Die Enthüllung des Maria-Theresia-Denkmals

Forschung

14.09.2017
Bilder und Grafiken, Quellen zur Österreichischen Geschichte
Eine Bildgeschichte

Autorin: Michaela Pfundner

Im Februar 1873 gibt Kaiser Franz Joseph die geplante Errichtung eines identitätsstiftenden Denkmals für Maria Theresia in Wien bekannt. Man lädt mehrere Bildhauer ein, Entwürfe vorzulegen. Der Auftrag wird schließlich an den Favoriten des Kaisers, Caspar Zumbusch, vergeben, der sehr detaillierte Vorgaben über das Bildprogramm des Denkmals erhält. Auch der Aufstellungsort ist bald gefunden: der Platz zwischen den beiden ebenfalls neu zu errichtenden Hofmuseen. Die Finanzierung wird größtenteils vom Stadterweiterungsfonds getragen.

Die Arbeiten am Denkmal gestalten sich langwierig. Erst am 13. Mai 1888, im 40. Regierungsjahr des Kaisers, wird das Monument in Anwesenheit der kaiserlichen Familie und zahlreicher Vertreter von Adel und Militär feierlich enthüllt. Auch Nachkommen der am Denkmal verewigten Staatsmänner und Generäle nehmen an dem Festakt teil. Auf den Tribünen entlang der beiden Hofmuseen finden sich 10.000 geladene Gäste ein.

Die Enthüllung des Denkmals bedeutet neben seiner politischen Dimension auch ein gewaltiges Medienereignis; bereits Tage davor berichtet die Presse über die umfangreichen Vorarbeiten und den geplanten Ablauf. An den Tagen danach wird der Festakt in den Zeitungen minutiös geschildert, von der Wetterlage über die Auffahrt der Hofequipagen bis hin zu den prächtigen Toiletten der Besucherinnen. Auch fotografisch wird dieses Großereignis festgehalten.

Recherchen im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek haben bis dato vier Fotografen ausfindig gemacht, die zu diesem Anlass Aufnahmen gemacht haben. Zum einen ist eine 27-teilige Sequenz auf Karton montierter Abzügen von Victor Angerer vorhanden, zum anderen eine Serie von acht Negativen, deren Urheber im Katalog nicht verzeichnet war. Im Zuge der Recherchen konnte der Fotograf eruiert werden [1]: es handelt sich um Gottlieb Martkanner-Turneretscher (1858-1920), Amateurfotograf, Naturwissenschaftler und später Kustos am Joanneum in Graz, der 1886 bis 1890 als Volontär im Naturhistorischen Museum tätig war. [2]

Abb. 1: Gottlieb Marktanner-Turneretscher, Aufnahme unmittelbar nach der Enthüllung des Maria-Theresia-Denkmals gegen die im Bau befindliche Neue Hofburg, 13. Mai 1888 

Weiters konnte noch ein Albuminabzug des Ateliers Clementine (betrieben von Anton Brand, Wien 8, Lerchenfelder Straße 23) aufgefunden werden.

Abb. 2: Atelier Clementine, Blick vom Burgtor über die Ringstraße Richtung Festzelt, Tribünen und Denkmal. Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth in der Bildmitte, 13. Mai 1888

Und last but not least existieren in den Bildbeständen der Burghauptmannschaft, die ebenfalls im Bildarchiv lagern, zwei Fotografien der Eröffnung – aufgenommen von einem Fotografen von erhöhtem Standpunkt im Kunsthistorischen Museum.

Abb. 3: Burghauptmannschaft Österreich, Blick auf das noch verhüllte Maria-Theresia-Denkmal, 13. Mai 1888 

Victor Angerer positioniert sich ebenfalls im oberen Stockwerk des Kunsthistorischen Museums (nahe der Ringstraße), Marktanner-Turneretscher fertigt die Gegenschüsse zu diesen Aufnahmen von seinem ebenfalls erhöhten Standpunkt im Naturhistorischen Museum (nahe der damaligen Lastenstraße) an, der Fotograf des Atelier Clementine befindet sich auf der oberen Brüstung des Burgtores.

Alle uns bekannten Fotografien der Denkmalsenthüllung nehmen eine vom tatsächlichen Geschehen weit entfernte Position ein, überblicken dadurch die Szenerie und geben einen guten Eindruck des imposanten Geschehens, erzeugen aber keine Unmittelbarkeit und erschweren das Identifizieren einzelner Personen. Bemerkenswert ist auch, dass die eigentliche Entfüllung des Denkmals, die laut Zeitungsberichten mehr als fünf Minuten dauert, nur auf einem Foto festgehalten wird – und dort nur als Detail am Rande.

Abb. 4: Victor Angerer, Blick auf das soeben enthüllte Denkmal (nicht vollständig im Bild), die vollbesetzten Tribünen und das Hofzelt, 13. Mai 1888 

Allein Zeichnungen geben Details des Ereignisses wieder und sind auf Augenhöhe mit den handelnden Personen: das Zusammentreffen von Kaiser Franz Joseph mit dem Schöpfer des Denkmals Caspar Zumbusch zeigt eine Schlüsselszene der Eröffnung.

Abb. 5: Xylografie aus dem „Neuigkeitsweltblatt“ vom 17. Mai 1888 S. 23: Kaiser Franz Joseph im Gespräch mit Caspar Zumbusch.

Die Angerer'sche Fotoserie ist durchnummeriert von 1 bis 27, diese Zählung folgt aber nicht dem chronologischen Ablauf des Ereignisses, sondern ist nach Formaten gegliedert: Aufnahmen 1-11 sowie 24 – 27 entsprechen den sogenannten Boudoir-Format, die Bilder 12 – 23 sind Quartformat (Österreichische Buchhändler-Correspondenz  1888: 302). Es gibt noch einen Hinweis auf Bilder 28 -33 in größeren Formaten (Folio- bzw. Imperialformat), die leider bis dato nicht alle aufgefunden werden konnten.

Der Fotograf Victor Angerer (1839-1894) gehört gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig zu den bekanntesten Fotografen Wiens. Neben Porträt-, Interieur- und Landschaftsaufnahmen fotografiert er ab den 1880er-Jahren auch bei offiziellen Ereignissen. Seine Fotografien vertreibt er über einen eigenen Verlag, so auch die Fotoserie über die Enthüllung des Maria-Theresia-Denkmals. (Österreichische Buchhändler-Correspondenz 1888: 302).

Abb. 6: Victor Angerer, Menschenmenge an der Kreuzung Ringstraße / Maria-Theresien-Platz. Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth schreiten auf dem Teppich Richtung Hofzelt, 13. Mai 1888

Auch Gottlieb Marktanner-Turneretschers Fotografien der Enthüllung stoßen bereits auf zeitgenössisches Interesse (Photographische Notizen 1888: 75) und werden im gleichen Jahr in einer vom „Club der Amateur-Photographen in Wien“ veranstalteten Ausstellung im Museum für Kunst und Industrie (heute MAK) gezeigt (Club der Amateurphotographen in Wien 1888: 31).

Es wurde nun versucht, die 27-teilige Fotoserie gemäß des chronologischen Ablaufs der Enthüllungsfeier zu sortieren und die Negative von Marktanner-Turneretscher bzw. die beiden Abzüge der Burghauptmannschaft und den Albuminabzug des Ateliers Clementine in diese zeitliche Abfolge einzuordnen. Zu diesem Zweck waren die bereits erwähnten Zeitungsberichte sehr hilfreich, die den genauen Ablauf des Festaktes wiedergeben.

Über die Autorin: Mag. Michaela Pfundner ist stellvertretende Leiterin des Bildarchivs und der Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek

Literatur:

Österreichische Buchhändler-Correspondenz, Nr. 26, 23. Juni 1888
Photographische Notizen, Nr. 281, Mai 1888
Club der Amateurphotographen in Wien (Hg.), Catalog der Internationalen Ausstellung von Amateur-Photographien, Wien 1888

[1] An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich bei Christian Narzt bedanken, dessen Recherchen zur Identifizierung des Fotografen geführt haben.

[2] Zur Biographie siehe http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_M/Marktanner-Turneretscher_Gottlieb_1858_1920.xml (abgerufen am 7.12. 2016)

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