Julian Schutting, geboren am 25. 10. 1937 in Amstetten (Niederösterreich), lebt in Wien. Er absolvierte zuerst eine Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Wien in der Abteilung Fotografie und studierte später Geschichte und Germanistik an der Universität Wien. Neben seiner Lehrtätigkeit an einer Wiener Höheren Technischen Lehranstalt veröffentlichte er 1973 sein erstes Werk, den Gedichtband "In der Sprache der Inseln", auf das im Laufe der Jahre mehr als fünfzig weitere folgten, zuletzt u.a. die Reiseprosa "Blickrichtungen" (2013) und die Gedichtbände "Der Schwan" (2015) und "Unter Palmen" (2018). Mit dem Buch "Zersplittertes Erinnern" (2016) gedenkt Schutting seiner Kinder- und Jugendtage in Amstetten.
Schuttings sprachliche Komplexität gründet sich, wie er in seinen Poetikvorlesungen "Zuhörerbehelligung" ausführt, "auf die Bemühung, die Gleichzeitigkeit von Beobachtetem, Gedachtem und Gefühltem beisammenzulassen, statt sie in einem Nacheinander zu verfälschen". Seine Vielschichtigkeit lässt sich sowohl in der grammatikalischen Mikroebene, der inhaltlichen Makroebene, als auch in der Verwertung von Assoziationsmöglichkeiten verorten. Dadurch gelingt Schutting die Aktivierung des/der Lesenden, wobei die dadurch stattfindenden grundsätzlich unkontrollierbaren Bedeutungszuschreibungen durch eine bewusste Steuerung und erkennbare Autorenintention reguliert werden. Schuttings reflektierter Umgang mit seiner Leserschaft und seine Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Schriftsteller und Publikum werden so sichtbar.
Sein assoziativer Zugang zu Sprache, der fast schon einem Sprachspiel gleicht, ermöglicht es Schutting, auch inhaltlich vielschichtig zu arbeiten. So sind seine Werke teils stark biografisch markiert, lassen aber auch Raum für die Dekonstruktion kollektiver Identität, Mythen und Stereotypen, sowie die Beleuchtung von zwischenmenschlichen Beziehungen und Liebe. Über all dem steht aber die intellektuelle Beschäftigung mit Sprache und Sprachstruktur, die in allen Werken implizit oder explizit präsent ist.
Für sein Oeuvre, das neben Prosawerken und Gedichtbänden auch formal anspruchsvolle epische Gedichte, szenische Arbeiten und Poetikvorlesungen umfasst, wurde Schutting unter anderem mit dem Anton-Wildgans-Preis (1984), Georg-Trakl-Preis (1989), Gert-Jonke-Preis (2015) und H.C.-Artmann-Preis (2022) ausgezeichnet.