Lothar Rübelt, geboren 1901 als uneheliches Kind der Elsässerin Maria Rübelt und des Wieners Heinrich Ritter von Maurer in Wien wurde die Liebe zur Fotografie bereits in die Wiege gelegt. Schon die Mutter fotografierte sehr viel. Mit ihrem Apparat unternahm Rübelt seine ersten Versuche auf diesem Gebiet. Das größte Hindernis war die zu lange Belichtungszeit, die ungeeignet war für das, was den jungen Fotografen am meisten faszinierte: das Festhalten des entscheidenden, seiner Natur nach flüchtigen Momenten.
Lothar Rübelts „Erweckungserlebnis“ als erfolgreicher Fotograf fand im Wiener Athletiksport-Club (WAC) statt: Der Allroundsportler Uli Lederer drückte dem jungen Vereinskollegen 1919 bei einem Sportmeeting seine gespannte Kamera in die Hand und bat darum, ihn beim Hochsprung aufzunehmen. „Du kannst die Bilder zu den Sportblättern bringen, die drucken so etwas und zahlen sogar dafür.“
Die Aufnahmen gelangen auf Anhieb, die Bilder erschienen in drei Blättern gleichzeitig und wurden auch bezahlt, sodass neue Fotoplatten angekauft werden konnten – eine Kettenreaktion war in Gang gekommen.
Lothar Rübelt wusste als passionierter Allroundsportler, wann er abdrücken musste. Nicht erst beim Schwung des Slalomläufers oder beim Ansetzen des Sprungs im Eiskunstlauf, sondern in der Sekunde davor. Dadurch gelang es ihm, den entscheidenden Augenblick aufs Bild zu bannen. Sein Wissen und die Erfahrung des aktiven Sportlers, der die verschiedenen Sportarten und deren Abläufe und Höhepunkte genau kannte oder sich schnell mit ihnen vertraut machte, waren wichtig, wenn nicht Grundvoraussetzung für eine gelungene Aufnahme. So konnte er durch die notwendige Vorausschau und durch die Wahl des Standpunkts sowie der Belichtung die ästhetische Bildwirkung bedeutend verbessern und ungewohnt lebendige Fotos erzielen. Mit diesen Bildern illustrierte er Sportbücher (vor allem Skilauf-Lehrbücher) und das legendäre „Beckmanns Sport-Lexikon“ aus dem Jahre 1933, ein noch immer unerschöpfliches Nachschlagewerk für Sporthistoriker*innen und Sportinteressierte.
Rübelt interessierte kein von ihm durchkomponiertes gestelltes Siegerporträt oder eine gut ausgeleuchtete Mannschaftsaufnahme. Er bildete den Fußballstürmer im Augenblick des Schusses aus vollem Lauf ab oder das vergebliche Haschen des Tormanns nach dem Ball. Ebenso vermittelte er den Betrachter*innen, die die Stimmung am Sportplatz und die Atmosphäre des Wettkampfs nicht miterleben konnten, das Mitreißende einer Sportleistung.
Er gab (und gibt ihnen noch heute) die Möglichkeit, sich in den Sportler, die Sportlerin hineinzuversetzen, sich mit ihm/ihr leichter zu identifizieren und Sieg oder Niederlage mitzuerleben. Die Fotos dokumentieren aber nicht nur das Sportereignis selbst, sondern lenken den Blick außerdem auf den Bewegungsablauf der verschiedenen Sportarten und auf die Anstrengung der Teilnehmer*innen, deren Gesichtsausdruck er oft bemüht war einzufangen, um ein intensiveres Mitempfinden zu ermöglichen. So lag die Qualität eines Fotografen für Lothar Rübelt in der Fähigkeit, die Verhältnisse für den Augenblick der Aufnahme vorauszusehen.
1935 verwirklichte sich für Rübelt der Wunschtraum jedes Fotojournalisten – er begann für die große und renommierte Berliner Illustrirte Zeitung (Auflage 1,5 Mio) zu fotografieren. Auf Grund seiner fotografischen Leistungen und seines daraus resultierenden Bekanntheitsgrades wurde er zu einem offiziellen Bildberichterstatter der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936 bestellt.
Dass nur Fotografen mit deutscher Staatsbürgerschaft zugelassen waren, brauchte ihn nicht zu bekümmern, da er selbst wegen der Herkunft seiner elsässischen Mutter zu dieser Zeit noch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
Die Reportagen zu den Olympischen Sommerspielen in Berlin 1936 bedeuteten Rübelts internationaler Durchbruch, einen Höhepunkt in seiner beruflichen Laufbahn und „ein Triumph der Leica“, wie er es Jahrzehnte später beschrieb. Allein das zweite Sonderheft der Berliner Illustrirten Zeitung zu den Olympischen Spielen wurde zur Hälfte mit seinen Bildern bestritten.
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