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Gegen Unterdrückung im Nahen Osten. Als „jüdischer Anti-Zionist“ im Visier

Ich finde, dass der Zionismus zwar ein menschlich sehr erklärlicher und in seiner Entstehung sehr verzeihlicher Fehler ist, aber in seinen Folgen nichtsdestoweniger verderblich, auch für die Juden in Israel.

(1975, Freiheit 44)

Höre, Israel 

Als wir verfolgt wurden 
war ich einer von euch 
Wie kann ich das bleiben 
wenn ihr Verfolger werdet? 

Eure Sehnsucht war 
wie die anderen Völker zu werden 
die euch mordeten 
Nun seid ihr geworden wie sie 

Ihr habt überlebt 
die zu euch grausam waren 
Lebt ihre Grausamkeit 
in euch jetzt weiter? 

Den Geschlagenen habt ihr befohlen: 
„Zieht eure Schuhe aus“ 
Wie den Sündenbock habt ihr sie 
in die Wüste getrieben

in die große Moschee des Todes 
deren Sandalen Sand sind 
doch sie nahmen die Sünde nicht an 
die ihr ihnen auflegen wolltet 

Der Eindruck der nackten Füße 
im Wüstensand 
überdauert die Spur 
eurer Bomben und Panzer 


(1967, GW 1, 430) 

Bereits 1967 hatte Erich Fried unter dem Eindruck des Sechstageskriegs das Gedicht „Höre, Israel“ geschrieben, das in „Anfechtungen“ erschien. Der Titel war bewusst gewählt und erinnert an „Schma Jisrael“, eines der wichtigsten Gebete der jüdischen Liturgie. 1974 versammelte er unter dem Titel „Höre, Israel!“ zahlreiche Gedichte, die sich kritisch mit Aspekten und Folgen des Zionismus und der israelischen Politik im Nahen Osten befassen. Dabei arbeitete er auch mit Fußnoten und Kommentaren und ließ in einem Kapitel Beteiligte in Originalaussagen zu Wort kommen. Diese sind lediglich in ihrer äußeren Form Gedichten nachempfunden, inhaltlich blieben sie unverändert. Die Veröffentlichung des Buchs hatte für Fried und seine Familie dramatische Folgen.

Eine Zeitlang Mitte der siebziger Jahre war es uns allen streng verboten, eingetroffene Briefe oder Päckchen von der Fußmatte vor der Tür aufzuheben. Vielmehr ging Erich damit ans Ende des Gartens, und wir beobachteten durchs Küchenfenster, wie er seine Post mit einer selbstgebastelten Anti-Explosionsapparatur öffnete, indem er die Päckchen an eine Konstruktion hängte, die er an die Schaukel gebunden hatte und deren lange Drähte er vom anderen Ende des Gartens aus bediente. Nach der Veröffentlichung seines Buchs Höre, Israel hatte er die Warnung erhalten, er sei als Anti-Zionist, schlimmer noch: als jüdischer Anti-Zionist, zur Zielscheibe deklariert worden.

(Kurz 51) 


1) Gegen Faschismus. Ein jüdisches Schicksal   2) Gegen Stalinismus und Kalten Krieg. Als Kommentator in der BBC   3) Gegen den Vietnamkrieg. Ein Krieg in Asien strahlt nach Europa aus   4) Gegen Unterdrückung im Nahen Osten. Als „jüdischer Anti-Zionist“ im Visier   5) Gegen eine autoritäre BRD. Im Bann der RAF   6) Gegen Nazis. Jeder Mensch hat eine Geschichte   7) Gegen Heuchelei. Preise als Lohn für harte Arbeit 

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