Frage: Ich interessiere mich für den Bau der Wiener Ringstraße, insbesondere für die ursprünglichen Pläne zum Kaiserforum. Wo finde ich in der Österreichischen Nationalbibliothek historische Materialien zur Baugeschichte?
Vor 150 Jahren begann der Bau der beiden Hofmuseen, die wir heute als das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum kennen. Konzipiert wurden die beiden Gebäude ursprünglich als Teil eines größeren Projekts zum Ausbau der Hofburg, dem von Gottfried Semper und Carl von Hasenauer entworfenen Kaiserforum.
Begeben Sie sich mit uns auf die Suche nach historischen Dokumenten und Quellen, die uns die Geschichte dieser eindrucksvollen Bauwerke nachvollziehen lassen.
Um uns ein Bild von der Hofburg und ihrer Umgebung vor dem Bau der Ringstraße zu machen, beginnen wir unsere Recherche mit der Suche nach Abbildungen aus dem Jahr 1850.
In unserem Portal „ÖNB Digital“ finden Sie unterschiedliche digitale Medien, darunter beispielsweise Fotografien, Postkarten und digitalisierte Texte. Wir starten unsere Recherche mit den Suchbegriffen „Wien“ und „Hofburg“. Die zahlreichen Ergebnisse können nach verschiedenen Kriterien gefiltert werden. So grenzen wir unsere Suche auf Bilder aus dem Jahr 1850 ein:
Mithilfe der gefundenen Abbildungen erhalten wir einen Überblick über die räumliche Situation zur damaligen Zeit:
Zu dieser Zeit waren weder die beiden Hofmuseen, noch die Neue Burg erbaut. Vor der Hofburg erstreckten sich die Stadtmauern und die davorliegenden Freiflächen, das Glacis. Noch besser ersichtlich wird dies auf dem folgenden Bild:
Im Dezember 1857 beschloss Kaiser Franz Joseph I. in einem „Allerhöchsten Handschreiben“, dass die Stadtmauern und das Glacis entfernt werden sollten. Eine Ausschreibung zur Neugestaltung der dadurch freigewordenen Flächen wurde angekündigt.
Nach der Durchsicht der eingelangten Entwürfe wurde im September 1859 schließlich folgender Plan zur Stadterweiterung genehmigt:
Diesen und weitere Übersichtspläne finden Sie in ÖNB Digital mit dem Suchbegriff „Stadterweiterung“.
Damit wurden Planung und Bau der Ringstraße sowie der damit in Zusammenhang stehenden Gebäude in die Wege geleitet. Wie auf dem oben abgebildeten Plan ersichtlich, war zu diesem Zeitpunkt noch ein anderer Standort für die Museen vorgesehen. Erst 1864 fiel schließlich die Entscheidung, die neuen Museen am Platz vor dem Äußeren Burgtor zu errichten.
Es folgte eine zweiteilige Ausschreibung für die Planung der Hofmuseen in den Jahren 1866-1868. Im Rahmen des Wettbewerbs entstanden vier Projekte von Heinrich Ferstel, Theophil Hansen, Moritz Löhr und Carl von Hasenauer.
Schließlich wurde Gottfried Semper als Begutachter herangezogen und mit der Planung des Ausbaus der Hofburg beauftragt. Semper entschied sich für die Zusammenarbeit mit Hasenauer und gemeinsam erarbeiteten die beiden – mit Hasenauers Entwürfen als Grundlage – in den Jahren 1869-1871 die Pläne für den Hofburgausbau.
Diese ursprünglichen Pläne sahen die beiden Museen als Teil eines größeren Konzepts zum Ausbau der Hofburg vor. Entstehen sollte ein riesiger Gebäudekomplex: das Kaiserforum.
Die Hofburg sollte zum Äußeren Burgtor hin an beiden Seiten durch zwei Gebäudeflügel erweitert werden. Die Verbindung zu den beiden Museen sollte durch zwei Triumphbögen über die Ringstraße erfolgen.
Die Umsetzung der Pläne begann 1871 mit dem Bau der beiden Hofmuseen. Die Bauarbeiten für das k. k. Kunsthistorische Museum begannen am 27. November 1871, jene für das k. k. Naturhistorische Museum am 4. Dezember 1871.
Meinungsverschiedenheiten zwischen Semper und Hasenauer führten dazu, dass Semper 1876 die Bauleitung verließ und Hasenauer das Projekt alleine weiterführte.
Der Rohbau der beiden Museen konnte 1881 fertiggestellt werden, die Eröffnung erfolgte jedoch erst 1889 (NHM) bzw. 1891 (KHM).
1881 starteten die Bauarbeiten für die Neue Burg. Aufgrund des langsamen Baufortschritts – bedingt u. a. durch Lieferengpässe beim benötigten Baumaterial – konnte bis zum Ende der Monarchie 1918 nur der Rohbau der Neuen Burg fertiggestellt werden.
Tatsächlich wurde das Kaiserforum aber nie vollständig realisiert. Umgesetzt wurden nur die beiden Hofmuseen mit dem Maria-Theresien-Platz sowie die Neue Burg.
Die Neue Burg beherbergt seit 1966 den Hauptlesesaal und den Zeitschriftenlesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Im Laufe der Jahre wurde der Benützungsbereich um zusätzliche Lesesäle erweitert. Neben der Bibliothek am Heldenplatz befinden sich heute mit Papyrussammlung und -museum, Bildarchiv und Grafiksammlung sowie dem 2018 eröffneten Haus der Geschichte Österreich weitere Einrichtungen der Österreichischen Nationalbibliothek in der Neuen Burg.
Die geplante Stadterweiterung nahm auch breiten Raum in der Berichterstattung der zeitgenössischen Medien ein. Unser Portal ANNO enthält digitalisierte historische Zeitungen und Zeitschriften. Hier finden wir Meldungen und Reaktionen zur Planung und zum Baufortschritt der Ringstraße und den dazugehörigen Bauwerken.
Ausgangspunkt für die Planungen zur Stadterweiterung war die bereits oben genannte Ankündigung von Kaiser Franz Joseph, die am 25. Dezember 1857 in der „Wiener Zeitung“ veröffentlich wurde.
Wir können in ANNO über die alphabetische Liste der enthaltenen Titel nach der „Wiener Zeitung“ suchen und anschließend über die Auswahl des passenden Datums zu der gesuchten Ausgabe gelangen.
Alternativ dazu ist auch eine Volltextsuche nach dem in zahlreichen Quellen zitierten „Allerhöchsten Handschreiben“ möglich:
Zum späteren Wettbewerb, der sich konkret auf die Planung der Hofmuseen bezieht, finden wir in ANNO ebenfalls umfangreiche Informationen. So publizierte beispielsweise die Allgemeine Bauzeitung Details zu den eingereichten Konzepten von Ferstel, Hansen, Löhr und Hasenauer.
Die zur Beantwortung unserer Ausgangsfrage benötigen Informationen zur Baugeschichte der Hofmuseen haben wir aus verschiedenen Werken zur Geschichte der Hofburg und der Hofmuseen erhalten. Diese und viele weitere Werke zum Themenkomplex Ringstraße finden Sie in unserem Bestandskatalog QuickSearch.
Darüber hinaus finden Sie in QuickSearch weiterführende Informationen und Materialien zu Gottfried Semper und Carl von Hasenauer. Zu erwähnen sind verschiedene Denkschriften, die einen Einblick in die persönlichen Ansichten und Einschätzungen der Architekten gestatten.
Zu Besiedlung der Hofburg gibt es viele Geschichten zu erzählen, anlassbezogen greifen wir immer wieder mitunter verblüffende historische Nutzungen auf: Wussten Sie zum Beispiel, was es mit dem „Weißen Saal“ auf sich hat? Zum Weiterlesen: Bibliotheksblog – Geschichte in Geschichten
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