Einer der Gründe, warum das Wahlrecht für Frauen in der Schweiz erst 1971 eingeführt wurde, ist das politische System der Schweiz. Bei Gesetzesänderungen ist die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten – vor 1971 ausschließlich der männlichen Bevölkerung – erforderlich. Die Schweiz war damit eines der letzten europäischen Länder, welches seiner weiblichen Bevölkerung die vollen Rechte als Bürgerinnen zugestand.
Bereits in den Jahren 1860 bis 1874 organisierten sich die Schweizerinnen, um ihre Gleichberechtigung einzufordern. 1886 reichten sie die erste Petition an das Parlament ein, in der Marie Goegg-Pouchoulin, eine Pionierin der Schweizer Frauenstimmrechtsbewegung, sich im Namen ihrer Mitstreiterinnen auf die Menschenrechte berief.
Im gleichen Jahr forderte Emilie Kempin-Spiry, die als erste Frau in der Schweiz ein Jusstudium abgeschlossen hatte, ihre Zulassung als Anwältin. Trotz der Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung wurde ihr diese Erlaubnis vom Bundesgericht verweigert. 1896 fand in Genf der Erste Nationale Frauenkongress statt, der auch unter einigen Männern Zustimmung fand. In den nächsten Jahren bildeten sich zahlreiche Frauenorganisationen.
Die erste Volksabstimmung 1959 zum Frauenstimmrecht wurde abschlägig behandelt. Protestaktionen und Streiks in der ganzen Schweiz waren die Folge. Im gleichen Jahr erzielten die Frauen jedoch den ersten Erfolg: Im Kanton Neuenburg wurde das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene eingeführt.
Als die Schweiz 1965 der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten wollte, in der seit 1952 das Recht auf freie Wahlen verankert war, wurde die Frage der Gleichberechtigung der Frauen dringlich. Trotzdem spielte der Bundesrat auf Zeit. 1968 kritisierten Feministinnen die behäbigen Methoden der bisherigen Frauenrechtsvereine und organisierten Demonstrationen, eine in der Schweiz bis dahin unübliche Form demokratischer Meinungsäußerung. Auch mit Hausbesetzungen und kämpferischen Protestaktionen machte die Frauenbefreiungsbewegung FBB von sich reden. Derart unter Druck gesetzt begannen Bundesrat, Nationalrat und Ständerat eine Gesetzesvorlage zu verhandeln. Schließlich wurde am 7. Februar 1971 das Frauenstimmrecht von 65,7 Prozent der männlichen Abstimmenden angenommen.
Doch nicht auf allen Ebenen hatten die Frauen in der Schweiz damit politische Rechte: Erst Ende 1990 erhielten die Frauen des Kantons Appenzell Innerrhoden das kantonale Stimmrecht – nicht durch Abstimmung, sondern durch eine Verordnung des Bundesgerichts.
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