AutorInnen: Cahit Karadana, Wolfgang Kreuzer
Objektbeschreibung
Die vorliegende, leider nur fragmentarisch überlieferte Handschrift mit ihren 16 Miniaturen, handelt im Wesentlichen von Gegengiften für Schlangenbisse und enthält eine Rezeptur eines Heilmittels mit 70 Zutaten, das unter bedeutender Beteiligung arabischer Ärzte immer wieder modifiziert und weiterentwickelt wurde.
Zustandsbeschreibung
Abb. 1: Galen und sein Gehilfe vor der Restaurierung (Cod. A.F. 10, Fol. 24a)
Die Handschrift gelangte schon vor 1576 in die Hofbibliothek. Schon damals beklagte der Bibliothekar Hugo Blotius in seinen Aufzeichnungen den schlechten Zustand von Handschrift und Einband. Im 18. Jahrhundert wurden die 31 teils schwer beschädigten Blätter in Wien in einen Pergamenteinband mit Goldprägung (Präfekteneinband Gerard van Swietens, datiert 1755) gebunden, wobei die originale Blattfolge verloren ging. Der ursprünglich auf drei Pergamentriemchen geheftete Buchblock wurde abermals umgebunden und die heute vorliegende Heftung auf sechs eingesägten Hanfbünden vorgenommen. Die Lagen bestehen aus einer uneinheitlichen Anzahl von Doppelblättern, wobei jedes Doppelblatt aus zwei Einzelblättern zusammen gehängt war.
Der insgesamt schlechte Erhaltungszustand der Papierseiten ist auf eine starke mechanische Beanspruchung, auf Feuchtigkeitsschäden und auf Mikroorganismenbefall zurückzuführen. Die Blätter waren durchgehend an der Oberfläche verschmutzt, es gab zahlreiche Risse, Falten, Knicke, Flecken und Wasserränder. Einrisse sind an vielen Stellen mit Streifen aus unterschiedlichen Papieren, oft mehrfach, überklebt worden. Die Überklebungen erzeugten in manchen Fällen Spannungen im Papier, die beim Umblättern der Seiten einen Verlust an der Oberfläche der Buchmalerei verursachten.
Chemische Veränderungen an Malerei und Tinte führten zum Durchschlagen mancher Textzeilen und einzelner Farbpartien, vermutlich mit Grünspan ausgeführt, bei den Miniaturen. Da die Blätter früher in einer anderen Abfolge gebunden waren, sind nun Abdrücke von Farben, gelegentlich auch von Schrift, an einigen den Miniaturen nicht mehr gegenüber liegenden Seiten feststellbar.
Restaurierungsmaßnahmen
Abb. 2 und 3: Vor (links) und nach (rechts) der Restaurierung (Cod. A.F. 10, Fol. 30a)
Der Buchblock wurde durch Aufschneiden des Heftfadens in der Lagenmitte zerlegt. Die Lagen, bzw. einzelnen Doppelblätter wurden durch die Entfernung der Leimkruste am Buchblockrücken mechanisch voneinander getrennt. Mit einem Pinsel und Naturkautschukschwamm wurde der an der Oberfläche der Papiere anhaftende Schmutz entfernt. Die alten Papierüberklebungen wurden entweder mechanisch mit dem Skalpell abgetragen oder durch Auftragen und Einwirken einer dickflüssigen Methylcellulose abgelöst.
Schimmelflecken wurden lokal mit dem Pinsel und 70 %igem Ethanol desinfiziert, wobei die Bereiche mit Miniaturmalereien ausgespart blieben. Spröde und fragile Malschichten wurden mit einer dünnen Gelatinelösung fixiert, die mit dem Aerosolgenerator auf die Malschicht vernebelt wurde. Die Fehlstellen im Papier wurden mit mehreren Schichten von Japanpapier ergänzt, sodass das Ergänzungsmaterial dem Originalpapier in Farbton, der Struktur und der Stärke gleich kommt. Stellen im Papier, die Schäden durch Grünspanpigmente aufweisen, wurden mit beschichteter Japanseide hinterklebt und somit stabilisiert. Bei dieser Methode kann die Einwirkung von Feuchtigkeit auf die geschädigte Papierfaser minimiert werden.
Für die weitere konservatorische Versorgung wurde vorerst entschieden, die Einzelblätter nicht neuerlich zu Doppelblättern zusammenzustellen, sondern sie einzeln in Umschlägen und Mappen aufzubewahren, die dann gemeinsam mit dem Einband aus dem 18. Jahrhundert in Boxen abgelegt werden.
Über die AutorInnen: Mag. Cahit Karadana und Wolfgang Kreuzer sind MitarbeiterInnen am Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek.
Literatur
Fingernagel, Andreas (2010): Medizin im Mittelalter – Wissenstransfer zwischen den Kulturen.
In: Juden, Christen und Muslime. Interkultureller Dialog in alten Schriften. Andreas Fingernagel (Hg.), Wien: Kremayr & Scheriau
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