Tagebuch 1952
Tagebuch
Fr 18.4.52 (Fortsetzung)
- Fr 27.6.52
Ich erzählte ihr, daß nunmehr ich Prufrock übersetzt habe.
Sie geht schon rot angezogen und ohne Mantel.
Sonniger Morgen.
Die letzten Abende keine Post erhalten.
Etwas früherer Büroschluß. Frühjahrsausstellung im Künstlerhaus angesehen (Beischläger Aquarell 1951 (342) reizvolle spitze Pinselführung, Erich Miller: See [aber nicht: Paris], klare Landschaften sagten mir am meisten zu. Laske-Ausstellung!).
Weigel angetroffen: Häusler will uns zurückhaben.
Trr, Ferra , Kein, Artmann, + Esther, Schmied.
Lorca-Lesung.
Hofmann getroffen:
Anstrengender Abend.
Vormittag photographiert (Wientalstraße).
Nachmittag gesonnt (Wiese über der Dehnegasse). Herrliche Tage.
Großes Verlangen nach dem Mädchen.
Ich stelle mich, da ich zu eigenem Schreiben aus menschlichen Gründen jetzt unbefähigt bin, ganz in den Dienst der Eliot-Übersetzung. Rhapsodie übertragen.
Bei etwas unruhigerem Wetter Polakovics zu erreichen versucht. Rief ihn für Nachmittag zu mir.
Artmann öffnete nicht, hinter verhängter Türe, mit Esther offenbar im Bett.
Kein ebenfalls nicht angetroffen.
(Polakovics fuhr ja Vormittag nach Floridsdorf.)
Daheim frühere Waste Land Übersetzung revidiert.
An der Sonne gesessen. Polakovics und Maja kamen. Fürchteten mich ganz im Weigelschen Schlepptau (!!) und gegen Hakel verhetzt (?!).
Ich muß wieder einmal zu Hakel gehn, er beeindruckte mich ja, durchaus lieb.
Viel geredet bis abends.
Trüberer Morgen, aber warm.
Kurzer Dienst.
Früh kühler.
Tags schreckliche Hitze im Büro. Langer Dienst. Dr. L.
Wenig Post.
Abends notiert:
Das einzige Positive, was ich momentan tue, ist, die Leute in Ruh lassen.
Schon in aller Frühe heiß.
Briggi auf der Straßenbahn getroffen. Sie lieh mir den Eliot-Band, ich gab ihr meine Übersetzungen zum Lesen. Ich fühle mich ausgehöhlt wie nichts.
Nur der schöne Frühling.
Anstrengender Dienst, Dr. L., lang am Abend.
Etwas Eliot übersetzt.
Abends fand ich die Fotos von Samstag, recht lieb, vor.
Lauter dumme Begegnungen früh. Das Wetter hellte sich gegen Vormittag wieder auf.
Morgen fliegt Dr. L. nach Argentinien.
Briggi, die ich nicht getroffen hatte, rief während meiner Abwesenheit an.
Abends über den Ring, wo eine Demonstration der Bauarbeiter stattfand, in die Kärntnerstraße. Fotoaufnahmen im Art Club. Wenig sympathischer Abend mit Artmann, Schmied, Trr (der ungesund fanatisch ist), Williams (in häßlicher Aufmachung); auch Esther war anwesend.
Mit Kein heimgegangen, das war das Anregendste vom Abend. Das Wetter war kühl.
Keine Post daheim.
Ich weiß nicht, warum Brigitte Kahr mir nicht schreibt.
Briggi Falkinger nicht getroffen, gegen mein Erwarten.
Windiges Wetter.
Ich rief das Mädchen mittags an. Ihr haben die Übersetzungen gefallen, und sie wird morgen zu mir sprechen kommen.
Sensation im Büro: Steger 500.- der Tante überwiesen und ihr den Urlaub verlängert.
Levantinische Kaufleute im Büro.
Abends schöner Abend. Wein, Regen.
Nm. Briggi da.
Im Zimmer mit ihr meine Übersetzungen durchgegangen.
Eliot weiter übersetzt. Schreibereien.
Nm. kam Tante von Mönichkirchen zurück. Gute Stimmung.
Mann mit Schnurrbart, Mädchen aus den Zwanzigerjahren.
Es graust einem vor aller literarischen Manifestation, ob gereimt oder ungereimt, unerträgliche Ueberspanntheit und Falschheit - ist wirklich nichts auszudrücken, nichts da, was ausgedrückt werden soll. ??
Ich habe nichts Positives.
In der Kritik bin ich besser.
Diese Ich-Bezogenheit der Verse, aller jetzigen Verse. Kein Vergleich mit früher. Der Egoist verliert auch, so verkehrt es scheint, alle Souveränität.
Notizen in die Maschine 27 4 52
Wetter trüb; Kastanienkerzen blühn, aber es ist recht kalt.
Ödes Wetter.
Trotz Fehlen von Dr. L. und St. lebhafter Betrieb.
Abends traf ich Tante bei uns zuhause.
Leder. Nur uninteressante Post.
Schönwetter kam.
Tante kam auf Urlaub zu uns.
Früher (13h) bürofrei, auf der Wiese gesonnt, gelesen: "Einladung, deutlich zu leben".
Abends getrunken, sehr gute Laune. Lange spaziert.
Zeitig auf.
Später zu Artmann, wenig los.
Ich habe das Schauen verlernt. Ich weiß zwar, wovor mir graust (Wirrheit, Oberflächlichkeit, Männlichkeit ...) aber ich habe nichts dagegen zu halten. Ich habe jetzt wenig Vergnügen.
Etwas gesonnt.
Leute, die einen dummen Eindruck machen, freut es, wenn sie boshaft sind.
Schlechtigkeit wird von den Dummen als eine Art Rangsteigerung empfunden.
(Gütersloh: Alle Dummheit ist absichtlich. - - -)
Gedicht für Neruda angefangen.
Tante war weiter da.
Früh auf.
Tante letzten Tag hier.
Bei strahlendem Wetter den Tag über erlebnislos.
Abends vor scheußlichem Wetter allein im Art Club.
Später wieder fortgegangen.
Diem über meinen letzten Brief empört, laut Artmann.
Briggi fuhr in einem Besatzungsauto, vor Spiegelgrund, an unserer Straßenbahn vorbei.
T.P.
Sehr geehrter Herr Weigel,
da Sie momentan der einzige sind, der es vielleicht weiß:
Was ist mit Brigitte Kahr los? Ist ihr etwas geschehen oder ist sie fort?
Bitte, seien Sie so lieb und schreiben Sie mir, was Sie von ihr wissen. Mit wirklich herzlichem Dank
Ihr A Okopenko
Vormittag wieder in der Sonne gelegen.
Kein besuchte mich dabei. Später gingen wir Wientalstraße und Hüttelbergstraße spazieren.
Anregendes Gespräch (über Toman , Rhetorik, Durchgebackenheit des Gedichtes, Erlebtheit einer Prosa ...)
Gestern und heute nachmittags viel geordnet.
Früh hatte ich noch genug Zeit.
"Welt am Montag" ist im letzten Jahr vollkommen abgesunken.
Büro: Steger von Salzburg wieder zurück. Sehr lebhafter Dienst.
(Diese Woche bin ich wieder abends dran.)
Wolkenbruch.
Abends in der "Furche" mehrere der letzten Gedichte Wiecherts gelesen.
Früh hatte ich Briggi getroffen, von den Übersetzungen gesprochen. (Das sind x laufend Verzichte.)
(Das niederzuschreiben, ist wiederum ein Verzicht.)
PS. Wenn man hier das Wort "Verzicht" billig auffaßt, als freiwilligen Akt nämlich, könnte es in furchtbar bequemer Weise edel aussehen.
Mittags in den Stadtpark. Heute morgens hatte mich Briggi eingeladen, zu ihrer "Abschiedfeier" vor ihrer Italienfahrt zu kommen. (Heute abends. Es würden mehr Leute dortsein, ihre Freunde, sodaß ich nicht befürchten müßte, aufzufallen.)
Wieder Sonnenwetter.
Redete mit einer Katze im Hof. (Sie sah mir während der Unterredung sehr lieb in die Augen ....)
Rief im Anschluß Briggi in ihrem Büro an. Natürlich ohne Sinn für sie oder mich.
Kann der eine glücklicher oder voller leben als der andere? Ist das unerlöste Leben die Regel?
Ist der Ausdruck treffend: Amateur-Existentialist?
Das Wetter ist schön, blau (manchmal untertags wolkig und windig).
Gestern begannen Kastanienblüten abzufallen.
Schwerer Dienst im Büro. Abends noch angenehm: Etwas Geld kam ins Haus, Leber, Wein.
What'll I do?
Eintrübung.
Briggi nach Italien. (Trifft Beck morgen 10 Uhr vor San Marco).
Steger überraschend nach Zürich, um ein Telefongespräch mit Buenos Aires zu führen.
Morgen bürofrei.
Das Wetter war schlecht, wir kamen um den Spaziergang und die Sonne, auf die wir uns gefreut hatten.
Ich verbrachte den Vormittag zuhause.
Vier Photoaufnahmen mittags.
Den Nachmittag bei unangenehm wechselndem
Die Ruhe ist unglaublich, mit der man in der bürgerlichen Welt als feindselige Einkapselung sitzt.
10 5 52
Vormittag an der Sonne. Mit Kein, der wieder kam, spaziert.
Neuerlich wechselnde Wolken.
Diese Wochen absolute Stille um mich.
Nachmittags gelang mir, wirklich unerwartet, eine Prosa.
Abends besonders intensive Wünsche nach dem Mädchen.
Anstrengender Dienst wie selten in letzter Zeit.
Abkühlung ("Eismänner"). Abends Post, im Anschluß daran Gedanken über den Niedergang unserer Gruppe.
Intensive Arbeit im Büro, aber früher aus.
Kühle Tage.
Abends die sehr tiefstehende Zeitschrift "Freude an Büchern" vorgefunden.
Büroschluß noch zeitiger. Dr. L. kommt überraschend früh zurück.
Nichts.
Kalte Luft.
Zeit vergeudet.
Es ist kalt. Ich warte.
Nach dem Büro unternahm ich einen überraschenden Schritt: Ich übergab die "publikationen" Artmann.
Abends Liquidationsarbeiten bei Wein.
Regen.
Dir. Steger wieder im Büro. Nächste Woche wird schlecht.
Nachmittags letztes Matrizen-Abziehen auf dem Bierhäuselberg.
Gemütlicher Nachmittag.
Morgen wird ein lebhafter Tag.
Früh zu Brigitterl Kahr. Sie ist verreist. Eine sehr gesprächige Nachbarin erzählte mir, Weigel und Ebner haben sich skandalös gegen Brig. benommen. Brigitte habe sich von allen zurückgezogen. Mir gegenüber benahm sich die Nachbarin sehr freundlich. (Sie kannte mich namentlich auch).
In etwa 2 Monaten ist das Umherrreisen von Brig. um.
(Sie nützt jetzt noch die Karte nach ihrem Vater, der Bahnarzt war, aus.)
Kein kam. Er verweigerte den "neuen" (Artmann-) publikationen seine Mitarbeit.
Wir entschlossen uns, die publ. in meinen Händen zu lassen und uns energischer um das Notwendige zu bemühen.
Wir begannen gleich, die finanzielle Festigung durchzubesprechen, und stellten inhaltmäßig das kommende Heft fast fertig.
Nachmittags kamen die jungen Polakovics. Pol. las mir drei Erzählungen von Nossack vor.
Wir sprachen auch verschiedenes.
Anregender Nachmittag.
Maja sieht krank aus, fast verbraucht, obwohl sie endlich die Krankheiten hinter sich hat.
Früh erstmals wieder klarerer Himmel, aber sehr windig und kälter als bisher. Nur drei Grad Wärme.
Korrespondenzen hinausgejagt.
Abends Einladung der Ebner, Gedichte für Paris einzureichen.
Ebner morgens abgeschrieben.
Langer Bürodienst.
Versand für publ. nr. 6 vorbereitet.
Abends kam eine größere Zahlung wieder. (20.-)
Wein und gutes Nachtmahl.
Aufhellung, aber noch unverläßlich.
Fenster geputzt.
Photographien.
Radio v. d. Reparatur zurück.
Artmann, in meiner Abwesenheit, wollte zu Besuch kommen. Morgen werde ich mit Kein zu ihm gehen.
Kein vm.
nm. mit Kein zu Artmann. Dort den status quo mit je 7 Gläschen Schnaps fixiert.
Schwarzer Tag: Generalvertrag mit Westdeutschland.
Vertrag ist unterzeichnet. Krank gefühlt.
Zeit der Platzregen.
Nach dem Büro nach Unterlaa hinausgefahren und zurück. (Mistgeruch, ebenes Land, wärmeres Wetter zwischen Regen). Danach Kein getroffen, vor dem "Kreis".
Dann Vorarlberger Abend dort.
"Vulcano" abends im Wienzeile-Kino bei ziemlicher Hitze.
Auf mich machte der Film einen starken Eindruck.
Später auf der Heimfahrt Gedanken ...
Abends Polakovics, länger als vorgehabt. Anregend mit ihm gesprochen.
Zeichnungen seiner Klasse mit Teilnahme angeschaut. Er unterrichtet, wie man sieht, gut.
Es fiel der Name der B. K.
Frei.
Schönwetter.
Mehrere Gänge.
Auch gesonnt auf der Wiese.
Versucht, zu schreiben (die Skizze).
Trotz angeregtester Stimmung nicht gelungen.
Vormittags gesonnt.
Zu schreiben versucht, wieder vergeblich.
Sommerlicher Tag.
Die Leute kamen nachmittags.
Sommerlich; noch schöner als gestern. Früh aufgestanden, in aller Frühe die Skizze mühelos fertiggeschrieben, zwei Fotoaufnahmen gemacht.
Vormittags in bester Laune auf der Wiese gesonnt. Mama kam später auch.
Nachmittags wieder auf der Wiese gelegen. Sehr braun geworden.
Abends Eliot übersetzt.
Der schönste Tag der Pfingstfeiertage.
Heiß. Anzug.
Abends auf den Bierhäuselberg gefahren (Papier abgegeben.)
Dienst-Woche.
Diese Woche, obwohl Dr. L. fort, viele Arbeit im Büro. Sehr ermüdender Betrieb und gespannte Stimmung.
Seit Dienstag war unbeständigeres Wetter. Heute wieder sehr klar und heiß. Gestern Photographien.
Diese Woche Matrizen geschrieben. Heute, Freitag, fertig geworden.
Nachricht Kahr .
.
.
.
Kahr soll die Geliebte Weigls gewesen sein.
Abends gesoffen.
Frei.
Die gesamte Auflage der "publ." auf dem B.-Berg abgezogen.
Später erst kam Kein dorthin.
Daheim 17 Uhr. Noch weitergearbeitet. Diese "publikationen" entstanden sehr rasch.
Getrunken.
"publ." vm. mit Kein fertiggestellt.
Waste Land V. fertig übersetzt.
Kleine Arbeiten und ausgeruht nachmittags.
Kein hat eine gute Prosa geschrieben. Haben mit ihm über Realismus, Romantik und Neoverismus gesprochen.
Abends noch Preludes übersetzt.
"Welt am Montag" ab nächster Woche ohne Kulturglosse.
Dr. L. wieder im Büro. Viel Arbeit.
Flötzersteig-Kino nach langer Zeit: "Unter dem Himmel von Paris". Ein guter Film (gut = Note 2).
Regnerisch.
Diese Tage Wetter zum größten Teil trüb und kühler.
Viel Arbeit.
"publ."-Versand geht reibungslos vor sich.
Abends bei Polakovics "publ." abgegeben.
Er war nicht zuhause.
Recht öder Abend.
Morgen frei.
Früh hatte ich noch etwas Zeit.
Leicht müde, im ganzen gesehen ...
(Man müßte es schon fast aus der Schrift erkennen. Beim Aufwachen merke ich es auf jeden Fall.)
Abends nahm mich Briggi mit, die, wie ich höre, schon die zweite Woche in Wien wieder ist.
Dort Kirschen gegessen und von ihrer neuen Liebe gesprochen. Briggi hat eine unglückselige Natur. Sie zweifelt jetzt schon, wo alles erst entsteht. Der Mann ist Amerikaner, ihres Lebenstypus', stark und strong hart? herb? (wie ich ihre Art nenne, ihre unglückliche.).
Haben auch darüber gesprochen, warum wir uns wohl nicht gefunden hatten.
Ziemlich spät heim.
Ich möchte Briggi helfen können.
Ordnungen im Haus, für die bevorstehende Übersiedlung.
Trüb, leider.
Versuchte zu schreiben. Verbrachte den späteren Nachmittag in Gedanken an B. K.
Häßliche Begebenheiten im Büro.
Abends lud mich Krischke vom "Theater der Courage" ein, an einer Lesung mitzumachen.
Ich habe ein paar Sachen hergerichtet.
Gute Arbeiten von Jandl sind gekommen! (Polakovics hat ihn "entdeckt".)
Lieber Herr Moldovan,
nachdem nichts und nichts an Bemühungen gefruchtet hat, an Ort und Stelle und bei jenen, die etwas hätten wissen können, muß ich Sie heimsuchen. (Aus der vagen Idee, Sie könnten vielleicht orientiert sein.)
Was ist mit Brigitte Kahr?
Zur Rechtfertigung: Sie haben seinerzeit ihren Band illustriert und kommen auch im Café Raimund und der Welt herum.
Brigitte Kahr, mit der ich in freundlichem Kontakt gestanden bin, hat plötzlich aufgehört, zu reagieren, soll sich von allen zurückgezogen haben und ist auch daheim unantreffbar. Ich bin äußerst besorgt um das Mädchen. Ich halte dabei sehr viel von ihr.
Seien Sie mir auf keinen Fall böse, daß ich diese freundliche Hilfe von Ihnen in Anspruch nehmen will. Anderseits soll es Ihnen nicht peinlich sein, wenn Sie nichts sagen können.
Mit schönem Dank und Gruß
Früh, so wie gestern, schönes Wetter.
Mittags regnet es schon wieder.
Huber seit gestern auf Urlaub.
Neues "Öst. Tagebuch" gekauft, die einzige Zeitschrift, mit der ich mich jetzt noch aufrichtig auseinandersetzen kann.
Nachmittags daheim unterhalten, Reinschrift des "alten Bändchens" weitergemacht.
Tante und Paul kamen dann, und wir tranken mäßig.
Das Wetter bessert sich.
Zu Polakovics gefahren. Mit ihm entlang der Wien spaziert.
Strahlendes Wetter.
Wir unterhielten uns gut. Er kam nachher hierher und las Jandls und meine jüngste Arbeit.
Nachmittag arbeitete ich, später kam er mit Maja wieder. Verbrachten den Nachmittag angeregt. Über Musik und verschiedene jetzige Literatur gestritten.
Maja hatte ein liebes Kleid an.
Wetter wurde wieder häßlich.
Früh: ohne jeden Schwung.
Trübes Wetter.
Brigitte Kahr hat mir nicht gegeschrieben, hat auf diese "publikationen" wieder nicht reagiert. Und auf meinen Brief von damals.
Ich möchte dieses Mädchen nicht allein lassen. Warum läßt sie mich so allein.
Der seit langer Zeit strengste Bürotag.
Es regnete wieder.
Früh schönes Wetter.
Liegt nichts vor mir - ?
Ein noch strengerer Bürotag. (Nationalbank-Kontrolle!)
Strahlend blauer Morgen. Vor dem Schulweg vertreiben sich Kinder die Zeit. Über den Lieben der Heranwachsenden liegt die Gefahr des Spielerischen. Das Gras hinter den Kastanien leuchtet in der Sonne satt grün.
Ich habe gestern von Altmann Sachen erhalten und ihm abends noch geschrieben.
Noch strengerer Tag im Büro.
Nach der Arbeit ins Gartenbau-Kino gerast: "Bitterer Reis", zweitrangiger Film, gegenüber "Vulcano" abfallend. (Natürlich meterhoch über Hollywood.)
Anschließend (20h) im "Kreis" Russischer Abend. Vor allem Gorki, Majakowski eindruck- erweckend, die anderen, neueren, recht aufschlußreich.
Danach im Gasthaus Fröhlich, mit den Leuten vom "Kreis". Wiesflecker; zwei Sp.-Bürger; Paula Mindl, die Ewige. Eine Bürger-Frau und Maschke. Wiesfleckers Freundin. Politische Diskussion. Ein Bürger sagte: "Nur ein Schlechter oder ein Dummer kann Kommunist sein." Wiesflecker sehr nach dunkellinks gerückt seit den früheren Begegnungen.
Nachher mit Wiesflecker und seiner Freundin heimgefahren. Über Politik gesprochen, über Weigel und über B. K. Mit Weigel sei alles ein Unsinn, aber mit Kudrnovsky sei sie gegangen. Nun sei aber alles zerfallen, seit dem Weigel-Skandal.
Zwischen 12 und halb 1, nachdem es auch geregnet hatte, an der Eisengießerei vorbei, in der noch Licht brannte, den Weg hinter dem Windrad zu Fuß heim.
Die Allee. Fenster offen. Diese Juninächte kehren jährlich wieder. Es ist lau und es ist spät und man legt sich einsam nieder.
Den Tag hindurch, der sehr anstrengend war, um einen Brief mich bemüht.
Im Büro wieder sehr schwer gearbeitet, ohne Mittagspause und ohne Übersicht. Schon seit Wochenanfang hält diese Geschwindigkeit an. Ich war auch selten so dumpf wie jetzt, ohne Selbstbesinnung und mit so wenig bewußtem Erleben.
Abends erfolglos geschrieben, aber dann zum Trinken gesetzt.
Wieder unentwegt gearbeitet.
Der Brief an Altmann, und der an Jandl, beide ruhen, aber der Kahr schrieb ich heute.
Auch zwei publ. mittags versandt.
Feucht und kühler. Jetzt abends sitze ich nahe dem offenen
Liebe Brigitte Kahr,
mich zurückerinnernd, kam ich auf den Brief, den ich Ihnen im April geschrieben habe. Es ist mir unangenehm, daß ich mich jemals so ausgesprochen habe:
Ich weiß heute, ich habe meine Aufgabe, Ihnen zu helfen, nicht ausgeführt, sondern habe, anstatt Ihnen Hilfe zu geben, mir von Ihnen Hilfe geholt. Ich habe Sie, als Sie einsam waren, nicht in Ihre Kreise, in denen Sie einzig gedeihen können, zurückführen wollen, sondern wollte zugleich mit Ihrer Einsamkeit meine Einsamkeit beenden. Das war natürlich ein Unding.
Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie meinen verantwortungslosen Brief aus dem April vernichten.
Behalten Sie mich nicht in dieser häßlichen Erinnerung; oder, noch besser, vergessen Sie mich bitte.
Ihnen wünsche ich von Herzen alles, alles Gute.
Büro.
Mittags Post: Jirgal lud mich für abends auf Tivoli ein.
Nachmittag ausgeruht und zu arbeiten versucht. Dann bei schönem Wetter zu Jirgal gefahren.
Die Aufführung der Carmina burana durch Schüler des Tivoliheims (und Jirgal als Trommler) war reizend. Martha Hofmann und Schreibers Frau kamen auch.
Den Abend mit denen bei Jirgals verbracht. Tee, Frau Schreiber und statische Gedichte.
Danach unter Lindengeruch (Schönbrunner Alleen) heim. In der Straßenbahn drei furchtbar lebensgierige Mädchen, aufgeputzt und brutal, sie kamen vom Tanz nachhaus. Erschütternde Augen der Jüngsten, die wie L. K. von 1946 aussah.
Etwas müde aufgewacht. Zeitig auf die Wiese, Ernst Kein kam hin. Erfreuliche Diskussion über den Kommunismus, da einmal leidenschaftslos und ernstlich.
Auch über Entwicklung. Daß die Menschen nie glücklicher waren und heute nicht "im Vereinsamen sind" oder
Notiz: zwischen diesen zwei Worten, die ich durch das Zeichen
Worauf ich zielte, habe ich erreicht.
Und ich bin nun wieder ohne eine, der ich lieb sein kann.
Der ich heraus helfen kann.
Fortsetzung des Reports so gut ich kann:
Ich muß einmal revidieren. Gespräch mit Kein war sehr anregend.
Nachmittags erst statische Gedichte, dann kam plötzlich Artmann. Gingen auf die Sonnenwiese, mit Paddy, unterhielten uns interessant. Er fährt 7. Juli mit Esther in die Schweiz, Frankreich, Holland.
Überraschend angenehmer Nachmittag mit ihm. Gasthaus Rosental. (Ein Krügel Bier. Daheim ein zweites später.)
Er hat alle Mädchen außer Esther aufgegeben, ich freue mich so für ihn.
Abends wie gesagt getrunken gegessen geschrieben.
Nun erhalte ich also die Nachricht
Lieber Andreas Okopenko,
Sie brauchen sich bei mir wegen Ihres so aufrichtigen Briefes keineswegs zu entschuldigen. Mein Schweigen bedeutete auch keine Verstimmung, sondern eine gewisse Ratlosigkeit. Ich lebe in ständiger Aufregung und fürchte das Neue, das mir jeder Tag bringt. Ich verkrieche mich und will gerne in Ruhe gelassen werden. (Das ist nicht böse gemeint, sondern die einzige Hilfe für mich in meiner momentanen Situation. Glauben Sie mir das, bitte!)
Seien Sie mir nicht böse. Ich bin Ihnen bestimmt gut.
Mit den allerherzlichsten Grüssen und vielen Wünschen für die Arbeit Ihre
Sommer ist so unbestechlich.
Strahlender Sommertag wie gestern.
Heute tritt die neue Bürokraft ihren Dienst an, bin neugierig.
Letzte 10 Minuten vor dem Büro.
Wie wird dieser Sommer werden.
Liebe Brigitte Kahr,
nur ganz kurz, der Ordnung halber, abschließend.
Mich hat Ihr gestriges Schreiben sehr gefreut. Es erweist, daß Sie meinen zu weit gehenden Wunsch damals nicht als den Wunsch zu einer Gemeinheit angesehen haben. Er war es auch ganz gewiß nicht. Nur wäre es ganz verständlich gewesen, wenn Sie ihn so ungünstig aufgefaßt hätten, nach dem allem, was Ihnen zugestoßen war.
Ich finde Sie auch in der nun objektiven Sicht so wert wie zuerst und sage es Ihnen, damit Sie wissen, es gibt jemand, in dessen Leben Sie keine Rolle spielen werden und vor dem Sie dennoch bestehen.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie wieder aus der Unruhe kommen werden, in Geborgenheit oder in schönere positivere Aktivitäten.
Damit, und mit lieben Grüßen, schließe ich den Austausch ab.
Ihr
Neue Bürokraft sehr nett, ganz anders als Huber.
Nachmittags Wetterverschlechterung.
Arbeit über Arbeit.
Abschließenden Brief an B. K. geschrieben, mittags.
Früh wieder trüb.
Zu schreiben versucht.
Unübersichtliche Arbeit im Büro. Abends müde.
Kalter Nachmittag. Abends Wermut getrunken.
Post vom neuen (nunmehr "schwarzen") Verlag Weigls kam. Auch 25.- von Weigel für die "publikationen".
Nun ist B. K. wieder entlegen. Bald ist sie durch das Bahnfenster kaum mehr zu sehen.
Mitten in der Arbeitswoche eine kurze Ruhepause vor Mittag. Man hat fast überhaupt keine Zeit mehr, stehenzubleiben und sich umzudrehen, bildlich gesagt. Abends immer skizzenhaft einige Resultate vor dem Einschlafen.
Das mit Brigitte Kahr ist nun auch zu Ende. Ich weiß auch nicht, wohin nun weiter. Tatsächlich ist nur der Zeitmangel daran schuld, wenn ich meiner Einsamkeit nicht voll bewußt werde.
(Ein Beamter von der Finanz läutet an.)
25 6 52Wieder trüber Morgen.
Auf der Straßenbahn fuhren Schüler nach Schönbrunn.
Schwerer Dienst im Büro.
Abends gebackene Leber, Regen, müßige Gespräche.
Früh Aufheiterung. Bürotag wie immer, schwer und ermüdend. Abends schön.
Wieder schwer gearbeitet.
Unbeständig, nach wie vor. Sehr kühl.
Nie war die Zeit neutraler als jetzt.
Tagebuch 1952
Tagebuch
Fr 18.4.52 (Fortsetzung)
- Fr 27.6.52
Ich erzählte ihr, daß nunmehr
ich
Prufrock übersetzt habe.
Sie geht schon rot angezogen
und ohne Mantel.
Sonniger Morgen.
Die letzten Abende keine Post
erhalten.
Etwas früherer Büroschluß.
Frühjahrsausstellung im
Künstlerhaus angesehen
(Beischläger
Aquarell 1951 (342)
reizvolle spitze Pinselführung,
Erich Miller: See [aber nicht:
Paris], klare Landschaften
sagten mir am meisten zu.
Laske-Ausstellung!).
Weigel angetroffen: Häusler
will uns zurückhaben.
Trr,
Ferra
, Kein, Artmann,
+ Esther, Schmied.
Lorca-Lesung.
Hofmann getroffen:
Anstrengender Abend.
Vormittag photographiert
(Wientalstraße).
Nachmittag gesonnt
(Wiese über der Dehnegasse).
Herrliche Tage.
Großes Verlangen nach
dem Mädchen.
Ich stelle mich, da ich
zu eingenem Schreiben
aus menschlichen
Gründen jetzt unbefähigt
bin, ganz in den Dienst
der Eliot-Übersetzung.
Rhapsosdie übertragen.
Bei etwas unruhigerem
Wetter Polakovics zu
erreichen versucht.
Rief ihn für Nach-
mittag zu mir.
Artmann öffnete
nicht, hinter verhängter
Türe, mit Esther
offenbar im Bett.
Kein ebenfalls nicht
angetroffen.
(Polakovics fuhr ja
Vormittag nach
Floridsdorf.)
Daheim frühere
Waste Land
Übersetzung
revidiert.
An der Sonne gesessen.
Polakovics und Maja
kamen. Fürchteten mich
ganz im Weigelschen
Schlepptau (!!) und
gegen Hakel verhetzt (?!).
Ich muß wieder einmal
zu Hakel gehn, er
beeindruckte mich ja,
durchaus lieb.
Viel geredet bis abends.
Trüberer Morgen, aber
warm.
Kurzer Dienst.
Früh kühler.
Tags schreckliche Hitze
im Büro. Langer Dienst.
Dr. L.
Wenig Post.
Abends notiert:
Das einzige Positive, was ich
momentan tue, ist, die
Leute in Ruh lassen.
Schon in aller Frühe
heiß.
Briggi auf der Straßenbahn
getroffen. Sie lieh mir
den Eliot-Band, ich
gab ihr meine Über-
setzungen zum Lesen.
Ich fühle mich ausge-
höhlt wie nichts.
Nur der schöne Frühling.
Anstrengender Dienst,
Dr. L., lang am Abend.
Etwas Eliot übersetzt.
Abends fand ich die
Fotos von Samstag,
recht lieb, vor.
Lauter dumme Begegnungen
früh. Das Wetter hellte
sich gegen Vormittag
wieder auf.
Morgen fliegt Dr. L.
nach Argentinien.
Briggi, die ich nicht
getroffen hatte, rief
während meiner
Abwesenheit an.
Abends über den Ring,
wo eine Demonstration
der Bauarbeiter statt-
fand, in die Kärntner-
straße. Fotoaufnahmen
im Art Club. Wenig
sympathischer Abend
mit Artmann, Schmied,
Trr (der ungesund fanatisch
ist), Williams (in häßlicher
Aufmachung); auch Esther
war anwesend.
Mit Kein
heimgegangen,
das war das Anregendste
vom Abend. Das Wetter
war kühl.
Keine Post daheim.
Ich weiß nicht, warum
Brigitte Kahr mir nicht
schreibt.
Briggi Falkinger nicht
getroffen, gegen mein
Erwarten.
Windiges Wetter.
Ich rief das Mädchen
mittags an. Ihr haben
die Übersetzungen
gefallen, und sie wird
morgen zu mir sprechen
kommen.
Sensation im Büro:
Steger 500.- der Tante
überwiesen und ihr
den Urlaub verlängert.
Levantinische Kaufleute
im Büro.
Abends schöner Abend.
Wein, Regen.
Eliot weiter übersetzt.
Schreibereien.
Nm. kam Tante von
Mönichkirchen zurück.
Gute Stimmung.
Mann mit Schnurrbart, Mädchen aus den Zwanzigerjahren.
Es graust einem vor aller literarischen Manifestation,
ob gereimt oder ungereimt, unerträgliche Ueberspanntheit und
Falschheit - ist wirklich nichts auszudrücken, nichts da, was
ausgedrückt werden soll. ??
Ich habe nichts pPositives.
In der Kritik bin ich besser.
Diese Ich-Bezogenheit der Verse, aller jetzigen Verse.
Kein Vergleich mit früher. Der Egoist verliert auch, so
verkehrt es scheint, alle Souveränität.
Notizen in die Maschine 27 4 52
Wetter trüb; Kastanienkerzen
blühn, aber es ist recht
kalt.
Ödes Wetter.
Trotz Fehlen von Dr. L. und St.
lebhafter Betrieb.
Abends traf ich Tante
bei uns zuhause.
Leder. Nur uninteressante
Post.
Schönwetter kam.
Tante kam auf Urlaub
zu uns.
Früher (13h) bürofrei,
auf der Wiese gesonnt,
gelesen: "Einladung,
deutlich zu leben".
Abends getrunken,
sehr gute Laune.
Lange spaziert.
Zeitig auf.
Später zu Artmann,
wenig los.
Ich habe das Schauen
verlernt. Ich weiß zwar,
wovor mir graust
(Wirrheit, Oberflächlich-
keit, Männlichkeit ...)
aber ich habe nichts
dagegen zu halten.
Ich habe jetzt wenig
Vergnügen.
Etwas gesonnt.
Leute, die einen dummen
Eindruck machen, freut es,
wenn sie boshaft sind.
Schlechtigkeit wird von den
Dummen als eine Art
Rangsteigerung empfunden.
(Gütersloh: Alle Dummheit
ist absichtlich. - - -)
Gedicht für Neruda
angefangen.
Tante war weiter da.
Früh auf.
Tante letzten Tag hier.
Bei strahlendem Wetter
den Tag über erlebnislos.
Abends vor scheußlichem
Wetter allein im Art Club.
Später wieder fort-
gegangen.
Diem über meinen letzten
Brief empört, laut
Artmann.
Briggi fuhr in einem
Besatzungsauto, vor Spiege lgrund,
an unserer Straßenbahn
vorbei.
T.P.
Sehr geehrter Herr Weigel,
da Sie momentan der einzige sind,
der es vielleicht weiß:
Was ist mit Brigitte Kahr los?
Ist ihr etwas geschehen oder
ist sie fort?
Bitte, seien Sie so lieb und schreiben
Sie mir, was sSie von ihr wissen.
Mit wirklich herzlichem Dank
Ihr A Okopenko
Vormittag wieder in der
Sonne gelegen.
Kein besuchte mich
dabei. Später gingen
wir Wientalstraße und
Hüttelbergstraße spazieren.
Anregendes Gespräch
(über
Toman
, Rhetorik,
Durchgebackenheit des
Gedichtes, Erlebtheit
einer Prosa ...)
Gestern und heute
nachmittags viel geordnet.
Früh hatte ich noch
genug Zeit.
"Welt am Montag" ist
im letzten Jahr vollkommen
abgesunken.
Büro: Steger von Salzburg
wieder zurück. Sehr
lebhafter Dienst.
(Diese Woche bin ich
wieder abends dran.)
Wolkenbruch.
Abends in der "Furche"
mehrere der letzten Gedichte
Wiecherts gelesen.
Früh hatte ich Briggi
getroffen, von den
Übersetzungen gesprochen.
(Das sind
x
laufend Verzichte.)
(Das niederzuschreiben,
ist wiederum ein Verzicht.)
PS. Wenn man hier das
Wort "Verzicht" billig
auffaßt, als freiwilligen
Akt nämlich, könnte es in
furchtbar bequemer Weise edel
aussehen.
Mittags in den Stadtpark.
Heute morgens hatte mich
Briggi eingeladen, zu
ihrer "Abschiedfeier"
vo r ihrer Italienfahrt
zu kommen. (Heute abends.
Es würden mehr Leute
dortsein, ihre Freunde,
sodaß ich nicht befürchten
müßte, aufzufallen.)
Wieder Sonnenwetter.
Redete mit einer Katze
im Hof. (Sie sah mir
während der Unterredung
sehr lieb in die Augen ....)
Rief im Anschluß
Briggi in ihrem Büro
an. Natürlich ohne
Sinn für sie oder mich.
Kann der eine glücklicher
oder voller leben als der
andere? Ist das
unerlöste Leben die
Regel?
Ist der Ausdruck treffend:
Amateur-Existentialist?
Das Wetter ist schön,
blau (manchmal
untertags wolkig
und windig).
Gestern begannen
Kastanienblüten
abzufallen.
Schwerer Dienst im
Büro. Abends noch
angenehm: Etwas
Geld kam ins Haus,
Leber, Wein.
What'll I do?
Eintrübung.
Briggi nach Italien.
(Trifft Beck morgen
10 Uhr vor
San Marco).
Steger überraschend
nach Zürich, um
ein Telefongespräch
mit Buenos Aires zu
führen.
Morgen bürofrei.
Das Wetter war schlecht,
wir kamen um den
Spaziergang und die
Sonne, auf die wir
uns gefreut hatten.
Ich verbrachte den
Vormittag zuhause.
Vier Photoaufnahmen
mittags.
Den Nachmittag bei
unangenehm wechselndem
Die Ruhe ist unglaublich, mit der man
in der bürgerlichen Welt als feindselige Einkapselung
sitzt.
10 5 52
Vormittag an der Sonne.
Mit Kein, der wieder kam,
spaziert.
Neuerlich wechselnde
Wolken.
Diese Wochen absolute
Stille um mich.
Nachmittags gelang mir,
wirklich unerwartet,
eine Prosa.
Abends besonders intensive
Wünsche nach dem Mädchen.
Anstrengender Dienst wie
selten in letzter Zeit.
Abkühlung ("Eismänner").
Abends Post, im Anschluß
daran Gedanken über
den Niedergang unserer
Gruppe.
Intensive Arbeit im Büro,
aber früher aus.
Kühle Tage.
Abends die sehr
tiefstehende Zeitschrift
"Freude an Büchern"
vorgefunden.
Büroschluß noch zeitiger.
Dr. L. kommt überraschend
früh zurück.
Nichts.
Kalte Luft.
Zeit vergeudet.
Es ist kalt. Ich warte.
Nach dem Büro unternahm
ich einen überraschenden
Schritt: Ich übergab die
"publikationen" Artmann.
Abends Liquidationsarbeiten
bei Wein.
Regen.
Dir. Steger wieder im Büro.
Nächste Woche wird
schlecht.
Nachmittags letztes
Matrizen-Abziehen
auf dem Bierhäusel-
berg.
Gemütlicher
Nachmittag.
Morgen wird ein
lebhafter Tag.
Früh zu Brigitterl Kahr.
Sie ist verreist. Eine
sehr gesprächige
Nachbarin erzählte
mir, Weigel und Ebner
haben sich skandalös
gegen Brig. benommen.
Brigitte habe sich von
allen zurückgezogen.
Mir gegenüber benahm
sich die Nachbarin
sehr freundlich. (Sie
kannte mich namentlich
auch).
In etwa 2 Monaten
ist das Umherrreisen
von Brig. um.
(Sie nützt jetzt noch die
Karte nach ihrem
Vater, der Bahnarzt
war, aus.)
Kein kam. Er verweigerte
den "neuen" (Artmann-)
publikationen seine
Mitarbeit.
Wir entschlossen uns,
die publ. in meinen
Händen zu lassen
und uns energischer
um das Notwendige
zu bemühen.
Wir begannen gleich, die
finanzielle Festigung
durchzubesprechen,
und stellten inhalt-
mäßig das kommende
Heft fast fertig.
Nachmittags kamen
die jungen Polakovics.
Pol. las mir drei
Erzählungen von
Nossack
vor.
Wir sprachen auch
verschiedenes.
Anregender Nachmittag.
Maja sieht krank aus,
fast verbraucht,
obwohl sie endlich
die Krankheiten
hinter sich hat.
Früh erstmals wieder
klarerer Himmel,
aber sehr windig
und kälter als
bisher. Nur drei
Grad Wärme.
Korrespondenzen hinaus-
gejagt.
Abends Einladung der
Ebner, Gedichte für Paris
einzureichen.
Ebner morgens abge-
schrieben.
Langer Bürodienst.
Versand für publ. nr. 6
vorbereitet.
Abends kam eine
größere Zahlung wieder.
(20.-)
Wein und gutes Nachtmahl.
Aufhellung, aber
noch unverläßlich.
Fenster geputzt.
Photographien.
Radio v. d. Reparatur
zurück.
Artmann, in meiner
Abwesenheit, wollte zu Besuch.
kommen. Morgen werde
ich mit Kein zu ihm
gehen.
Kein vm.
nm. mit Kein zu Artmann.
Dort den status quo
mit je 7 Gläschen
Schnaps fixiert.
Schwarzer Tag:
Generalvertrag mit
Westdeutschland.
Vertrag ist unterzeichnet.
Krank gefühlt.
Zeit der Platzregen.
Nach dem Büro nach
Unterlaa hinausge-
fahren und zurück.
(Mistgeruch, ebenes
Land, wärmeres
Wetter zwischen Regen).
Danach Kein getroffen,
vor dem "Kreis".
Dann Vorarlberger
Abend dort.
"Vulcano" abends
im Wienzeile-Kino
bei ziemlicher Hitze.
Auf mich machte der Film
einen starken Eindruck.
Später auf der Heimfahrt
Gedanken ...
Abends Polakovics,
länger als vorgehabt.
Anregend mit ihm
gesprochen.
Zeichnungen seiner Klasse
der er mit Teilnahme
angeschaut. Er unter-
richtet, wie man sieht,
gut.
Es fiel der Name der
B. K.
Frei.
Schönwetter.
Mehrere Gänge.
Auch gesonnt auf der
Wiese.
Versucht, zu schreiben
(die Skizze).
Trotz angeregtester
Stimmung nicht
gelungen.
Vormittags gesonnt.
Zu schreiben versucht,
wieder vergeblich.
Sommerlicher Tag.
Die Leute kamen
nachmittags.
Sommerlich; noch
schöner als gestern.
Früh aufgestanden,
in aller Frühe die
Skizze mühelos
fertiggeschrieben,
zwei Fotoaufnahmen
gemacht.
Vormittags in bester
Laune auf der Wiese
gesonnt. Mama kam
später auch.
Nachmittags wieder
auf der Wiese gelegen.
Sehr braun geworden.
Abends Eliot übersetzt.
Der schönste Tag der
Pfingstfeiertage.
Heiß. Anzug.
Abends auf den
Bierhäuselberg gefahren
(Papier abgegeben.)
Dienst-Woche.
Diese Woche, o bwohl
Dr. L. fort, viele Arbeit
im Büro. Sehr er-
müdender Betrieb und
gespannte Stimmung.
Seit Dienstag war
unbeständigeres Wetter.
Heute wieder sehr
klar und heiß.
Gestern Photographien.
Diese Woche Matrizen
geschrieben. Heute,
Freitag, fertig
geworden.
Nachricht Kahr .
.
.
.
Kahr soll die Geliebte
Weigls gewesen sein.
Abends gesoffen.
Frei.
Die gesamte Auflage
der "publ." auf dem
B.-Berg abgezogen.
Später erst kam
Kein dorthin.
Daheim 17 Uhr.
Noch weitergearbeitet.
Diese "publikationen"
entstanden sehr rasch.
Getrunken.
"publ." vm. mit
Kein fertiggestellt.
Waste Land V.
fertig übersetzt.
Kleine Arbeiten
und ausgeruht
nachmittags.
Kein hat eine gute
Prosa geschrieben.
Haben mit ihm über
Realismus, Romantik
und Neoverismus
gesprochen.
Abends noch Preludes übersetzt.
"Welt am Montag" ab nächster
Woche ohne Kulturglosse.
Dr. L. wieder im Büro.
Viel Arbeit.
Flötzersteig-Kino nach langer
Zeit: "Unter dem Himmel
von Paris". Ein guter Film
(gut = Note 2).
Regnerisch.
Diese Tage Wetter zum
größten Teil trüb und
kühler.
Viel Arbeit.
"publ."-Versand geht
reibungslos vor sich.
Abends bei Polakovics
"publ." abgegeben.
Er war nicht zuhause.
Recht öder Abend.
Morgen frei.
Früh hatte ich noch
etwas Zeit.
Leicht müde, im
ganzen gesehen ...
(Man müßte es schon
fast aus der Schrift
erkennen. Beim
Aufwachen merke
ich es auf jeden
Fall.)
Abends nahm mich Briggi
mit, die, wie ich höre,
schon die zweite Woche
in Wien wieder ist.
Dort Kirschen gegessen
und von ihrer neuen Liebe
gesprochen. Briggi hat
eine unglückselige
Natur. Sie zweifelt jetzt
schon, wo alles erst
entsteht. Der Mann
ist Amerikaner, ihres
Lebenstypus', stark
und strong hart? herb? (wie ich
ihre Art nenne, ihre
unglückliche.).
Haben auch darüber
gesprochen, warum
wir uns wohl nicht
gefunden hatten.
Ziemlich spät heim.
Ich möchte Briggi
helfen können.
Ordnung en im
Haus, für die
bevorstehende Über-
siedlung.
Trüb, leider.
Versuchte zu schreiben.
Verbrachte den
späteren Nachmittag
in Gedanken an B. K.
Häßliche Begebenheiten
im Büro.
Abends lud mich
Krischke vom
"Theater der Courage"
ein, an einer Lesung
mitzumachen.
Ich habe ein paar
Sachen hergerichtet.
Gute Arbeiten von
Jandl sind gekommen!
(Polakovics hat ihn
"entdeckt".)
Lieber Herr Moldovan,
nachdem nichts und nichts an Bemühungen gefruchtet hat,
an Ort und Stelle und bei jenen, die etwas hätten wissen
können, muß ich Sie heimsuchen. (Aus der vagen Idee,
Sie könnten vielleicht orientiert sein.)
Was ist mit Brigitte Kahr?
Zur Rechtfertigung: Sie haben seinerzeit ihren Band
illustriert und kommen auch im Café Raimund und der
Welt herum.
Brigitte Kahr, mit der ich in freundlichem Kontakt
gestanden bin, hat plötzlich aufgehört, zu reagieren,
soll sich von allen zurückgezogen haben und ist
auch daheim unantreffbar. Ich bin äußerst besorgt
um das Mädchen. Ich halte dabei sehr viel von ihr.
Seien Sie mir auf keinen Fall böse, daß ich diese
freundliche Hilfe von Ihnen in Anspruch nehmen will.
Anderseits soll es Ihnen nicht peinlich sein, wenn
Sie nichts sagen können.
Mit schönem Dank und Gruß
Früh, so wie gestern,
schönes Wetter.
Mittags regnet es
schon wieder.
Huber seit gestern
auf Urlaub.
Neues "Öst. Tagebuch"
gekauft, die
einzige Zeitschrift,
mit der ich mich
jetzt noch aufrichtig
auseinandersetzen
kann.
Nachmittags daheim
unterhalten, Reinschrift
des "alten Bändchens"
weitergemacht.
Tante und Paul kamen
dann, und wir
tranken mäßig.
Das Wetter bessert sich.
Zu Polakovics gefahren.
Mit ihm entlang der
Wien spaziert.
Strahlendes Wetter.
Wir unterhielten uns
gut. Er kam
nachher hierher
und las Jandls
und meine jüngste
Arbeit.
Nachmittag arbeitete
ich, später kamen er mit
und
Maja wieder.
Verbrachten den
Nachmittag angeregt.
Über Musik und ver-
schiedene jetzige Literatur
gestritten.
Maja hatte ein liebes
Kleid an.
Wetter wurde wieder
häßlich.
Früh: ohne jeden
Schwung.
Trübes Wetter.
Brigitte Kahr hat mir
nicht gegeschrieben, hat
auf diese "publikationen"
wieder nicht reagiert.
Und auf meinen Brief
von damals.
Ich möchte d ieses
Mädchen nicht
allein lassen. Warum
läßt sie mich so
allein.
Der seit langer Zeit strengste
Bürotag.
Es regnete wieder.
Früh schönes Wetter.
Liegt nichts vor mir - ?
Ein noch strengerer
Bürotag. (Nationalbank-
Kontrolle!)
Strahlend blauer
Morgen. Vor dem
Schulweg vertreiben
sich Kinder die Zeit.
Über den Lieben der
Heranwachsenden
liegt die Gefahr
des Spielerischen.
Das Gras hinter den
Kastanien leuchtet
in der Sonne
satt grün.
Ich habe gestern
von Altmann
Sachen erhalten
und ihm abends noch
geschrieben.
Noch strengerer Tag im
Büro.
Nach der Arbeit ins
Gartenbau-Kino gerast:
"Bitterer Reis",
zweitrangiger Film,
gegenüber "Vulcano"
abfallend. (Natürlich
meterhoch über Hollywood.)
Anschließend (20h) im
"Kreis" Russischer Abend.
Vor allem Gorki,
Majakowski eindruck-
erweckend, die anderen,
neueren, recht auf-
schlußreich.
Danach im Gasthaus
Fröhlich, mit den
Leuten vom "Kreis".
Wiesflecker; zwei
Sp.-Bürger; Paula
Mindl, die Ewige.
Eine Bürger-Frau
und Maschke.
Wiesfleckers Freundin.
Politische Diskussion.
Ein Bürger sagte:
"Nur ein Schlechter
oder ein Dummer
kann Kommunist sein."
Wiesflecker sehr nach
dunkellinks gerückt
seit den früheren
Begegnungen.
Nachher mit
Wiesflecker und seiner
Freundin heimgefahren.
Über Politik gesprochen,
über Weigel und
über B. K. Mit
Weigel sei alles
ein Unsinn, aber
mit Kudrnovsky
sei sie gegangen.
Nun sei aber alles
zerfallen, seit dem
Weigel-Skandal.
Zwischen 12 und
halb 1, nachdem es
auch geregnet hatte,
an der Eisengießerei
vorbei, in der noch
Licht brannte, den Weg
hinter dem Windrad
zu Fuß heim.
Die Allee. Fenster offen.
Diese Juninächte
kehren jährlich wieder.
Es ist la u
und es ist
spät und man legt
sich einsam nieder.
Den Tag hindurch, der
sehr anstrengend war,
um einen Brief mich
bemüht.
Im Büro wieder
sehr schwer gearbeitet,
ohne Mittagspause
und ohne Übersicht.
sSchon seit Wochen-
anfang hält diese
Geschwindigkeit an.
Ich war auch selten
so dumpf wie jetzt,
ohne Selbstbesinnung
und mit so wenig
bewußtem Erleben.
Abends erfolglos
geschrieben, aber
dann zum Trinken
gesetzt.
Wieder unentwegt
gearbeitet.
Der Brief an
Altmann, und
der an Jandl, beide
ruhten, aber
der Kahr schrieb
ich heute.
Auch zwei publ.
mittags versandt.
Feucht und kühler.
Jetzt abends sitze ich
nahe dem offenen
Liebe Brigitte Kahr,
mich zurückerinnernd, kam ich auf den Brief,
den ich Ihnen im April geschrieben habe. Es ist mir
unangenehm, daß ich mich jemals so ausgesprochen habe:
Ich weiß heute, ich habe meine Aufgabe, Ihnen zu
helfen, nicht ausgeführt, sondern habe, anstatt Ihnen
Hilfe zu geben, mir von Ihnen Hilfe geholt. Ich habe
Sie, als Sie einsam waren, nicht in Ihre Kreise,
in denen Sie einzig gedeihen können, zurückführen wollen,
sondern wollte zugleich mit Ihrer Einsamkeit meine
Einsamkeit beenden. Das war natürlich ein Unding.
Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie
meinen verantwortungslosen Brief aus dem April ver-
nichten.
Behalten Sie mich nicht in dieser häßlichen Erinnerung;
oder, noch besser, vergessen Sie mich bitte.
Ihnen wünsche ich von Herzen alles, alles Gute.
Büro.
Mittags Post: Jirgal
lud mich für abends
auf Tivoli ein.
Nachmittag ausgeruht
und zu arbeiten versucht.
Dann bei schönem
Wetter zu Jirgal gefahren.
Die Aufführung der
Carmina burana durch
Schüler des Tivoliheims
(und Jirgal als Trommler)
war reizend. Martha
Hofmann und Schreibers
Frau kamen auch.
Den Abend mit denen
bei Jirgals verbracht.
Tee, Frau Schreiber und
statische Gedichte.
Danach unter Linden-
geruch (Schönbrunner
Alleen) heim. In der
Straßenbahn drei
furchtbar lebensgierige
Mädchen, aufgeputzt
und brutal, sie
kamen vom Tanz
nachhaus. Erschütternde
Augen der Jüngsten,
die wie L. K. von 1946
aussah.
Etwas müde aufgewacht.
Zeitig auf die Wiese,
Ernst Kein kam hin.
Erfreuliche Diskussion
über den Kommunismus,
da einmal leidenschafts-
los und ernstlich.
Auch über Entwicklung.
Daß die Menschen
nie glücklicher waren
und heute nicht
"im Vereinsamen
sind" oder
Notiz: zwischen diesen
zwei Worten, die ich
durch das Zeichen
Worauf ich zielte, habe
ich erreicht.
Und ich bin nun wieder
ohne eine, der ich
lieb sein kann.
Der ich heraus helfen
kann.
Fortsetzung des Reports so
gut ich kann:
Ich muß einmal revidieren.
Gespräch mit Kein war
sehr anregend.
Nachmittags erst
statische Gedichte, dann
kam plötzlich Artmann.
Gingen auf die Sonnen-
wiese, mit Paddy,
unterhielten uns
interessant. Er fährt
7. Juli mit Esther
in die Schweiz,
Frankreich, Holland.
Überraschend angenehmer
Nachmittag mit ihm.
Gasthaus Rosental.
(Ein Krügel Bier.
Daheim ein zweites
später.)
Er hat alle Mädchen
außer Esther aufge-
geben, ich freue
mich so für ihn.
Abends wie gesagt
getrunken gegessen
geschrieben.
Nun erhalte ich
also die Nachricht
Lieber Andreas Okopenko,
Sie brauchen sich bei mir wegen Ihres so aufrichti-
gen Briefes keineswegs zu entschuldigen. Mein
Schweigen bedeutete auch keine Verstimmung, sondern
eine gewisse Ratlosigkeit. Ich lebe in ständiger
Aufregung und fürchte das Neue, das mitr jeder Tag
bringt. Ich verkrieche mich und will gerne in Ruhe
gelassen werden. (Das ist nicht böse gemeint, son-
dern die einzige Hilfe für mich in meiner momentanen
Situation. Glauben Sie mir das, bitte!)
Seien Sie mir nicht böse. Ich bin Ihnen bestimmt
gut.
Mit den allerherzlichsten Grüssen und
vielen Wünschen für die Arbeit
Ihre
Sommer ist so unbestechlich.
Strahlender Sommertag
wie gestern.
Heute tritt die neue
Bürokraft ihren Dienst
an, bin neugierig.
Letzte 10 Minuten vor
dem Büro.
Wie wird dieser Sommer
werden.
Liebe Brigitte Kahr,
nur ganz kurz, der Ordnung halber, abschließend.
Mich hat Ihr gestriges Schreiben sehr gefreut. Es erweist,
daß Sie meinen zu weit gehenden Wunsch damals nicht als
den Wunsch zu einer Gemeinheit angesehen haben. Er war es
auch ganz gewiß nicht. Nur wäre es ganz verständlich gewesen,
wenn Sie ihn so ungünstig aufgefaßt hätten, nach dem allem,
was Ihnen zugestoßen war.
Ich finde Sie auch in der nun objektiven Sicht so wert wie
zuerst und sage es Ihnen, damit Sie wissen, es gibt jemand,
in dessen Leben Sie keine Rolle spielen werden und vor dem
Sie dennoch bestehen.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie wieder aus der Unruhe kommen
werden, in Geborgenheit oder in schönere positivere Aktivitäten.
Damit, und mit lieben Grüßen, schließe ich den Austausch ab.
Ihr
Neue Bürokraft sehr nett,
ganz anders als Huber.
Nachmittags Wetterverschlechte-
rung.
Arbeit über Arbeit.
Abschließenden Brief
an B. K. geschrieben,
mittags.
Früh wieder trüb.
Zu schrei ben versucht.
Unübersichtliche
Arbeit im Büro.
Abends müde.
Kalter Nachmittag.
Abends Wermut
getrunken.
Post vom neuen
(nunmehr "schwarzen")
Verlag
Weigls kam.
Auch 25.- von Weigel
für die "publikationen".
Nun ist B. K. wieder
entlegen. Bald ist
sie durch das
Bahnfenster kaum
mehr zu sehen.
Mitten in der Arbeitswoche eine kurze Ruhepause vor Mittag.
Auch keine Korrespondenzen für die "publ." zu führen. Man hat fast
überhaupt keine Zeit mehr, stehenzubleiben und sich umzudrehen,
bildlich gesagt. Abends immer skizzenhaft einige Resultate
vor dem Einschlafen.
Das mit Brigitte Kahr ist nun auch zu Ende. Ich weiß auch
nicht, wohin nun weiter. Tatsächlich ist nur der Zeitmangel
daran schuld, wenn ich meiner Einsamkeit nicht voll bewußt werde.
(Ein Beamter von der Finanz läutet an.)
25 6 52Wieder trüber Morgen.
Auf der Straßenbahn
fuhren Schüler
nach Schönbrunn.
Schwerer Dienst
im Büro.
Abends gebackene
Leber, Regen,
müßige Gespräche.
Früh Aufheiterung.
Bürotag wie immer,
schwer und ermüdend.
Abends schön.
Wieder schwer
gearbeitet.
Unbeständig, nach
wie vor. Sehr
kühl.
Nie war die Zeit
neutraler als jetzt.
Tagebuch 1952
Tagebuch
Fr 18.4.52 (Fortsetzung)
- Fr 27.6.52
Ich erzählte ihr, daß nunmehr ich Prufrock übersetzt habe.
Sie geht schon rot angezogen und ohne Mantel.
Sonniger Morgen.
Die letzten Abende keine Post erhalten.
Etwas früherer Büroschluß. Frühjahrsausstellung im Künstlerhaus angesehen (Beischläger Aquarell 1951 (342) reizvolle spitze Pinselführung, Erich Miller: See [aber nicht: Paris], klare Landschaften sagten mir am meisten zu. Laske-Ausstellung!).
Weigel angetroffen: Häusler will uns zurückhaben.
Trr, Ferra , Kein, Artmann, + Esther, Schmied.
Lorca-Lesung.
Hofmann getroffen:
Anstrengender Abend.
Vormittag photographiert (Wientalstraße).
Nachmittag gesonnt (Wiese über der Dehnegasse). Herrliche Tage.
Großes Verlangen nach dem Mädchen.
Ich stelle mich, da ich zu eigenem Schreiben aus menschlichen Gründen jetzt unbefähigt bin, ganz in den Dienst der Eliot-Übersetzung. Rhapsodie übertragen.
Bei etwas unruhigerem Wetter Polakovics zu erreichen versucht. Rief ihn für Nachmittag zu mir.
Artmann öffnete nicht, hinter verhängter Türe, mit Esther offenbar im Bett.
Kein ebenfalls nicht angetroffen.
(Polakovics fuhr ja Vormittag nach Floridsdorf.)
Daheim frühere Waste Land Übersetzung revidiert.
An der Sonne gesessen. Polakovics und Maja kamen. Fürchteten mich ganz im Weigelschen Schlepptau (!!) und gegen Hakel verhetzt (?!).
Ich muß wieder einmal zu Hakel gehn, er beeindruckte mich ja, durchaus lieb.
Viel geredet bis abends.
Trüberer Morgen, aber warm.
Kurzer Dienst.
Früh kühler.
Tags schreckliche Hitze im Büro. Langer Dienst. Dr. L.
Wenig Post.
Abends notiert:
Das einzige Positive, was ich momentan tue, ist, die Leute in Ruh lassen.
Schon in aller Frühe heiß.
Briggi auf der Straßenbahn getroffen. Sie lieh mir den Eliot-Band, ich gab ihr meine Übersetzungen zum Lesen. Ich fühle mich ausgehöhlt wie nichts.
Nur der schöne Frühling.
Anstrengender Dienst, Dr. L., lang am Abend.
Etwas Eliot übersetzt.
Abends fand ich die Fotos von Samstag, recht lieb, vor.
Lauter dumme Begegnungen früh. Das Wetter hellte sich gegen Vormittag wieder auf.
Morgen fliegt Dr. L. nach Argentinien.
Briggi, die ich nicht getroffen hatte, rief während meiner Abwesenheit an.
Abends über den Ring, wo eine Demonstration der Bauarbeiter stattfand, in die Kärntnerstraße. Fotoaufnahmen im Art Club. Wenig sympathischer Abend mit Artmann, Schmied, Trr (der ungesund fanatisch ist), Williams (in häßlicher Aufmachung); auch Esther war anwesend.
Mit Kein heimgegangen, das war das Anregendste vom Abend. Das Wetter war kühl.
Keine Post daheim.
Ich weiß nicht, warum Brigitte Kahr mir nicht schreibt.
Briggi Falkinger nicht getroffen, gegen mein Erwarten.
Windiges Wetter.
Ich rief das Mädchen mittags an. Ihr haben die Übersetzungen gefallen, und sie wird morgen zu mir sprechen kommen.
Sensation im Büro: Steger 500.- der Tante überwiesen und ihr den Urlaub verlängert.
Levantinische Kaufleute im Büro.
Abends schöner Abend. Wein, Regen.
Nm. Briggi da.
Im Zimmer mit ihr meine Übersetzungen durchgegangen.
Eliot weiter übersetzt. Schreibereien.
Nm. kam Tante von Mönichkirchen zurück. Gute Stimmung.
Mann mit Schnurrbart, Mädchen aus den Zwanzigerjahren.
Es graust einem vor aller literarischen Manifestation, ob gereimt oder ungereimt, unerträgliche Ueberspanntheit und Falschheit - ist wirklich nichts auszudrücken, nichts da, was ausgedrückt werden soll. ??
Ich habe nichts Positives.
In der Kritik bin ich besser.
Diese Ich-Bezogenheit der Verse, aller jetzigen Verse. Kein Vergleich mit früher. Der Egoist verliert auch, so verkehrt es scheint, alle Souveränität.
Notizen in die Maschine 27 4 52
Wetter trüb; Kastanienkerzen blühn, aber es ist recht kalt.
Ödes Wetter.
Trotz Fehlen von Dr. L. und St. lebhafter Betrieb.
Abends traf ich Tante bei uns zuhause.
Leder. Nur uninteressante Post.
Schönwetter kam.
Tante kam auf Urlaub zu uns.
Früher (13h) bürofrei, auf der Wiese gesonnt, gelesen: "Einladung, deutlich zu leben".
Abends getrunken, sehr gute Laune. Lange spaziert.
Zeitig auf.
Später zu Artmann, wenig los.
Ich habe das Schauen verlernt. Ich weiß zwar, wovor mir graust (Wirrheit, Oberflächlichkeit, Männlichkeit ...) aber ich habe nichts dagegen zu halten. Ich habe jetzt wenig Vergnügen.
Etwas gesonnt.
Leute, die einen dummen Eindruck machen, freut es, wenn sie boshaft sind.
Schlechtigkeit wird von den Dummen als eine Art Rangsteigerung empfunden.
(Gütersloh: Alle Dummheit ist absichtlich. - - -)
Gedicht für Neruda angefangen.
Tante war weiter da.
Früh auf.
Tante letzten Tag hier.
Bei strahlendem Wetter den Tag über erlebnislos.
Abends vor scheußlichem Wetter allein im Art Club.
Später wieder fortgegangen.
Diem über meinen letzten Brief empört, laut Artmann.
Briggi fuhr in einem Besatzungsauto, vor Spiegelgrund, an unserer Straßenbahn vorbei.
T.P.
Sehr geehrter Herr Weigel,
da Sie momentan der einzige sind, der es vielleicht weiß:
Was ist mit Brigitte Kahr los? Ist ihr etwas geschehen oder ist sie fort?
Bitte, seien Sie so lieb und schreiben Sie mir, was Sie von ihr wissen. Mit wirklich herzlichem Dank
Ihr A Okopenko
Vormittag wieder in der Sonne gelegen.
Kein besuchte mich dabei. Später gingen wir Wientalstraße und Hüttelbergstraße spazieren.
Anregendes Gespräch (über Toman , Rhetorik, Durchgebackenheit des Gedichtes, Erlebtheit einer Prosa ...)
Gestern und heute nachmittags viel geordnet.
Früh hatte ich noch genug Zeit.
"Welt am Montag" ist im letzten Jahr vollkommen abgesunken.
Büro: Steger von Salzburg wieder zurück. Sehr lebhafter Dienst.
(Diese Woche bin ich wieder abends dran.)
Wolkenbruch.
Abends in der "Furche" mehrere der letzten Gedichte Wiecherts gelesen.
Früh hatte ich Briggi getroffen, von den Übersetzungen gesprochen. (Das sind x laufend Verzichte.)
(Das niederzuschreiben, ist wiederum ein Verzicht.)
PS. Wenn man hier das Wort "Verzicht" billig auffaßt, als freiwilligen Akt nämlich, könnte es in furchtbar bequemer Weise edel aussehen.
Mittags in den Stadtpark. Heute morgens hatte mich Briggi eingeladen, zu ihrer "Abschiedfeier" vor ihrer Italienfahrt zu kommen. (Heute abends. Es würden mehr Leute dortsein, ihre Freunde, sodaß ich nicht befürchten müßte, aufzufallen.)
Wieder Sonnenwetter.
Redete mit einer Katze im Hof. (Sie sah mir während der Unterredung sehr lieb in die Augen ....)
Rief im Anschluß Briggi in ihrem Büro an. Natürlich ohne Sinn für sie oder mich.
Kann der eine glücklicher oder voller leben als der andere? Ist das unerlöste Leben die Regel?
Ist der Ausdruck treffend: Amateur-Existentialist?
Das Wetter ist schön, blau (manchmal untertags wolkig und windig).
Gestern begannen Kastanienblüten abzufallen.
Schwerer Dienst im Büro. Abends noch angenehm: Etwas Geld kam ins Haus, Leber, Wein.
What'll I do?
Eintrübung.
Briggi nach Italien. (Trifft Beck morgen 10 Uhr vor San Marco).
Steger überraschend nach Zürich, um ein Telefongespräch mit Buenos Aires zu führen.
Morgen bürofrei.
Das Wetter war schlecht, wir kamen um den Spaziergang und die Sonne, auf die wir uns gefreut hatten.
Ich verbrachte den Vormittag zuhause.
Vier Photoaufnahmen mittags.
Den Nachmittag bei unangenehm wechselndem
Die Ruhe ist unglaublich, mit der man in der bürgerlichen Welt als feindselige Einkapselung sitzt.
10 5 52
Vormittag an der Sonne. Mit Kein, der wieder kam, spaziert.
Neuerlich wechselnde Wolken.
Diese Wochen absolute Stille um mich.
Nachmittags gelang mir, wirklich unerwartet, eine Prosa.
Abends besonders intensive Wünsche nach dem Mädchen.
Anstrengender Dienst wie selten in letzter Zeit.
Abkühlung ("Eismänner"). Abends Post, im Anschluß daran Gedanken über den Niedergang unserer Gruppe.
Intensive Arbeit im Büro, aber früher aus.
Kühle Tage.
Abends die sehr tiefstehende Zeitschrift "Freude an Büchern" vorgefunden.
Büroschluß noch zeitiger. Dr. L. kommt überraschend früh zurück.
Nichts.
Kalte Luft.
Zeit vergeudet.
Es ist kalt. Ich warte.
Nach dem Büro unternahm ich einen überraschenden Schritt: Ich übergab die "publikationen" Artmann.
Abends Liquidationsarbeiten bei Wein.
Regen.
Dir. Steger wieder im Büro. Nächste Woche wird schlecht.
Nachmittags letztes Matrizen-Abziehen auf dem Bierhäuselberg.
Gemütlicher Nachmittag.
Morgen wird ein lebhafter Tag.
Früh zu Brigitterl Kahr. Sie ist verreist. Eine sehr gesprächige Nachbarin erzählte mir, Weigel und Ebner haben sich skandalös gegen Brig. benommen. Brigitte habe sich von allen zurückgezogen. Mir gegenüber benahm sich die Nachbarin sehr freundlich. (Sie kannte mich namentlich auch).
In etwa 2 Monaten ist das Umherrreisen von Brig. um.
(Sie nützt jetzt noch die Karte nach ihrem Vater, der Bahnarzt war, aus.)
Kein kam. Er verweigerte den "neuen" (Artmann-) publikationen seine Mitarbeit.
Wir entschlossen uns, die publ. in meinen Händen zu lassen und uns energischer um das Notwendige zu bemühen.
Wir begannen gleich, die finanzielle Festigung durchzubesprechen, und stellten inhaltmäßig das kommende Heft fast fertig.
Nachmittags kamen die jungen Polakovics. Pol. las mir drei Erzählungen von Nossack vor.
Wir sprachen auch verschiedenes.
Anregender Nachmittag.
Maja sieht krank aus, fast verbraucht, obwohl sie endlich die Krankheiten hinter sich hat.
Früh erstmals wieder klarerer Himmel, aber sehr windig und kälter als bisher. Nur drei Grad Wärme.
Korrespondenzen hinausgejagt.
Abends Einladung der Ebner, Gedichte für Paris einzureichen.
Ebner morgens abgeschrieben.
Langer Bürodienst.
Versand für publ. nr. 6 vorbereitet.
Abends kam eine größere Zahlung wieder. (20.-)
Wein und gutes Nachtmahl.
Aufhellung, aber noch unverläßlich.
Fenster geputzt.
Photographien.
Radio v. d. Reparatur zurück.
Artmann, in meiner Abwesenheit, wollte zu Besuch kommen. Morgen werde ich mit Kein zu ihm gehen.
Kein vm.
nm. mit Kein zu Artmann. Dort den status quo mit je 7 Gläschen Schnaps fixiert.
Schwarzer Tag: Generalvertrag mit Westdeutschland.
Vertrag ist unterzeichnet. Krank gefühlt.
Zeit der Platzregen.
Nach dem Büro nach Unterlaa hinausgefahren und zurück. (Mistgeruch, ebenes Land, wärmeres Wetter zwischen Regen). Danach Kein getroffen, vor dem "Kreis".
Dann Vorarlberger Abend dort.
"Vulcano" abends im Wienzeile-Kino bei ziemlicher Hitze.
Auf mich machte der Film einen starken Eindruck.
Später auf der Heimfahrt Gedanken ...
Abends Polakovics, länger als vorgehabt. Anregend mit ihm gesprochen.
Zeichnungen seiner Klasse mit Teilnahme angeschaut. Er unterrichtet, wie man sieht, gut.
Es fiel der Name der B. K.
Frei.
Schönwetter.
Mehrere Gänge.
Auch gesonnt auf der Wiese.
Versucht, zu schreiben (die Skizze).
Trotz angeregtester Stimmung nicht gelungen.
Vormittags gesonnt.
Zu schreiben versucht, wieder vergeblich.
Sommerlicher Tag.
Die Leute kamen nachmittags.
Sommerlich; noch schöner als gestern. Früh aufgestanden, in aller Frühe die Skizze mühelos fertiggeschrieben, zwei Fotoaufnahmen gemacht.
Vormittags in bester Laune auf der Wiese gesonnt. Mama kam später auch.
Nachmittags wieder auf der Wiese gelegen. Sehr braun geworden.
Abends Eliot übersetzt.
Der schönste Tag der Pfingstfeiertage.
Heiß. Anzug.
Abends auf den Bierhäuselberg gefahren (Papier abgegeben.)
Dienst-Woche.
Diese Woche, obwohl Dr. L. fort, viele Arbeit im Büro. Sehr ermüdender Betrieb und gespannte Stimmung.
Seit Dienstag war unbeständigeres Wetter. Heute wieder sehr klar und heiß. Gestern Photographien.
Diese Woche Matrizen geschrieben. Heute, Freitag, fertig geworden.
Nachricht Kahr .
.
.
.
Kahr soll die Geliebte Weigls gewesen sein.
Abends gesoffen.
Frei.
Die gesamte Auflage der "publ." auf dem B.-Berg abgezogen.
Später erst kam Kein dorthin.
Daheim 17 Uhr. Noch weitergearbeitet. Diese "publikationen" entstanden sehr rasch.
Getrunken.
"publ." vm. mit Kein fertiggestellt.
Waste Land V. fertig übersetzt.
Kleine Arbeiten und ausgeruht nachmittags.
Kein hat eine gute Prosa geschrieben. Haben mit ihm über Realismus, Romantik und Neoverismus gesprochen.
Abends noch Preludes übersetzt.
"Welt am Montag" ab nächster Woche ohne Kulturglosse.
Dr. L. wieder im Büro. Viel Arbeit.
Flötzersteig-Kino nach langer Zeit: "Unter dem Himmel von Paris". Ein guter Film (gut = Note 2).
Regnerisch.
Diese Tage Wetter zum größten Teil trüb und kühler.
Viel Arbeit.
"publ."-Versand geht reibungslos vor sich.
Abends bei Polakovics "publ." abgegeben.
Er war nicht zuhause.
Recht öder Abend.
Morgen frei.
Früh hatte ich noch etwas Zeit.
Leicht müde, im ganzen gesehen ...
(Man müßte es schon fast aus der Schrift erkennen. Beim Aufwachen merke ich es auf jeden Fall.)
Abends nahm mich Briggi mit, die, wie ich höre, schon die zweite Woche in Wien wieder ist.
Dort Kirschen gegessen und von ihrer neuen Liebe gesprochen. Briggi hat eine unglückselige Natur. Sie zweifelt jetzt schon, wo alles erst entsteht. Der Mann ist Amerikaner, ihres Lebenstypus', stark und strong hart? herb? (wie ich ihre Art nenne, ihre unglückliche.).
Haben auch darüber gesprochen, warum wir uns wohl nicht gefunden hatten.
Ziemlich spät heim.
Ich möchte Briggi helfen können.
Ordnungen im Haus, für die bevorstehende Übersiedlung.
Trüb, leider.
Versuchte zu schreiben. Verbrachte den späteren Nachmittag in Gedanken an B. K.
Häßliche Begebenheiten im Büro.
Abends lud mich Krischke vom "Theater der Courage" ein, an einer Lesung mitzumachen.
Ich habe ein paar Sachen hergerichtet.
Gute Arbeiten von Jandl sind gekommen! (Polakovics hat ihn "entdeckt".)
Lieber Herr Moldovan,
nachdem nichts und nichts an Bemühungen gefruchtet hat, an Ort und Stelle und bei jenen, die etwas hätten wissen können, muß ich Sie heimsuchen. (Aus der vagen Idee, Sie könnten vielleicht orientiert sein.)
Was ist mit Brigitte Kahr?
Zur Rechtfertigung: Sie haben seinerzeit ihren Band illustriert und kommen auch im Café Raimund und der Welt herum.
Brigitte Kahr, mit der ich in freundlichem Kontakt gestanden bin, hat plötzlich aufgehört, zu reagieren, soll sich von allen zurückgezogen haben und ist auch daheim unantreffbar. Ich bin äußerst besorgt um das Mädchen. Ich halte dabei sehr viel von ihr.
Seien Sie mir auf keinen Fall böse, daß ich diese freundliche Hilfe von Ihnen in Anspruch nehmen will. Anderseits soll es Ihnen nicht peinlich sein, wenn Sie nichts sagen können.
Mit schönem Dank und Gruß
Früh, so wie gestern, schönes Wetter.
Mittags regnet es schon wieder.
Huber seit gestern auf Urlaub.
Neues "Öst. Tagebuch" gekauft, die einzige Zeitschrift, mit der ich mich jetzt noch aufrichtig auseinandersetzen kann.
Nachmittags daheim unterhalten, Reinschrift des "alten Bändchens" weitergemacht.
Tante und Paul kamen dann, und wir tranken mäßig.
Das Wetter bessert sich.
Zu Polakovics gefahren. Mit ihm entlang der Wien spaziert.
Strahlendes Wetter.
Wir unterhielten uns gut. Er kam nachher hierher und las Jandls und meine jüngste Arbeit.
Nachmittag arbeitete ich, später kam er mit Maja wieder. Verbrachten den Nachmittag angeregt. Über Musik und verschiedene jetzige Literatur gestritten.
Maja hatte ein liebes Kleid an.
Wetter wurde wieder häßlich.
Früh: ohne jeden Schwung.
Trübes Wetter.
Brigitte Kahr hat mir nicht gegeschrieben, hat auf diese "publikationen" wieder nicht reagiert. Und auf meinen Brief von damals.
Ich möchte dieses Mädchen nicht allein lassen. Warum läßt sie mich so allein.
Der seit langer Zeit strengste Bürotag.
Es regnete wieder.
Früh schönes Wetter.
Liegt nichts vor mir - ?
Ein noch strengerer Bürotag. (Nationalbank-Kontrolle!)
Strahlend blauer Morgen. Vor dem Schulweg vertreiben sich Kinder die Zeit. Über den Lieben der Heranwachsenden liegt die Gefahr des Spielerischen. Das Gras hinter den Kastanien leuchtet in der Sonne satt grün.
Ich habe gestern von Altmann Sachen erhalten und ihm abends noch geschrieben.
Noch strengerer Tag im Büro.
Nach der Arbeit ins Gartenbau-Kino gerast: "Bitterer Reis", zweitrangiger Film, gegenüber "Vulcano" abfallend. (Natürlich meterhoch über Hollywood.)
Anschließend (20h) im "Kreis" Russischer Abend. Vor allem Gorki, Majakowski eindruck- erweckend, die anderen, neueren, recht aufschlußreich.
Danach im Gasthaus Fröhlich, mit den Leuten vom "Kreis". Wiesflecker; zwei Sp.-Bürger; Paula Mindl, die Ewige. Eine Bürger-Frau und Maschke. Wiesfleckers Freundin. Politische Diskussion. Ein Bürger sagte: "Nur ein Schlechter oder ein Dummer kann Kommunist sein." Wiesflecker sehr nach dunkellinks gerückt seit den früheren Begegnungen.
Nachher mit Wiesflecker und seiner Freundin heimgefahren. Über Politik gesprochen, über Weigel und über B. K. Mit Weigel sei alles ein Unsinn, aber mit Kudrnovsky sei sie gegangen. Nun sei aber alles zerfallen, seit dem Weigel-Skandal.
Zwischen 12 und halb 1, nachdem es auch geregnet hatte, an der Eisengießerei vorbei, in der noch Licht brannte, den Weg hinter dem Windrad zu Fuß heim.
Die Allee. Fenster offen. Diese Juninächte kehren jährlich wieder. Es ist lau und es ist spät und man legt sich einsam nieder.
Den Tag hindurch, der sehr anstrengend war, um einen Brief mich bemüht.
Im Büro wieder sehr schwer gearbeitet, ohne Mittagspause und ohne Übersicht. Schon seit Wochenanfang hält diese Geschwindigkeit an. Ich war auch selten so dumpf wie jetzt, ohne Selbstbesinnung und mit so wenig bewußtem Erleben.
Abends erfolglos geschrieben, aber dann zum Trinken gesetzt.
Wieder unentwegt gearbeitet.
Der Brief an Altmann, und der an Jandl, beide ruhen, aber der Kahr schrieb ich heute.
Auch zwei publ. mittags versandt.
Feucht und kühler. Jetzt abends sitze ich nahe dem offenen
Liebe Brigitte Kahr,
mich zurückerinnernd, kam ich auf den Brief, den ich Ihnen im April geschrieben habe. Es ist mir unangenehm, daß ich mich jemals so ausgesprochen habe:
Ich weiß heute, ich habe meine Aufgabe, Ihnen zu helfen, nicht ausgeführt, sondern habe, anstatt Ihnen Hilfe zu geben, mir von Ihnen Hilfe geholt. Ich habe Sie, als Sie einsam waren, nicht in Ihre Kreise, in denen Sie einzig gedeihen können, zurückführen wollen, sondern wollte zugleich mit Ihrer Einsamkeit meine Einsamkeit beenden. Das war natürlich ein Unding.
Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie meinen verantwortungslosen Brief aus dem April vernichten.
Behalten Sie mich nicht in dieser häßlichen Erinnerung; oder, noch besser, vergessen Sie mich bitte.
Ihnen wünsche ich von Herzen alles, alles Gute.
Büro.
Mittags Post: Jirgal lud mich für abends auf Tivoli ein.
Nachmittag ausgeruht und zu arbeiten versucht. Dann bei schönem Wetter zu Jirgal gefahren.
Die Aufführung der Carmina burana durch Schüler des Tivoliheims (und Jirgal als Trommler) war reizend. Martha Hofmann und Schreibers Frau kamen auch.
Den Abend mit denen bei Jirgals verbracht. Tee, Frau Schreiber und statische Gedichte.
Danach unter Lindengeruch (Schönbrunner Alleen) heim. In der Straßenbahn drei furchtbar lebensgierige Mädchen, aufgeputzt und brutal, sie kamen vom Tanz nachhaus. Erschütternde Augen der Jüngsten, die wie L. K. von 1946 aussah.
Etwas müde aufgewacht. Zeitig auf die Wiese, Ernst Kein kam hin. Erfreuliche Diskussion über den Kommunismus, da einmal leidenschaftslos und ernstlich.
Auch über Entwicklung. Daß die Menschen nie glücklicher waren und heute nicht "im Vereinsamen sind" oder
Notiz: zwischen diesen zwei Worten, die ich durch das Zeichen
Worauf ich zielte, habe ich erreicht.
Und ich bin nun wieder ohne eine, der ich lieb sein kann.
Der ich heraus helfen kann.
Fortsetzung des Reports so gut ich kann:
Ich muß einmal revidieren. Gespräch mit Kein war sehr anregend.
Nachmittags erst statische Gedichte, dann kam plötzlich Artmann. Gingen auf die Sonnenwiese, mit Paddy, unterhielten uns interessant. Er fährt 7. Juli mit Esther in die Schweiz, Frankreich, Holland.
Überraschend angenehmer Nachmittag mit ihm. Gasthaus Rosental. (Ein Krügel Bier. Daheim ein zweites später.)
Er hat alle Mädchen außer Esther aufgegeben, ich freue mich so für ihn.
Abends wie gesagt getrunken gegessen geschrieben.
Nun erhalte ich also die Nachricht
Lieber Andreas Okopenko,
Sie brauchen sich bei mir wegen Ihres so aufrichtigen Briefes keineswegs zu entschuldigen. Mein Schweigen bedeutete auch keine Verstimmung, sondern eine gewisse Ratlosigkeit. Ich lebe in ständiger Aufregung und fürchte das Neue, das mir jeder Tag bringt. Ich verkrieche mich und will gerne in Ruhe gelassen werden. (Das ist nicht böse gemeint, sondern die einzige Hilfe für mich in meiner momentanen Situation. Glauben Sie mir das, bitte!)
Seien Sie mir nicht böse. Ich bin Ihnen bestimmt gut.
Mit den allerherzlichsten Grüssen und vielen Wünschen für die Arbeit Ihre
Sommer ist so unbestechlich.
Strahlender Sommertag wie gestern.
Heute tritt die neue Bürokraft ihren Dienst an, bin neugierig.
Letzte 10 Minuten vor dem Büro.
Wie wird dieser Sommer werden.
Liebe Brigitte Kahr,
nur ganz kurz, der Ordnung halber, abschließend.
Mich hat Ihr gestriges Schreiben sehr gefreut. Es erweist, daß Sie meinen zu weit gehenden Wunsch damals nicht als den Wunsch zu einer Gemeinheit angesehen haben. Er war es auch ganz gewiß nicht. Nur wäre es ganz verständlich gewesen, wenn Sie ihn so ungünstig aufgefaßt hätten, nach dem allem, was Ihnen zugestoßen war.
Ich finde Sie auch in der nun objektiven Sicht so wert wie zuerst und sage es Ihnen, damit Sie wissen, es gibt jemand, in dessen Leben Sie keine Rolle spielen werden und vor dem Sie dennoch bestehen.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie wieder aus der Unruhe kommen werden, in Geborgenheit oder in schönere positivere Aktivitäten.
Damit, und mit lieben Grüßen, schließe ich den Austausch ab.
Ihr
Neue Bürokraft sehr nett, ganz anders als Huber.
Nachmittags Wetterverschlechterung.
Arbeit über Arbeit.
Abschließenden Brief an B. K. geschrieben, mittags.
Früh wieder trüb.
Zu schreiben versucht.
Unübersichtliche Arbeit im Büro. Abends müde.
Kalter Nachmittag. Abends Wermut getrunken.
Post vom neuen (nunmehr "schwarzen") Verlag Weigls kam. Auch 25.- von Weigel für die "publikationen".
Nun ist B. K. wieder entlegen. Bald ist sie durch das Bahnfenster kaum mehr zu sehen.
Mitten in der Arbeitswoche eine kurze Ruhepause vor Mittag. Man hat fast überhaupt keine Zeit mehr, stehenzubleiben und sich umzudrehen, bildlich gesagt. Abends immer skizzenhaft einige Resultate vor dem Einschlafen.
Das mit Brigitte Kahr ist nun auch zu Ende. Ich weiß auch nicht, wohin nun weiter. Tatsächlich ist nur der Zeitmangel daran schuld, wenn ich meiner Einsamkeit nicht voll bewußt werde.
(Ein Beamter von der Finanz läutet an.)
25 6 52Wieder trüber Morgen.
Auf der Straßenbahn fuhren Schüler nach Schönbrunn.
Schwerer Dienst im Büro.
Abends gebackene Leber, Regen, müßige Gespräche.
Früh Aufheiterung. Bürotag wie immer, schwer und ermüdend. Abends schön.
Wieder schwer gearbeitet.
Unbeständig, nach wie vor. Sehr kühl.
Nie war die Zeit neutraler als jetzt.
Tagebuch 1952
Tagebuch
Fr 18.4.52 (Fortsetzung)
- Fr 27.6.52
Ich erzählte ihr, daß nunmehr
ich
Prufrock übersetzt habe.
Sie geht schon rot angezogen
und ohne Mantel.
Sonniger Morgen.
Die letzten Abende keine Post
erhalten.
Etwas früherer Büroschluß.
Frühjahrsausstellung im
Künstlerhaus angesehen
(Beischläger
Aquarell 1951 (342)
reizvolle spitze Pinselführung,
Erich Miller: See [aber nicht:
Paris], klare Landschaften
sagten mir am meisten zu.
Laske-Ausstellung!).
Weigel angetroffen: Häusler
will uns zurückhaben.
Trr,
Ferra
, Kein, Artmann,
+ Esther, Schmied.
Lorca-Lesung.
Hofmann getroffen:
Anstrengender Abend.
Vormittag photographiert
(Wientalstraße).
Nachmittag gesonnt
(Wiese über der Dehnegasse).
Herrliche Tage.
Großes Verlangen nach
dem Mädchen.
Ich stelle mich, da ich
zu eingenem Schreiben
aus menschlichen
Gründen jetzt unbefähigt
bin, ganz in den Dienst
der Eliot-Übersetzung.
Rhapsosdie übertragen.
Bei etwas unruhigerem
Wetter Polakovics zu
erreichen versucht.
Rief ihn für Nach-
mittag zu mir.
Artmann öffnete
nicht, hinter verhängter
Türe, mit Esther
offenbar im Bett.
Kein ebenfalls nicht
angetroffen.
(Polakovics fuhr ja
Vormittag nach
Floridsdorf.)
Daheim frühere
Waste Land
Übersetzung
revidiert.
An der Sonne gesessen.
Polakovics und Maja
kamen. Fürchteten mich
ganz im Weigelschen
Schlepptau (!!) und
gegen Hakel verhetzt (?!).
Ich muß wieder einmal
zu Hakel gehn, er
beeindruckte mich ja,
durchaus lieb.
Viel geredet bis abends.
Trüberer Morgen, aber
warm.
Kurzer Dienst.
Früh kühler.
Tags schreckliche Hitze
im Büro. Langer Dienst.
Dr. L.
Wenig Post.
Abends notiert:
Das einzige Positive, was ich
momentan tue, ist, die
Leute in Ruh lassen.
Schon in aller Frühe
heiß.
Briggi auf der Straßenbahn
getroffen. Sie lieh mir
den Eliot-Band, ich
gab ihr meine Über-
setzungen zum Lesen.
Ich fühle mich ausge-
höhlt wie nichts.
Nur der schöne Frühling.
Anstrengender Dienst,
Dr. L., lang am Abend.
Etwas Eliot übersetzt.
Abends fand ich die
Fotos von Samstag,
recht lieb, vor.
Lauter dumme Begegnungen
früh. Das Wetter hellte
sich gegen Vormittag
wieder auf.
Morgen fliegt Dr. L.
nach Argentinien.
Briggi, die ich nicht
getroffen hatte, rief
während meiner
Abwesenheit an.
Abends über den Ring,
wo eine Demonstration
der Bauarbeiter statt-
fand, in die Kärntner-
straße. Fotoaufnahmen
im Art Club. Wenig
sympathischer Abend
mit Artmann, Schmied,
Trr (der ungesund fanatisch
ist), Williams (in häßlicher
Aufmachung); auch Esther
war anwesend.
Mit Kein
heimgegangen,
das war das Anregendste
vom Abend. Das Wetter
war kühl.
Keine Post daheim.
Ich weiß nicht, warum
Brigitte Kahr mir nicht
schreibt.
Briggi Falkinger nicht
getroffen, gegen mein
Erwarten.
Windiges Wetter.
Ich rief das Mädchen
mittags an. Ihr haben
die Übersetzungen
gefallen, und sie wird
morgen zu mir sprechen
kommen.
Sensation im Büro:
Steger 500.- der Tante
überwiesen und ihr
den Urlaub verlängert.
Levantinische Kaufleute
im Büro.
Abends schöner Abend.
Wein, Regen.
Eliot weiter übersetzt.
Schreibereien.
Nm. kam Tante von
Mönichkirchen zurück.
Gute Stimmung.
Mann mit Schnurrbart, Mädchen aus den Zwanzigerjahren.
Es graust einem vor aller literarischen Manifestation,
ob gereimt oder ungereimt, unerträgliche Ueberspanntheit und
Falschheit - ist wirklich nichts auszudrücken, nichts da, was
ausgedrückt werden soll. ??
Ich habe nichts pPositives.
In der Kritik bin ich besser.
Diese Ich-Bezogenheit der Verse, aller jetzigen Verse.
Kein Vergleich mit früher. Der Egoist verliert auch, so
verkehrt es scheint, alle Souveränität.
Notizen in die Maschine 27 4 52
Wetter trüb; Kastanienkerzen
blühn, aber es ist recht
kalt.
Ödes Wetter.
Trotz Fehlen von Dr. L. und St.
lebhafter Betrieb.
Abends traf ich Tante
bei uns zuhause.
Leder. Nur uninteressante
Post.
Schönwetter kam.
Tante kam auf Urlaub
zu uns.
Früher (13h) bürofrei,
auf der Wiese gesonnt,
gelesen: "Einladung,
deutlich zu leben".
Abends getrunken,
sehr gute Laune.
Lange spaziert.
Zeitig auf.
Später zu Artmann,
wenig los.
Ich habe das Schauen
verlernt. Ich weiß zwar,
wovor mir graust
(Wirrheit, Oberflächlich-
keit, Männlichkeit ...)
aber ich habe nichts
dagegen zu halten.
Ich habe jetzt wenig
Vergnügen.
Etwas gesonnt.
Leute, die einen dummen
Eindruck machen, freut es,
wenn sie boshaft sind.
Schlechtigkeit wird von den
Dummen als eine Art
Rangsteigerung empfunden.
(Gütersloh: Alle Dummheit
ist absichtlich. - - -)
Gedicht für Neruda
angefangen.
Tante war weiter da.
Früh auf.
Tante letzten Tag hier.
Bei strahlendem Wetter
den Tag über erlebnislos.
Abends vor scheußlichem
Wetter allein im Art Club.
Später wieder fort-
gegangen.
Diem über meinen letzten
Brief empört, laut
Artmann.
Briggi fuhr in einem
Besatzungsauto, vor Spiege lgrund,
an unserer Straßenbahn
vorbei.
T.P.
Sehr geehrter Herr Weigel,
da Sie momentan der einzige sind,
der es vielleicht weiß:
Was ist mit Brigitte Kahr los?
Ist ihr etwas geschehen oder
ist sie fort?
Bitte, seien Sie so lieb und schreiben
Sie mir, was sSie von ihr wissen.
Mit wirklich herzlichem Dank
Ihr A Okopenko
Vormittag wieder in der
Sonne gelegen.
Kein besuchte mich
dabei. Später gingen
wir Wientalstraße und
Hüttelbergstraße spazieren.
Anregendes Gespräch
(über
Toman
, Rhetorik,
Durchgebackenheit des
Gedichtes, Erlebtheit
einer Prosa ...)
Gestern und heute
nachmittags viel geordnet.
Früh hatte ich noch
genug Zeit.
"Welt am Montag" ist
im letzten Jahr vollkommen
abgesunken.
Büro: Steger von Salzburg
wieder zurück. Sehr
lebhafter Dienst.
(Diese Woche bin ich
wieder abends dran.)
Wolkenbruch.
Abends in der "Furche"
mehrere der letzten Gedichte
Wiecherts gelesen.
Früh hatte ich Briggi
getroffen, von den
Übersetzungen gesprochen.
(Das sind
x
laufend Verzichte.)
(Das niederzuschreiben,
ist wiederum ein Verzicht.)
PS. Wenn man hier das
Wort "Verzicht" billig
auffaßt, als freiwilligen
Akt nämlich, könnte es in
furchtbar bequemer Weise edel
aussehen.
Mittags in den Stadtpark.
Heute morgens hatte mich
Briggi eingeladen, zu
ihrer "Abschiedfeier"
vo r ihrer Italienfahrt
zu kommen. (Heute abends.
Es würden mehr Leute
dortsein, ihre Freunde,
sodaß ich nicht befürchten
müßte, aufzufallen.)
Wieder Sonnenwetter.
Redete mit einer Katze
im Hof. (Sie sah mir
während der Unterredung
sehr lieb in die Augen ....)
Rief im Anschluß
Briggi in ihrem Büro
an. Natürlich ohne
Sinn für sie oder mich.
Kann der eine glücklicher
oder voller leben als der
andere? Ist das
unerlöste Leben die
Regel?
Ist der Ausdruck treffend:
Amateur-Existentialist?
Das Wetter ist schön,
blau (manchmal
untertags wolkig
und windig).
Gestern begannen
Kastanienblüten
abzufallen.
Schwerer Dienst im
Büro. Abends noch
angenehm: Etwas
Geld kam ins Haus,
Leber, Wein.
What'll I do?
Eintrübung.
Briggi nach Italien.
(Trifft Beck morgen
10 Uhr vor
San Marco).
Steger überraschend
nach Zürich, um
ein Telefongespräch
mit Buenos Aires zu
führen.
Morgen bürofrei.
Das Wetter war schlecht,
wir kamen um den
Spaziergang und die
Sonne, auf die wir
uns gefreut hatten.
Ich verbrachte den
Vormittag zuhause.
Vier Photoaufnahmen
mittags.
Den Nachmittag bei
unangenehm wechselndem
Die Ruhe ist unglaublich, mit der man
in der bürgerlichen Welt als feindselige Einkapselung
sitzt.
10 5 52
Vormittag an der Sonne.
Mit Kein, der wieder kam,
spaziert.
Neuerlich wechselnde
Wolken.
Diese Wochen absolute
Stille um mich.
Nachmittags gelang mir,
wirklich unerwartet,
eine Prosa.
Abends besonders intensive
Wünsche nach dem Mädchen.
Anstrengender Dienst wie
selten in letzter Zeit.
Abkühlung ("Eismänner").
Abends Post, im Anschluß
daran Gedanken über
den Niedergang unserer
Gruppe.
Intensive Arbeit im Büro,
aber früher aus.
Kühle Tage.
Abends die sehr
tiefstehende Zeitschrift
"Freude an Büchern"
vorgefunden.
Büroschluß noch zeitiger.
Dr. L. kommt überraschend
früh zurück.
Nichts.
Kalte Luft.
Zeit vergeudet.
Es ist kalt. Ich warte.
Nach dem Büro unternahm
ich einen überraschenden
Schritt: Ich übergab die
"publikationen" Artmann.
Abends Liquidationsarbeiten
bei Wein.
Regen.
Dir. Steger wieder im Büro.
Nächste Woche wird
schlecht.
Nachmittags letztes
Matrizen-Abziehen
auf dem Bierhäusel-
berg.
Gemütlicher
Nachmittag.
Morgen wird ein
lebhafter Tag.
Früh zu Brigitterl Kahr.
Sie ist verreist. Eine
sehr gesprächige
Nachbarin erzählte
mir, Weigel und Ebner
haben sich skandalös
gegen Brig. benommen.
Brigitte habe sich von
allen zurückgezogen.
Mir gegenüber benahm
sich die Nachbarin
sehr freundlich. (Sie
kannte mich namentlich
auch).
In etwa 2 Monaten
ist das Umherrreisen
von Brig. um.
(Sie nützt jetzt noch die
Karte nach ihrem
Vater, der Bahnarzt
war, aus.)
Kein kam. Er verweigerte
den "neuen" (Artmann-)
publikationen seine
Mitarbeit.
Wir entschlossen uns,
die publ. in meinen
Händen zu lassen
und uns energischer
um das Notwendige
zu bemühen.
Wir begannen gleich, die
finanzielle Festigung
durchzubesprechen,
und stellten inhalt-
mäßig das kommende
Heft fast fertig.
Nachmittags kamen
die jungen Polakovics.
Pol. las mir drei
Erzählungen von
Nossack
vor.
Wir sprachen auch
verschiedenes.
Anregender Nachmittag.
Maja sieht krank aus,
fast verbraucht,
obwohl sie endlich
die Krankheiten
hinter sich hat.
Früh erstmals wieder
klarerer Himmel,
aber sehr windig
und kälter als
bisher. Nur drei
Grad Wärme.
Korrespondenzen hinaus-
gejagt.
Abends Einladung der
Ebner, Gedichte für Paris
einzureichen.
Ebner morgens abge-
schrieben.
Langer Bürodienst.
Versand für publ. nr. 6
vorbereitet.
Abends kam eine
größere Zahlung wieder.
(20.-)
Wein und gutes Nachtmahl.
Aufhellung, aber
noch unverläßlich.
Fenster geputzt.
Photographien.
Radio v. d. Reparatur
zurück.
Artmann, in meiner
Abwesenheit, wollte zu Besuch.
kommen. Morgen werde
ich mit Kein zu ihm
gehen.
Kein vm.
nm. mit Kein zu Artmann.
Dort den status quo
mit je 7 Gläschen
Schnaps fixiert.
Schwarzer Tag:
Generalvertrag mit
Westdeutschland.
Vertrag ist unterzeichnet.
Krank gefühlt.
Zeit der Platzregen.
Nach dem Büro nach
Unterlaa hinausge-
fahren und zurück.
(Mistgeruch, ebenes
Land, wärmeres
Wetter zwischen Regen).
Danach Kein getroffen,
vor dem "Kreis".
Dann Vorarlberger
Abend dort.
"Vulcano" abends
im Wienzeile-Kino
bei ziemlicher Hitze.
Auf mich machte der Film
einen starken Eindruck.
Später auf der Heimfahrt
Gedanken ...
Abends Polakovics,
länger als vorgehabt.
Anregend mit ihm
gesprochen.
Zeichnungen seiner Klasse
der er mit Teilnahme
angeschaut. Er unter-
richtet, wie man sieht,
gut.
Es fiel der Name der
B. K.
Frei.
Schönwetter.
Mehrere Gänge.
Auch gesonnt auf der
Wiese.
Versucht, zu schreiben
(die Skizze).
Trotz angeregtester
Stimmung nicht
gelungen.
Vormittags gesonnt.
Zu schreiben versucht,
wieder vergeblich.
Sommerlicher Tag.
Die Leute kamen
nachmittags.
Sommerlich; noch
schöner als gestern.
Früh aufgestanden,
in aller Frühe die
Skizze mühelos
fertiggeschrieben,
zwei Fotoaufnahmen
gemacht.
Vormittags in bester
Laune auf der Wiese
gesonnt. Mama kam
später auch.
Nachmittags wieder
auf der Wiese gelegen.
Sehr braun geworden.
Abends Eliot übersetzt.
Der schönste Tag der
Pfingstfeiertage.
Heiß. Anzug.
Abends auf den
Bierhäuselberg gefahren
(Papier abgegeben.)
Dienst-Woche.
Diese Woche, o bwohl
Dr. L. fort, viele Arbeit
im Büro. Sehr er-
müdender Betrieb und
gespannte Stimmung.
Seit Dienstag war
unbeständigeres Wetter.
Heute wieder sehr
klar und heiß.
Gestern Photographien.
Diese Woche Matrizen
geschrieben. Heute,
Freitag, fertig
geworden.
Nachricht Kahr .
.
.
.
Kahr soll die Geliebte
Weigls gewesen sein.
Abends gesoffen.
Frei.
Die gesamte Auflage
der "publ." auf dem
B.-Berg abgezogen.
Später erst kam
Kein dorthin.
Daheim 17 Uhr.
Noch weitergearbeitet.
Diese "publikationen"
entstanden sehr rasch.
Getrunken.
"publ." vm. mit
Kein fertiggestellt.
Waste Land V.
fertig übersetzt.
Kleine Arbeiten
und ausgeruht
nachmittags.
Kein hat eine gute
Prosa geschrieben.
Haben mit ihm über
Realismus, Romantik
und Neoverismus
gesprochen.
Abends noch Preludes übersetzt.
"Welt am Montag" ab nächster
Woche ohne Kulturglosse.
Dr. L. wieder im Büro.
Viel Arbeit.
Flötzersteig-Kino nach langer
Zeit: "Unter dem Himmel
von Paris". Ein guter Film
(gut = Note 2).
Regnerisch.
Diese Tage Wetter zum
größten Teil trüb und
kühler.
Viel Arbeit.
"publ."-Versand geht
reibungslos vor sich.
Abends bei Polakovics
"publ." abgegeben.
Er war nicht zuhause.
Recht öder Abend.
Morgen frei.
Früh hatte ich noch
etwas Zeit.
Leicht müde, im
ganzen gesehen ...
(Man müßte es schon
fast aus der Schrift
erkennen. Beim
Aufwachen merke
ich es auf jeden
Fall.)
Abends nahm mich Briggi
mit, die, wie ich höre,
schon die zweite Woche
in Wien wieder ist.
Dort Kirschen gegessen
und von ihrer neuen Liebe
gesprochen. Briggi hat
eine unglückselige
Natur. Sie zweifelt jetzt
schon, wo alles erst
entsteht. Der Mann
ist Amerikaner, ihres
Lebenstypus', stark
und strong hart? herb? (wie ich
ihre Art nenne, ihre
unglückliche.).
Haben auch darüber
gesprochen, warum
wir uns wohl nicht
gefunden hatten.
Ziemlich spät heim.
Ich möchte Briggi
helfen können.
Ordnung en im
Haus, für die
bevorstehende Über-
siedlung.
Trüb, leider.
Versuchte zu schreiben.
Verbrachte den
späteren Nachmittag
in Gedanken an B. K.
Häßliche Begebenheiten
im Büro.
Abends lud mich
Krischke vom
"Theater der Courage"
ein, an einer Lesung
mitzumachen.
Ich habe ein paar
Sachen hergerichtet.
Gute Arbeiten von
Jandl sind gekommen!
(Polakovics hat ihn
"entdeckt".)
Lieber Herr Moldovan,
nachdem nichts und nichts an Bemühungen gefruchtet hat,
an Ort und Stelle und bei jenen, die etwas hätten wissen
können, muß ich Sie heimsuchen. (Aus der vagen Idee,
Sie könnten vielleicht orientiert sein.)
Was ist mit Brigitte Kahr?
Zur Rechtfertigung: Sie haben seinerzeit ihren Band
illustriert und kommen auch im Café Raimund und der
Welt herum.
Brigitte Kahr, mit der ich in freundlichem Kontakt
gestanden bin, hat plötzlich aufgehört, zu reagieren,
soll sich von allen zurückgezogen haben und ist
auch daheim unantreffbar. Ich bin äußerst besorgt
um das Mädchen. Ich halte dabei sehr viel von ihr.
Seien Sie mir auf keinen Fall böse, daß ich diese
freundliche Hilfe von Ihnen in Anspruch nehmen will.
Anderseits soll es Ihnen nicht peinlich sein, wenn
Sie nichts sagen können.
Mit schönem Dank und Gruß
Früh, so wie gestern,
schönes Wetter.
Mittags regnet es
schon wieder.
Huber seit gestern
auf Urlaub.
Neues "Öst. Tagebuch"
gekauft, die
einzige Zeitschrift,
mit der ich mich
jetzt noch aufrichtig
auseinandersetzen
kann.
Nachmittags daheim
unterhalten, Reinschrift
des "alten Bändchens"
weitergemacht.
Tante und Paul kamen
dann, und wir
tranken mäßig.
Das Wetter bessert sich.
Zu Polakovics gefahren.
Mit ihm entlang der
Wien spaziert.
Strahlendes Wetter.
Wir unterhielten uns
gut. Er kam
nachher hierher
und las Jandls
und meine jüngste
Arbeit.
Nachmittag arbeitete
ich, später kamen er mit
und
Maja wieder.
Verbrachten den
Nachmittag angeregt.
Über Musik und ver-
schiedene jetzige Literatur
gestritten.
Maja hatte ein liebes
Kleid an.
Wetter wurde wieder
häßlich.
Früh: ohne jeden
Schwung.
Trübes Wetter.
Brigitte Kahr hat mir
nicht gegeschrieben, hat
auf diese "publikationen"
wieder nicht reagiert.
Und auf meinen Brief
von damals.
Ich möchte d ieses
Mädchen nicht
allein lassen. Warum
läßt sie mich so
allein.
Der seit langer Zeit strengste
Bürotag.
Es regnete wieder.
Früh schönes Wetter.
Liegt nichts vor mir - ?
Ein noch strengerer
Bürotag. (Nationalbank-
Kontrolle!)
Strahlend blauer
Morgen. Vor dem
Schulweg vertreiben
sich Kinder die Zeit.
Über den Lieben der
Heranwachsenden
liegt die Gefahr
des Spielerischen.
Das Gras hinter den
Kastanien leuchtet
in der Sonne
satt grün.
Ich habe gestern
von Altmann
Sachen erhalten
und ihm abends noch
geschrieben.
Noch strengerer Tag im
Büro.
Nach der Arbeit ins
Gartenbau-Kino gerast:
"Bitterer Reis",
zweitrangiger Film,
gegenüber "Vulcano"
abfallend. (Natürlich
meterhoch über Hollywood.)
Anschließend (20h) im
"Kreis" Russischer Abend.
Vor allem Gorki,
Majakowski eindruck-
erweckend, die anderen,
neueren, recht auf-
schlußreich.
Danach im Gasthaus
Fröhlich, mit den
Leuten vom "Kreis".
Wiesflecker; zwei
Sp.-Bürger; Paula
Mindl, die Ewige.
Eine Bürger-Frau
und Maschke.
Wiesfleckers Freundin.
Politische Diskussion.
Ein Bürger sagte:
"Nur ein Schlechter
oder ein Dummer
kann Kommunist sein."
Wiesflecker sehr nach
dunkellinks gerückt
seit den früheren
Begegnungen.
Nachher mit
Wiesflecker und seiner
Freundin heimgefahren.
Über Politik gesprochen,
über Weigel und
über B. K. Mit
Weigel sei alles
ein Unsinn, aber
mit Kudrnovsky
sei sie gegangen.
Nun sei aber alles
zerfallen, seit dem
Weigel-Skandal.
Zwischen 12 und
halb 1, nachdem es
auch geregnet hatte,
an der Eisengießerei
vorbei, in der noch
Licht brannte, den Weg
hinter dem Windrad
zu Fuß heim.
Die Allee. Fenster offen.
Diese Juninächte
kehren jährlich wieder.
Es ist la u
und es ist
spät und man legt
sich einsam nieder.
Den Tag hindurch, der
sehr anstrengend war,
um einen Brief mich
bemüht.
Im Büro wieder
sehr schwer gearbeitet,
ohne Mittagspause
und ohne Übersicht.
sSchon seit Wochen-
anfang hält diese
Geschwindigkeit an.
Ich war auch selten
so dumpf wie jetzt,
ohne Selbstbesinnung
und mit so wenig
bewußtem Erleben.
Abends erfolglos
geschrieben, aber
dann zum Trinken
gesetzt.
Wieder unentwegt
gearbeitet.
Der Brief an
Altmann, und
der an Jandl, beide
ruhten, aber
der Kahr schrieb
ich heute.
Auch zwei publ.
mittags versandt.
Feucht und kühler.
Jetzt abends sitze ich
nahe dem offenen
Liebe Brigitte Kahr,
mich zurückerinnernd, kam ich auf den Brief,
den ich Ihnen im April geschrieben habe. Es ist mir
unangenehm, daß ich mich jemals so ausgesprochen habe:
Ich weiß heute, ich habe meine Aufgabe, Ihnen zu
helfen, nicht ausgeführt, sondern habe, anstatt Ihnen
Hilfe zu geben, mir von Ihnen Hilfe geholt. Ich habe
Sie, als Sie einsam waren, nicht in Ihre Kreise,
in denen Sie einzig gedeihen können, zurückführen wollen,
sondern wollte zugleich mit Ihrer Einsamkeit meine
Einsamkeit beenden. Das war natürlich ein Unding.
Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie
meinen verantwortungslosen Brief aus dem April ver-
nichten.
Behalten Sie mich nicht in dieser häßlichen Erinnerung;
oder, noch besser, vergessen Sie mich bitte.
Ihnen wünsche ich von Herzen alles, alles Gute.
Büro.
Mittags Post: Jirgal
lud mich für abends
auf Tivoli ein.
Nachmittag ausgeruht
und zu arbeiten versucht.
Dann bei schönem
Wetter zu Jirgal gefahren.
Die Aufführung der
Carmina burana durch
Schüler des Tivoliheims
(und Jirgal als Trommler)
war reizend. Martha
Hofmann und Schreibers
Frau kamen auch.
Den Abend mit denen
bei Jirgals verbracht.
Tee, Frau Schreiber und
statische Gedichte.
Danach unter Linden-
geruch (Schönbrunner
Alleen) heim. In der
Straßenbahn drei
furchtbar lebensgierige
Mädchen, aufgeputzt
und brutal, sie
kamen vom Tanz
nachhaus. Erschütternde
Augen der Jüngsten,
die wie L. K. von 1946
aussah.
Etwas müde aufgewacht.
Zeitig auf die Wiese,
Ernst Kein kam hin.
Erfreuliche Diskussion
über den Kommunismus,
da einmal leidenschafts-
los und ernstlich.
Auch über Entwicklung.
Daß die Menschen
nie glücklicher waren
und heute nicht
"im Vereinsamen
sind" oder
Notiz: zwischen diesen
zwei Worten, die ich
durch das Zeichen
Worauf ich zielte, habe
ich erreicht.
Und ich bin nun wieder
ohne eine, der ich
lieb sein kann.
Der ich heraus helfen
kann.
Fortsetzung des Reports so
gut ich kann:
Ich muß einmal revidieren.
Gespräch mit Kein war
sehr anregend.
Nachmittags erst
statische Gedichte, dann
kam plötzlich Artmann.
Gingen auf die Sonnen-
wiese, mit Paddy,
unterhielten uns
interessant. Er fährt
7. Juli mit Esther
in die Schweiz,
Frankreich, Holland.
Überraschend angenehmer
Nachmittag mit ihm.
Gasthaus Rosental.
(Ein Krügel Bier.
Daheim ein zweites
später.)
Er hat alle Mädchen
außer Esther aufge-
geben, ich freue
mich so für ihn.
Abends wie gesagt
getrunken gegessen
geschrieben.
Nun erhalte ich
also die Nachricht
Lieber Andreas Okopenko,
Sie brauchen sich bei mir wegen Ihres so aufrichti-
gen Briefes keineswegs zu entschuldigen. Mein
Schweigen bedeutete auch keine Verstimmung, sondern
eine gewisse Ratlosigkeit. Ich lebe in ständiger
Aufregung und fürchte das Neue, das mitr jeder Tag
bringt. Ich verkrieche mich und will gerne in Ruhe
gelassen werden. (Das ist nicht böse gemeint, son-
dern die einzige Hilfe für mich in meiner momentanen
Situation. Glauben Sie mir das, bitte!)
Seien Sie mir nicht böse. Ich bin Ihnen bestimmt
gut.
Mit den allerherzlichsten Grüssen und
vielen Wünschen für die Arbeit
Ihre
Sommer ist so unbestechlich.
Strahlender Sommertag
wie gestern.
Heute tritt die neue
Bürokraft ihren Dienst
an, bin neugierig.
Letzte 10 Minuten vor
dem Büro.
Wie wird dieser Sommer
werden.
Liebe Brigitte Kahr,
nur ganz kurz, der Ordnung halber, abschließend.
Mich hat Ihr gestriges Schreiben sehr gefreut. Es erweist,
daß Sie meinen zu weit gehenden Wunsch damals nicht als
den Wunsch zu einer Gemeinheit angesehen haben. Er war es
auch ganz gewiß nicht. Nur wäre es ganz verständlich gewesen,
wenn Sie ihn so ungünstig aufgefaßt hätten, nach dem allem,
was Ihnen zugestoßen war.
Ich finde Sie auch in der nun objektiven Sicht so wert wie
zuerst und sage es Ihnen, damit Sie wissen, es gibt jemand,
in dessen Leben Sie keine Rolle spielen werden und vor dem
Sie dennoch bestehen.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie wieder aus der Unruhe kommen
werden, in Geborgenheit oder in schönere positivere Aktivitäten.
Damit, und mit lieben Grüßen, schließe ich den Austausch ab.
Ihr
Neue Bürokraft sehr nett,
ganz anders als Huber.
Nachmittags Wetterverschlechte-
rung.
Arbeit über Arbeit.
Abschließenden Brief
an B. K. geschrieben,
mittags.
Früh wieder trüb.
Zu schrei ben versucht.
Unübersichtliche
Arbeit im Büro.
Abends müde.
Kalter Nachmittag.
Abends Wermut
getrunken.
Post vom neuen
(nunmehr "schwarzen")
Verlag
Weigls kam.
Auch 25.- von Weigel
für die "publikationen".
Nun ist B. K. wieder
entlegen. Bald ist
sie durch das
Bahnfenster kaum
mehr zu sehen.
Mitten in der Arbeitswoche eine kurze Ruhepause vor Mittag.
Auch keine Korrespondenzen für die "publ." zu führen. Man hat fast
überhaupt keine Zeit mehr, stehenzubleiben und sich umzudrehen,
bildlich gesagt. Abends immer skizzenhaft einige Resultate
vor dem Einschlafen.
Das mit Brigitte Kahr ist nun auch zu Ende. Ich weiß auch
nicht, wohin nun weiter. Tatsächlich ist nur der Zeitmangel
daran schuld, wenn ich meiner Einsamkeit nicht voll bewußt werde.
(Ein Beamter von der Finanz läutet an.)
25 6 52Wieder trüber Morgen.
Auf der Straßenbahn
fuhren Schüler
nach Schönbrunn.
Schwerer Dienst
im Büro.
Abends gebackene
Leber, Regen,
müßige Gespräche.
Früh Aufheiterung.
Bürotag wie immer,
schwer und ermüdend.
Abends schön.
Wieder schwer
gearbeitet.
Unbeständig, nach
wie vor. Sehr
kühl.
Nie war die Zeit
neutraler als jetzt.
Okopenko, Andreas: Tagebuch 18.04.1952–27.06.1952. Digitale Edition, hrsg. von Roland
Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno
Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische
Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 1.1,
15.1.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/
Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
LinksInformationJegliche Nutzung der Digitalisate muss mit dem Rechtsnachfolger von Andreas Okopenko, August Bisinger, individuell abgeklärt werden.