Die in Wien geborene Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Überlebende des Holocaust Ruth Klüger ist tot. Sie starb am 6. Oktober 2020 kurz vor ihrem 89. Geburtstag in Amerika.
Vor zweieinhalb Jahren kam ihr Vorlass in mehreren Transportkisten aus Kalifornien an die Österreichische Nationalbibliothek. Ihr Inhalt vermittelt das lebendige Bild einer Frau und Überlebenden, die zwei Söhne großzog, daneben studierte, an mehreren amerikanischen und deutschen Universitäten lehrte und zahlreiche Essays, Rezensionen, aber auch Gedichte schrieb. Berührend sind die Fotos zur Familiengeschichte Klügers wie jenes, das sie 1936 im Wiener Esterhazy-Park zeigt, ebenso ihre Gedichte, in denen sie um den Vater und den Halbbruder trauert, die von den Nazis umgebracht wurden. Zahlreiche Menschen, Berühmte und weniger Berühmte, haben Briefe an Ruth Klüger geschrieben, ihre Zustimmung, manchmal auch ihre Ablehnung ausgedrückt oder auch eigene Erfahrungen mitgeteilt.
Ihr Verhältnis zu Wien war schwierig, es war die Stadt, aus der sie deportiert wurde, aber auch die Stadt jenes Autors, den sie vor allen anderen verehrte – Arthur Schnitzler. Das Interesse vor allem vieler jüngerer Menschen an ihrer Person und ihrem Werk waren schließlich ausschlaggebend dafür, dass ihr literarischer und wissenschaftlicher Vorlass nach Wien kam, wo er seit 2018 am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek aufgearbeitet und im Literaturmuseum ausgestellt wird.
Generaldirektorin Johanna Rachinger: "Sie war eine große Autorin und einflussreiche feministische Literaturwissenschaftlerin, eine Frau, die mit Schärfe und auch Witz öffentlich Stellung bezog."
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