Die Physiognomische Sammlung Johann Caspar Lavater

Seit Juli 2023 läuft in der Abteilung „Bildarchiv und Grafiksammlung“ ein Projekt zur Digitalisierung der umfangreichen Grafiksammlung des Schweizer Pastors und Physiognomen Johann Caspar Lavater (1741–1801), das mit EU-Geldern im Rahmen des Förderungsprogrammes „Kulturerbe digital“ finanziert wird.

Der einzigartige Bestand umfasst über 22.000 Kunstblätter. Er verdankt seine Entstehung dem Interesse Lavaters an der Deutung individueller menschlicher Charaktere aufgrund äußerer Eigenschaften (Physiognomik) und beinhaltet infolgedessen vor allem Porträts und andere Menschendarstellungen.

Nach dem Tod Lavaters wurde die Sammlung verkauft und gelangte über Umwege in kaiserlichen Besitz. Als Teil der Habsburg-lothringischen Familien-Fideikommissbibliothek wurde sie 1921 der Nationalbibliothek angegliedert.

Bis vor kurzen war die „Lavatersammlung“ kaum bekannt und erschlossen. Mit ihrer Digitalisierung wird ein kulturgeschichtlich einzigartiger Bestand erstmals der Forschung und der interessierten Öffentlichkeit weltweit frei zugänglich gemacht. Dazu begleitend wird die Sammlung ab August 2024 in einer Online-Präsentation im geschichtlichen Kontext vorgestellt.

Die Habsburgisch-Lothringische Familien-Fideikommissbibliothek

Die Habsburg-Lothringische Familien-Fideikommissbibliothek umfasst rund 116.000 Bände. Sie beinhaltet Werke der Literatur, Geschichte, Technik, Naturwissenschaft, Geografie sowie Philosophie und ist eine Sammlung der wichtigsten politischen, sozialen und kulturellen Ereignisse von der Spätaufklärung bis zum Ende der Monarchie. Neben Büchern, Manuskripten, Handzeichnungen, Druckgrafiken und Gemälden enthält sie auch Fotografien, Landkarten, Widmungen an den Kaiser sowie Aktenmaterial und Dokumente über die kaiserliche Familie.

Einen Großteil des Bibliotheksbestandes finden Sie in unserem Katalog QuickSearch. Die Werke werden in einem derzeit laufenden Projekt der Österreichischen Nationalbibliothek vollständig katalogisiert und künftig auch als Digitalisat zur Verfügung stehen.

Geschichte
  • 1784: Der spätere Kaiser Franz I. beginnt in Wien mit dem Sammeln von Büchern und Porträtgrafiken, die von einem Handapparat ausgehend bald zu einer stattlichen Bibliothek anwachsen.
  • 1835: In seinem Testament verfügt Franz I., dass seine Privatbibliothek künftig ein unteilbares und unveräußerliches Erbgut (Fideikommiss) bilden soll, dass vom jeweils erstgeborenen, männlichen Nachkommen verwaltet wird.
  • 1878: Kaiser Franz Joseph I. lässt die Fideikommissbibliothek mit seiner eigenen Privatbibliothek und jener Kaiser Ferdinands I. zur Familien-Fideikommissbibliothek zusammenführen.
  • 1921: Die Habsburg-Lothringische Familien-Fideikommissbibliothek wird in die neu gegründete Nationalbibliothek der Republik Österreich integriert.
  •  2010: Ein Forschungsteam beginnt mit der Aufarbeitung der Sammlungsgeschichte im Rahmen zweier vom Österreichischen Forschungsfonds (FWF) finanzierter Projekte. Für das erste, abgeschlossene Projekt, das die Zeit bis 1835 behandelt, liegt bereits eine Publikation vor.
Ziel der Forschungsprojekte

Die Österreichische Nationalbibliothek hat es sich zum Ziel gesetzt, die Sammlungsgeschichte der Bibliothek für Sie zu untersuchen. Die Grundlagenforschung wird nun im Rahmen des zweiten FWF-Forschungsprojekts für die Zeit von 1835–1921 realisiert. Der dabei untersuchte Funktionswandel der Bibliothek vollzieht sich in mehreren Etappen: von einer einzigartigen privaten Sammlung zum Fideikomiss, weiter zum Erinnerungsraum der Monarchie bis hin zur Umwandlung in ein nationales Kulturgut in der republikanischen Ära. Wir möchten der Geschichte der Fürsten- und Nationalbibliotheken neue Impulse verleihen, indem wir deren Beziehung zu nationalen Identitäten und kollektiven Erinnerungen herausarbeiten.

Themeninhalte der Forschungsprojekte
  • Bibliotheksgeschichte und -wissenschaft
  • Geschichte der Habsburgermonarchie und des Kaiserhauses
  • Kunst und Kulturgeschichte
Unsere Forschungsmethoden sind
  • Medienwissenschaft
  • Analyse historischer Quellen

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Mehr Informationen zu den Projektergebnissen finden Sie auf der Website des FWF-Forschungsprojekts.

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