Michael Scharang, geboren am 3. 2. 1941 in Kapfenberg, ging nach der Matura und abgeleistetem Militärdienst 1960 nach Wien, wo er an der Universität Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie inskribierte. Die frühen Wiener Jahre waren von intensivem Schreiben und Lesen gekennzeichnet. Seine ersten Veröffentlichungen erschienen in der "Sonde", in "Wort in der Zeit" sowie ab 1965 in den "manuskripten". Zu literarischen Gruppierungen in Wien hatte Scharang keine Kontakte. Ernst Jandl, neben Gerhard Fritsch eine wichtige Bezugsperson, förderte den jungen Schriftsteller. 1965 promovierte Scharang an der Universität Wien mit einer Arbeit zu Robert Musil (Robert Musil - Dramaturgie und Bühnengeschichte. Wien: Diss. 1965). Neben Karl Kraus zählte der zum damaligen Zeitpunkt im literarischen Diskurs kaum wahrgenommene Robert Musil zu den wichtigsten Einflüssen für den angehenden Schriftsteller. Im selben Jahr zog Scharang mit seiner Familie nach Bruck an der Mur, ehe er 1969 wieder nach Wien übersiedelte, wo er nach längeren Aufenthalten in den USA auch heute lebt.
Ende der 1960er-Jahre war Scharang maßgeblich in die in den "manuskripten" ausgetragene Diskussion um die gesellschaftliche Funktion der Literatur involviert. Dabei stand er als "Realist", unterstützt von Elfriede Jelinek und Wilhelm Zobl, in Opposition zu Alfred Kolleritsch, Peter Handke und Klaus Hoffer, die für einen autonomen Kunstbegriff eintraten. 1971 war er maßgeblich an der Gründung des "Arbeitskreises österreichischer Literaturproduzenten" beteiligt, 1973 gehörte er dem ersten Vorstand der neu gegründeten "Grazer Autorenversammlung" (GAV) an.
Viele Jahre beschäftigte Scharang, der sich an die Theorien von Marx und Engels sowie an Benjamin anlehnte, die Unterdrückung unterprivilegierter Schichten. Um die Mechanismen dieser Unterdrückung freizulegen, bediente er sich anfangs hauptsächlich einer radikalen Sprachkritik, wie sie etwa in "Verfahren eines Verfahrens" (Neuwied: Luchterhand 1969) und "Schluß mit dem Erzählen und andere Erzählungen" (Neuwied: Luchterhand 1970) sehr deutlich hervortritt. 1973 unternahm er einen ‚Demokratisierungsversuch' der Literatur, als er sogenannte O-Ton-Hörspiele produzierte. Realistische Literatur sollte nicht mehr nur von "gelernten" Schriftstellern, sondern auch von den tatsächlich Betroffenen produziert werden. Gesammelt wurden die Hörspiele in "Einer muß immer parieren. Dokumentationen von Arbeitern für Arbeiter" (Darmstadt: Luchterhand 1973).
Mit den Romanen "Charly Traktor" (Darmstadt: Luchterhand 1973) und "Der Sohn eines Landarbeiters" (Darmstadt: Luchterhand 1976) änderte Scharang seine Strategie und schrieb nun in einer sehr reduzierten klaren Sprache, die dabei durchaus auch dem Idiom der Figuren angepaßt war. Der Blick hinter die Sprache war dem direkten Blick hinter gesellschaftliche Konventionen und Zwänge gewichen. Mit dem Erscheinen des Romans "Auf nach Amerika" (Hamburg: Luchterhand 1992) verließ Scharang dann das vertraute Milieu und wandte sich dem Mittelstand zu. Die Kritik an der österreichischen und amerikanischen (Medien-)Gesellschaft büßte dabei aber nichts an Schärfe und Gehalt ein. Der bisher letzte Roman, der zweite Teil einer geplanten Amerika-Trilogie, erschien unter dem Titel "Das Jüngste Gericht des Michelangelo Spatz" (Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1998).
Neben Hör- und Fernsehspielen wie "Übers Hörspiel - unters Hörspiel" (1970) und "Die Kameraden des Kolomann Wallisch" (1984) verfaßte Scharang - u.a. für die linke Hamburger Zeitschrift "konkret" - zahlreiche Essays und Aufsätze. Nicht zuletzt diesen Texten verdankt er seinen Ruf als scharfer Kritiker österreichischer und (bundes-)deutscher Befindlichkeiten, der mit den Mitteln der Polemik und Irritation die Bewußtmachung seiner Anliegen verfolgt. Gesammelt sind die Essays und Aufsätze u.a. in den Bänden "Die List der Kunst" (Darmstadt: Luchterhand 1986) und "Das Wunder Österreich oder Wie es in einem Land immer besser und dabei immer schlechter wird. Essays, Polemiken, Glossen" (Wien, Zürich: Europaverlag 1989).
In den letzten Jahren wurde Scharang öfter politischer Opportunismus vorgeworfen, unter anderem aufgrund eines privaten Briefes, den er 2000 an den Bundeskanzler der neuen rechtskonservativen Regierung gerichtet hatte. Darin lobte er als Vertreter der IG AutorInnen das gute Gesprächsklima mit Mitgliedern einer Regierung, die kurz davor von der EU 'sanktioniert' worden war.
Preise und Förderungen (Auswahl): Förderungspreis des Wiener Kulturfonds (1965, 1976), Canetti-Stipendium der Stadt Wien (1985), Würdigungspreis für Literatur (1996).
Zugangsdatum | 2006 |
Umfang | 33 Archivboxen |
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Enthält | Werke, Korrespondenzen, Lebensdokumente, Sammelstücke |
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