In den Jahren 1905 und 1906 kam es in Österreich zu einer allgemeinen Wahlrechtsdiskussion.
Die sozialdemokratische Frauenbewegung verzichtete zu dieser Zeit auf ihren Anspruch auf das Frauenwahlrecht – entsprechend der Direktive der Partei, um nicht die Erlangung des Männerwahlrechts zu gefährden. Bereits 1903 betonte Victor Adler, dass die Frauen zurückstehen müssten. Die Frage der Priorität des Männerwahlrechts oder des Wahlrechts für beide Geschlechter blieb unter den Sozialdemokratinnen bis 1907 umstritten.
Bürgerlich-liberale Frauen, die jeden Anschluss an eine politische Partei ablehnten, stellten zur gleichen Zeit verstärkt die Forderung nach dem Frauenstimmrecht. Mitglieder des Bundes österreichischer Frauenvereine gründeten 1905 zu diesem Zweck ein Frauenstimmrechtskomitee, da Frauen die Konstituierung eines explizit politischen Vereins aufgrund des Vereinsgesetzes von 1867 untersagt war. Dieses Gesetz beeinträchtigte die organisatorischen Möglichkeiten der Frauen, speziell der bürgerlich-liberalen.
Mit der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Männer am 26. Jänner 1907 – einem Erfolg der Sozialdemokrat*innen – erreichte der Ausschluss der Frauen von jeglicher politischer Mitbestimmung auf der Ebene des Reichsrates seinen Höhepunkt. Damit wurde auch den wenigen Großgrundbesitzerinnen wieder das Stimmrecht entzogen. Dass das Frauenstimmrecht nicht eingeführt wurde, begründete das Parlament folgendermaßen: „Die Mehrheit des Ausschusses ging von der Erwägung aus, dass bisher in allen Staaten Europas, in denen das allgemeine Wahlrecht eingeführt wurde, die Frauen unberücksichtigt blieben und dass es sehr bedenklich wäre, gerade in Österreich im Zeitpunkte einer tiefgreifenden politischen Evolution den Versuch, die Frauen zur Teilnahme am politischen Leben heranzuziehen, zu unternehmen.“
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