Portulankarten geben die am häufigsten befahrenen Küsten und Meere– erst nur das Mittelmeer und das Schwarze Meer, später den Atlantik und die gesamte Erde –wieder. Sie besitzen von Beginn an eine erstaunliche Genauigkeit und große Perfektion in der Darstellung. Als eigenständiges kartographisches Ausdrucksmittel werden sie Ende des 13. Jahrhunderts fassbar – parallel zum Aufstieg Genuas und Venedigs zu den führenden Seemächten, zur Ausdehnung des Schiffsverkehrs (Handel, Kreuzzüge) und dem Einsatz des Kompasses für die Navigation. Gebunden an Beobachtungen und Erfahrungen der Seefahrt, sind Portulankarten vor allem für die Praxis bestimmt.

Abb.: Antonio Millo (?), Östliches Mittelmeer, 2. Hälfte 16. Jahrhundert, ohne Titel, ca. 1:3,2 Mio, Venedig?, 2. Hälfte 16. Jahrhundert, kolorierte Handzeichnung auf Pergament, 98 x 65 cm, ÖNB/KAR: K III 108652

Grundlage für die Herstellung waren Entfernungsangaben, die Festlegung der Richtung und die Verwendung des Kompasses. Das herausragende Merkmal ist das Netz aus verschiedenfarbigen Geraden (Rhumben), die von einem Mittelpunkt und weiteren gleichmäßig auf einer Kreislinie verteilten Punkten, Windrosen, ausgehen, wobei jeder Punkt mit den anderen sowie dem Zentrum verbunden ist. Ein weiteres typisches Merkmal ist die Fülle an Toponymen– ausschließlich im Bereich der Küsten, die stets senkrecht auf den Küstenverlauf geschrieben werden. Es handelt sich dabei um Häfen, Orte, markante Punkte, Flussmündungen, Kaps. Die Küstenkonturen wurden hervorgehoben, kleine Inseln in leuchtenden Farben und überproportionaler Größe dargestellt.
Diese Karte reicht vom Tyrrhenischen Meer bis in die Levante und weist deutliche Gebrauchsspuren auf: so sind am rechten Kartenrand Löcher erkennbar, wo das Pergament mit Nägeln an einem Holzstab fixiert war. Die beiden Löcher am Halsansatz der Tierhaut dienten der Befestigung eines Bandes zum Zubinden der Rolle. Durch Vergleiche mit einem signierten Atlas wird das Werk dem Venezianer Antonio Millo zugeschrieben.

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