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100 Jahre Tonfilm

Ausschnitt aus: Niederösterreichischer Grenzbote, 4. November 1923, S. 7. ANNO/ÖNB
Bildquelle: Ausschnitt aus: Niederösterreichischer Grenzbote, 4. November 1923, S. 7. ANNO/ÖNB.

„Wer ist der Erfinder des sprechenden Films?“ titelt die Salzburger Chronik für Stadt und Land am 7. Oktober 1912. Bis heute gibt es dazu keine eindeutige Antwort. Anfang des 20. Jahrhunderts lieferten sich Erfinder vieler Länder ein Wettrennen um den „sprechenden Film“, bei dem die auf die Leinwand geworfenen Bilder gleichzeitig mit dem gesprochenen oder gesungenen Wort erscheinen. Edisons Kinetophon ging, obwohl es selbst den Kaiser nebst einer illustren Gesellschaft entzückte (Kinematografische Rundschau, 24. August 1913, S. 8), nicht nur aus Urheberrechtsgründen sang- und klanglos unter.
Ein Meilenstein war die erstmalige Vorführung des akustischen Films der drei Erfinder Hans Vogt, Dr. Joe Engl und Joseph Masolle im Berliner Alhambra. „Damit wird der Beweis geliefert, dass das Beiwort der »stummen Kunst« für den Film seine Daseinsberechtigung verloren hat“ (Kino-Journal, 23. September 1922, S. 8). Entsetzt reagiert die Kunstkritik. Am 1. August 1925 überschlägt sich Felix Henseleit im Kino-Journal: „Der sprechende Film ist ein künstlerisches Unding, weil er sämtliche Gesetze, die das Wesen des Films bestimmen, ignoriert … Die Sprache ist kein filmisches Bindemittel, sie zerreißt und verwischt“.
Am 11. August 1928 berichtet dieselbe Zeitung, wie erstaunlich schnell der „sprechende Film“ oder wie man ihn nun nennt: der „Tonfilm“ in Deutschland und Amerika aus dem Stadium interessanter Experimente in die praktische Wirklichkeit getreten sei. Eine Umfrage unter Regisseuren dokumentiert nach wie vor massive Zweifel. J. Fleck etwa meint, man würde dem Film das Edelste rauben, wolle man ihn zwingen, zum Sprechfilm zu werden. Sein Kollege G.W. Pabst sieht gar eine „gewissenlose Degradierung der Filmkunst, wenn man dem Film das, was ihn zur Kunst gemacht hat, das Schweigen, nimmt“. Demgegenüber ist J. Guter überzeugt, „dass der Sprechfilm, wenn die notwendigen technischen Voraussetzungen eingelöst sind, eine Zukunft vor sich haben wird“, und Erich Pommer sieht im Tonfilm einen interessanten Fortschritt in der Vervollkommnung der Kinematografie. „Beste Schauspiel- und Opernkunst wird bis in das letzte Dorf getragen. Die farbengetreue Widergabe der Bilder wird folgen. Wir werden wichtige Ereignisse aus unserem Leben naturwahr und lebendig den spätesten Geschlechtern übermitteln können“ (Niederösterreichischer Grenzbote, 4. November 1923, S. 7).



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