Der entscheidende Einschnitt in der Geschichte der Hofbibliothek fällt ins 18. Jahrhundert. Kaiser Karl VI. veranlasst 1722 den Bau einer Bibliothek am heutigen Josefsplatz. Er verwirklicht damit nach der Beendigung des Spanischen Erbfolgekrieges und der Türkenkriege ein Bauvorhaben, das bereits sein Vater Leopold I. geplant hatte. Nach den Plänen Johann Bernhard Fischer von Erlachs wird die Bibliothek von seinem Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach in den Jahren 1723–1726 errichtet. Bis 1730 ziehen sich die Ausstattungsarbeiten und die Freskenmalereien im Prunksaal hin, ehe die Hofbibliothek in diesem imperialen barocken Saal ihre erste dauerhafte Heimstatt findet.
Zwei Langhäuser und ein zentraler Mittelrisalit mit einer Kuppelbekrönung, die eine Höhe von 29,2 Metern erreicht, geben dem Raum eine dreiteilige Struktur, die sich auch im Bildprogramm ausdrückt. Wer je diesen Saal betreten hat, in dem sich Architektur, Malerei und Bücherregale zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk verbinden, begreift das universale Weltbild des Barock.
Von 1730 bis ins 19. Jahrhundert beherbergt der Bibliothekssaal mit seinen Seitenkabinetten sämtliche Handschriften, Inkunabeln, Druckschriften, Landkarten, Globen, Musikhandschriften, Notendrucke, Autographen, Handzeichnungen und Druckgrafiken der Hofbibliothek. Zu den wertvollsten Beständen gehört die Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen mit etwa 15.000 Bänden, die nach seinem Tod 1737 gekauft und im Mitteloval des Saales aufgestellt wird. Prinz Eugen ist einer der bedeutendsten Büchersammler seiner Zeit und hat in wenigen Jahren auf Kunstauktionen und durch private Vermittler in ganz Europa wertvollste Bücher und Handschriften vor allem aus dem französischen und italienischen Raum kaufen lassen.
Insgesamt werden im Saal etwa 200.000 Bücher, datierend vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, aufbewahrt. Die ideengeschichtliche und auch die kulturpolitische Funktion der Hofbibliothek werden besonders deutlich, wenn man in zeitgenössischen Reiseberichten blättert. Zumeist sieht man hier die Außenfassade des Gebäudes abgebildet und im Text ist die Rede von der Figur des Kaisers im Zentrum des Saales und von den wunderbaren Fresken Daniel Grans. In erster Linie ist die Hofbibliothek des 18. Jahrhunderts also ein Schauraum im Dienste der kaiserlichen Repräsentation, den durchreisende Gelehrte und Diplomaten besuchten.
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