1919 war es soweit. Endlich durften Frauen wählen, und sie durften sich auch wählen lassen. Die ersten Frauen zogen ins Parlament: Unter den 170 Abgeordneten zur Konstituierenden Nationalversammlung waren acht Frauen – nur 4,7 % der Abgeordneten –, davon sieben von der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und eine Vertreterin der Christlichsozialen Partei. Insgesamt sollte sich der Anteil an Frauen im Nationalrat in der Ersten Republik nur marginal erhöhen.
Diese acht Frauen waren alle schon länger politisch engagiert – fast alle im Rahmen der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Viele stammten aus Arbeiterfamilien und wollten durch ihre parlamentarische Arbeit sozialen Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts entgegenwirken.
Die erste von einer Frau gehaltene Rede im Hohen Haus stammte von Adelheid Popp und befasste sich mit der Abschaffung des Adels.
Maria Tusch wurde 1919 als einzige Frau aus einem der Bundesländer, Kärnten, in die Nationalversammlung entsandt.
Das erste von Frauen vorbereitete und eingebrachte Gesetz war das Hausgehilfinnengesetz, das 1920 die alte Gesindeordnung ablöste. Anna Boschek, eine frühe Gewerkschafterin, war federführend daran beteiligt. Das Gesetz zum Achtstundenarbeitstag trug ebenso ihre Handschrift wie Vorlagen zur Arbeitsruhe, zum Nachtarbeitsverbot und zur Gewerbeinspektion.
Emmy Freundlich meldete sich im Nationalrat vor allem zu ökonomischen Fragen wie auch zu Ernährungs- und Konsument*innenfragen häufig zu Wort. Als anerkannte Wirtschaftspolitikerin wurde sie als einzige Frau Mitglied der Wirtschaftssektion des Völkerbundes.
1925 wurde die "Lex Rudel-Zeyneck", die den Unterhaltsanspruch alleinerziehender Frauen regelte und unter Mitwirkung von Olga Rudel-Zeynek, einer Christlichsozialen, entstand, verabschiedet. 1927 wurde sie die erste Präsidentin des Bundesrates und damit weltweit erste Frau in der Führung einer parlamentarischen Körperschaft.
Erste Bundesrätinnen wurden im Dezember 1920 Marie Bock, Fanny Starhemberg und Berta Pichl. Erst in der Zweiten Republik war die Kommunistin Hella Postranecky die erste Frau in Österreich in einer Regierung. Sie übernahm in der Provisorischen Regierung Renner von April bis Dezember 1945 das Amt einer Unterstaatssekretärin für Volksernährung.
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