Eine Formel für die Welt!...

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04.01.2021
Geschichte in Geschichten
Schwarz-Weiß-Portrait von Erwin Schrödinger

…einen Beitrag zu dieser „Formel für die Welt“ leistete der aus Wien stammende Nobelpreisträger Erwin Schrödinger. Am 4. Jänner 2021 jährt sich der 60. Todestag des weltberühmten Physikers.

Autorin: Daniela Köck

Abb. 1: » Erwin Schrödinger
Abb. 2: Porträtaufnahme von Erwin Schrödinger
Abb. 3: Tausend Schilling mit dem Konterfei Schrödingers

Die Ziele des modernen wissenschaftlichen Forschers seien der Wunsch nach Erkenntnis des Welträtsels und die Erforschung dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält, so Schrödinger, der lebenslang dieses Ziel verfolgte. (vgl. Neues Wiener Journal, 30. September 1936, S.6). Doch wer war dieser große Wissenschaftler, dessen Fokus sich im Bereich der Quantenmechanik, insbesondere der Wellenmechanik, der Erweiterung der Quantentheorie, der Entstehung des Lebens und der physiologischen Farbenlehre befand? (Vgl. Schrödinger, Erwin" in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv)

Seit frühester Jugend war der am 12. August 1887 in Wien geborene Schrödinger vom Gegenstand der Physik beeindruckt. (vgl. Neues Wiener Journal, 19. November 1933, S.7) Dies führte dazu, dass er nach Ende seiner Gymnasialzeit an der Universität Wien das Studium der Physik und Mathematik aufnahm. Im Ersten Weltkrieg leistete er Kriegsdienst. Aufgrund des Zusammenfalls der Monarchie kam eine Berufung an die Universität Czernowitz nicht zustande. Seine weitere wissenschaftliche Tätigkeit führte Schrödinger von Wien, Jena, Stuttgart, Breslau, Zürich, Berlin, Oxford, Graz, Gent, Dublin und nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder zurück in die österreichische Hauptstadt.

Gekrönt wurde seine wissenschaftliche Laufbahn mit der Verleihung des Nobelpreises 1933.

Abb. 4: Die Stunde, 12. November 1933, S. 3

Er erhielt diese bedeutsame Auszeichnung gemeinsam mit dem britischen Physiker Paul Adrien Maurice Dirac. „Der Cambridge Gelehrte Dirac, mit dem ich den Preis teile, hat eine Reihe genialer Feststellungen gemacht (…)“ – so Schrödinger über seinen britischen Kollegen. (Neues Wiener Journal, 19 November 1933, S. 8)

Abb. 5: Neues Wiener Journal, 14. Dezember 1933, S. 4

Schrödinger beschreibt seine Arbeit selbst als eine Anknüpfung an die Arbeiten des Herzogs de Broglie, die er gewissermaßen fortsetzte. (vgl. Neues Wiener Journal, 19 November 1933, S. 8).

Abb. 6: Überreichung der Nobelpreise: Grazer Tagblatt, 13. Dezember 1933 S. 1

Am 10. Dezember 1933 nahm er persönlich den Nobelpreis entgegen, der ihm für seine „Entdeckung von neuen fruchtbaren Formen von der Atom-Theorie“ verliehen wurde. (vgl. Schrödinger, Erwin: Manuskript der Nobel-Ansprache und ähnliche Themen, 1933). Seinen Nobelpreis-Vortrag hielt Schrödinger über den Grundgedanken der Wellenmechanik.

In einem Interview nach der prestigeträchtigen Anerkennung seines wissenschaftlichen Wirkens in Stockholm gestand Schrödinger, dass er die letzten Monate abseits der Physik und der Arbeit verbracht habe. (vgl. Neues Wiener Journal, 19. November 1933, S. 7). Er spielte damit auf seine Zeit in Berlin an.

Erwin Schrödinger, der 1927 als Nachfolger von Max Planck an die Universität Berlin berufen wurde, verließ Berlin 1933 nach dem Erstarken der Nationalsozialisten endgültig.

Abb. 7: Neues Wiener Journal, 10 Juli 1935, S. 7

Seiner drohenden Abberufung aus politischen Gründen kam Schrödinger mit der Annahme einer Forschungsprofessur in Oxford zuvor. Schrödinger sprach fließend Englisch, wie er in einem Interview verriet, da seine Großmutter mütterlicherseits Engländerin war und aus Leamington stammte. (vgl. Neues Wiener Journal 19.November 1933, S.7).

Nach einer kurzen Zwischenstation an der Universität Graz, von der er 1938 nach dem sog. „Anschluss“ fristlos entlassen wurde, verließ Schrödinger Österreich. Im Exil in Dublin hielt Schrödinger seine berühmten „lectures“, die im Werk „What is life“ publiziert wurden. Er äußerte sich darin über biologische Themen und formulierte die Annahme von Chromosomen als codierte Informationsträger und damit die Idee eines genetischen Codes.

Nur wenige Intellektuelle kehrten nach Ende des NS-Regimes nach Österreich zurück. Es wurden „Blutspender auch für den Geist gesucht“ – wie es die Welt am Abend, 8. Juli 1947, pointiert formulierte. Einer der wenigen, der zurückkehrte, war Erwin Schrödinger. Damit schließt sich auch das wissenschaftliche Wirken Schrödingers, das mit seiner Habilitation 1914 an der Universität Wien begonnen hatte und der er bis zu seiner Emeritierung 1958 sehr verbunden war.

Seit 1956 wird jährlich der Erwin-Schrödinger Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften verliehen. Der erste Preisträger war Erwin Schrödinger.

Abb. 8: Erwin Schrödinger mit Unterrichtsminister Drimmel 1956

„Die Gelehrten von heute sind keine Bücherwürmer und Stubenhocker mehr, sie sind durch ihre Weisheit der Natur näher gekommen und lieben sie darum um so mehr…“(Neues Wiener Journal, 19 November 1933, S. 8) ─ so Schrödinger. Mit der Natur war Schrödinger sehr verbunden, seine letzten Lebenstage verbrachte er in Alpach (Tirol), wo er auch begraben wurde.

Das Interesse des weltbekannten Physikers reichte weit über sein Wissensgebiet hinaus. Er strebte nach ganzheitlichem und allumfassendem Wissen, wie er es im Vorwort seines Werks „Was ist Leben?“ formulierte. So gab Erwin Schrödinger 1949 einen Gedichtband heraus. Darin enthalten ist das Gedicht „Ein Anderes“:

„Heilige vor dir knie ich
durch dich zieh ich
den atem der Welt.
ich bin dein.
wenn dirs gefällt
hör ich auf zu sein.“ (Schrödinger, Erwin, Gedichte, S. 14)

Ebenso korrespondierte Erwin Schrödinger mit namhaften Wissenschaftlern seiner Zeit, so mit Bertrand Russell, Arnold Sommerfeld und Werner Heisenberg, mit denen er einen regen intellektuellen Austausch pflegte. Der Nobelpreisträger Erwin Schrödinger verstarb am 4.1.1961 in Wien.

Abb. 9: Grab in Alpach

Neben der „Formel für die Welt“ (Neues Wiener Journal 18. September 1936, S. 5) schuf Schrödinger auch die wohl berühmteste Katze der Welt.

Abb. 10: Erwin Schrödinger

Sein 1935 geschaffenes Gedankenexperiment zur Interpretation der Quantenmechanik beginnt mit folgenden Sätzen: „Man kann auch ganz burleske Fälle konstruieren. Eine Katze wird in eine Stahlkammer gesperrt, zusammen mit einer Höllenmaschine…“ (vgl. Schrödinger, Erwin: Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik und Moore, Walter: Erwin Schrödinger: Eine Biografie, S. 265). Schrödinger illustrierte in diesem Experiment den quantentheoretischen Grundsatz, dass Teilchen sich in einem gleichzeitigen Zustand befinden können. (Vgl. Wineland, David J." in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv). Eine Katze wird in eine undurchsichtige Box gesperrt zusammen mit einer geringen radioaktiven Substanz. In der Box befinden sich neben der Katze noch ein Detektor, ein Hammer und ein Gefäß mit einer giftigen Substanz. Wenn die radioaktive Substanz zerfällt, registriert der Detektor den Zerfall und der Hammer setzt sich in Bewegung, woraufhin das Gefäß mit der giftigen Substanz freigesetzt wird. Die Katze stirbt. Solange jedoch die Box verschlossen ist, ist noch nicht klar, ob es zum Zerfall der radioaktiven Substanz gekommen ist. Die Katze befindet sich somit in einem überlagerten Zustand, sie wäre gleichzeitig tot und lebendig. Das Öffnen der Box würde diese Superposition aufheben. Die Katze wäre dann entweder lebendig oder tot. (Vgl. Wineland, David J." in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv).

Mit der Übertragung auf Alltagssituationen erlangte „Schrödingers Katze“ Weltruhm und fand Eingang in die Populärkultur: In der ersten Staffel, Folge 17, der beliebten amerikanische Sitcom Big Bang Theory vergleicht Sheldon das Beziehungsdilemma von Penny und Leonard mit „Schrödingers Katze“ (Youtube).

Auch in Zeiten der Pandemie wird die Katze wieder aus dem Sack gelassen. „Schrödingers Katze mit Corona“, so ein Presse-Artikel vom 20. Oktober 2020, in dem das Abwarten des COVID-19 Testergebnisses, der entweder positiv oder negativ sein kann, mit der Katze in der Box, die entweder tot oder lebendig sein kann, verglichen wird.

Ob die Katze nun tot oder lebendig ist, darüber lässt sich am besten bei einem Spaziergang am Schrödingerplatz nachdenken.

Weiterführende Literatur analog:

Über die Autorin: Daniela Köck ist Mitarbeiterin der Abteilung Kundenservices, Leserberatung und Schulungsmanagement in der Hauptabteilung Benützung und Information.

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