100 Jahre Salzburger Festspiele! Doch wer verkörperte die erste Buhlschaft?

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27.07.2020
Kurz und Fündig
Ein Mann wird von einem anderen Mann mit Totenkopfmaske gehalten, schwarz-weiß
100 Jahre Salzburger Festspiele! Doch wer verkörperte die erste Buhlschaft?


Abb. 1: Salzburger Festspiele 1920. Werner Krauss als 'Tod' und Alexander Moissi als 'Jedermann' in dem gleichnamigen Schauspiel von Hugo von Hofmannsthal. (Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek » NB 613683-B)

Alles begann mit dem Jedermann, wie es Josef Kaut, der spätere Chefredakteurs des Demokratischen Volksblattes, formulierte. Die Premiere fand am 22. August 1920 statt und begründete den Beginn der Salzburger Festspiele. Max Reinhard inszenierte, Alexander Moissi spielte den Jedermann, Werner Kraus den Tod. Rund 30 Sätze gedachte Hugo von Hofmannsthal der Buhlschaft in seinem berühmten Spiel vom Sterben des reichen Mannes zu.

Im Laufe der Zeit wurde aus der Rolle eine Institution. Berühmte Schauspielerinnen wie Sophie Rois, Veronika Ferres, Nina Hoss, Birgit Minichmayr verkörperten sie – doch wer war die allererste Buhlschaft?


Abb. 2: Szenenbild (Auftritt der "Buhlschaft"), Eröffnungsvorstellung, Salzburger Festspiele 22.8.1920 (Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek » NB 613730-B)

Wie wird’s gemacht? Unser Rechercheweg Step by Step:
  • Step 1: Auf der Suche nach der Buhlschaft, mit der alles begann, im Online-Katalog

Wir beginnen unsere Suche im Bestandskatalog » QuickSearch. Die einfache Suche mit dem Begriff „Buhlschaft“ liefert keine zielführenden Ergebnisse, daher versuchen wir es mit den Suchbegriffen „Salzburg* Festspiele 1920“. Mit dem Setzen des Platzhalters* hinter dem Substantiv „Salzburg*“ decken wir den Begriff für die beiden Schreibweisen „Salzburg“ und „Salzburger“ ab. Die Treffer können mittels der Filterfunktion „Buch“ weiter verfeinert werden. Wir erhalten so eine » Trefferliste mit einigen Publikationen, die uns Aufschluss über jene Schauspielerin gibt, die als Erste die Rolle der Buhlschaft übernahm.


Abb. 3: Katalog QuickSearch

Alternative Suchmöglichkeit:
Da wir aber bequem sind und das vielfältige digitale Angebot nutzen möchten, versuchen wir eine weitere Strategie: die Eingabe der Suchbegriffe » Jedermann 1920 Programmheft in den Bestandskatalog QuickSearch. Diese Suche führt direkt zum bereits digitalisierten Original-Programmheft der Jedermann-Aufführung von 1920 – und damit erhalten wir auch schon die Antwort auf unsere Fragestellung. Die Buhlschaft, mit der alles begann, war Johanna Terwin. Sie war eine damals prominente Schauspielerin und die Ehefrau von „Jedermann“ Alexander Moissi.


Abb. 4: Auszug aus dem Programmheft der Jedermann-Aufführung. Buhlschaft: Johanna Terwin (Sammlung von Handschriften und alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek » F 500095)


Abb. 5: Theaterzettel mit der Unterschrift von Johanna Terwin (Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek » NB 606181-C)

  • Step 2: Suche nach biografischen Informationen zur ersten Buhlschaft

Den privaten und beruflichen Werdegang Johanna Terwins recherchieren wir z.B. in der lizenzierten Datenbank » DTLO (Deutsches Theater-Lexikon Online), die über das Datenbank-Infosystem (DBIS) abrufbar ist.


Abb. 6: Detailansicht des Datenbank-Infosystems (DBIS)

Laut dem Deutschen Theater Lexikon wurde Johanna Terwin am 18. März 1884 in Kaiserslautern geboren. Ihr schauspielerisches Engagement führte sie von Zürich über München an die Reinhardtbühnen in Berlin und Wien. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte sie in den 1950er-Jahren auf die Bühne zurück. Die Darstellung der Marja Alexandrowna in Karl Vollmoellers Stück „Onkelchen hat geträumt“ zählte zu ihrer Paraderolle, die sie über hundertmal spielte. 1919 heiratete sie Alexander Moissi mit dem sie gemeinsam bei den ersten Salzburger Festspielen auf der Bühne stand. Johann Terwin starb im Alter von 78 Jahren in Zürich.

  • Step 3: Wir recherchieren Rezensionen zur ersten Darstellung der Buhlschaft

Der Auftritt von Johanna Terwin als Buhlschaft wurde in der damaligen Presse oft kommentiert. Für die Recherche hierfür bietet sich die Suche im online verfügbaren historischen Zeitungs- und Zeitschriftenbestand » ANNO an.

Die Volltextsuche mit den Suchbegriffen » „Salzburger Festspiele Buhlschaft“ bringt über 200 Ergebnisse. Diese können mittels der Filterfunktion auf das Jahr 1920 eingegrenzt werden.


Abb. 7: Johanna Terwin als „Buhlschaft im Salzburger Festspiel „Jedermann“. Das interessante Blatt, 9. September 1920, » Seite 11

Die Eingabe des Suchbegriffs „Terwin“ in die » ANNO-Volltextsuche ergibt weitere Treffer, die wiederum auf das Jahr 1920 eingeschränkt werden können. Die durchsuchten Ergebnisse geben einen historischen Einblick in die erste Interpretation der Buhlschaft.


Abb. 8: ANNO-Volltextsuche

Die Muskete vom 9. September 1920 vermerkte über die Darstellung Johanna Terwins: „…Der Buhlerin lieh Johanna Terwin ihren persönlichen Liebreiz (…)“


Abb. 9: Die Muskete, 9. September 1920, » Seite 12

Das Tagblatt vom 2. September 1920 schrieb: „Durch die Bogen vom Kapitelplatz herein zieht ein farbenbunter Zug von Spielleuten, Buben, Mädchen, Gästen, in ihrer Mitte die Königin des Festes die liebste Buhle (Johanna Terwin), ein leuchtend Frauenbild auf der Sonnenhöhe des Lebens, die Verkörperung aller Maienwonne und Liebeslust, eine Venus von Dürer oder Cranach“.


Abb. 10: Tagblatt, 2. September 1920, » Seite 1

Eine ausführliche Rezension über die Jedermann-Aufführung 1920 in Salzburg ist der Neuen Freien Presse vom 27. August 1920 zu entnehmen. Als „herzliebe Buhlschaft“ wird Johanna Terwins Darbietung dort beschrieben.


Abb. 11: Neue Freie Presse, 27. August 1920, » Seite 3

Vom 1. bis 30. August 2020 wird der weltberühmte Ruf „Jedermann“ zum einhundertsten Mal auf dem Domplatz zu Salzburg erschallen, diesmal mit Caroline Peters als „Jahrhundert“- Buhlschaft. Wir dürfen gespannt sein!


Abb. 12: Caroline Peters in der Rolle der „Mrs. Cheveley“ im Theaterstück „Der ideale Mann“. (Bildarchiv und Grafiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek » APA_20111121_PD1557)

Wer zum Anlass des Jubiläums die Geschichte des geläuterten Lebemanns nachlesen möchte, hat dazu auch online die Möglichkeit: Durch die Eingabe der Schlagwörter „Jedermann“ und „Hugo von Hofmannsthal“ im Katalog QuickSearch und durch die Einschränkung der Treffer auf die Jahre „1910-1911“ gelangen Sie zur » Online-Erstausgabe. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

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