungen der spektralen Zusammensetzung einer Farbe werden in einem Koordinatensystem dargestellt. Verschiebungen der Kurven derselben Messpunkte vor und nach einer Lichtexposition können zeigen, ob ein Material heller oder dunkler geworden ist und ob sich seine spektrale Zusammensetzung geändert hat indem z.B. der Blauanteil geringer und der Rotanteil höher geworden ist.
Auf diese Weise können geringste Farbveränderungen nachgewiesen werden, noch bevor sie für das menschliche Auge sichtbar sind. An einer Blauwollstandardkarte lassen sich die fortschreitenden Veränderungen durch prolongierte Lichtexposition dokumentieren.
L*a*b*-Werte sind geräteunabhängig und untereinander vergleichbar. Die Farbe des mit verschiedenen Lichteinstellungen fotografierten Logos auf dem Briefpapier der ÖNB wird durch die Werte L*50,39; a*44,39; b*30,62 charakterisiert, unabhängig von unserem jeweiligen, subjektiven Farbeindruck und dem Namen, den wir der Farbe geben.
Über die Autorin: MMag. Uta Landwehr ist Restauratorin am Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek.
Abb. 2: Aufnahme mit Kamera von Huawei P-20, EML-29, F 1.8, BW 81 mm, angewählte Lichttemperaturen 2800 K, 3800 K, 5800 K, 6400 K und 7000 K.
Abb. 3: Pergamentproben, gefärbt mit den Farbstoffen Folium aus Chrozophora tinctoria (1), Purpur der Schnecke Hexaplex trunculus (2), Flechtenfarbstoffe aus Roccella tinctoria (3, 4) und Lasallia pustulata (5, 6), Anordnung von links nach rechts.
Abb. 6: Grafische Darstellung von Farbmessungen mit Photospektrometer X-Rite eXact™,
Spektralbereich 400 – 700 nm, Reflexionsmessung, Lichtart D50, Messblende 2mm.
Gekeler, Hans (2000): Handbuch der Farbe, Systematik, Ästhetik, Praxis, Köln, DuMont Verlag.
licht.de, Fördergemeinschaft Gutes Licht, Hrsg. (2016): Licht für Museen und Ausstellungen, licht.wissen 18, 1606_lw18_Museen_web.pdf.
Michalski, Stefan (2018): Agent of Deterioration: Light, Ultraviolet and Infrared
Light, ultraviolet and infrared - Canada.ca, (14.2.2025).
Pastoureau, Michel (2023): Alle unsere Farben, Eine schillernde Kulturgeschichte, Berlin, Verlag Klaus Wagenbach (französische Originalausgabe 2010).
Saunders, David (2020): Museum Lighting, A Guide for Conservators, Los Angeles, Getty Conservation Institute.
Wikipedia: Lab Farbraum, Lab-Farbraum – Wikipedia, 6.3.2025
Aufgrund von Veranstaltungen bleibt der Prunksaal zu folgenden Zeiten geschlossen:
Samstag, 22. März ab 12 Uhr
Donnerstag, 27. März ab 18 Uhr