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tagebuch neu

Juni 1950

Do 1 6 50:

Trüb. Gali. Essigester getrocknet.

Red. NW: eingereicht, herauserbeten und "Ergo sum" korrigiert.

Weiter im Institut gearbeitet.

Zeitig heim. Hier noch Rilke frühe Gedichte gelesen, geplaudert. Selbst nichts geschrieben. Abends noch eine Satire.

Recht kühl für einen Junitag.


Fr 2 6 50 :

Heute früh noch Wetter wie die letzten Tage. Früh unangenehm: Kriegsangst.

Kuffner. Acetessigester hergestellt.

Ich kam achtzehn Uhr heim. Mama war mit Fini fort.


Sa 3 6 50:

Etwas später auf. Bei heissem Wetter um Pobischs Schuhe auf die Linzerstrasse mit Mama gegangen.

Nun ist richtiges Juniwetter.

"Alt Wiener Erinnerungen", ein Hinrichtungsgedicht, geschrieben.

Nachmittag kam Tante.

Ich fasste das "phil. Material" der letzten Zeit wieder zu einem Bilderbogen zusammen. Angenehme Stimmung.

Abends fand in Steinhof wo ein Fest statt. "Junifest" geschrieben. Lange noch zum Fenster hinausgesehen.


So 4 6 50:

Strahlender blauer Junitag!

Mittags kam Polakovics. Ich ging zu ihm hinüber. Er erzählte mir von verschiedenen Ablehnungen bei den "Neuen Wegen". Nadine hat sich über mein "Gedicht in Prosa" beschwert. Eisenreich kam zu mir wegen seines Artikels "Kritik und Selbstkritik" unserer Lesung. Nach der Arbeit las ich ihm einige Sachen vor.

Abends Gedanken, wohin weiter ...


Mo 5 6 50:

Uninteressante W.a.M. Kuffner. Zu Weissenborn gegangen: 1/ er las 2/ ich las 3/ geschimpft über eine Art von Jungmädchenbüchern.

Apparate von Weiser geholt.

Essigester abdestilliert. Ich kann nicht weiterarbeiten /Manometerflasche/.

Heimgefahren. Heisser Tag. Fini war da.

Edithgedicht /Reise .../ I. Teil gemacht.

Angenehmer Tag.


Ein unangeregter Zustand. Aus dem "Vorrat" schreibt man, wenn man Lust zum Schreiben überhaupt hat, irgend etwas nieder. Man bemüht sich womöglich, mittels bewährter "Reizvorstellungen" /zu Aerger, Freude, Begehren od. dgl./ Gefühlchen hervorzukitzeln, um ja doch noch etwas verfasst zu haben, namentlich wenn die äussere Gelegenheit günstig ist /ein freier Tag o.ä./. Freilich treffen immer wieder Stimmungen ein, die wirklich zum Schreiben berechtigten, allein: schon während der Formulierung vergehen sie, man wird im nächsten Augenblick schon zum Unbeteiligten. Das sind diese fruchtlosen Perioden.

Und man erkennt, dass man so viel und so tief schreiben könnte, wenn die innere Sperrung nicht wäre, und so versucht man. Zu versuchen ist gut, und zumindest fällt der Vorwurf der Unaufrichtigkeit, in ungeeigneter Stimmung etwas schreiben zu wollen, so fort.

Man fühlt sich verpflichtet, zu schreiben, die Grundstimmung in sich, die nie tot ist, auszudrücken. Die Grundstimmung ist nie tot, das sieht man an jeder Reaktion. Nur wenn das Reizbringende fehlt, gibt es keine Reaktion, und das Latente kann manchmal auch ohne den Erfolg: , zum Ausdruck zu finden, bleiben.

Damit ich mir die Stimmung vertreibe, in der nichts geschieht, schreibe ich sinnlose Wörter und Sätze hin, ohne damit zu bezwecken, ein surreales Werk etwa zu schaffen. Denn dazu ist die Stimmung, jene besser gesagt Stimmungslosigkeit nicht geeignet, in der ich bestenfalls Aerger, aber auch nur einen um sich selbst kreisenden und keinen Aerger auf ein Objekt, empfinde. Ich weiss noch immer nicht, was ich schreiben soll.

Ich weiss nur, ich wäre fähig, vieles auszudrücken. Aber momentan ist die Stimmung, wie gesagt, nicht danach.

unsinniger Zeitvertreib, obwohl die Zeit nicht vertrieben, sondern genützt werden müsste. Sind doch die vier freien Tage, auf die ich mich so gefreut habe, nicht zum Vertandeln da. Auch ich bin vielleicht zu schade um dahinzudämmern wie einer, der nichts zu sagen hat. Man würde sich grenzenlos wundern, wenn man mich so vorfände! Wenn ich seichte Produkte anderer lese, zum Beispiel, finde ich mich weiter als den betreffenden Autor. Aber ich bin jetzt nicht imstande, zu reagieren.

An so einem Tag erscheint einem auch alles Draussige, und sei es Schönes, inhomogen, zerflatternd, als wäre es - nicht visuell, nur symbolisch gesprochen - grau . An anderen Tagen hingegen liegt man in der Welt drinnen wie in einem Bad, tief, als wäre man selbst "blau" durchtränkt. Dabei habe ich keine negative Stimmung heute, keine schlechte, sondern: überhaupt keine. Wenn, so - wie bereits gesagt - ärgerliche, aber auch dies nur sekundär, der Aerger ist nicht gefährlich, und nicht produktiv, es ist nur der Aerger über die Leerheit und Unbeteiligtheit, und wenn der verfliegt, was sehr schnell geschieht, bleibt überhaupt kein Affekt zurück. Es ist dies ein Zustand ohne jede Gemütsbewegung.

II. 8 6 50

Di 6 6 50:

Frei gemacht.

Später auf. Spaziergang mit Mama: Auhof.

Heiss. Strahlende Junisonne.

Zu Artmann gegangen. Er erzählte von Möstl usw. Experimente dort getrieben /Zeichnungen, Wortsalat/. Ueber Langeweile interessant gesprochen.

NW. 2 demokr. Schriftsteller dort, luden uns ein. Besprechungen, dann privat die Zeit vertrieben. Kein war unzufrieden, mit ihm lange noch danach spaziert und diskutiert. Hauer auch wieder da.


Mi 7 6 50:

Früh nichts Wesentliches.

Institut. Um Chemikalien eingereicht.

Diphensäure gemacht. Sehr angenehm.

Abends kam die Kohle.


Do 8 6 50: /Feiertag/

Bemühte mich um Gedichte, um die Freizeit auszufüllen ...

Schrieb bis vor Abend viel Nörgelndes /"Pädagogik ..." .../

Abends schrieb ich in die Maschine das "Elegische Protokoll".


Fr 9 6 50:

Rektortag, frei.

Vormittag Linzerstrasse.

Schönwetter, juniheiss.

Sehr angenehme Stimmung!

Aus der PHG von Tante das Papier abgeholt.

Nettes Mädchen auf dem Hinweg im Zehner gesehen. Zu Artmann gegangen. Gewitter war. Versuche mit "biblischen" Zeichnungen. Meine Sachen gefielen. René Altmann kam hin.

Daheim Schnitzel.

Im "Plan" Interessantes gelesen: Erich Fried, surr. Lyrik ...


Sa 10 6 50:

Schönwetter, schwül.

Vormittags wieder nichts Wesentliches geschrieben. Den Tag an den "Plan" u.a. verstreut.

Nach Mittag schrieb ich die "Grüne Melodie".

Gewitter, dann kühlte es ab.

Ein Gewittergedicht geschrieben.

Ein Gedicht "Der Sechzehnjährige" verpatzt.

WB kam. Er erzählte von der Klassenzusammenkunft. Pribik ist bereits verlobt.

Gute Totoergebnisse bisher für uns.

Fenster geschaut noch.


So 11 6 50:

Es begann wieder mit Schönwetter, erst etwas kühler noch, dann heisser Junitag.

Etwas später auf. Zu Pol. gefahren. Er war bei Frau Fischer. Spaziergang mit metaphysischer Diskussion. Wenig angenehm.

Ausflugwetter!

Zu Polakovics gefahren wieder. Verschiedenes gelesen, durchbesprochen, über die Hokku-Sucht ...

Meine Gedichte gefielen ihm zumeist.

Abends schrieb ich zuhause noch ein kurzes Gedicht.


Mo 12 6 50:

Welt am Montag, "gegen die Verlobung". /Diskussion./ Früh zu Kuffner. Probe 6 weiter.

Nachmittags Probe 7 begonnen. Etwas zeitiger heim.


Di 13 6 50:

Zeitig auf. Gali. Probe 7 Wasserdampfdestillation. Probe 6 nur mehr FP.

Nm. Probe 6 abgegeben. Zu Artmann.

NW wieder interessanter. Erst 21,30 heim.


Mi 14 6 50:

Aeusserst schwül.

Ins Institut gefahren. Bilek Schimpf. Probe 7 gemacht.

Nm. 6,7 abgegeben. Im oberen Labor geplaudert. Weissenborn besucht. Eisenreich besucht.

Verband demokr. Schriftsteller im Café Parkring.

1/ Tagesordnung. 2/ Wir lasen Gedichte vor.

Um 23,30 heimgekommen.

/H. Schreiber gratulierte mir, wie Eisenreich sagte, zum "Eleg. Protokoll"./


Do 15 6 50:

Zeitig auf. Schwüles Juniwetter. Gali. Miesere Stimmg. 6,7 wurden bestätigt. 8 begonnen. Verpatzt?

15 Uhr schon heimgekommen. Antwortbrief an Mader geschrieben /ich lehnte seine Einladung ab, wie einstmals die Nestroy-Couplets zu aktualisieren/. Artmann brachte "rezensier"-Arbeit. Ich begann gleich mit dieser. Angenehmer Abend. Bernklau. Gusti abgefahren.


Fr 16 6 50:

Rez., Kuff., 8. noch einmal gemacht.

Daheim zu Ende rez.

Unruhige Nacht.


Sa 17 6 50:

Vormittags "Melek" geschrieben.

Nachm. Charakteristika geschrieben. Auf das Treffen gewartet. 15,30 bei Frl. Hauer Hietzinger Kai 199.

Art, Ke, Ok, Pol. Sehr angenehm dort. Vorher während des Wartens humor. Ideen. /Pik-As/ ...

Zwei Gedichte von mir kommen in die Septembernummer, die wir zusammenstellten.

Sehr angenehm geplaudert. Abends erregend.


So 18 6 50:

Heute kommt niemand von meinen Freunden.

Dr. Grinse-Gedichte geschrieben.

Nachmittag kamen Tante und Paul.

Am "Vithu"-Gedicht geschrieben.


Mo 19 6 50:

Interessante W.a.M.

Kuff. Mit Probe 8 beschäftigt. Abends abgegeben. Mama war das erste Mal bei Fini Pobisch.


Di 20 6 50:

Ich machte mir frei. Mit Mama Wientalstrasse spazieren gegangen.

Schwüler, heisser Junitag! "Vithu" geschrieben. Brief an Mader aufgegeben. Artikel für die "W.a.M." geschrieben.

Zu Artmann gefahren.

NW, äusserst interessant. Strobachs Forderung der "Stille". Grosse Pläne /Freilichtlesungen .../. 45.-- eingenommen.


Mi 21 6 50:

Vm. NW gelesen. Endlich Vakuumdestillation gemacht.

Nm. Präparat 9 begonnen.

Ueberraschend war Tante bei uns, als ich heimkam. Wein, Westermaier, gemütlicher Abend.

Ich schrieb den Antwortbrief an die Redaktion wegen , auf den ich mich gefreut hatte. Gegen Abend wurde es windig und schwarz.

Nachts regnete es.


Do 22 6 50:

Sommer ist es geworden.

Gali. Probe 9 weitergemacht.

16 Uhr: Eisenreich war nicht zu Hause. Heimgefahren.


Fr 23 6 50:

Kuffner. Probe 9 fertig. Zu Eisenreich.

Dort gelesen. Ueber Sexualproblem gesprochen ... Ueber unsere Literatur ... Sehr angeregt.

Schwüle Tage. Für kurze Zeit regnete es.


28 6 50

Ich bin gänzlich ausgeleert, habe mich verausgabt. Artmannsch, fantasmagorisch, gregueresk. Das soll nicht weitergehen, und ich werde beginnen wohinzufinden. Ich muß mich aussprechen. Ich habe keine Krise zu befürchten. Mein Potentielles sehe ich in jeder Diskussion, in jedem Fluidumgedicht, in jedem Fluidum das ich mitmache überhaupt.

Jirgal fernbleiben, jener Gefahr


Sa 24 6 50:

Ausgeruht und mich gesammelt.

Ordnungen gemacht.

"Impression der Regentage" zu ändern versucht. Ich blieb Nachmittag daheim.

WB kam. Er hat mit "Susi" Verbindung aufgenommen.


So 25 6 50:

Zu Polakovics gefahren. Mein N.P.-Brief gefiel. Ich nahm Gedichte aus den "NW" heraus. Ueber Strobach geredet. Polakovics' Pädagogik-Prüfung steht bevor. Die ist sehr dumm aufgezäunt. Zu Artmann gegangen. Er wurde von einer Bekannten belagert, darum sassen wir hinter verhängten Türen und Fenstern.

Daheim Waste land I. übersetzt.

Abends versuchte ich etwas zu schreiben.

Sonderbares Experiment: Das Reh.


Mo 26 6 50:

Krieg in Asien /Korea/.

Letztmals Kuffner. Platz übergeben, auch schon gezahlt.

Nm. Weissenborn aufgesucht. Schwül. Auf die Ferien gefreut.


Di 27 6 50:

Letzte Galivorlesung. Liquidation.

Nach einem schwülen Morgen trübt es ein.

Heimgekommen. Kellerartikel. Zu Artmann gefahren. Bei ihm wurde gepfändet. Helene Diem verbreitete Gerüchte über ihn.

NW. -Brief übergeben. Wir gelten, hört man, als "Schmutz und Schund".

Massnahmen überdacht und geblödelt. Revoltiert.


Mi 28 6 50:

Semesterabschluss. Ich hatte nichts mehr auf der Uni zu tun.

USA greifen in den Koreakrieg ein.

Linzerstrasse.

Eliot zu übersetzen versucht.

In Kipling gelesen. Polakovics kam. Setzten gemeinsam den Brief wegen der "Nachtwache" auf. Ueber die Verpicktheit von Artmann, Altmann, Weissenborn gesprochen. /Vom "Reh" ausgehend./ Abends versuchte ich zu schreiben, am Fenster beobachtend.


Do 29 6 50:

Ferienbeginn. Später auf.

England greift ein. US-Infanterie in Korea! Schwül, meist blauer Himmel. Savoyenstrasse, M. "Späten Juni" geschrieben. Sommerlich angezogen schon.

16 Uhr Eisenreich. Bei ihm war Frl. Perl.

Ueber den "Keller" u.a. geredet. Netter Eindruck.

Surr. Maler aufgesucht. Interessant über Surr. diskutiert. Der Ruf nach dem umfassenden Realismus.

Abends Idee "Reklameröhre".


Fr 30 6 50:

Heissester Tag seit 100 Jahren. 52 Grad in der Sonne, 37 im Schatten. Strahlend blau.

Gedichtet. Auf die Uni - Studienbuch geholt. Recht angenehm. Weiter gedichtet.

Es fand statt: Lesung einer Mädchenschule, gelesen wurden Gedichte von uns. /Ich ging nicht hin./

Ich weiss nicht, was von meinem Gedicht zu halten ist.

Zu Bernklau in den Garten. Ganz gemütlich.

Ich habe den Wunsch nach dem Mädchen.


tagebuch neu

Juni
1950

Do 1 6 50:

Trüb. Gali. Essigester getrocknet.

Red. NW: eingereicht, herauserbeten und "Ergo sum"
korrigiert.

Weiter im Institut gearbeitet.

Zeitig heim. Hier noch Rilke frühe Gedichte
gelesen, geplaudert. Selbst nichts geschrieben.
Abends noch eine Satire.

Recht kühl für einen Junitag.


Fr 2 6 5/0 :

Heute früh noch Wetter wie die letzten Tage.
Früh unangenehm: Kriegsangst.

Kuffner. Acetessigester hergestellt.

Ich kam achtzehn Uhr heim. Mama war mit Fini fort.


Sa 3 6 50:

Etwas später auf. Bei heissem Wetter um Pobischs
Schuhe auf die Linzerstrasse mit Mama gegangen.

Nun ist richtiges Juniwetter.

"Alt Wiener Erinnerungen", ein Hinrichtungsgedicht,
geschrieben.

Nachmittag kam Tante.

Ich fasste das "phil. Material" der letzten Zeit
wieder zu einem Bilderbogen zusammen. Angenehme
Stimmung.

Abends fand in Steinhof wo ein Fest statt.
"Junifest" geschrieben. Lange noch zum Fenster
hinausgesehen.


So 4 6 50:

Strahlender blauer Junitag!

Mittags kam Polakovics. Ich ging zu ihm hinüber.
Er erzählte mir von verschiedenen Ablehnungen bei
den "Neuen Wegen". Nadine hat sich über
mein "Gedicht in Prosa" beschwert. Eisenreich kam
zu mir wegen seines Artikels "Kritik und Selbst-
kritik
" unserer Lesung. Nach der Arbeit las ich
ihm einige Sachen vor.

Abends Gedanken, wohin weiter ...


Mo 5 6 50:

Uninteressante W.a.M. Kuffner. Zu Weissenborn
gegangen: 1/ er las 2/ ich las 3/ geschimpft über eine Art von Jungmädchenbüchern.

Apparate von Weiser geholt.

Essigester abdestilliert. Ich kann nicht weiter-
arbeiten /Manometerflasche/.

Heimgefahren. Heisser Tag. Fini war da.

Edithgedicht /Reise .../ I. Teil gemacht.

Angenehmer Tag.


Ein     unangeregter Zustand. Aus dem "Vorrat" schreibt man,
wenn man Lust zum Schreiben überhaupt hat, irgend etwas nieder.
Man bemüht sich womöglich, mittels bewährter f"Reizvorstellungen"
/zu Aerger, Freude, Begehren od. dgl./ Gefühlchen hervorzukitzeln,
um ja doch noch etwas verfasst zu haben, namentlich wenn die
äussere Gelegenheit günstig ist /ein freier Tag o.ä./. Freilich
treffen immer wieder Stimmungen ein, die wirklich zum
Schreiben berechtigten, allein: schon während der Formulierung
vergehen sie, man wird im nächsten Augenblick schon zum Unbeteiligten.
Das sind diese fruchtlosen Perioden.

Und man erkennt, dass man so viel und so tief schreiben könnte,
wenn die innere Sperrung nicht wäre, und so versucht man. Zu
versuchen ist gut, und zumindest fällt der Vorwurf der Unaufrichtig-
keit,    in ungeeigneter Stimmung etwas schreiben zu wollen, so fort.

Man     fühlt sich verpflichtet, zu schreiben, die Grundstimmung in sich,
die nie tot ist, auszudrücken. Die Grundstimmunfg ist nie
tot, das sieht man an jeder Reaktion. Nur wenn das Reizbringende
fehlt, gibt es keine Reaktion, und das Latente kann      manchmal auch
ohne den Erfolg:               , zum Ausdruck zu finden, bleiben.

                               Damit ich mir die Stimmung vertreibe,
in der nichts geschieht, schreibe ich sinnlose Wörter und Sätze
hin, ohne damit zu bezwecken, ein surreales Werk etwa zu schaffen.
Denn dazu ist die Stimmung, jene besser gesagt Stimmungslosigkeit
nicht geeignet, in der ich bestenfalls Aerger, aber auch nur einen
um sich selbst kreisenden und keinen Aerger
auf ein Obkjekt,
empfinde. Ich weiss noch immer nicht, was ich schreiben soll.

Ich weiss nur, ich wäre fähig, vieles auszudrücken. Aber momentan
ist die Stimmung, wie gesagt, nicht danach.

         Aschantinüsse unsinniger Zeitvertreibm, obwohl die Zeit
nicht vertrieiben, sondern genützt werden müsste. Sind doch die
vier freien Tage, auf die ich mich so gefreut habe, nicht zum
Vertandeln da. Auch ich bin vielleicht zu schade um dahinzudämmern
wie einer, der nichts zu sagen hat. Man würde sich grenzenlos
wundern, wenn man mich so vorfände! Wenn ich seichte Produkte
anderer lese, zum Beispiel, finde ich mich weiter als den betreffen-
den Autor. Aber ich bin jetzt nicht imstande, zu reagieren.

An so einem Tag erscheint einem auch alles Draussige, und sei es
Schönes, inhomogen, zerflatternd, als wäre es - nicht visuell, nur
symbolisch gesprochen - grau oder wie. An anderen Tagen hingegen
liegt man in der Welt drinnen wie in einem Bad, tief, als wäre man
selbst "blau" durchtränkt. Dabei habe ich keine negative Stimmung
heute, keine schlechte, sondern: überhaupt keine. Wenn, so - wie
bereits gesagt - ärgerliche, aber auch dies nur sekundär, der Aerger
ist nicht gefährlich, nicht fruchtbar und nicht produktiv, es ist
nur der Aerger über die Leerheit und Unbeteiligtheit, und wenn der
verfliegt, was sehr schnell geschieht, bleibt überhaupt kein
Affekt zurück. Es ist dies ein Zustand ohne jede Gemütsbewegung.

II. 8 6 50

Di 6 6 50:

Frei gemacht.

Später auf. Spaziergang mit Mama: Auhof.

Heiss. Strahlende Junisonne.

Zu Artmann gegangen. Er erzählte von Möstl usw.
Experimente dort getrieben /Zeichnungen,
Wortsalat/. Ueber Langeweile interessant
gesprochen.

NW. 2 demokr. Schriftsteller dort, luden uns ein.
Besprechungen, dann privat die Zeit vertrieben.
Kein war unzufrieden, mit ihm lange noch
danach spaziert und diskutiert. Hauer auch wieder
da.


Mi 7 6 50:

Früh nichts Wesentliches.

Institut. Um Chemikalien eingereicht.

Diphensäure gemacht. Sehr angenehm.

Abends kam die Kohle.


Do 8 6 50:
/Feiertag/

Bemühte mich um Gedichte, um die Freizeit
auszufüllen ...

Schrieb bis vor Abend viel Nörgelndes
/"Pädagogik ..." .../

Anbends schrieb ich in die Maschine das
"Elegische Protokoll".


Fr 9 6 50:

Rektortag, frei.

Vormittag Linzerstrasse.

Schönwetter, juniheiss.

Sehr angenehme Stimmung!

Aus der PHG von Tante das Papier abgeholt.

Nettes Mädchen auf dem Hinweg im Zehner gesehen.
Zu Artmann gegangen. Gewitter war. Versuche mit
"biblischen" Zeichnungen. Meine Sachen gefielen.
René Altmann kam hin.

Daheim Schnitzel.

Im "Plan" Interessantes gelesen: Erich Fried,
surr. Lyrik ...


Sa 10 6 50:

Schönwetter, schwül.

Vormittags wieder nichts Wesentliches geschrieben.
Den Tag an den "Plan" u.a. verstreut.

Nach Mittag schrieb ich die "Grüne Melodie".

Gewitter, dann kühlte es ab.

Ein Gewittergedicht geschrieben.

Ein Gedicht "Der Sechzehnjährige" verpatzt.

WB kam. Er erzählte von der Klassenzusammenkunft.
Pribik ist bereits verlobt.

Gute Totoergebnisse bisher für uns.

Fenster geschaut noch.


So 11 6 50:

Es begann wieder mit Schönwetter, erst etwas kühler
noch, dann heisser Junitag.

Etwas später auf. Zu Pol. gefahren. Er war bei
Frau Fischer. Spaziergang mit metaphysischer
Diskussion. Wenig angenehm.

Ausflugwetter!

Zu Polakovics gefahren wieder. Verschiedenes
gelesen, durchbesprochen, über die Hokku-Sucht ...

Meine Gedichte gefielen ihm zumist zumeist.

Abends schrieb ich zuhause noch ein kurzes Gedicht.


Mo 12 6 50:

Welt am Montag, "gegen die Verlobung". /Diskussion./
Früh zu Kuffner. Probe 6 weiter.

Nachmittags Probe 7 begonnen. Etwas zeitiger heim.


Di 13 6 50:

Zeitig auf. Gali. Probe 7 Wasserdampfdestillatuion.
Probe 6 nur mehr FP.

Nm. Probe 6 abgegeben. Zu Artmann.

NW Wwieder interessanter. Erst 21,30 heim.


Mi 14 6 50:

Aeusserst schwül.

Ins Institut gefahren. Bilek Schimpf. Probe 7
gemacht.

Nm. 6,7 abgegeben. Im oberen Labor geplaudert.
Weissenborn besucht. Eisenreich besucht.

Verband demokr. Schriftsteller im Café Parkring.

1/ Tagesordnung. 2/ Wir lasen Gedichte vor.

Um 23,30 heimgekommen.

/H. Schreiber gratulierte mir, wie Eisenreich sagte,
zum "Eleg. Protokoll"./


Do 15 6 50:

Zeitig auf. Schwüles Juniwetter. Gali. Miesere Stimmg.
6,7 wurden bestätigt. 8 begonnen. Verpatzt?

15 Uhr schon heimgekommen. Antwortbrief an Mader
geschrieben /ich lehnte seine Einladung ab, wie
einstmals die Nestroy-Couplets zu aktualisieren/.
Artmann brachte "rezensier"-Arbeit. Ich begann gleich
mit dieser. Angenehmer Abend. Bernklau. Gusti abge-
fahren.


Fr 16 6 50:

Rez., Kuff., 8. noch einmal gemacht.

Daheim zu Ende rez.

Unruhige Nacht.


Sa 17 6 50:

Vormittags "Melek" geschrieben.

Nachm. Charakteristika geschrieben. Auf das
Treffen gewartet. 15,30 bei Frl. Hauer Hietzinger
Kai 199
.

Art, Ke, Ok, Pol. Sehr angenehm dort. Vorher während
des Wartens humor. Ideen. /Pik-As/ ...

Zwei Gedichte von mir kommen in die September-
nummer
, die wir zusammenstellten.

Sehr angenehm geplaudert. Abends erregend.


So 18 6 50:

Heute kommt niemand von meinen Freunden.

Dr. Grinse-Gedichte geschrieben.

Nachmittag kamen die Tante und Paul.

Am "Vithu"-Gedicht geschrieben.


Mo 19 6 50:

Interessante W.Aa.M.

Kuff. Mit Probe 8 beschäftigt. Abends abgegeben.
Mama war das erste Mal bei Fini Pobisch.


Di 20 6 50:

Ich machte mir frei. Mit Mama Wientalstrasse
spazieren gegangen.

Schwüler, heisser Junitag! "Vithu" geschrieben.
Brief an Mader aufgegeben. Artikel für die
"W.a.M." geschrieben.

Zu Artmann gefahren.

NW, äusserst interessant. Strobachs Forderung
der "Stille". Grosse Pläne /Freilichtlesungen .../.
45.-- eingenommen.


Mi 21 6 50:

Vm. NW gelesen. Endlich Vakuumdestillation
gemacht.

Nm. Präparat 9 begonnen.

Ueberraschend war Tante daheim bei uns, als ich
heimkam. Wein, Westermaier, gemütlicher Abend.

Ich schrieb den Antwortbrief an die Redaktion
wegen , auf den ich mich gefreut hatte.
Gegen Abend wudrde es windig und schwarz.

Nachts reg  nete es.


Do 22 6 50:

Sommer ist es geworden.

Gali. Probe 9 weitergemacht.

16 Uhr: Eisenreich war nicht zu Hause. Heimgefahren.


Fr 23 6 50:

Kuffner. Probe 9 fertig. Zu Eisenreich.

Dort gelesen. Ueber Sexualproblem gesprochen ...
Ueber unsere Literatur ... Sehr angeregt.

Schwüle Tage. Für kurze Zeit regnete es.


28 6 50


Ich bin gänzlich ausgeleert, habe mich
verausgabt. Artmannsch, fantasmagorisch,
gregueresk. Das soll nicht weitergehen,
und ich werde beginnen wohinzufinden.
Ich muß mich aussprechen. Ich habe
keine Krise zu befürchten. Mein Potentielles
sehe ich in jeder Diskussion, in jedem
Fluidumgedicht, in jedem Fluidum
das ich mitmache überhaupt.





Jirgal
fernbleiben,
jener Gefahr



Sa 24 6 50:

Ausgeruht und mich gesammelt.

Ordnungen gemacht.

"Impression der Regentage" zu ändern versucht.
Ich blieb Nachmittag daheim.

WB kam. Er hat mit "Susi" vVerbindung aufgenommen.


So 25 6 50:

Zu Polakovics gefahren. Mein N.P.-Brief
gefiel. Ich nahm Gedichte aus den "NW" heraus.
Ueber Strobach geredet. Polakovics' Pädagogik-
Prüfung steht bevor. Die ist sehr dumm aufgezäunt.
Zu Artmann gegangen. Er wurde von einer Bekannten
belagert, darum sassxen wir hinter verhängten Türen
und Fenstern.

Daheim Wadste land I. übersetzt.

Abends versuchte ich etwas zu schreiben.

Sonderbares Experiment: Das Reh.


Mo 26 6 50:

Krieg in Asien /Korea/.

Letztmals Kuffner. Platz übergeben, auch schon
gezahlt.

Nm. Weissenborn aufgesucht. Schwül. Auf die
Ferien gefreut.


Di 27 6 50:

Letzte Galivorlesung. Liquidation.

Nach einem schwülen Morgen trübt es ein.

Heimgekommen. Kellerartikel. Zu Artmann gefahren.
Bei ihm wurde gepfändet. Helene Diem verbreitete
Gerüchte über ihn.

NW. -Brief übergeben. Wir gelten,
hört man, als "Schmutz und Schund".

Massnahmen überdacht und geblödelt. Revoltiert.


Mi 28 6 50:

Semesterabschluss. Ich hatte nichts mehr auf der
Uni zu tun.

USA greifen in den Koreakrieg ein.

Linzerstrasse.

Eliot zu übersetzen versucht.

In Kipling gelesen. Polakovics kam. Setzten
gemeinsam den Brief wegen der "Nachtwache" auf.
Ueber die Verpicktheit von Artmann, Altmann,
Weissenborn gesprochen. /Vom "Reh" ausgehend./
Abends versuchte ich zu schreiben, am Fenster
beobachtend.


Do 29 6 50:

Ferienbeginn. Später auf.

England greift ein. US-Infanterie in Korea!
Schwül, meist blauer Himmel. Savoyenstrasse, M.
"Späten Juni" geschrieben. Sommerlich angezogen
schon.

16 Uhr Eisenreich. Bei ihm war Frl. Perl.

Ueber den "Keller" u.a. geredet. Netter Eindruck.

Surr. Maler aufgesucht. Interessant über Surr.
diskutiert. Der Ruf nach dem umfassenden
Realismus.

Abends Idee "Reklameröhre".


Fr 30 6 50:

Heissester Tag seit 100 Jahren. 52 Grad in der
Sonne, 37 im Schatten. Strahlend blau.

Gedichtet. Auf die Uni - Studienbuch geholt.
Recht angenehm. Weiter gedichtet.

Es fand statt: Lesung einer Mädchenschule,
gelesen wurden Gedichte von uns. /Ich ging
nicht hin./

Ich weiss nicht, was von meinem Gedicht zu
halten ist.

Zu Bernklau in den Garten. Ganz gemütlich.

Ich habe den Wunsch nach dem Mädchen.


Laden...

tagebuch neu

Juni 1950

Do 1 6 50:

Trüb. Gali. Essigester getrocknet.

Red. NW: eingereicht, herauserbeten und "Ergo sum" korrigiert.

Weiter im Institut gearbeitet.

Zeitig heim. Hier noch Rilke frühe Gedichte gelesen, geplaudert. Selbst nichts geschrieben. Abends noch eine Satire.

Recht kühl für einen Junitag.


Fr 2 6 50 :

Heute früh noch Wetter wie die letzten Tage. Früh unangenehm: Kriegsangst.

Kuffner. Acetessigester hergestellt.

Ich kam achtzehn Uhr heim. Mama war mit Fini fort.


Sa 3 6 50:

Etwas später auf. Bei heissem Wetter um Pobischs Schuhe auf die Linzerstrasse mit Mama gegangen.

Nun ist richtiges Juniwetter.

"Alt Wiener Erinnerungen", ein Hinrichtungsgedicht, geschrieben.

Nachmittag kam Tante.

Ich fasste das "phil. Material" der letzten Zeit wieder zu einem Bilderbogen zusammen. Angenehme Stimmung.

Abends fand in Steinhof wo ein Fest statt. "Junifest" geschrieben. Lange noch zum Fenster hinausgesehen.


So 4 6 50:

Strahlender blauer Junitag!

Mittags kam Polakovics. Ich ging zu ihm hinüber. Er erzählte mir von verschiedenen Ablehnungen bei den "Neuen Wegen". Nadine hat sich über mein "Gedicht in Prosa" beschwert. Eisenreich kam zu mir wegen seines Artikels "Kritik und Selbstkritik" unserer Lesung. Nach der Arbeit las ich ihm einige Sachen vor.

Abends Gedanken, wohin weiter ...


Mo 5 6 50:

Uninteressante W.a.M. Kuffner. Zu Weissenborn gegangen: 1/ er las 2/ ich las 3/ geschimpft über eine Art von Jungmädchenbüchern.

Apparate von Weiser geholt.

Essigester abdestilliert. Ich kann nicht weiterarbeiten /Manometerflasche/.

Heimgefahren. Heisser Tag. Fini war da.

Edithgedicht /Reise .../ I. Teil gemacht.

Angenehmer Tag.


Ein unangeregter Zustand. Aus dem "Vorrat" schreibt man, wenn man Lust zum Schreiben überhaupt hat, irgend etwas nieder. Man bemüht sich womöglich, mittels bewährter "Reizvorstellungen" /zu Aerger, Freude, Begehren od. dgl./ Gefühlchen hervorzukitzeln, um ja doch noch etwas verfasst zu haben, namentlich wenn die äussere Gelegenheit günstig ist /ein freier Tag o.ä./. Freilich treffen immer wieder Stimmungen ein, die wirklich zum Schreiben berechtigten, allein: schon während der Formulierung vergehen sie, man wird im nächsten Augenblick schon zum Unbeteiligten. Das sind diese fruchtlosen Perioden.

Und man erkennt, dass man so viel und so tief schreiben könnte, wenn die innere Sperrung nicht wäre, und so versucht man. Zu versuchen ist gut, und zumindest fällt der Vorwurf der Unaufrichtigkeit, in ungeeigneter Stimmung etwas schreiben zu wollen, so fort.

Man fühlt sich verpflichtet, zu schreiben, die Grundstimmung in sich, die nie tot ist, auszudrücken. Die Grundstimmung ist nie tot, das sieht man an jeder Reaktion. Nur wenn das Reizbringende fehlt, gibt es keine Reaktion, und das Latente kann manchmal auch ohne den Erfolg: , zum Ausdruck zu finden, bleiben.

Damit ich mir die Stimmung vertreibe, in der nichts geschieht, schreibe ich sinnlose Wörter und Sätze hin, ohne damit zu bezwecken, ein surreales Werk etwa zu schaffen. Denn dazu ist die Stimmung, jene besser gesagt Stimmungslosigkeit nicht geeignet, in der ich bestenfalls Aerger, aber auch nur einen um sich selbst kreisenden und keinen Aerger auf ein Objekt, empfinde. Ich weiss noch immer nicht, was ich schreiben soll.

Ich weiss nur, ich wäre fähig, vieles auszudrücken. Aber momentan ist die Stimmung, wie gesagt, nicht danach.

unsinniger Zeitvertreib, obwohl die Zeit nicht vertrieben, sondern genützt werden müsste. Sind doch die vier freien Tage, auf die ich mich so gefreut habe, nicht zum Vertandeln da. Auch ich bin vielleicht zu schade um dahinzudämmern wie einer, der nichts zu sagen hat. Man würde sich grenzenlos wundern, wenn man mich so vorfände! Wenn ich seichte Produkte anderer lese, zum Beispiel, finde ich mich weiter als den betreffenden Autor. Aber ich bin jetzt nicht imstande, zu reagieren.

An so einem Tag erscheint einem auch alles Draussige, und sei es Schönes, inhomogen, zerflatternd, als wäre es - nicht visuell, nur symbolisch gesprochen - grau . An anderen Tagen hingegen liegt man in der Welt drinnen wie in einem Bad, tief, als wäre man selbst "blau" durchtränkt. Dabei habe ich keine negative Stimmung heute, keine schlechte, sondern: überhaupt keine. Wenn, so - wie bereits gesagt - ärgerliche, aber auch dies nur sekundär, der Aerger ist nicht gefährlich, und nicht produktiv, es ist nur der Aerger über die Leerheit und Unbeteiligtheit, und wenn der verfliegt, was sehr schnell geschieht, bleibt überhaupt kein Affekt zurück. Es ist dies ein Zustand ohne jede Gemütsbewegung.

II. 8 6 50

Di 6 6 50:

Frei gemacht.

Später auf. Spaziergang mit Mama: Auhof.

Heiss. Strahlende Junisonne.

Zu Artmann gegangen. Er erzählte von Möstl usw. Experimente dort getrieben /Zeichnungen, Wortsalat/. Ueber Langeweile interessant gesprochen.

NW. 2 demokr. Schriftsteller dort, luden uns ein. Besprechungen, dann privat die Zeit vertrieben. Kein war unzufrieden, mit ihm lange noch danach spaziert und diskutiert. Hauer auch wieder da.


Mi 7 6 50:

Früh nichts Wesentliches.

Institut. Um Chemikalien eingereicht.

Diphensäure gemacht. Sehr angenehm.

Abends kam die Kohle.


Do 8 6 50: /Feiertag/

Bemühte mich um Gedichte, um die Freizeit auszufüllen ...

Schrieb bis vor Abend viel Nörgelndes /"Pädagogik ..." .../

Abends schrieb ich in die Maschine das "Elegische Protokoll".


Fr 9 6 50:

Rektortag, frei.

Vormittag Linzerstrasse.

Schönwetter, juniheiss.

Sehr angenehme Stimmung!

Aus der PHG von Tante das Papier abgeholt.

Nettes Mädchen auf dem Hinweg im Zehner gesehen. Zu Artmann gegangen. Gewitter war. Versuche mit "biblischen" Zeichnungen. Meine Sachen gefielen. René Altmann kam hin.

Daheim Schnitzel.

Im "Plan" Interessantes gelesen: Erich Fried, surr. Lyrik ...


Sa 10 6 50:

Schönwetter, schwül.

Vormittags wieder nichts Wesentliches geschrieben. Den Tag an den "Plan" u.a. verstreut.

Nach Mittag schrieb ich die "Grüne Melodie".

Gewitter, dann kühlte es ab.

Ein Gewittergedicht geschrieben.

Ein Gedicht "Der Sechzehnjährige" verpatzt.

WB kam. Er erzählte von der Klassenzusammenkunft. Pribik ist bereits verlobt.

Gute Totoergebnisse bisher für uns.

Fenster geschaut noch.


So 11 6 50:

Es begann wieder mit Schönwetter, erst etwas kühler noch, dann heisser Junitag.

Etwas später auf. Zu Pol. gefahren. Er war bei Frau Fischer. Spaziergang mit metaphysischer Diskussion. Wenig angenehm.

Ausflugwetter!

Zu Polakovics gefahren wieder. Verschiedenes gelesen, durchbesprochen, über die Hokku-Sucht ...

Meine Gedichte gefielen ihm zumeist.

Abends schrieb ich zuhause noch ein kurzes Gedicht.


Mo 12 6 50:

Welt am Montag, "gegen die Verlobung". /Diskussion./ Früh zu Kuffner. Probe 6 weiter.

Nachmittags Probe 7 begonnen. Etwas zeitiger heim.


Di 13 6 50:

Zeitig auf. Gali. Probe 7 Wasserdampfdestillation. Probe 6 nur mehr FP.

Nm. Probe 6 abgegeben. Zu Artmann.

NW wieder interessanter. Erst 21,30 heim.


Mi 14 6 50:

Aeusserst schwül.

Ins Institut gefahren. Bilek Schimpf. Probe 7 gemacht.

Nm. 6,7 abgegeben. Im oberen Labor geplaudert. Weissenborn besucht. Eisenreich besucht.

Verband demokr. Schriftsteller im Café Parkring.

1/ Tagesordnung. 2/ Wir lasen Gedichte vor.

Um 23,30 heimgekommen.

/H. Schreiber gratulierte mir, wie Eisenreich sagte, zum "Eleg. Protokoll"./


Do 15 6 50:

Zeitig auf. Schwüles Juniwetter. Gali. Miesere Stimmg. 6,7 wurden bestätigt. 8 begonnen. Verpatzt?

15 Uhr schon heimgekommen. Antwortbrief an Mader geschrieben /ich lehnte seine Einladung ab, wie einstmals die Nestroy-Couplets zu aktualisieren/. Artmann brachte "rezensier"-Arbeit. Ich begann gleich mit dieser. Angenehmer Abend. Bernklau. Gusti abgefahren.


Fr 16 6 50:

Rez., Kuff., 8. noch einmal gemacht.

Daheim zu Ende rez.

Unruhige Nacht.


Sa 17 6 50:

Vormittags "Melek" geschrieben.

Nachm. Charakteristika geschrieben. Auf das Treffen gewartet. 15,30 bei Frl. Hauer Hietzinger Kai 199.

Art, Ke, Ok, Pol. Sehr angenehm dort. Vorher während des Wartens humor. Ideen. /Pik-As/ ...

Zwei Gedichte von mir kommen in die Septembernummer, die wir zusammenstellten.

Sehr angenehm geplaudert. Abends erregend.


So 18 6 50:

Heute kommt niemand von meinen Freunden.

Dr. Grinse-Gedichte geschrieben.

Nachmittag kamen Tante und Paul.

Am "Vithu"-Gedicht geschrieben.


Mo 19 6 50:

Interessante W.a.M.

Kuff. Mit Probe 8 beschäftigt. Abends abgegeben. Mama war das erste Mal bei Fini Pobisch.


Di 20 6 50:

Ich machte mir frei. Mit Mama Wientalstrasse spazieren gegangen.

Schwüler, heisser Junitag! "Vithu" geschrieben. Brief an Mader aufgegeben. Artikel für die "W.a.M." geschrieben.

Zu Artmann gefahren.

NW, äusserst interessant. Strobachs Forderung der "Stille". Grosse Pläne /Freilichtlesungen .../. 45.-- eingenommen.


Mi 21 6 50:

Vm. NW gelesen. Endlich Vakuumdestillation gemacht.

Nm. Präparat 9 begonnen.

Ueberraschend war Tante bei uns, als ich heimkam. Wein, Westermaier, gemütlicher Abend.

Ich schrieb den Antwortbrief an die Redaktion wegen , auf den ich mich gefreut hatte. Gegen Abend wurde es windig und schwarz.

Nachts regnete es.


Do 22 6 50:

Sommer ist es geworden.

Gali. Probe 9 weitergemacht.

16 Uhr: Eisenreich war nicht zu Hause. Heimgefahren.


Fr 23 6 50:

Kuffner. Probe 9 fertig. Zu Eisenreich.

Dort gelesen. Ueber Sexualproblem gesprochen ... Ueber unsere Literatur ... Sehr angeregt.

Schwüle Tage. Für kurze Zeit regnete es.


28 6 50

Ich bin gänzlich ausgeleert, habe mich verausgabt. Artmannsch, fantasmagorisch, gregueresk. Das soll nicht weitergehen, und ich werde beginnen wohinzufinden. Ich muß mich aussprechen. Ich habe keine Krise zu befürchten. Mein Potentielles sehe ich in jeder Diskussion, in jedem Fluidumgedicht, in jedem Fluidum das ich mitmache überhaupt.

Jirgal fernbleiben, jener Gefahr


Sa 24 6 50:

Ausgeruht und mich gesammelt.

Ordnungen gemacht.

"Impression der Regentage" zu ändern versucht. Ich blieb Nachmittag daheim.

WB kam. Er hat mit "Susi" Verbindung aufgenommen.


So 25 6 50:

Zu Polakovics gefahren. Mein N.P.-Brief gefiel. Ich nahm Gedichte aus den "NW" heraus. Ueber Strobach geredet. Polakovics' Pädagogik-Prüfung steht bevor. Die ist sehr dumm aufgezäunt. Zu Artmann gegangen. Er wurde von einer Bekannten belagert, darum sassen wir hinter verhängten Türen und Fenstern.

Daheim Waste land I. übersetzt.

Abends versuchte ich etwas zu schreiben.

Sonderbares Experiment: Das Reh.


Mo 26 6 50:

Krieg in Asien /Korea/.

Letztmals Kuffner. Platz übergeben, auch schon gezahlt.

Nm. Weissenborn aufgesucht. Schwül. Auf die Ferien gefreut.


Di 27 6 50:

Letzte Galivorlesung. Liquidation.

Nach einem schwülen Morgen trübt es ein.

Heimgekommen. Kellerartikel. Zu Artmann gefahren. Bei ihm wurde gepfändet. Helene Diem verbreitete Gerüchte über ihn.

NW. -Brief übergeben. Wir gelten, hört man, als "Schmutz und Schund".

Massnahmen überdacht und geblödelt. Revoltiert.


Mi 28 6 50:

Semesterabschluss. Ich hatte nichts mehr auf der Uni zu tun.

USA greifen in den Koreakrieg ein.

Linzerstrasse.

Eliot zu übersetzen versucht.

In Kipling gelesen. Polakovics kam. Setzten gemeinsam den Brief wegen der "Nachtwache" auf. Ueber die Verpicktheit von Artmann, Altmann, Weissenborn gesprochen. /Vom "Reh" ausgehend./ Abends versuchte ich zu schreiben, am Fenster beobachtend.


Do 29 6 50:

Ferienbeginn. Später auf.

England greift ein. US-Infanterie in Korea! Schwül, meist blauer Himmel. Savoyenstrasse, M. "Späten Juni" geschrieben. Sommerlich angezogen schon.

16 Uhr Eisenreich. Bei ihm war Frl. Perl.

Ueber den "Keller" u.a. geredet. Netter Eindruck.

Surr. Maler aufgesucht. Interessant über Surr. diskutiert. Der Ruf nach dem umfassenden Realismus.

Abends Idee "Reklameröhre".


Fr 30 6 50:

Heissester Tag seit 100 Jahren. 52 Grad in der Sonne, 37 im Schatten. Strahlend blau.

Gedichtet. Auf die Uni - Studienbuch geholt. Recht angenehm. Weiter gedichtet.

Es fand statt: Lesung einer Mädchenschule, gelesen wurden Gedichte von uns. /Ich ging nicht hin./

Ich weiss nicht, was von meinem Gedicht zu halten ist.

Zu Bernklau in den Garten. Ganz gemütlich.

Ich habe den Wunsch nach dem Mädchen.


tagebuch neu

Juni
1950

Do 1 6 50:

Trüb. Gali. Essigester getrocknet.

Red. NW: eingereicht, herauserbeten und "Ergo sum"
korrigiert.

Weiter im Institut gearbeitet.

Zeitig heim. Hier noch Rilke frühe Gedichte
gelesen, geplaudert. Selbst nichts geschrieben.
Abends noch eine Satire.

Recht kühl für einen Junitag.


Fr 2 6 5/0 :

Heute früh noch Wetter wie die letzten Tage.
Früh unangenehm: Kriegsangst.

Kuffner. Acetessigester hergestellt.

Ich kam achtzehn Uhr heim. Mama war mit Fini fort.


Sa 3 6 50:

Etwas später auf. Bei heissem Wetter um Pobischs
Schuhe auf die Linzerstrasse mit Mama gegangen.

Nun ist richtiges Juniwetter.

"Alt Wiener Erinnerungen", ein Hinrichtungsgedicht,
geschrieben.

Nachmittag kam Tante.

Ich fasste das "phil. Material" der letzten Zeit
wieder zu einem Bilderbogen zusammen. Angenehme
Stimmung.

Abends fand in Steinhof wo ein Fest statt.
"Junifest" geschrieben. Lange noch zum Fenster
hinausgesehen.


So 4 6 50:

Strahlender blauer Junitag!

Mittags kam Polakovics. Ich ging zu ihm hinüber.
Er erzählte mir von verschiedenen Ablehnungen bei
den "Neuen Wegen". Nadine hat sich über
mein "Gedicht in Prosa" beschwert. Eisenreich kam
zu mir wegen seines Artikels "Kritik und Selbst-
kritik
" unserer Lesung. Nach der Arbeit las ich
ihm einige Sachen vor.

Abends Gedanken, wohin weiter ...


Mo 5 6 50:

Uninteressante W.a.M. Kuffner. Zu Weissenborn
gegangen: 1/ er las 2/ ich las 3/ geschimpft über eine Art von Jungmädchenbüchern.

Apparate von Weiser geholt.

Essigester abdestilliert. Ich kann nicht weiter-
arbeiten /Manometerflasche/.

Heimgefahren. Heisser Tag. Fini war da.

Edithgedicht /Reise .../ I. Teil gemacht.

Angenehmer Tag.


Ein     unangeregter Zustand. Aus dem "Vorrat" schreibt man,
wenn man Lust zum Schreiben überhaupt hat, irgend etwas nieder.
Man bemüht sich womöglich, mittels bewährter f"Reizvorstellungen"
/zu Aerger, Freude, Begehren od. dgl./ Gefühlchen hervorzukitzeln,
um ja doch noch etwas verfasst zu haben, namentlich wenn die
äussere Gelegenheit günstig ist /ein freier Tag o.ä./. Freilich
treffen immer wieder Stimmungen ein, die wirklich zum
Schreiben berechtigten, allein: schon während der Formulierung
vergehen sie, man wird im nächsten Augenblick schon zum Unbeteiligten.
Das sind diese fruchtlosen Perioden.

Und man erkennt, dass man so viel und so tief schreiben könnte,
wenn die innere Sperrung nicht wäre, und so versucht man. Zu
versuchen ist gut, und zumindest fällt der Vorwurf der Unaufrichtig-
keit,    in ungeeigneter Stimmung etwas schreiben zu wollen, so fort.

Man     fühlt sich verpflichtet, zu schreiben, die Grundstimmung in sich,
die nie tot ist, auszudrücken. Die Grundstimmunfg ist nie
tot, das sieht man an jeder Reaktion. Nur wenn das Reizbringende
fehlt, gibt es keine Reaktion, und das Latente kann      manchmal auch
ohne den Erfolg:               , zum Ausdruck zu finden, bleiben.

                               Damit ich mir die Stimmung vertreibe,
in der nichts geschieht, schreibe ich sinnlose Wörter und Sätze
hin, ohne damit zu bezwecken, ein surreales Werk etwa zu schaffen.
Denn dazu ist die Stimmung, jene besser gesagt Stimmungslosigkeit
nicht geeignet, in der ich bestenfalls Aerger, aber auch nur einen
um sich selbst kreisenden und keinen Aerger
auf ein Obkjekt,
empfinde. Ich weiss noch immer nicht, was ich schreiben soll.

Ich weiss nur, ich wäre fähig, vieles auszudrücken. Aber momentan
ist die Stimmung, wie gesagt, nicht danach.

         Aschantinüsse unsinniger Zeitvertreibm, obwohl die Zeit
nicht vertrieiben, sondern genützt werden müsste. Sind doch die
vier freien Tage, auf die ich mich so gefreut habe, nicht zum
Vertandeln da. Auch ich bin vielleicht zu schade um dahinzudämmern
wie einer, der nichts zu sagen hat. Man würde sich grenzenlos
wundern, wenn man mich so vorfände! Wenn ich seichte Produkte
anderer lese, zum Beispiel, finde ich mich weiter als den betreffen-
den Autor. Aber ich bin jetzt nicht imstande, zu reagieren.

An so einem Tag erscheint einem auch alles Draussige, und sei es
Schönes, inhomogen, zerflatternd, als wäre es - nicht visuell, nur
symbolisch gesprochen - grau oder wie. An anderen Tagen hingegen
liegt man in der Welt drinnen wie in einem Bad, tief, als wäre man
selbst "blau" durchtränkt. Dabei habe ich keine negative Stimmung
heute, keine schlechte, sondern: überhaupt keine. Wenn, so - wie
bereits gesagt - ärgerliche, aber auch dies nur sekundär, der Aerger
ist nicht gefährlich, nicht fruchtbar und nicht produktiv, es ist
nur der Aerger über die Leerheit und Unbeteiligtheit, und wenn der
verfliegt, was sehr schnell geschieht, bleibt überhaupt kein
Affekt zurück. Es ist dies ein Zustand ohne jede Gemütsbewegung.

II. 8 6 50

Di 6 6 50:

Frei gemacht.

Später auf. Spaziergang mit Mama: Auhof.

Heiss. Strahlende Junisonne.

Zu Artmann gegangen. Er erzählte von Möstl usw.
Experimente dort getrieben /Zeichnungen,
Wortsalat/. Ueber Langeweile interessant
gesprochen.

NW. 2 demokr. Schriftsteller dort, luden uns ein.
Besprechungen, dann privat die Zeit vertrieben.
Kein war unzufrieden, mit ihm lange noch
danach spaziert und diskutiert. Hauer auch wieder
da.


Mi 7 6 50:

Früh nichts Wesentliches.

Institut. Um Chemikalien eingereicht.

Diphensäure gemacht. Sehr angenehm.

Abends kam die Kohle.


Do 8 6 50:
/Feiertag/

Bemühte mich um Gedichte, um die Freizeit
auszufüllen ...

Schrieb bis vor Abend viel Nörgelndes
/"Pädagogik ..." .../

Anbends schrieb ich in die Maschine das
"Elegische Protokoll".


Fr 9 6 50:

Rektortag, frei.

Vormittag Linzerstrasse.

Schönwetter, juniheiss.

Sehr angenehme Stimmung!

Aus der PHG von Tante das Papier abgeholt.

Nettes Mädchen auf dem Hinweg im Zehner gesehen.
Zu Artmann gegangen. Gewitter war. Versuche mit
"biblischen" Zeichnungen. Meine Sachen gefielen.
René Altmann kam hin.

Daheim Schnitzel.

Im "Plan" Interessantes gelesen: Erich Fried,
surr. Lyrik ...


Sa 10 6 50:

Schönwetter, schwül.

Vormittags wieder nichts Wesentliches geschrieben.
Den Tag an den "Plan" u.a. verstreut.

Nach Mittag schrieb ich die "Grüne Melodie".

Gewitter, dann kühlte es ab.

Ein Gewittergedicht geschrieben.

Ein Gedicht "Der Sechzehnjährige" verpatzt.

WB kam. Er erzählte von der Klassenzusammenkunft.
Pribik ist bereits verlobt.

Gute Totoergebnisse bisher für uns.

Fenster geschaut noch.


So 11 6 50:

Es begann wieder mit Schönwetter, erst etwas kühler
noch, dann heisser Junitag.

Etwas später auf. Zu Pol. gefahren. Er war bei
Frau Fischer. Spaziergang mit metaphysischer
Diskussion. Wenig angenehm.

Ausflugwetter!

Zu Polakovics gefahren wieder. Verschiedenes
gelesen, durchbesprochen, über die Hokku-Sucht ...

Meine Gedichte gefielen ihm zumist zumeist.

Abends schrieb ich zuhause noch ein kurzes Gedicht.


Mo 12 6 50:

Welt am Montag, "gegen die Verlobung". /Diskussion./
Früh zu Kuffner. Probe 6 weiter.

Nachmittags Probe 7 begonnen. Etwas zeitiger heim.


Di 13 6 50:

Zeitig auf. Gali. Probe 7 Wasserdampfdestillatuion.
Probe 6 nur mehr FP.

Nm. Probe 6 abgegeben. Zu Artmann.

NW Wwieder interessanter. Erst 21,30 heim.


Mi 14 6 50:

Aeusserst schwül.

Ins Institut gefahren. Bilek Schimpf. Probe 7
gemacht.

Nm. 6,7 abgegeben. Im oberen Labor geplaudert.
Weissenborn besucht. Eisenreich besucht.

Verband demokr. Schriftsteller im Café Parkring.

1/ Tagesordnung. 2/ Wir lasen Gedichte vor.

Um 23,30 heimgekommen.

/H. Schreiber gratulierte mir, wie Eisenreich sagte,
zum "Eleg. Protokoll"./


Do 15 6 50:

Zeitig auf. Schwüles Juniwetter. Gali. Miesere Stimmg.
6,7 wurden bestätigt. 8 begonnen. Verpatzt?

15 Uhr schon heimgekommen. Antwortbrief an Mader
geschrieben /ich lehnte seine Einladung ab, wie
einstmals die Nestroy-Couplets zu aktualisieren/.
Artmann brachte "rezensier"-Arbeit. Ich begann gleich
mit dieser. Angenehmer Abend. Bernklau. Gusti abge-
fahren.


Fr 16 6 50:

Rez., Kuff., 8. noch einmal gemacht.

Daheim zu Ende rez.

Unruhige Nacht.


Sa 17 6 50:

Vormittags "Melek" geschrieben.

Nachm. Charakteristika geschrieben. Auf das
Treffen gewartet. 15,30 bei Frl. Hauer Hietzinger
Kai 199
.

Art, Ke, Ok, Pol. Sehr angenehm dort. Vorher während
des Wartens humor. Ideen. /Pik-As/ ...

Zwei Gedichte von mir kommen in die September-
nummer
, die wir zusammenstellten.

Sehr angenehm geplaudert. Abends erregend.


So 18 6 50:

Heute kommt niemand von meinen Freunden.

Dr. Grinse-Gedichte geschrieben.

Nachmittag kamen die Tante und Paul.

Am "Vithu"-Gedicht geschrieben.


Mo 19 6 50:

Interessante W.Aa.M.

Kuff. Mit Probe 8 beschäftigt. Abends abgegeben.
Mama war das erste Mal bei Fini Pobisch.


Di 20 6 50:

Ich machte mir frei. Mit Mama Wientalstrasse
spazieren gegangen.

Schwüler, heisser Junitag! "Vithu" geschrieben.
Brief an Mader aufgegeben. Artikel für die
"W.a.M." geschrieben.

Zu Artmann gefahren.

NW, äusserst interessant. Strobachs Forderung
der "Stille". Grosse Pläne /Freilichtlesungen .../.
45.-- eingenommen.


Mi 21 6 50:

Vm. NW gelesen. Endlich Vakuumdestillation
gemacht.

Nm. Präparat 9 begonnen.

Ueberraschend war Tante daheim bei uns, als ich
heimkam. Wein, Westermaier, gemütlicher Abend.

Ich schrieb den Antwortbrief an die Redaktion
wegen , auf den ich mich gefreut hatte.
Gegen Abend wudrde es windig und schwarz.

Nachts reg  nete es.


Do 22 6 50:

Sommer ist es geworden.

Gali. Probe 9 weitergemacht.

16 Uhr: Eisenreich war nicht zu Hause. Heimgefahren.


Fr 23 6 50:

Kuffner. Probe 9 fertig. Zu Eisenreich.

Dort gelesen. Ueber Sexualproblem gesprochen ...
Ueber unsere Literatur ... Sehr angeregt.

Schwüle Tage. Für kurze Zeit regnete es.


28 6 50


Ich bin gänzlich ausgeleert, habe mich
verausgabt. Artmannsch, fantasmagorisch,
gregueresk. Das soll nicht weitergehen,
und ich werde beginnen wohinzufinden.
Ich muß mich aussprechen. Ich habe
keine Krise zu befürchten. Mein Potentielles
sehe ich in jeder Diskussion, in jedem
Fluidumgedicht, in jedem Fluidum
das ich mitmache überhaupt.





Jirgal
fernbleiben,
jener Gefahr



Sa 24 6 50:

Ausgeruht und mich gesammelt.

Ordnungen gemacht.

"Impression der Regentage" zu ändern versucht.
Ich blieb Nachmittag daheim.

WB kam. Er hat mit "Susi" vVerbindung aufgenommen.


So 25 6 50:

Zu Polakovics gefahren. Mein N.P.-Brief
gefiel. Ich nahm Gedichte aus den "NW" heraus.
Ueber Strobach geredet. Polakovics' Pädagogik-
Prüfung steht bevor. Die ist sehr dumm aufgezäunt.
Zu Artmann gegangen. Er wurde von einer Bekannten
belagert, darum sassxen wir hinter verhängten Türen
und Fenstern.

Daheim Wadste land I. übersetzt.

Abends versuchte ich etwas zu schreiben.

Sonderbares Experiment: Das Reh.


Mo 26 6 50:

Krieg in Asien /Korea/.

Letztmals Kuffner. Platz übergeben, auch schon
gezahlt.

Nm. Weissenborn aufgesucht. Schwül. Auf die
Ferien gefreut.


Di 27 6 50:

Letzte Galivorlesung. Liquidation.

Nach einem schwülen Morgen trübt es ein.

Heimgekommen. Kellerartikel. Zu Artmann gefahren.
Bei ihm wurde gepfändet. Helene Diem verbreitete
Gerüchte über ihn.

NW. -Brief übergeben. Wir gelten,
hört man, als "Schmutz und Schund".

Massnahmen überdacht und geblödelt. Revoltiert.


Mi 28 6 50:

Semesterabschluss. Ich hatte nichts mehr auf der
Uni zu tun.

USA greifen in den Koreakrieg ein.

Linzerstrasse.

Eliot zu übersetzen versucht.

In Kipling gelesen. Polakovics kam. Setzten
gemeinsam den Brief wegen der "Nachtwache" auf.
Ueber die Verpicktheit von Artmann, Altmann,
Weissenborn gesprochen. /Vom "Reh" ausgehend./
Abends versuchte ich zu schreiben, am Fenster
beobachtend.


Do 29 6 50:

Ferienbeginn. Später auf.

England greift ein. US-Infanterie in Korea!
Schwül, meist blauer Himmel. Savoyenstrasse, M.
"Späten Juni" geschrieben. Sommerlich angezogen
schon.

16 Uhr Eisenreich. Bei ihm war Frl. Perl.

Ueber den "Keller" u.a. geredet. Netter Eindruck.

Surr. Maler aufgesucht. Interessant über Surr.
diskutiert. Der Ruf nach dem umfassenden
Realismus.

Abends Idee "Reklameröhre".


Fr 30 6 50:

Heissester Tag seit 100 Jahren. 52 Grad in der
Sonne, 37 im Schatten. Strahlend blau.

Gedichtet. Auf die Uni - Studienbuch geholt.
Recht angenehm. Weiter gedichtet.

Es fand statt: Lesung einer Mädchenschule,
gelesen wurden Gedichte von uns. /Ich ging
nicht hin./

Ich weiss nicht, was von meinem Gedicht zu
halten ist.

Zu Bernklau in den Garten. Ganz gemütlich.

Ich habe den Wunsch nach dem Mädchen.


Zitiervorschlag

Okopenko, Andreas: Tagebuch 01.06.1950–30.06.1950. Digitale Edition, hrsg. von Roland Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 1.1, 15.1.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/okopenko/o:oko.tb-19500601-19500630/methods/sdef:TEI/get?mode=p_1

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Jegliche Nutzung der Digitalisate muss mit dem Rechtsnachfolger von Andreas Okopenko, August Bisinger, individuell abgeklärt werden.