Ruth (eigentlich Susanne Ruth) Klüger, geb. am 30. 10. 1931 in Wien, gestorben am 06. 10. 2020 in Irvine, Kalifornien. Sie wuchs als Tochter eines jüdischen Arztes (Viktor K., ermordet 1944) in Wien auf, wo sie nach der nationalsozialistischen Annexion Österreichs gleich mehrere Schulen für ‚separierte‘ jüdische Kinder besuchen musste.
Im September 1942 wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter Alma ins KZ Theresienstadt verschleppt, dann im Mai 1944 weiter nach Auschwitz-Birkenau. Letzte Station des qualvollen Lagerlebens war für die inzwischen Zwölfjährige Christianstadt, ein Außenlager des KZs Groß-Rosen. Im Februar 1945 gelang ihr, ihrer Mutter und einem Mädchen namens Chava Kohavi die Flucht. Sie schafften es ins bayerische Straubing. 1947 legte Klüger ein Notabitur ab und inskribierte sich an der Philosophisch-theologischen Hochschule Regensburg in den Fächern Philosophie und Geschichte. Während dieses Studiums lernte sie Martin Walser kennen, mit dem sie eine langjährige Freundschaft pflegte, diese aber 2002 als Reaktion auf Walsers Roman „Tod eines Kritikers“ wegen antisemitischer Untertöne aufkündigte.
1947 ging Ruth Klüger gemeinsam mit ihrer Mutter nach New York, wo sie Bibliothekswissenschaften und Anglistik studierte. 1953 folgte der Master in Amerikanistik an der kalifornischen Berkeley University und die Heirat mit dem Historiker Werner Angress, Vater der Söhne Percy und Dan. Nach der Trennung von ihrem Mann begann sie 1962 in Berkeley ein Germanistik-Studium (Dissertation 1967). Danach lehrte sie an verschiedenen amerikanischen Universitäten Germanistik und wurde 1980 Professorin an der renommierten Princeton University, bis 1986, als sie zur University of California in Irvine wechselt, um 1988 eine Gastprofessur an der Georg-August-Universität Göttingen anzutreten (später u.a. auch Gastprofessur in Wien, 2003).
Thematisch spannen sich ihre Arbeiten vom Barock bis zur Gegenwart, von Lessing über Kleist und Heine bis zur zeitgenössischen Frauenliteratur. Klüger war langjährige Herausgeberin der Fachzeitschrift für amerikanische Germanistik „German Quarterly“ und ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland und in der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft.
Ihre Jugend beschreibt Ruth Klüger in dem 1992 erschienenen Erinnerungsbuch „weiter leben“ (Wallstein Verlag). Ihr literarisches Erstlingswerk, vom Suhrkamp Verlag abgelehnt, erlebte zahlreiche Neuauflagen, wurde mehrfach ausgezeichnet und erschien 2001 in englischsprachiger Übersetzung. Thematischer Schwerpunkt dieser Autobiografie ist die Zeit in den Konzentrationslagern. Ihre Begeisterung für Lyrik wurde der jungen Ruth Klüger gewissermaßen zur Überlebensstrategie. Unter anderem dienten ihr die Schillerschen Balladen in Auschwitz als „Appellgedichte“, die ihr Zeile für Zeile die stundenlangen Appelle überstehen halfen. In den KZs entstanden auch zwei eigene Gedichte: „Auschwitz“ und „Der Kamin“.
Eine Fortsetzung von „weiter leben“ folgte 2010 unter dem Titel „unterwegs verloren“. Neben ihren Autobiografien erschienen unter anderem der Essayband „ Frauen lesen anders“ (1996), „Gemalte Fensterscheiben. Über Lyrik“ (2007), „Was Frauen schreiben“ (2010), der Gedichtband „Zerreißproben. Kommentierte Gedichte“ (2013) und „Gegenwind. Gedichte und Interpretationen“ (2018).
Ruth Klüger wurde vielfach geehrt. Unter anderem mit dem Rauriser Literaturpreis (1993), dem Österreichischen Staatspreis für Literaturkritik (1997), dem Thomas-Mann-Preis (1999), dem Roswitha Preis (2006), der Ehrenmedaille der Stadt Göttingen (2010) und dem Brüder-Grimm-Preis der Philipps-Universität Marburg (2014).
Zugangsdatum | 2018 |
Umfang | 48 Archivboxen, 9 Großformate |
Status | Systematisch geordnet, Korrespondenz teilweise feinerschlossen |
Benutzung | Benutzbar |
Enthält | Werke, Korrespondenzen, Lebensdokumente, Sammelstücke |
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