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Lebendige Zeitdokumente aus dem Land der Pharaonen


   

Ein Mann und eine Frau schauen sich eine weiße Büste eines Mannes in einer Vitrine an

Das Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek bietet die weltweit größte Ausstellung antiker Schriftstücke. In der Dauerausstellung erwarten Sie neben den rund 400 Originalobjekten auch mehrere Medienstationen, zusätzlich gibt es einen Audioguide in Deutsch, Englisch und für Gehörlose, einen Erlebnisraum zum antiken Totenkult und einen Kinderbereich für das Kulturvermittlungsprogramm. Ein eigens konzipierter Medientisch informiert über die Arbeit der PapyrologInnen, den antiken Unterricht, die auf Papyrus vertretenen Sprachen und Schriften sowie das magische Satorquadrat.

Totenkult

Die ägyptische Kultur hat so viele Totengedenken und Jenseitsvorstellungen, Bestattungsformen und Grabgestaltungen hervorgebracht wie kaum eine andere. Die mehrsprachige und multiethnische Kultur des hellenistisch-römischen Ägypten ist durch Totenbücher, Grabstelen und ausdrucksstarke Mumienportraits vertreten. Besonders beeindruckend sind die meterlangen Totenbücher auf Papyri, die im neuen Museum einen eigenen Raum bekommen haben. Diese Schriftrollen versammeln religiöse Texte, die die Verstorbenen mit magischem Wissen ausstatten sollten. Die darin vermerkten Sprüche beinhalten Informationen für ein Leben nach dem Tod – beispielsweise in Form von Anweisungen, mythologische Anspielungen, Hilfestellungen oder der korrekten Bezeichnung göttlicher Wesen.

Magie und Volksfrömmigkeit

Für die Menschen des Altertums war es Gewissheit, dass sich der Wille einer Gottheit und die vom Schicksal vorherbestimmte Zukunft in Vorzeichen andeuten, die man durch geeignete Methoden ergründen kann. Unter den Papyri finden sich daher zahlreiche, inhaltlich sehr unterschiedliche Dokumente einer Wahrsagekunst, die sich über die Jahrhunderte hinweg großer Beliebtheit erfreute. Eng damit verknüpft war die Magie, also der Versuch, durch bestimmte Kulthandlungen und Sprüche das Schicksal zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. 

Religion

In der klassischen Antike war Ägypten das Ursprungsland der Religion schlechthin. Bereits als die Griechen und dann die Römer nach Ägypten kamen, blickten die ägyptischen Kulte schon auf eine Jahrtausende alte Tradition zurück. Spätestens ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. gab es zudem eine wachsende jüdische Gemeinde in Ägypten. Im Umkreis der alexandrinischen Gemeinde entstand ab 250 v. Chr. die griechische Übersetzung der hebräischen Bibel: die Septuaginta. In der Dauerausstellung ist unter anderem ein Blatt der hebräischen Bibel auf Pergament zu sehen. Während des 4. Jahrhunderts n. Chr. tritt in Ägypten ein dynamisches christliches Gemeinwesen in den Vordergrund, das maßgeblich die dogmatischen Diskussionen der Spätantike beeinflusste, die klösterliche Lebensform entwickelte und die erste Mönchsregel schuf. 641 n. Chr. eroberten die Araber Ägypten und damit begann eine über Generationen dauernde Ausbreitung der arabischen Sprache und des Islam. Die Ausstellung zeigt frühe Handschriften des Koran und die ältesten Dokumente arabischer Herrschaft und Kultur in Ägypten.

Literarische Papyri

Die ausgestellten literarischen Papyri spannen den Bogen von der altägyptischen Literatur (z. B. ein Hymnus auf die Stadt Pi-Ramesse) über die griechischen und lateinischen Klassiker (z. B. Chorlied aus dem Orestes von Euripides oder die Historien des Sallust) bis zu koptischen Märtyrerlegenden und einer arabischen Variante des Alexanderromans. Im Bereich der religiösen Schriften reicht das Spektrum von der tausendjährigen Textgeschichte des ägyptischen Totenbuches über wichtige Textzeugen biblischer Schriften bis hin zu sehr frühen Manuskripten des Koran.

Dokumentarische Papyri

Die dokumentarischen Papyri gewähren Ihnen Einblicke in die reale Lebenswelt der einfachen Menschen und erhellen vielfältige Aspekte der materiellen Kultur. Sie finden bei uns alle Arten von privaten und offiziellen Schriftstücken: Schulübungen, geschäftliche, private und amtliche Korrespondenz, Rechtsurkunden unterschiedlicher Inhalte (Darlehen, Pacht- und Kaufverträge, Heiratsverträge, Schuldscheine etc.) oder Unterlagen aus der offiziellen Steuererhebung und privaten Domänenverwaltung. Wer von wem ein Stück Weinland pachtete, wann der Nil welchen Stand erreichte und wo welcher Handel betrieben wurde: All das wurde auf Papyri festgehalten. Die dokumentarischen Papyri ermöglichen jedoch auch einen Blick in das Privatleben ihrer jeweiligen ProtagonistInnen. Anhand der Schriftstücke lassen sich in seltenen Fällen sogar die Schicksale ganzer Familien rekonstruieren. Die Dauerausstellung präsentiert amtliche Schriftstücke aus einem Zeitraum von über 1.000 Jahren.

Sprache des Alltagslebens im alten Ägypten

Neben den reichhaltigen und präzisen Informationen über konkrete Lebensumstände veranschaulichen Ihnen die Papyri, die oftmals in Umgangssprache, Verwaltungsjargon oder juristischer Diktion verfasst sind, die Entwicklungen und nuancierten Schattierungen der antiken Sprachen. Die unterschiedlichen Genres der semi-literarischen Papyri geben Einblick in die Volksfrömmigkeit und Glaubensvorstellungen einfacher Menschen, in ihre Ängste, Hoffnungen und Wertvorstellungen. Weithin wirkende Entwicklungen wie die Verschmelzung von ägyptischer und griechisch-römischer Kultur, die Ausbreitung des Christentums und des Mönchtums oder die Etablierung der arabischen Herrschaft spiegeln sich in den gezeigten Schriftstücken wider. Ihnen kommt höchste Bedeutung für die Kenntnis des Alltagslebens, der Rechtskulturen und der Mentalitäten im antiken Ägypten zu.

 

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