Tagebuch
1. Jan.-29. Feb. 1952
Im Novemberwetter warf ich die "publikationen" B. Kahr ins Kästchen.
Gehe zeitlos hin wie ein Dreizehnjähriger.
Um die tragischen Reaktionen reinzuhalten, brauchte es Steine unter den Menschen, die, wenn sie angeweint werden, nicht selbst zerfließen. Ohne solche Nebenläufchen wären Julia und Isolde bis heute gleichungsgiltig.
Den Nachmittag mehr wenig verwendet.
Im Büro unter Herrn Witzmann sehr zur Arbeit herangezogen.
Viele Kinder abends nahe dem Eislaufplatz zu sehen.
Klaus Demus sagte ab; er liest prinzipiell nicht.
Gedicht früh weitergeschrieben.
Im Büro wieder viel zu tun.
Nachmittag wurde es weniger, und ich konnte zeitiger fort. Fruhmann besucht, anregendes Gespräch. Susanne Wenger lebt zwei Jahre schon in Afrika, verheiratet.
Durch die Kärntnerstraße, um die Zeit sehr lärmvoll, in den Art Club. Dort erst später Schmeller (auch Ebner) getroffen. Nach Demus' Absage werde ich lesen. Artmann nicht getroffen.
Fried überwies 80.- Schilling.
Lieber Okopenko,
wegen Krankheit unmittelbar vor der Weihnachtszeit komme ich erst jetzt zu einer Antwort; Dank für Ihren Brief jedenfalls. In Wien war ich nur zwei oder drei Tage, und diese ungern, zur Lesung bei der Buchwoche. Ich sah fast niemanden; daß wir uns nicht trafen, tut mir besonders leid.
Ihre Prosa in den "Stimmen" habe ich gelesen, mit Spannung und Anteilnahme, welche allerdings gegen Ende nachlassen. Da wünscht man sich doch etwas mehr reale Anhaltspunkte, doch bleibt's irgendwo unverbindlich. Wie wär's, wenn Sie zur Übung einmal etwas ganz Gegenständliches versuchten? Zum Beispiel: Zwei Menschen treffen einander zwei Mal; zuerst in der freien Natur wo, und dann in einem Zimmer. Wie das jeweilige Milieu ihre Verhaltensweisen bestimmt, wie sich die Menschen in der jeweiligen Umwelt wandeln. Welche Bilder jeweils möglich sind. - Oder eine Fahrt in der Stadtbahn, oder ihr Büro, oder was geschieht, wenn Sie abends heimkommen. Läßt sich - so müssen sie sich selber fragen - Psychologisches denn nicht in reale Bilder fassen? Oder erzählen Sie eine Behandlung beim Arzt, beschreiben Sie mehr, ohne zu denken, zu meditieren, zu träumen, zu analysieren. Ansätze wären genug da in Ihrem Bisherigen, Sie vergeben sich nichts mit solchen Übungen. Sind aber sehr nützlich. Tun Sie überhaupt mehr diejenigen Sachen, welche Ihnen weniger zu liegen scheinen. Oder versuchen Sie ein Landschaftsgedicht: gerade der Stadtmensch verliert das Kosmische aus dem Auge, leider. Geben Sie's ihm im Wort zurück.
Das sind keine weisen Ratschläge; das alles soll Ihnen nur sagen, daß ich etwas von Ihnen erhoffe, was ich wahrhaftig nicht bei jedem sagen könnte. Nehmen Sie's auch so, und nicht als ungeziemende Einmischung in das Ihre.
Damit Sie sehen, was ich treibe, als Nebenbeschäftigung zur Prosa, lege ich ein paar Gedichte bei. Vielleicht sind sie imstande, Ihnen Lust zu machen für einen Besuch hier; es lohnte sich, und wir beide, Doktor Friedl und ich, würden uns freuen. Man kann ganz billig in einem sauberen Gasthaus leben. Ein Teil Ihres Urlaubs sollte sich doch erübrigen lassen dafür.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit Ihrem Brief bezeugt haben, und wünsche Ihnen, daß das neue Jahr Ihnen freundlich sei und daß Sie es zu nützen verstehen.
Herzlich grüßend:
Ihr
Treffen Sie Ernst Kein zuweilen? Wenn ja: Ich lasse ihn grüßen, er möge doch was hören lassen von sich.
Oberneukirchen, O.Ö., 1.1.52
bei Dr. H. Friedl
Natürlich ist zuzugeben, daß namentlich in letzter Zeit eine isolierte Sinnlichkeit in mir ihr Unwesen treibt.
Das ist degenerativ und als Zufallserscheinung der komplizierteren Sehnsucht zu werten.
Konzentriert aber kürzer zu tun.
Abends Wein und ein Brief von Eisenreich.
(Briggi früh getroffen.)
Lieber Eisenreich,
es freut mich sehr daß Sie reagiert haben. Vielleicht war mein Brief einigermaßen berechnend.
Ich weiß natürlich wie unvollkommen die Schreiberei von unsereinem ist. Ich wollte die von Ihnen zitierte aus den "St. d. Ggw." schon seinerzeit wieder herausnehmen, aber Weigel bestand auf ihr. Ohne das Erfüllen der menschlichen Aufgaben wird eine bessere Arbeit auch schwerlich gelingen. Und der menschlichen Erfüllung bin ich ferner als je, seit ich Briggi Falkinger, die Sie vielleicht kennen, nicht als Geliebte erwarten kann. (Ihnen gegenüber will ich offen sein.)
Wir haben eine nette Katze zuhaus, vom Mädchen bekommen, jetzt ist sie in unseren Augen schon ganz desymbolisiert, und ich habe jetzt ein Stück anständigerer Freude mit dem Tier, ganz um dessen selbst willen.
Meine Mutter macht soeben einen Versuch mit ihr, sie zu alkoholisieren (zwei Kaffeelöffel Wein); die Katze vergißt anscheinend viel leichter, von wo sie herkam als unsereines wo es hinwollte. Und die sogenannte Steigerung der Existenz macht sich im Springen und dem intensivsten Spiel mit der Stoffmaus bemerkbar. (Obwohl sie vor der Dosis schon schlafen wollte.)
Ich werde zu Bett gerufen und habe vorher noch Katze und restliche Gedanken abzufertigen. Zugegeben: gegenwärtig sterile Träume, doch ich kann nicht über meine Kräfte hinaus; habe Wochen in nichts als einem einzigen Hinzielen gelebt. Vergönnen Sie mir ein Impotenz.
Herzlich
(- und wie geht es Ihnen allen? - Grüßen Sie Dr. Friedl von mir!)
Ihr
Eine dünne Schichte Schnee liegt früh. In der letzten Zeit reizvolle Pastellfarben über den Sonnenaufgängen.
Adamsgasse nachmittags.
Dort liegen Ortega y Gassets "Meditationen über die Liebe" zu lesen, ich habe damit nicht begonnen.
Das traditionelle Mädchen von drüben wiedergesehen, einen Stock darüber ein Luder (die soll vierzehn Jahre erst sein) in lila Kleid. Ich assoziierte in die Schreibmaschine, versuchte nach dem Surrealen eine anständige Prosa und versagte schweinisch.
Paul kam und erzählte von den Männern aus der Fabrik. Dann vor allem mit Wodka besoffen. Erstmals; nach Glas um Glas kaum noch gescheit heimgefahren.
Ins Bett gefallen.
Brigitte Kahr hat mir geschrieben.
Fast krank aufgewacht:
Artmann und Kein stellten mit mir die Lesung am 31. zusammen. Beide haben gute Stücke geschrieben.
Das Programm fällt zufriedenstellend aus. Wegen des Lesers gibt es noch Differenzen.
Nachmittags aufgearbeitet und ausgeruht.
Im "Gespräch" (Sender Rot-Weiß-Rot) Mißfallenskundgebung gegen "die moderne Kunst".
Früh Briggi, von weitem, gesehen.
Korrespondenzen, abends ein wenig unangenehme Post.
Vom Büro im vollbesetzten Autobus auf den Bierhäuselberg. Papier abgegeben. Auf dem Rückweg fuhren zwei Buben mit, die noch "jemand mit Brandwunden" besuchen wollten.
Ich sah auf Hütteldorf hinunter, und mir fiel die Hauer ein, "eine ganz gewöhnliche Geschichte", bei der Endstation wollte ich noch in ein Fischgeschäft, Rohscheiben essen, fand es aber nicht.
Nun auch Machwitz wieder zurück. Im Büro führte ich, ziemlich ungestört, geschäftliche Korrespondenz wie auch eigene.
Brief an Häusler ab. Bis heute sind 65 publ. versandt worden.
Langweilige Tage innerlich.
Leben ohne Briggi wirkt sich aus. Kräftner hat in analoger Situation Veronal vorgezogen.
Mit Briggi angeregtes Gespräch früh.
Viel Arbeit.
Bei Matejka abends Aufforderung, einen Artikel über moderne Literatur zu schreiben.
Viel Arbeit.
Briggi wieder getroffen in der Früh.
Ich lieh ihr das Buch von Brigitte Kahr.
Sie deckte den Finger über den Namen, sodaß nur "Brigitte" zu lesen war, und sah mich dabei leicht lächelnd an.
Ich fand gestern abends in der Stadtbahn und daheim, wie abstrakt ich eigentlich jetzt lebe.
Auch heute so gefühlt, sodaß ich am Artikel nicht schreiben konnte.
Die letzte Nummer der publ. gefällt allgemein am besten.
Abends Art Club.
Ghosta erwartet. Aussprache x über ihr widerrechtlich in die publ. genommenes Gedicht. Erst Wortgefecht, sehr scharf und korrekt, dann Ausgleich.. Man glaubt nicht, wie formvollendete Szenen anstrengen.
Spaziergang im Stadtpark mittags. Fast frühlinghaft, nur etwas wesenloser.
Abends mehrfache Post. Von Diem (die schon viel verlernt hat ...), von Rotweißrot und eine Sendung von Fried.
Netter Abend; ein "Fried-day" war zumindest, wenn auch kein "Wholly-day".
Immer wieder viel Arbeit in der PHG.
Auf dieses Wochenende habe ich mich besonders gefreut.
Ich werde von Fried einen langen Brief erhalten. Wenn er sehr belehrt, werde ich zurückschreiben, daß an seinen Gedichten immerhin die Länge ein Mangel ist. Es wird jede Ti-Schlampe ausgekostet, und die Geschichte wird leicht leer.
Nm. angenehm. Ordnungen, und vor allem ausgeruht.
Momentan sitze ich und notiere, fern von jeglichem Mädchen.
(Mehr als einmal kommt es nicht.)
Der zunehmende Frost oder besser die sich steigernde Naßkälte der Wohnung, die Auslagescheiben der Stadt, die Gesichter davor, die Mädchen mit den untrauten teuren Textilien - .
Gerade der Wind am Abend ist mir noch vertraut.
Und ein Liegen im Bett. (Neuerdings ein vorstellungsarmes Liegen im Bett.)
Nach schönen Träumen bin ich aufgewacht.
Sonntag, um auszuruhen. Schönwetter früh, später zu wolkig.
Koreagedicht für die Friedensanthologie hergerichtet (einige Satzzeichen geändert). Bei dieser letzten Fassung bleibe ich auch.
Einen größeren Artikel über moderne Kunst fürs "TB" geschrieben.
Damit genug angestrengt. Den Rest des Tags ruhte ich aus, 16h bei Elfe Gerhart und ihren Chansons (die immer Mittelmäßige).
Nachmittag setzte Schneefall ein.
Sehr den Gegenständen und der Gegenwart mich hingegeben. So wurde der Abend recht geklärt und schön.
Sieben Uhr: Eisgrün und hellblau liegt der Horizont. In der Stadt sind viele Faschingsfeste.
Gegenüber liegt der Mond hellgelb, noch etwas leuchtend, in graublau.
Post erledigt, Artikel an Matejka abgesandt.
Der Unfug, von männlichen und weiblichen Tugenden zu sprechen, ist fast so schlecht, wie sich zu sogenannten männlichen oder weiblichen Gemeinheiten berechtigt zu glauben.
Abends Art Club; Trenks dort wieder kennengelernt.
Hundertwasser, der gegenwärtig ausstellt, hat einige schöne Bilder. Pariserin, auch "Menschen in Paris" und gewisse gelb gehaltene. Die primitiven, da sie eigentlich eher exotistisch sind, gefallen mir weniger.
Anderes zu baukastenähnlich oder übertrieben. Im "Impressionistischen" beinah am stichhaltigsten.
Mit Artmann, Trenks und den anderen nett unterhalten.
Daheim abends kuriose Post.
Mit Briggi gefahren.
Viele Arbeit und Diskussion am Fernschreiber.
Es ist keinesfalls wahr, daß sich die Liebe nicht definieren ließe. Aber durch eine Definition ersetzen läßt sich die Liebe nicht.
Abends Post von Hildi. Ein eigentümliches Gedicht.
Angenehmer Morgen.
In Arbeit den Tag verbracht. Ich bin nicht mehr eingeschüchtert vom Komplizierten, sondern habe heimlich Freude daran.
Abends hatte ich eine Formel zur richtigen Verdünnung von 96%igem Alkohol auszuhecken für jemand, der 35%igen Sligovitz herstellen will.
Katastrophal schlechte Zahlungseingänge für die "publikationen".
Sehr kalter Morgen.
Arbeitsvolle Tage.
(Früh schöner Morgen.)
Briggi längere Zeit schon nicht gesehen.
Nach dem Büro auf die Praterstraße. Einen Anzug gekauft. Danach in die Adamsgasse.
Zu schreiben versucht, und mit vier Kindern von gegenüber unterhalten.
Vm. nach zwei häßlicher gestimmten Tagen wieder wohler gefühlt.
Artmann und Kein kamen zu mir. Wir unterhielten uns über viel, auch - was interessant wurde - über das "surrealistische" und lettristische Material.
Wir nahmen uns vor (wie sonderbar bei uns!), nächsten Sonntag über das zu sprechen.
Fester Schneefall; plötzlich müssen Schneepflüge fahren.
Schneespaziergang um die Mauer.
Ein Vorfrühjahr-Gedicht ist gelungen.
Früh ein gestern begonnenes Vorsommer-Gedicht rasch herübergerettet.
Früh Briggi getroffen.
Leer.
An einem Gedicht versucht:
"Die Sonne wärmt am Morgen Altmetalle ..."
"Jetzt gehen viele Wege unverbindlich in je ein neues Frühjahr auseinander ..."
Erotische Gereiztheit arg.
Abends im Art Club. Besprechung mit Mathes, interessanter als ich gedacht habe.
Sehr gemütliche Atmosphäre. Sache mit J. D. absolviert. Artmann und Schmied kamen.
(Bei Mauthe bin ich wegen der "Birke" von Liselotte Matiasek verrufen.
Mauthe zitiert "Ich kenne eine Birke, es kann sein ..." immer, wenn von mir die Rede ist.)
(Schmied selbst wird in den "Mödl. Nachr." schreiben, " A. Ok. ist zwar einigermaßen berechtigt, eine Anthologie herauszugeben, er darf sich aber nicht für das A und O der Literatur halten." Warum er das schreibe? "Das Wortspiel hat mir gefallen!")
(Hartmann aus Mödling kritisiert sehr die "ausgespuckte Lunge" aus der Weigel-Anthologie.) (Mathes und Dreymann lobten wiederum sehr.)
Es ist die Regel, daß die Leute, die mich persönlich kennenlernen, über meine Jugend erstaunt sind. Die meisten schätzen mich vorher für 30-40, manche für "bärtig und zerfurcht" ein. Ich komme nicht umhin, das als psychologische Flüchtigkeit heimlich zu tadeln.
Man muß lesen und herauslesen können.
Schnee- und Glatteis-Tage bei trübem Himmel. Briggi nicht gesehen.
Täglich laufen jetzt Briefe und Zahlungen betreffend die "publ." ein.
Ich habe einen großen Hang zur landschaftlichen Lyrik in letzter Zeit. Auch dazu gehört aber ein anderes Leben, als es mir hereinkam.
9., 10., 12., 14., 16., 17.
wird es Briggi gut gehen. Sie hat an diesen Tagen bürofrei, amerikanischer Feiertage wegen.
(Wie sie diese Zeit verbringen wird, weiß ich nicht. Auf meinem Kalender stehen nur die Daten.)
Solche Einfälle manchmal. Ich war in der Mittagspause im USiA-Laden und habe Wein gekauft. Nachher habe ich ausnahmsweise mit Huber geplaudert.
Es ist weniger Arbeit im Büro.
Mittags habe ich Pol angerufen, er hat sich sehr über meinen Anruf gefreut. Er hofft, Sonntag schon mit Maja zu mir kommen zu können.
Maja ist nun gesund, aber wegen ihrer vergangenen Krankheit aus der Fabrik hinausgeworfen worden.
Fast keine Arbeit nm. im Büro.
Keine Post daheim.
Gemütlich bei Holz sägen und Schnaps trinken.
Ich habe solche anarchische Sehnsucht.
Früh Amtsweg.
Die Spannung im Büro brach heute aus.
Steger verbot den Herren das Rauchen bei der Postbesprechung. Machwitz und Witzmann waren sehr beleidigt.
Wenige Minuten später kam die Zollfahndung zu Steger. Er mußte, rechts und links eskortiert, zur Finanzlandesdirektion marschieren. Man sagt, er hätte gern jedem fünfhundert Schilling gegeben, wenn er dieses Bild nicht hätte bieten müssen.
Abends nach längerer Zeit sehr guter Schweinsbraten. M. Hofmann lud mich abermals ein. Ich muß einmal schon hingehen.
Wieder Holz gesägt.
Den freien Gedanken nachgegangen.
Früh Briggi gesehen. West-östliche Gespräche im Niemandsland.
Zweimal leichten Schwindel verspürt.
Tags die Fried-Parodie fertiggestellt.
Korrespondenzen und Arbeit.
Abends mit Briggi gefahren. Sie erzählte erstmals seit jener Zeit etwas von ihrem innerlichen Zustand.
Nachts ist hoher Schnee gefallen.
Verspätung auf der Straßenbahn.
Das Paar Maja - Fr. Pol. ist mir sehr lieb.
Huber zeigte sich verabscheuenswert.
Gebärmutterstolz, Wochenblattneugierde und Lebensbrutalität setzen sie zusammen. Gemeinplätze und eine übliche "Anständigkeit" halten das Flickwerk dicht.
Auf das Wochenende habe ich mich sehr gefreut.
Beim Ordnen gefiel mir mein Fragment von Mitte Jänner wieder. Ich schrieb bis spät abends weiter.
Winterlich.
Zwei ganz gute Teile aus dem Zyklus sind fertig.
Briggi lieh mir Kafkas "Chines. Mauer".
Im Büro machte ich das Buch auf, drinnen standen Worte von einem Freund Briggis, wahrscheinlich jenem, deswegen sie mir entzogen wurde:
"Bis der Gesang verklang ... denn es gab keinen Gesang." (aus Juni 1950).
Bei den Russen Alkohol gekauft.
Strahlender Wintertag.
Nach dem Büro vom Kreis die Programme geholt, endlich fertig. Abends noch damit zu tun gehabt.
Woche voll häßlicher Arbeit.
Ich treffe Briggi oft.
Früh Anruf: Rußlandpaket für Papa kam zurück.
Zerfahrener Tag.
Winterkälte draußen, häßliche Zeit will nicht enden.
Abends lasen wir im Art Club. Ein ganz schöner Abend, Altmann und Weißenborn nach langer Zeit wiedergetroffen. Viel Unterhaltung. Bronnen, Armand Jacob.
Mehrere Eingeladene, wie Briggi und Brigitte Kahr, kamen nicht. Der Saal war sonst voll.
Katze muß fort.
Früher ausgefahren.
Unangenehme Atmosphäre im Büro.
Huber hat das Lauernde von einem Luder.
Freie Luder sind sympathisch. Sie aber ist ein Luder mit Dienstmädchennatur.
Huber: "... weil über seinen Chef red't man net."
Nach einem Anruf erfuhren wir, daß Papa aus Borowsk abgefahren ist und nicht als Zivilinternierter geführt werde.
Nach dem Büro zu Artmann. Er plant, Bändchen herzustellen und im Art Club aufzulegen.
Ich kam dazu, Bert Brecht zu lesen.
Konnte vom Büro fortbleiben. Seit gestern Abend geänderte Stimmung in der Familie.
Ruhte genügend aus. Ordnungen.
Abends am Gedicht gearbeitet, fast fertig.
(Russischen Schaumwein, die Flasche nur um 15.- Schilling, getrunken.)
Vormittag später aufgestanden.
Das Gedicht "Frühjahr, abermals unternommen" beendet.
Im schönen Winter - und doch an den Sommer erinnernden Wetter Spaziergang außerhalb Steinhof.
Die rot-weißen Sendetürme stehen in den hellblauen Himmel, schöne Tage.
Kinder rodeln.
Nachmittags bei Martha Hofmann. Ihre Gedichte weitgehend schwach, sie selbst recht einsichtsvoll gegenüber der Moderne und selbst versuchend. Wird für die "publikationen" schreiben.
Notizen außerhalb des Tagebuchs.
Abend Art Club.
Artmann und Mathes nicht getroffen, Lesung Gütersloh, (Ausstellung Bilger. Sie hat einen Brennofen.)
Ich ging bald wieder.
Aber ganz wohl gefühlt, und angenehmer Abend.
Hilde, Dein lieber Brief hat mich gefreut. Deine Gedichtzeilen sind schön, sie sollen wohl auch nicht hier "kritisiert" werden.
Daß Du kommen willst, Hilde, ist lieb. Wann, Hilde?
Deine Schweigsamkeit versuche ich mitfühlend zu verstehen. Ich werde mich aber dennoch freuen, wenn Du mehr Zutrauen zu Dir und mir haben, und zu mir sprechen wirst.
Was ich Dich "fragen möchte", möchte ich dann schon fragen, wenn wir beisammen sind. Auch in meinen Briefen habe ich ja viel gefragt.
(Hilde, ich hab mich für Dich offen gehalten.)
Ich warte jetzt sehr auf Deinen Brief und grüße Dich (sei weniger einsam).
Dein
Nach etwa einer Woche Briggi gesehen.
Sie war im Wartehäuschen, und es kam zu keinem tieferen Gespräch.
Im Büro, wie immer diese Tage, Hitchman und viel Arbeit.
Nachmittags unfrisch gefühlt. "Es gibt nichts Neues, Briggi. Meine Gegenwart ist fad, und meine Vergangenheit bist du."
Abend wie immer angenehm.
Winterliche Tage.
Vm. unangenehme Stimmung für mich im Büro. Hitchman noch da. Viel Arbeit im Geleit neuer geschäftlicher Manipulationen.
Früh fuhr ich mit Briggi. Sie lud mich zu einem Faschingsball in der Sezession ein ...
Briggi trägt jetzt rotgetöntes Haar.
Viel Post war für mich eingelangt.
Ich beantwortete mittags die Briefe der Helene Diem und von Trr.
Abends Wein getrunken. Organisierten gute Stimmung.
Besorgte mir für Sonntag eine Karte (Flötzersteig-Kino) für den "Reigen". Erster Film, den ich mir seit Orpheus u. Wozzeck ansehe.
Früh hatte ich noch Zeit für mich, nach schönen Träumen und bei blauem Morgenanfang.
Ein Tag im Büro ohne die Huber, angenehmer.
Nachm. Adamsgasse. Mäßiger Faschingsnachmittag.
Abends heim.
Freude war fast nur mit dem Mädchen von gegenüber.
Vm. Kein, ergebnisreich gesprochen,
Nm. Artmann, (beide überraschend).
Diktiert, García Lorca, Suite ...
Ab. "Der Reigen" (Flötzersteig-Kino). Im Winterwetter. Ich bin froh, ihn gesehen zu haben.
9h. Weniger ausgeglichener Tagesbeginn.
Früh Briggi ...
Wie leer ich jetzt bin.
Die beiden letzten großen Gedichte, zweier verschiedener Linien, gefallen Kein Artmann als "meine bisher besten".
nm. großer Ärger Dr. Lindners wegen Unübersichtlichkeit im Auftragstand.
Auch Huber ist wieder sehr unangenehm.
Tauwetter.
Abends keine Post.
Familie Pobisch zog sehr gegen die moderne Kunst los.
Briggi befürchtet, wegen mehrerer Eigenschaften aus ihrem Büro entlassen zu werden.
Früh Schneefall, der Schnee taut jedoch gleich.
Im Büro, obwohl Dr. Lindner für 3 Tage nach Wels gefahren ist, wird schlechte Stimmung angekündigt.
Witzmann zurückgekehrt.
Mittags holte ich mir das "stinkende" Geld für den Leseabend aus dem USiS.
Abends Art Club. Gespräch mit Muschik, Schmied, Aratym, der mich hier kennenlernen wollte, (anregend unterhalten über experimentelles Theater und Weiterentwicklung des Films), auch Trenks, Artmann kamen.
Kein blieb aus.
Ein ungenannt gebliebener Avantgardist, der, wie sich Schmied ausdrückte, "drei Reihen vor mir kämpft", hat über mich geäußert:
"Ok. ist die Posaune seiner eigenen Unfähigkeit."
Früh. Briggi wieder nicht gesehen.
Bei ödem Winterwetter Postweg; es kann keine ödere Zeit als die hier gedacht werden.
Verschiedene Ideen. Aratym konnte mich gestern fast zum Drehbuch, zum Bühnenstück verführen.
Vormittags die Nachricht: Tante erlitt einen Blutsturz und muß ins Spital.
Schon zeitig nachmittags sehr müde und lustlos gewesen.
Auf der Heimfahrt:
die Idee eines Theaterstückes sucht mich heim, ich machte mir aber viel Gedanken um das Theater überhaupt.
Abends holte ich Wein, wir tranken und hatten einen gemütlichen Abend.
Früh mit Briggi in der Straßenbahn.
Sie sah 16-jährig aus. Ich hatte sie kaum erkannt in ihrer hellblauen Winterbluse. Wir sprachen, über die Katze, über Maja, ein was erzählte sie mir von sich.
Wortsalat übe sie nie mehr (aber der hat sie doch damals so gereizt?) -
Das war damals, wahrscheinlich meinetwegen. Daß sie es heute nicht mehr tut, sei der Beweis.
Wir trennten uns "Wenn heute nicht Bürotag wäre!"
Im Büro weniger zu tun, sodaß ich Zeit für meine Korrespondenzen hatte.
Jetzt mittags sitze ich, in meine Beziehungen eingespannt, denen ich nicht entlaufen kann, an meinem Tisch und notiere.
Szene geschrieben.
Hoher Schnee.
Wieder Briggi gesehen früh.
Tante geht es besser. Injektionen werden an ihr versucht.
Langer Dienst abends (bis 3/4 7h).
Zuhause war der bestellte Band Rilke eingelangt.
Es schneit fort.
Die merkantile Durchsetzung frißt weiter .. Das "Kleine Theater im Konzerthaus" steht, wie ich gestern entdeckt habe, unter der Direktion von Trude Pöschl, der Frau des ARGA-Schiebers und Besitzers der ARGA-Ställe.
Die Ruheplätze nehmen ab ...
Tiefer Schnee in der Früh.
Gegen 12h begann noch wahnsinnige Arbeit.
Nm. bei Tante in der Adamsgasse. Sie wird Montag wieder ins Büro gehen können.
Einen ruhigen Nachmittag verbracht, meinen Dialog ins Reine geschrieben und außerdem einen zweiten hinzugefügt. Abends im tiefen Schnee heim.
Das Mädchen von gegenüber sah mich dieses Mal nicht.
Konnte später aufstehen. Helene Diems neuerliche Einladung, die gestern noch express mich erreichte, konnte ich nicht mehr annehmen, da ich nachmittags bei eingeladen war.
Vm. Ordnungen. Ausgeruht.
Nm. zu Artmann, interessant, (ich sandte ihn dann zu Helene Diem), darauf zu Polakovics.
Er hat nach über einjähriger Unterbrechung wieder ein Gedicht geschrieben.
Traude, die angesagt war, kam nicht; sie ist in Floridsdorf eingeschneit.
Über das letzte Gedicht, den Ingrid-Dialog und über mein letztes Halbjahr gesprochen ... Zu Ergebnissen für hier wie da jedenfalls gekommen -
Spät heim.
Mit Briggi gefahren.
Arbeit im Büro, die mir fast über den Kopf wuchs.
Spät heim. Linie "10" verkehrte nicht. Auf eine Viertelstunde zu Pol und Maja. Sie werden sich um die Unterbringung der Katze noch bemühen, Tierschutzverein ist Todesurteil.
Daheim noch Holz zerkleinert.
Früh am Dialog weitergeschrieben.
Briggi nur gesehn.
Viel Arbeit im Büro. Keine gute Stimmung.
Am Dialog weiter.
Art Club. Lauter schlechte Geschichten, mit Kein und Artmann gesprochen.
Abends wieder Briggi.
Sie hat den ersten Schritt ihres Vorhabens noch nicht unternommen; hat inzwischen eine Zeitlang ein Ersatzziel gefunden, es dann sogar erstmals für "keinen Ersatz" gehalten ... Das hat sich dann aber auch wieder anders entwickelt.
Wärmeres schmutziges Wetter. Öde. Öde. Heute Entscheidung mit der Katze. Briggi wieder getroffen.
Die Stimmung im Büro ist sehr zuwider.
Schwindelweg in die Bank (59.000.-)
Mittags heimliche Meuterei Machwitz' und Witzmanns. Die Stimmung wurde danach besser.
Chef nachmittags fort. Aufgelockerter Bürobetrieb.
Anruf von Polakovics:
Katze wird genommen! Morgen soll ich sie in die Tigergasse bringen.
Abends Abschiedtrinken dem Tigerl.
Früh Abschied von Tigerl.
Weniger Arbeit vm.
Herr Gottwald von der Welser Niederlage war zu Besuch.
Am Dialog weitergeschrieben. Das wurde nachher vernichtet.
Abends las ich in einer seltenen Pornographie, die ich von Huber ausgeliehen bekommen hatte.
Wenig Arbeit im Büro. Gegen Abend taute es. Abends kamen die "Neuen Wege", Feb/März-Heft. Diese Woche keine Post. Wieder gelesen.
Früh Überschwemmung im Keller.
Freundlicher Morgen.
Büro.
Nachmittags Pornographie , abends Wein.
Vm. Gedicht.
(Später aufgestanden.)
Fast schon Vorfrühjahr in der Luft.
Ausgeruht.
Versuchte vergebens am Dialog weiterzuschreiben.
Früh Briggi.
Ich war so alltäglich ... Im Büro Dr. Lindner wieder. Abends Faschingsausklang.
Mir tut jetzt so leid, daß auch Brigitte Kahr es nicht werden konnte.
Das Büro den Tag über war häßlich und nichts als ein Gefängnis.
Ich freue mich nicht einmal auf die Zusammenkunft im Art Club abends.
Ging abends nicht in den Art Club sondern fuhr zeitig heim.
Es wurde gemütlich.
Bier.
Schöne Gedanken abends.
Auch heute Briggi nicht getroffen. Schneeregen. Literarisch impotent.
Im Büro viel Arbeit, lange Fernschreiber mit Zürich. Huber ist krank.
Liebe Brigitte Kahr,
Sie würden mir eine große Freude machen, wenn Sie folgendem zusagen würden:
Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie, bitte, zu mir.
Falls Sie nichts Neues für die "publikationen" haben, spielt es keine Rolle. Einmal möcht ich mit Ihnen auf den ganzen literarischen Betrieb vergessen und möcht, daß Sie mir von sich erzählen; möcht hören, was Sie auf dem Herzen haben, liebes "Mädchen mit dem Sichelmund".
Daß Sie ein liebes Mädchen sind, möchte ich Ihnen immer wieder sagen, was Ihnen auch sonst von den Leuten vielleicht Trauriges zugestoßen ist.
Bitte, schreiben Sie mir, ob Sie Lust haben und ob Sie an einem Sonntag vielleicht Zeit haben, zu mir zu kommen.
Ich habe viel Freude an Ihnen.
Mit lieben Grüßen
Ihr
Tagebuch
1. Jan.-29. Feb. 1952
Im Novemberwetter warf ich
die "publikationen"
B. Kahr ins Kästchen.
Gehe zeitlos hin wie ein
Dreizehnjähriger.
Um die tragischen Reaktionen
reinzuhalten, brauchte es
Steine unter den Menschen,
die, wenn sie angeweint
werden, nicht selbst
zerfließen. Ohne solche
Nebenläufchen wären
Julia und Isolde bis heute
gleichungsgiltig.
Den Nachmittag mehr wenig verwendet.
Im Büro unter Herrn Witzmann
sehr zur Arbeit herangezogen.
Viele Kinder abends nahe
dem Eislaufplatz zu sehen.
Klaus Demus sagte ab; er
liest prinzipiell nicht.
Gedicht früh weitergeschrieben.
Im Büro wieder viel zu tun.
Nachmittag wurde es weniger,
und ich konnte zeitiger
fort. Fruhmann besucht,
anregendes Gespräch.
Susanne Wenger lebt zwei
Jahre schon in Afrika,
verheiratet.
Durch die Kärntnerstraße,
um die Zeit sehr
lärmvoll, in den Art Club.
Dort erst später Schmeller
(auch Ebner) getroffen.
Nach Demus' Absage
werde ich lesen.
Artmann nicht getroffen.
Fried überwies 80.- Schilling.
Lieber Okopenko,
wegen Krankheit unmittelbatr vor der Weihnachtszeit
komme ich erst jetzt zu einer Antwort; Dank für
Ihren Brief jedenfalls. In Wien war ich nur zwei
oder drei Tage, und diese ungern, zur Lesung bei
der Buchwoche. Ich sah fast niemanden; daß wir uns
nicht trafen, tut mir besonders leid.
Ihre Prosa in den "Stimmen" habe ich gelesen, mit
Spannung und Anteilnahme, welche allerdings gegen Ende
nachlassen. Da wünscht man sich doch etwas mehr reale
Anhaltspunkte, doch bleibt's irgendwo unverbindlich.
Wie wär's, wenn Sie zur Übung einmal etwas ganz
Gegenständliches versuchten? Zum Beispiel: Zwei Menschen
treffen einander zwei Mal; zuerst in der freien Natur
wo, und dann in einem Zimmer. Wie das jeweilige Milieu
ihre Verhaltensweisen bestimmt, wie sich die Menschen
in der jeweiligen Umwelt wandeln. Welche Bilder jeweils
möglich sind. - Oder eine Fahrt in der Stadtbahn, oder
ihr Büro, oder was geschieht, wenn Sie abends heim-
kommen. Läßt sich - so müssen sie sich selber fragen -
Psychologisches denn nicht in reale Bilder fassen?
Oder erzählen Sie eine Behandlung beim Arzt, beschreiben
Sie mehr, ohne zu denken, zu meditieren, zu träumen,
zu analysieren. Ansätze wären genug da in Ihrem Bis-
herigen, Sie vergeben sich nichts mit solchen Übungen.
Sind aber sehr nützlich. Tun Sie überhaupt mehr die-
jenigen Sachen, welche Ihnen weniger zu liegen scheinen.
Oder versuchen Sie ein Landschaftsgedicht: gerade
der Stadtmensch verliert das Kosmische aus dem Auge,
leider. Geben Sie's ihm im Wort zurück.
Das sind keine weisen Ratslchläge; das alles soll
Ihnen nur sagen, daß ich etwas von Ihnen erhoffe, was
ich wahrhaftig nicht bei jedem sagen könnte. Nehmen
Sie's auch so, und nicht als ungeziemende Einmischung
in das Ihre.
Damit Sie sehen, was ich treibe, als Nebenbeschäftigung
zur Prosa, lege ich ein paar Gedichte bei. Viel-
leicht sind sie imstande, Ihnen Lust zu machen für
einen Besuch hier; es lohnte sich, und wir beide,
Doktor Friedl und ich, würden uns freuen. Man kann
ganz billig in einem sauberen Gasthaus leben. Ein
Teil Ihres Urlaubs sollte sich doch erübrigen lassen
dafür.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit
Ihrem Brief bezeugt haben, und wünsche Ihnen, daß
das neue Jahr Ihnen freundlich sei und daß Sie es
zu nützen verstehen.
Herzlich grüßend:
Ihr
Treffen Sie Ernst Kein zuweilen? Wenn ja: Ich lasse
ihn grüßen, er möge doch was hören lassen von sich.
Oberneukirchen, O.Ö., 1.1.52
bei Dr. H. Friedl
Natürlich ist zuzugeben, daß
namentlich in letzter Zeit
eine isolierte Sinnlichkeit
in mir ihr Unwesen treibt.
Das ist degenerativ und
als Zufallserscheinung
der komplizierteren
Sehnsucht zu werten.
Konzentriert aber kürzer
zu tun.
Abends Wein und ein Brief
von Eisenreich.
(Briggi früh getroffen.)
Lieber Eisenreich,
es freut mich sehr daß Sie reagiert
haben. Vielleicht war mein Brief
einigermaßen berechnend.
Ich weiß natürlich wie unvollkommen
die Schreiberei von unsereinem ist.
Ich wollte die von Ihnen zitierte aus
den "St. d. Ggw." schon seinerzeit
wieder herausnehmen, aber Weigel
bestand auf ihr. Ohne das Erfüllen
der menschlichen Aufgaben wird
eine bessere Arbeit auch schwerlich
gelingen. Und der menschlichen Erfüllung
bin ich ferner als je, seit ich
Briggi Falkinger, die Sie vielleicht
kennen, nicht als Geliebte erwarten
kann. (Ihnen gegenüber will ich
offen sein.)
Wir haben eine nette Katze zuhaus, vom
Mädchen bekommen, jetzt ist sie in unserern
Augen schon ganz desymbolisiert, und
ich habe jetzt ein Stück anständigerer
Freude mit dem Tier, ganz um dessen
selbst willen.
Meine Mutter macht soeben einen Versuch
mit ihr, sie zu alkoholisieren (zwei
Kaffeelöffel Wein); die Katze vergißt
anscheinend viel leichter, von wo sie
herkam als unsereines wo es hin-
wollte. Und die sogenannte Steigerung
der Existenz macht sich im Springen
und dem intensivsten Spiel mit der
Stoffmaus bemerkbar. (Obwohl sie vor
der Dosis schon schlafen wollte.)
Ich werde zu Bett gerufen und habe
vorher noch Katze und restliche
Gedanken abzufertigen. Zugegeben:
gegenwärtig sterile Träume, doch
ich kann nicht über meine K räfte
hinaus; habe Wochen in nichts
als einem einzigen Hinzielen
gelebt. Vergönnen Sie mir ein
Impotenz.
Herzlich
(- und wie geht es Ihnen allen? -
Grüßen Sie Dr. Friedl von mir!)
Ihr
Eine dünne sSchichte Schnee
liegt früh. In der letzten
Zeit reizvolle Pastellfarben
über den Sonnenaufgängen.
Adamsgasse nachmittags.
Dort liegen Ortega y Gassets
"Meditationen über die
Liebe" zu lesen, ich habe
damit nicht begonnen.
Das traditionelle Mädchen
von drüben wiederge-
sehen, einen Stock darüber
ein Luder (die soll vier-
zehn Jahre erst sein)
in lila Kleid. Ich asso-
ziierte in die Schreib-
maschine, versuchte
nach dem Surrealen
eine anständige Prosa
und versagte schweinisch.
Paul kam und erzählte
von den Männern aus der
Fabrik. Dann vor allem
mit Wodka besoffen.
Erstmals; nach Glas
um Glas, kaum noch
gescheit heimgefahren.
Ins Bett gefallen.
Brigitte Kahr hat mir
geschrieben.
Fast krank aufgewacht:
Artmann und Kein
stellten mit mir die
Lesung am 31. zu-
sammen. Beide haben
gute Stücke geschrieben.
Das Programm fällt
zufriedenstellend aus.
Wegen des Lesers gibt
es noch Differenzen.
Nachmittags aufge-
arbeitet und ausgeruht.
Im "Gespräch" (Sender
Rot-Weiß-Rot) verabredete
Mißfallenskundgebung
gegen "die moderne Kunst".
Früh Briggi, von weitem,
gesehen.
Korrespondenzen, abends
ein wenig unangenehme
Post.
Vom Büro im vollbesetzten
Autobus auf den Bier-
häuselberg. Papier
abgegeben. Auf derm
Rückweg fuhren zwei
Buben mit, die noch
"jemand mit Brandwunden"
besuchen wollten.
Ich sah auf Hütteldorf
hinunter, und mir fiel
die Hauer ein, "eine ganz
gewöhnliche Geschichte",
bei der Endstation
wollte ich noch in ein
Fischgeschäft, Rohscheiben
essen, fand es aber nicht.
Nun auch Machwitz
wieder zurück. Im
Büro führte ich, ziemlich
ungestört, geschäftliche
Korrespondenz wie auch
eigene.
Brief an Häusler ab.
Bis heute sind 65
publ. versandt worden.
Langweilige Tage
innerlich.
Leben ohne Briggi wirkt
sich aus. Kräftner hat
in analoger Situation
Veronal vorgezogen.
Mit Briggi a ngeregte s
Gespräch früh.
Viel Arbeit.
Bei Matejka abends
Aufforderung, einen
Artikel über moderne
Literatur zu schreiben.
Viel Arbeit.
Briggi wieder getroffen
in der Früh.
Ich l ieh ihr das Buch
von Brigitte Kahr.
Sie deckte den Finger
über den Namen, sodaß
nur "Brigitte" zu lesen
war, und sah mich
dabei leicht lächelnd
an.
Ich fand gestern abends
in der Stadtbahn und
daheim, wie abstrakt
ich eigentlich jetzt lebe.
Auch heute so gefühlt,
sodaß ich am Artikel
nicht schreiben konnte.
Die letzte Nummer der
publ. gefällt allgemein
am besten.
Abends Art Club.
Ghosta erwartet. Aussprache
x
über ihr widerrechtlich in die publ.
genommenes Gedicht. Erst Wortgefecht,
sehr scharf und korrekt, dann Ausgleich..
Man glaubt nicht, wie
formvollendete Szenen
anstrengen.
Spaziergang im Stadt-
park mittags. Fast
frühlinghaft, nur
etwas wesenloser.
Abends mehrfache Post.
Von Diem (die schon
viel verlernt hat ...),
von Rotweißrot und
eine Sendung von
Fried.
Netter Abend; ein
"Fried-day" war
zumindest, wenn auch
kein "Wholly-day".
Immer wieder viel Arbeit
in der PHG.
Auf dieses Wochenende
habe ich mich besonders
gefreut.
Ich werde von Fried
einen langen Brief erhalten.
Wenn er sehr belehrt,
werde ich zurückschreiben,
daß an seinen Gedichten
immerhin die Länge
ein Mangel ist. Es
wird jede Ti-Schlampe
ausgekostet, und die
Geschichte wird leicht
leer.
Nm. angenehm. Ord-
nungen, und vor allem
ausgeruht.
Momentan sitze ich und
notiere, fer n von jeglichem
Mädchen.
(Mehr als einmal kommt
es nicht.)
Der zunehmende Frost oder besser
die sich steigernde Naßkälte der
Wohnung, die Auslagescheiben
der Stadt, die Gesichter davor,
die Mädchen mit den untrauten
teuren Textilien - .
Gerade der Wind am Abend
ist mir noch vertraut.
Und ein Liegen im Bett.
(Neuerdings ein vorstellungs-
armes Liegen im Bett.)
Nach schönen Träumen
bin ich aufgewacht.
Sonntag, um auszuruhen.
Schönwetter früh, später
zu wolkig.
Koreagedicht für die
Friedensanthologie herge-
richtet (einige Satzzeichen
geändert). Bei dieser letzteren
Fassung bleibe ich auch.
Einen größeren Artikel
über moderne Kunst
fürs "TB" geschrieben.
Damit genug angestrengt.
Den Rest des Tags ruhte
ich aus, 16h bei Elfe
Gerhart und ihren
Chansons (die immer
Mittelmäßige).
Nachmittag setzte Schneefall
ein.
Sehr den Gegenständen
und der Gegenwart mich
hingegeben. So wurde der
Abend recht geklärt und
schön.
Sieben Uhr: Eisgrün und
hellblau liegt der Horizont.
In der Stadt sind viele
Faschingsfeste.
Gegenüber liegt der Mond
hellgelb, noch etwas leuchtend,
in graublau.
Post erledigt, Artikel an
Matejka abgesandt.
Der Unfug, von männlichen
und weiblichen Tugenden
zu sprechen, ist fast
so schlecht, wie sich zu
sogenannten männlichen
oder weiblichen Gemein-
heiten berechtigt zu
glauben.
Abends Art Club;
Trenks dort wieder kennen-
gelernt.
Hundertwasser, der
gegenwärtig ausstellt,
hat einige schöne Bilder.
Pariserin, auch "Menschen
in Paris" und gewisse
gelb gehaltene. Die
primitiven, da sie
eigentlich eher
exotistisch sind,
gefallen mir weniger.
Anderes zu Bbaukasten-
ähnlich oder übertrieben.
Im "Impressionistischen"
beinah am stichhaltigsten.
Mit K
Artmann, Trenks und
den anderen nett unter-
halten.
Daheim abends kuriose
Post.
Mit Briggi gefahren.
Viele Arbeit und
Diskussion am Fern-
schreiber.
Es ist keinesfalls wahr,
daß sich die Liebe
nicht definieren ließe.
Aber durch eine
Definition ersetzen
läßt sich die Liebe
nicht.
Abends Post von Hildi.
Ein eigentümliches
Gedicht.
Angenehmer Morgen.
In Arbeit den Tag
verbracht. Ich bin
nicht mehr einge-
schüchtert vom Kom-
plizierten, sondern
habe heimlich Freude
da ran.
Abends hatte ich eine
Formel zur richtigen
Verdünnung von
96%igem Alkohol aus-
zuhecken für jemand,
der 35%igen Sligovitz
herstellen will.
Katastrophal schlechte
Zahlungseingänge für die
"publikationen".
Sehr kalter Morgen.
Arbeitsvolle Tage.
(Früh schöner Morgen.)
Briggi längere Zeit
schon nicht gesehen.
Nach dem Büro auf
die Praterstraße. Einen
Anzug gekauft. Danach
in die Adamsgasse.
zZu schreiben versucht,
und mit vier Kindern
von gegenüber unterhalten.
Vm. nach zwei häßlicher
gestimmten Tagen wieder
wohler gefühlt.
Artmann und Kein
kamen zu mir. Wir
unterhielten uns über
viel, auch - was
interessant wurde -
über das "surrea-
listische" und
lettristische Material.
Wir nahmen uns vor
(wie sonderbar bei uns!),
nächsten Sonntag über
das zu sprechen.
Fester Schneefall:;
plötzlich müssen Schnee-
pflüge fahren.
Schneespaziergang um
die Mauer.
Ein Vorfrühjahr-Gedicht
ist gelungen.
Früh ein gest ern
begonnenes Vorsommer-
Gedicht rasch
herübergerettet.
Früh Briggi getroffen.
Leer.
An einem Gedicht
versucht:
"Die Sonne wärmt am Morgen
Altmetalle ..."
"Jetzt gehen viele Wege
unverbindlich
in je ein neues Frühjahr
auseinander ..."
Erotische Gereiztheit arg.
Abends im Art Club.
Besprechung mit Mathes,
interessanter als ich
gedacht habe.
Sehr gemütliche Atmosphäre.
Sache mit J. D. absolviert.
Artmann und Schmied
kamen.
(Bei Mauthe bin ich wegen
der "Birke" von Liselotte
Matiasek verrufen.
Mauthe zitiert "Ich kenne
eine Birke, es kann sein ..."
immer, wenn von mir
die Rede ist.)
(Schmied selbst wird in
den "Mödl. Nachr." schreiben,
"
A. Ok. ist zwar einigermaßen
berechtigt, eine Anthologie
herauszugeben, er darf
sich aber nicht für das
A und O der Literatur
halten." W arum er
das schreibe? "Das
Wortspiel hat mir
gefallen!")
(Hartmann aus Mödling
kritisiert sehr die
"ausgespuckte Lunge"
aus der Weigel-Anthologie.)
(Mathes und Dreymann
lobten wiederum sehr.)
Es ist die Regel, daß die
Leute, die mich persönlich
kennenlernen, über
meine Jugend erstaunt
sind. Die meisten
schätzen mich vorher
für 30-40, manche für
"bärtig und zerfurcht" ein.
Ich komme nicht umhin,
das als psychologische
Flüchtigkeit heimlich
zu tadeln.
Man muß lesen und
herauslesen können.
Schnee- und Glatteis-Tage
bei trübem Himmel.
Briggi nicht gesehen.
Täglich laufen jetzt
Briefe und Zahlungen
betreffend die "publ."
ein.
Ich habe einen großen
Hang zur Llandschaftlichen
Lyrik in letzter Zeit.
Auch dazu gehört
aber ein anderes
Leben, als es mir
hereinkam.
9., 10., 12., 14., 16., 17.
wird es Briggi gut gehen.
Sie hat an diesen Tagen
bürofrei, amerikanischer
Feiertage wegen.
(Wie sie diese Zeit verbringen
wird, weiß ich nicht.
Auf meinem Kalender
stehen nu r die Daten.)
Solche Einfälle manchmal.
Ich war in der Mittags-
pause im USiA-Laden
und habe Wein gekauft.
Nachher habe ich aus-
nahmsweise mit Huber
geplaudert.
Es ist weniger Arbeit im
Büro.
Mittags habe ich Pol
angerufen, er hat sich
sehr über meinen Anruf
gefreut. Er hofft, Sonntag
schon mit Maja zu mir
kommen zu können.
Maja ist nun gesund, aber
wegen ihrer vergangenen
Krankheit aus der Fabrik
hinausgeworfen worden.
Fast keine Arbeit nm. im
Büro.
Keine Post daheim.
Gemütlich bei Holz sägen
und Schnaps trinken.
Ich habe solche anarchische
Sehnsucht.
Früh Amtsweg.
Die Spannung im Büro
brach heute aus.
Steger verbot den Herren
das Rauchen bei der
Postbesprechung. Machwitz
und Witzmann waren
sehr beleidigt.
Wenige Minuten später
kam die Zollfahndung
zu Steger. Er mußte,
rechts und links eskortiert,
zur Finanzlandes-
direktion marschieren.
Man sagt, er hätte
gern jedem fünfhundert
Schilling gegeben, wenn
er dieses Bild nicht
hätte bieten müssen.
Abends nach längerer Zeit
sehr guter Schweinsbraten.
M. Hofmann lud mich
abermals ein. Ich muß
einmal schon hingehen.
Wieder Holz gesägt.
Den freien Gedanken
nachgegangen.
Früh Briggi gesehen.
West-östliche Gespräche
im Niemandsland.
Zweimal leichten
Schwindel verspürt.
Tags die Fried-Parodie
fertiggestellt.
Korrespondenzen und
Arbeit.
Abends mit Briggi
gefahren. Sie erzählte
erstmals seit jener Zeit
etwas von ihrem
innerlichen Zustand.
Nachts ist hoher Schnee
gefallen.
Verspätung auf der
Straßenbahn.
Das Paar Maja - Fr. Pol.
ist mir sehr lieb.
Huber zeigte sich verab-
scheuenswert.
Gebärmutterstolz,
Wochenblattneugierde
und Lebensbrutalität
setzen sie zusammen.
Gemeinplätze und eine
übliche "Anständigkeit"
halten das Flickwerk
dicht.
Auf das Wochenende habe
ich mich sehr gefreut.
Beim Ordnen gefiel
mir mein Fragment
von Mitte Jänner wieder.
Ich schrieb bis spät abends
weiter.
Winterlich.
Zwei ganz gute Teile
aus dem Zyklus sind
fertig.
Briggi lieh mir Kafkas
"Chines. Mauer".
Im Büro machte ich
das Buch auf, drinnen
standen Worte von
einem Freund Briggis,
wahrscheinlich jenem,
deswegen sie mir ent-
zogen wurde:
"Bis der Gesang verklang ...
denn es gab keinen Gesang."
(aus Juni 1950).
Bei den Russen Alkohol
gekauft.
Strahlender Wintertag.
Nach dem Büro vom
Kreis die Programme
geholt, endlich fertig.
Abends noch damit
zu tun gehabt.
Woche voll häßlicher
Arbeit.
Ich treffe Briggi oft.
Früh Anruf: Rußlandpaket
für Papa kam zurück.
Zerfahrener Tag.
Winterkälte draußen,
häßliche Zeit will nicht
enden.
Abends lasen wir im
Art Club. Ein ganz
schöner Abend, Altmann
und Weißenborn nach
langer Zeit wiedergetroffen.
Viel Unterhaltung.
Bronnen, Armand Jacob.
Mehrere Eingeladene,
wie Briggi und
Brigitte Kahr, kamen
nicht. Der Saal war
sonst voll.
Katze muß fort.
Früher ausgefahren.
Unangenehme Atmosphäre
im Büro.
Huber hat das Lauernde
von einem Luder.
Freie Luder sind sym-
pathisch. Sie aber ist
ein Luder mit Dienst-
mädchennatur.
Huber: "... weil über seinen
Chef red't man net."
Nach einem Anruf erfuhren
wir, daß Papa aus Borowsk
abgefahren ist und nicht
als Zivilinternierter geführt
werde.
Nach dem Büro zu Artmann.
Er pla nt, Bändechen her-
zustellen und im Art Club
aufzulegen.
Ich kam dazu, Bert Brecht
zu lesen.
Konnte vom Büro fortbleiben.
Seit gestern Abend geänderte
Stimmung in der Familie.
Ruhte genügend aus.
Ordnungen.
Abends am Gedicht
gearbeitet, fast fertig.
(Russischen Schaumwein,
die Flasche nur um
15.- Schilling, getrunken.)
Vormittag später aufge-
standen.
Das Gedicht "Frühjahr,
abermals unternommen"
beendet.
Im schönen Winter -
und doch an den
Sommer erinnerenden
Wetter Spaziergang
außerhalb Steinhof.
Die rot-weißen Sende-
türme stehen in den
hellblauen Himmel,
schöne Tage.
Kinder rodeln.
Nachmittags bei Martha
Hofmann. Ihre Gedichte
weitgehend schwach,
sie selbst recht einsichts-
voll gegenüber der
Moderne und selbst
versuchend. Wird
für die "publikationen"
schreiben.
Notizen außerhalb des
Tagebuchs.
Abend Art Club.
Artmann und Mathes
nicht getroffen, Lesung
Gütersloh, (Ausstellung
Bilger. Sie hat einen
Brennofen.)
Ich ging bald
wieder.
Aber ganz wohl gefühlt,
und angenehmer
Abend.
Hilde, Dein lieber Brief hat mich
gefreut. Deine Gedichtzeilen
sind schön, sie sollen wohl auch
nicht hier "kritisiert" werden.
Daß Du kommen willst, Hilde,
ist lieb. Wann, Hilde?
Deine Schweigsamkeit versuche
ich mitfühlend zu verstehen.
Ich werde mich aber dennoch
freuen, wenn Du mehr
Zutrauen zu Dir und mir
haben, und zu mir sprechen
wirst.
Was ich Dich "fragen möchte",
möchte ich dann schon fragen,
wenn wir beisammen sind.
Auch in meinen Briefen habe
ich ja viel gefragt.
(Hilde, ich hab mich für Dich
offen gehalten.)
Ich warte jetzt sehr auf
Deinen Brief und grüße Dich
(sei weniger einsam).
Dein
Nach etwa einer Woche
Briggi gesehen.
Sie war im Wartehäuschen,
und es kam zu keinem
tieferen Gespräch.
Im Büro, wie immer
diese Tage, Hitchman
und viel Arbeit.
Nachmittags unfrisch
gefühlt. "Es gibt
nichts Neues, Briggi.
Meine Gegenwart ist fad,
und meine Vergangenheit
bist du."
Abend wie immer angenehm.
Winterliche Tage.
Vm. unangenehme Stim-
mung für mich im Büro.
Hitchman noch da.
Viel Arbeit im Geleit
neuer geschäftlicher
Manipulationen.
Früh fuhr ich
mit Briggi. Sie
lud mich zu einem
Faschingsball in der
Sezession ein ...
Briggi trägt jetzt
rotgetöntes Haar.
Viel Post war für
mich eingelangt.
Ich beantwortete
mittags die Briefe
der Helene Diem
und von Trr.
Abends Wein getrunken.
Organisierten gute
Stimmung.
Besorgte mir für
Sonntag eine Karte
(Flötzersteig-Kino)
für den "Reigen".
Erster Film, den
ich mir seit
Orpheus u. Wozzeck
ansehe.
Früh hatte ich noch
Zeit für mich, nach
schönen Träumen und
bei blauem Morgenanfang.
Ein Tag im Büro
ohne die Huber,
angenehmer.
Nachm. Adamsgasse.
Mäßiger Faschings-
nachmittag.
Abends heim.
Freude war fast nur
mi t dem Mädchen
von gegenüber.
Vm.
K ein, ergebnisreich
gesprochen,
Nm.
Artmann, (beide
überraschend).
Diktiert, García Lorca,
Suite ...
Ab. "Der Reigen" (Flötzersteig-
Kino). Im Winter-
wetter. Ich bin
froh, ihn gesehen zu
haben.
9h. Weniger ausgeglichener
Tagesbeginn.
Früh Briggi ...
Wie leer ich jetzt bin.
Die beiden letzten großen
Gedichte, zweier ver-
schiedener Linien,
gefallen Kein
Artmann als
"meine bisher besten".
nm. großer Ärger
Dr. Lindners wegen
Unübersichtlichkeit
im Auftragstand.
Auch Huber ist wieder
sehr unangenehm.
Tauwetter.
Abends keine Post.
Familie Pobisch zog sehr
gegen die moderne Kunst
los.
Briggi befürchtet, wegen
mehrerer Eigenschaften
aus ihrem Büro ent-
lassen zu werden.
Früh Schneefall, der
Schnee taut jedoch
gleich.
Im Büro, obwohl
Dr. Lindner für 3 Tage
nach Wels gefahren ist,
wird schlechte Stimmung
angekündigt.
Witzmann zurückgekehrt.
Mittags holte ich mir das
"stinkende" Geld für
den Leseabend aus
dem USiS.
Abends Art Club. Gespräch
mit Muschik, Schmied,
Aratym, der mich hier
kennenlernen wollte,
(anregend unterhalten
über experimentelles
Theater und Weiter-
entwicklung des Films),
auch Trenks, Artmann
kamen.
Kein blieb aus.
Ein ungenannt gebliebener
Avantgardist, der, wie
sich Schmied ausdrückte,
"drei Reihen vor mir
kämpft", hat über mich
geäußert:
"Ok. ist die Posaune
seiner eigenen Unfähig-
keit."
Früh. Briggi wieder
nicht gesehen.
Bei ödem Winterwetter
Postweg; es kann keine
ödere Zeit als die hier
gedacht werden.
Verschiedene Ideen.
Aratym konnte mich
gestern fast zum
Drehbuch, zum Bühnen-
stück verführen.
Vormittags die Nachricht:
Tante erlitt einen
Blutsturz und muß
ins Spital.
Schon zeitig nachmittags
sehr müde und lustlos
gewesen.
Auf der Heimfahrt:
die Idee eines Theater-
stückes sucht mich
heim, ich machte mir
aber viel Gedanken um
das Theater überhaupt.
Abends holte ich Wein,
wir tranken und
hatten einen gemütlichen
Abend.
Früh mit Briggi in
der Straßenbahn.
Sie sah 16-jährig aus.
Ich hatte sie kaum
erkannt in ihrer
hellblauen Winterbluse.
Wir sprachen, über
die Katze, über Maja,
ein was
erzählte sie mir von
sich.
Wortsalat übe sie
nie mehr (aber der
hat sie doch damals
so gereizt?) -
Das war damals,
wahrscheinlich meinet-
wegen. Daß sie es
heute nicht mehr tut,
sei der Beweis.
Wir trennten uns
"Wenn heute nicht
Bürotag wäre!"
Im Büro weniger zu tun,
sodaß ich Zeit
für meine Korrespon-
denzen hatte.
Jetzt mittags sitze ich,
in meine Beziehungen
eingespannt, denen
ich nicht entlaufen
kann, an meinem
Tisch und notiere.
Szene geschrieben.
Hoher Schnee.
Wieder Briggi gesehen
früh.
Tante geht es besser.
Injektionen werden
an ihr versucht.
Langer Dienst abends
(bis 3/4 7h).
Zuhause war der
bestellte Band
Rilke
eingelangt.
Es schneit fort.
Die merkantile Durchsetzung
frißt weiter .. Das
"Kleine Theater im Konzerthaus"
steht, wie ich gestern
entdeckt habe, unter der
Direktion von Trude Pöschl,
der Frau des ARGA-Schiebers
und Besitzers der
ARGA-Ställe.
Die Ruheplätze nehmen
ab ...
Tiefer Schnee in der Früh.
Gegen 12h begann
noch wahnsinnige
Arbeit.
Nm. bei Tante in der
Adamsgasse. Sie wird
Montag wieder ins
Büro gehen können.
Einen ruhigen Nach-
mittag verbracht,
meinen Dialog ins
Reine geschrieben
und außerdem einen
zweiten hinzugefügt.
Abends im tiefen
Schnee heim.
Das Mädchen von
gegenüber sah mich
dieses Mal nicht.
Konnte später aufstehen.
Helene Diems neuerliche
Einladung, die gestern
noch express mich
erreichte, konnte ich
nicht mehr annehmen,
das ich nachmittags
bei eingeladen
war.
Vm. Ordnungen.
Ausgeruht.
Nm. z u
Artmann,
interessant, (ich
sandte ihn dann
zu Helene Diem),
darauf zu Polakovics.
Er hat nach über ein-
jähriger Unterbrechung
wieder ein Gedicht
geschrieben.
Traude, die angesagt
war, kam nicht; sie
ist in Floridsdorf
eingeschneit.
Über das letzte Gedicht,
den Ingrid-Dialog
und über mein letztes
Halbjahr gesprochen ...
Zu Ergebnissen
für hier wie da
jedenfalls gekommen -
Spät heim.
Mit Briggi gefahren.
Arbeit im Büro, die
mir fast über den
Kopf wuchs.
Spät heim. Linie "10"
verkehrte nicht.
Auf eine Viertel-
stunde zu Pol und
Maja. Sie werden
sich um die Unter-
bringung der Katze
noch bemühen,
Tierschutzverein ist
Todesurteil.
Daheim noch Holz
zerkleinert.
Früh am Dialog weiter-
geschrieben.
Briggi nur gesehn.
Viel Arbeit im Büro.
Keine gute Stimmung.
Am Dialog weiter.
Art Club. Lauter
schlechte Geschichten,
mit Kein und Artmann
gesprochen.
Abends wieder Briggi.
Sie hat den ersten Schritt
ihres Vorhabens noch nicht
unternommen; hat
inzwischen eine Zeitlang
ein Ersatzziel gefunden,
es da nn sogar erstmals
für "keinen Ersatz"
gehalten ... Das hat
sich dann aber auch
wieder anders entwickelt.
Wärmeres schmutziges
Wetter. Öde. Öde. Heute
Entscheidung mit der
Katze. Briggi wieder
getroffen.
Die Stimmung im Büro
ist sehr zuwider.
Schwindelweg in die Bank
(59.000.-)
Mittags heimliche Meuterei
Machwitz' und Witzmanns.
Die Stimmung wurde
danach besser.
Chef nachmittags fort.
Aufgelockerter Bürobetrieb.
Anruf von Polakovics:
Katze wird genommen!
Morgen soll ich sie in die
Tigergasse bringen.
Abends Abschiedtrinken
dem Tigerl.
Früh Abschied von Tigerl.
Weniger Arbeit vm.
Herr Gottwald von der
Welser Niederlage war
zu Besuch.
Am Dialog weitergeschrieben.
Das wurde nachher
vernichtet.
Abends las ich in einer
seltenen Pornographie,
die ich von Huber
ausgeliehen bekommen
hatte.
Wenig Arbeit im Büro.
Gegen Abend taute es.
Abends kamen die
"Neuen Wege", Feb/März-Heft.
Diese Woche keine Post.
Wieder gelesen.
Früh Überschwemmung
im Keller.
Freundlicher Morgen.
Büro.
Nachmittags Pornographie
, abends
Wein.
Vm. Gedicht.
(Später aufgestanden.)
Fast schon Vorfrühjahr
in der Luft.
Ausgeruht.
Versuchte vergebens
am Dialog weiterzu-
schreiben.
Früh Briggi.
Ich war so alltäglich ...
Im Büro Dr. Lindner wieder.
Abends Faschingsausklang.
Mir tut jetzt so leid, daß
auch Brigitte Kahr es nicht
werden konnte.
Das Büro den Tag über
war häßlich und nichts
als ein Gefängnis.
Ich freue mich nicht
einmal auf die Zusam-
menkunft im Art Club
abends.
Ging abends nicht in den
Art Club sondern fuhr
zeitig heim.
Es wurde gemütlich.
Bier.
Schöne Gedanken abends.
Auch heute Briggi nicht
getroffen. Schneeregen.
Literarisch impotent.
Im Büro viel Arbeit,
lange Fernschreiber mit Zürich.
Huber ist krank.
Liebe Brigitte Kahr,
Sie würden mir eine große Freude
machen, wenn Sie folgendem
zusagen würden:
Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie,
bitte, zu mir.
Falls Sie nichts Neues für die
"publikationen" haben, spielt es
keine Rolle. Einmal möcht ich
mit Ihnen auf den ganzen
literarischen Betrieb vergessen
und möcht, daß Sie mir von
sich erzählen; möcht hören,
was Sie auf dem Herzen haben,
liebes "Mädchen mit dem Sichelmund".
Daß Sie ein liebes Mädchen sind,
möchte ich Ihnen immer
wieder sagen, was Ihnen auch
sonst von den Leuten vielleicht
Trauriges zugestoßen ist.
Bitte, schreiben Sie mir, ob Sie
Lust haben und ob Sie an
einem Sonntag vielleicht
Zeit haben, zu mir zu kommen.
Ich habe viel Freude an Ihnen.
Mit lieben Grüßen
Ihr
Tagebuch
1. Jan.-29. Feb. 1952
Im Novemberwetter warf ich die "publikationen" B. Kahr ins Kästchen.
Gehe zeitlos hin wie ein Dreizehnjähriger.
Um die tragischen Reaktionen reinzuhalten, brauchte es Steine unter den Menschen, die, wenn sie angeweint werden, nicht selbst zerfließen. Ohne solche Nebenläufchen wären Julia und Isolde bis heute gleichungsgiltig.
Den Nachmittag mehr wenig verwendet.
Im Büro unter Herrn Witzmann sehr zur Arbeit herangezogen.
Viele Kinder abends nahe dem Eislaufplatz zu sehen.
Klaus Demus sagte ab; er liest prinzipiell nicht.
Gedicht früh weitergeschrieben.
Im Büro wieder viel zu tun.
Nachmittag wurde es weniger, und ich konnte zeitiger fort. Fruhmann besucht, anregendes Gespräch. Susanne Wenger lebt zwei Jahre schon in Afrika, verheiratet.
Durch die Kärntnerstraße, um die Zeit sehr lärmvoll, in den Art Club. Dort erst später Schmeller (auch Ebner) getroffen. Nach Demus' Absage werde ich lesen. Artmann nicht getroffen.
Fried überwies 80.- Schilling.
Lieber Okopenko,
wegen Krankheit unmittelbar vor der Weihnachtszeit komme ich erst jetzt zu einer Antwort; Dank für Ihren Brief jedenfalls. In Wien war ich nur zwei oder drei Tage, und diese ungern, zur Lesung bei der Buchwoche. Ich sah fast niemanden; daß wir uns nicht trafen, tut mir besonders leid.
Ihre Prosa in den "Stimmen" habe ich gelesen, mit Spannung und Anteilnahme, welche allerdings gegen Ende nachlassen. Da wünscht man sich doch etwas mehr reale Anhaltspunkte, doch bleibt's irgendwo unverbindlich. Wie wär's, wenn Sie zur Übung einmal etwas ganz Gegenständliches versuchten? Zum Beispiel: Zwei Menschen treffen einander zwei Mal; zuerst in der freien Natur wo, und dann in einem Zimmer. Wie das jeweilige Milieu ihre Verhaltensweisen bestimmt, wie sich die Menschen in der jeweiligen Umwelt wandeln. Welche Bilder jeweils möglich sind. - Oder eine Fahrt in der Stadtbahn, oder ihr Büro, oder was geschieht, wenn Sie abends heimkommen. Läßt sich - so müssen sie sich selber fragen - Psychologisches denn nicht in reale Bilder fassen? Oder erzählen Sie eine Behandlung beim Arzt, beschreiben Sie mehr, ohne zu denken, zu meditieren, zu träumen, zu analysieren. Ansätze wären genug da in Ihrem Bisherigen, Sie vergeben sich nichts mit solchen Übungen. Sind aber sehr nützlich. Tun Sie überhaupt mehr diejenigen Sachen, welche Ihnen weniger zu liegen scheinen. Oder versuchen Sie ein Landschaftsgedicht: gerade der Stadtmensch verliert das Kosmische aus dem Auge, leider. Geben Sie's ihm im Wort zurück.
Das sind keine weisen Ratschläge; das alles soll Ihnen nur sagen, daß ich etwas von Ihnen erhoffe, was ich wahrhaftig nicht bei jedem sagen könnte. Nehmen Sie's auch so, und nicht als ungeziemende Einmischung in das Ihre.
Damit Sie sehen, was ich treibe, als Nebenbeschäftigung zur Prosa, lege ich ein paar Gedichte bei. Vielleicht sind sie imstande, Ihnen Lust zu machen für einen Besuch hier; es lohnte sich, und wir beide, Doktor Friedl und ich, würden uns freuen. Man kann ganz billig in einem sauberen Gasthaus leben. Ein Teil Ihres Urlaubs sollte sich doch erübrigen lassen dafür.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit Ihrem Brief bezeugt haben, und wünsche Ihnen, daß das neue Jahr Ihnen freundlich sei und daß Sie es zu nützen verstehen.
Herzlich grüßend:
Ihr
Treffen Sie Ernst Kein zuweilen? Wenn ja: Ich lasse ihn grüßen, er möge doch was hören lassen von sich.
Oberneukirchen, O.Ö., 1.1.52
bei Dr. H. Friedl
Natürlich ist zuzugeben, daß namentlich in letzter Zeit eine isolierte Sinnlichkeit in mir ihr Unwesen treibt.
Das ist degenerativ und als Zufallserscheinung der komplizierteren Sehnsucht zu werten.
Konzentriert aber kürzer zu tun.
Abends Wein und ein Brief von Eisenreich.
(Briggi früh getroffen.)
Lieber Eisenreich,
es freut mich sehr daß Sie reagiert haben. Vielleicht war mein Brief einigermaßen berechnend.
Ich weiß natürlich wie unvollkommen die Schreiberei von unsereinem ist. Ich wollte die von Ihnen zitierte aus den "St. d. Ggw." schon seinerzeit wieder herausnehmen, aber Weigel bestand auf ihr. Ohne das Erfüllen der menschlichen Aufgaben wird eine bessere Arbeit auch schwerlich gelingen. Und der menschlichen Erfüllung bin ich ferner als je, seit ich Briggi Falkinger, die Sie vielleicht kennen, nicht als Geliebte erwarten kann. (Ihnen gegenüber will ich offen sein.)
Wir haben eine nette Katze zuhaus, vom Mädchen bekommen, jetzt ist sie in unseren Augen schon ganz desymbolisiert, und ich habe jetzt ein Stück anständigerer Freude mit dem Tier, ganz um dessen selbst willen.
Meine Mutter macht soeben einen Versuch mit ihr, sie zu alkoholisieren (zwei Kaffeelöffel Wein); die Katze vergißt anscheinend viel leichter, von wo sie herkam als unsereines wo es hinwollte. Und die sogenannte Steigerung der Existenz macht sich im Springen und dem intensivsten Spiel mit der Stoffmaus bemerkbar. (Obwohl sie vor der Dosis schon schlafen wollte.)
Ich werde zu Bett gerufen und habe vorher noch Katze und restliche Gedanken abzufertigen. Zugegeben: gegenwärtig sterile Träume, doch ich kann nicht über meine Kräfte hinaus; habe Wochen in nichts als einem einzigen Hinzielen gelebt. Vergönnen Sie mir ein Impotenz.
Herzlich
(- und wie geht es Ihnen allen? - Grüßen Sie Dr. Friedl von mir!)
Ihr
Eine dünne Schichte Schnee liegt früh. In der letzten Zeit reizvolle Pastellfarben über den Sonnenaufgängen.
Adamsgasse nachmittags.
Dort liegen Ortega y Gassets "Meditationen über die Liebe" zu lesen, ich habe damit nicht begonnen.
Das traditionelle Mädchen von drüben wiedergesehen, einen Stock darüber ein Luder (die soll vierzehn Jahre erst sein) in lila Kleid. Ich assoziierte in die Schreibmaschine, versuchte nach dem Surrealen eine anständige Prosa und versagte schweinisch.
Paul kam und erzählte von den Männern aus der Fabrik. Dann vor allem mit Wodka besoffen. Erstmals; nach Glas um Glas kaum noch gescheit heimgefahren.
Ins Bett gefallen.
Brigitte Kahr hat mir geschrieben.
Fast krank aufgewacht:
Artmann und Kein stellten mit mir die Lesung am 31. zusammen. Beide haben gute Stücke geschrieben.
Das Programm fällt zufriedenstellend aus. Wegen des Lesers gibt es noch Differenzen.
Nachmittags aufgearbeitet und ausgeruht.
Im "Gespräch" (Sender Rot-Weiß-Rot) Mißfallenskundgebung gegen "die moderne Kunst".
Früh Briggi, von weitem, gesehen.
Korrespondenzen, abends ein wenig unangenehme Post.
Vom Büro im vollbesetzten Autobus auf den Bierhäuselberg. Papier abgegeben. Auf dem Rückweg fuhren zwei Buben mit, die noch "jemand mit Brandwunden" besuchen wollten.
Ich sah auf Hütteldorf hinunter, und mir fiel die Hauer ein, "eine ganz gewöhnliche Geschichte", bei der Endstation wollte ich noch in ein Fischgeschäft, Rohscheiben essen, fand es aber nicht.
Nun auch Machwitz wieder zurück. Im Büro führte ich, ziemlich ungestört, geschäftliche Korrespondenz wie auch eigene.
Brief an Häusler ab. Bis heute sind 65 publ. versandt worden.
Langweilige Tage innerlich.
Leben ohne Briggi wirkt sich aus. Kräftner hat in analoger Situation Veronal vorgezogen.
Mit Briggi angeregtes Gespräch früh.
Viel Arbeit.
Bei Matejka abends Aufforderung, einen Artikel über moderne Literatur zu schreiben.
Viel Arbeit.
Briggi wieder getroffen in der Früh.
Ich lieh ihr das Buch von Brigitte Kahr.
Sie deckte den Finger über den Namen, sodaß nur "Brigitte" zu lesen war, und sah mich dabei leicht lächelnd an.
Ich fand gestern abends in der Stadtbahn und daheim, wie abstrakt ich eigentlich jetzt lebe.
Auch heute so gefühlt, sodaß ich am Artikel nicht schreiben konnte.
Die letzte Nummer der publ. gefällt allgemein am besten.
Abends Art Club.
Ghosta erwartet. Aussprache x über ihr widerrechtlich in die publ. genommenes Gedicht. Erst Wortgefecht, sehr scharf und korrekt, dann Ausgleich.. Man glaubt nicht, wie formvollendete Szenen anstrengen.
Spaziergang im Stadtpark mittags. Fast frühlinghaft, nur etwas wesenloser.
Abends mehrfache Post. Von Diem (die schon viel verlernt hat ...), von Rotweißrot und eine Sendung von Fried.
Netter Abend; ein "Fried-day" war zumindest, wenn auch kein "Wholly-day".
Immer wieder viel Arbeit in der PHG.
Auf dieses Wochenende habe ich mich besonders gefreut.
Ich werde von Fried einen langen Brief erhalten. Wenn er sehr belehrt, werde ich zurückschreiben, daß an seinen Gedichten immerhin die Länge ein Mangel ist. Es wird jede Ti-Schlampe ausgekostet, und die Geschichte wird leicht leer.
Nm. angenehm. Ordnungen, und vor allem ausgeruht.
Momentan sitze ich und notiere, fern von jeglichem Mädchen.
(Mehr als einmal kommt es nicht.)
Der zunehmende Frost oder besser die sich steigernde Naßkälte der Wohnung, die Auslagescheiben der Stadt, die Gesichter davor, die Mädchen mit den untrauten teuren Textilien - .
Gerade der Wind am Abend ist mir noch vertraut.
Und ein Liegen im Bett. (Neuerdings ein vorstellungsarmes Liegen im Bett.)
Nach schönen Träumen bin ich aufgewacht.
Sonntag, um auszuruhen. Schönwetter früh, später zu wolkig.
Koreagedicht für die Friedensanthologie hergerichtet (einige Satzzeichen geändert). Bei dieser letzten Fassung bleibe ich auch.
Einen größeren Artikel über moderne Kunst fürs "TB" geschrieben.
Damit genug angestrengt. Den Rest des Tags ruhte ich aus, 16h bei Elfe Gerhart und ihren Chansons (die immer Mittelmäßige).
Nachmittag setzte Schneefall ein.
Sehr den Gegenständen und der Gegenwart mich hingegeben. So wurde der Abend recht geklärt und schön.
Sieben Uhr: Eisgrün und hellblau liegt der Horizont. In der Stadt sind viele Faschingsfeste.
Gegenüber liegt der Mond hellgelb, noch etwas leuchtend, in graublau.
Post erledigt, Artikel an Matejka abgesandt.
Der Unfug, von männlichen und weiblichen Tugenden zu sprechen, ist fast so schlecht, wie sich zu sogenannten männlichen oder weiblichen Gemeinheiten berechtigt zu glauben.
Abends Art Club; Trenks dort wieder kennengelernt.
Hundertwasser, der gegenwärtig ausstellt, hat einige schöne Bilder. Pariserin, auch "Menschen in Paris" und gewisse gelb gehaltene. Die primitiven, da sie eigentlich eher exotistisch sind, gefallen mir weniger.
Anderes zu baukastenähnlich oder übertrieben. Im "Impressionistischen" beinah am stichhaltigsten.
Mit Artmann, Trenks und den anderen nett unterhalten.
Daheim abends kuriose Post.
Mit Briggi gefahren.
Viele Arbeit und Diskussion am Fernschreiber.
Es ist keinesfalls wahr, daß sich die Liebe nicht definieren ließe. Aber durch eine Definition ersetzen läßt sich die Liebe nicht.
Abends Post von Hildi. Ein eigentümliches Gedicht.
Angenehmer Morgen.
In Arbeit den Tag verbracht. Ich bin nicht mehr eingeschüchtert vom Komplizierten, sondern habe heimlich Freude daran.
Abends hatte ich eine Formel zur richtigen Verdünnung von 96%igem Alkohol auszuhecken für jemand, der 35%igen Sligovitz herstellen will.
Katastrophal schlechte Zahlungseingänge für die "publikationen".
Sehr kalter Morgen.
Arbeitsvolle Tage.
(Früh schöner Morgen.)
Briggi längere Zeit schon nicht gesehen.
Nach dem Büro auf die Praterstraße. Einen Anzug gekauft. Danach in die Adamsgasse.
Zu schreiben versucht, und mit vier Kindern von gegenüber unterhalten.
Vm. nach zwei häßlicher gestimmten Tagen wieder wohler gefühlt.
Artmann und Kein kamen zu mir. Wir unterhielten uns über viel, auch - was interessant wurde - über das "surrealistische" und lettristische Material.
Wir nahmen uns vor (wie sonderbar bei uns!), nächsten Sonntag über das zu sprechen.
Fester Schneefall; plötzlich müssen Schneepflüge fahren.
Schneespaziergang um die Mauer.
Ein Vorfrühjahr-Gedicht ist gelungen.
Früh ein gestern begonnenes Vorsommer-Gedicht rasch herübergerettet.
Früh Briggi getroffen.
Leer.
An einem Gedicht versucht:
"Die Sonne wärmt am Morgen Altmetalle ..."
"Jetzt gehen viele Wege unverbindlich in je ein neues Frühjahr auseinander ..."
Erotische Gereiztheit arg.
Abends im Art Club. Besprechung mit Mathes, interessanter als ich gedacht habe.
Sehr gemütliche Atmosphäre. Sache mit J. D. absolviert. Artmann und Schmied kamen.
(Bei Mauthe bin ich wegen der "Birke" von Liselotte Matiasek verrufen.
Mauthe zitiert "Ich kenne eine Birke, es kann sein ..." immer, wenn von mir die Rede ist.)
(Schmied selbst wird in den "Mödl. Nachr." schreiben, " A. Ok. ist zwar einigermaßen berechtigt, eine Anthologie herauszugeben, er darf sich aber nicht für das A und O der Literatur halten." Warum er das schreibe? "Das Wortspiel hat mir gefallen!")
(Hartmann aus Mödling kritisiert sehr die "ausgespuckte Lunge" aus der Weigel-Anthologie.) (Mathes und Dreymann lobten wiederum sehr.)
Es ist die Regel, daß die Leute, die mich persönlich kennenlernen, über meine Jugend erstaunt sind. Die meisten schätzen mich vorher für 30-40, manche für "bärtig und zerfurcht" ein. Ich komme nicht umhin, das als psychologische Flüchtigkeit heimlich zu tadeln.
Man muß lesen und herauslesen können.
Schnee- und Glatteis-Tage bei trübem Himmel. Briggi nicht gesehen.
Täglich laufen jetzt Briefe und Zahlungen betreffend die "publ." ein.
Ich habe einen großen Hang zur landschaftlichen Lyrik in letzter Zeit. Auch dazu gehört aber ein anderes Leben, als es mir hereinkam.
9., 10., 12., 14., 16., 17.
wird es Briggi gut gehen. Sie hat an diesen Tagen bürofrei, amerikanischer Feiertage wegen.
(Wie sie diese Zeit verbringen wird, weiß ich nicht. Auf meinem Kalender stehen nur die Daten.)
Solche Einfälle manchmal. Ich war in der Mittagspause im USiA-Laden und habe Wein gekauft. Nachher habe ich ausnahmsweise mit Huber geplaudert.
Es ist weniger Arbeit im Büro.
Mittags habe ich Pol angerufen, er hat sich sehr über meinen Anruf gefreut. Er hofft, Sonntag schon mit Maja zu mir kommen zu können.
Maja ist nun gesund, aber wegen ihrer vergangenen Krankheit aus der Fabrik hinausgeworfen worden.
Fast keine Arbeit nm. im Büro.
Keine Post daheim.
Gemütlich bei Holz sägen und Schnaps trinken.
Ich habe solche anarchische Sehnsucht.
Früh Amtsweg.
Die Spannung im Büro brach heute aus.
Steger verbot den Herren das Rauchen bei der Postbesprechung. Machwitz und Witzmann waren sehr beleidigt.
Wenige Minuten später kam die Zollfahndung zu Steger. Er mußte, rechts und links eskortiert, zur Finanzlandesdirektion marschieren. Man sagt, er hätte gern jedem fünfhundert Schilling gegeben, wenn er dieses Bild nicht hätte bieten müssen.
Abends nach längerer Zeit sehr guter Schweinsbraten. M. Hofmann lud mich abermals ein. Ich muß einmal schon hingehen.
Wieder Holz gesägt.
Den freien Gedanken nachgegangen.
Früh Briggi gesehen. West-östliche Gespräche im Niemandsland.
Zweimal leichten Schwindel verspürt.
Tags die Fried-Parodie fertiggestellt.
Korrespondenzen und Arbeit.
Abends mit Briggi gefahren. Sie erzählte erstmals seit jener Zeit etwas von ihrem innerlichen Zustand.
Nachts ist hoher Schnee gefallen.
Verspätung auf der Straßenbahn.
Das Paar Maja - Fr. Pol. ist mir sehr lieb.
Huber zeigte sich verabscheuenswert.
Gebärmutterstolz, Wochenblattneugierde und Lebensbrutalität setzen sie zusammen. Gemeinplätze und eine übliche "Anständigkeit" halten das Flickwerk dicht.
Auf das Wochenende habe ich mich sehr gefreut.
Beim Ordnen gefiel mir mein Fragment von Mitte Jänner wieder. Ich schrieb bis spät abends weiter.
Winterlich.
Zwei ganz gute Teile aus dem Zyklus sind fertig.
Briggi lieh mir Kafkas "Chines. Mauer".
Im Büro machte ich das Buch auf, drinnen standen Worte von einem Freund Briggis, wahrscheinlich jenem, deswegen sie mir entzogen wurde:
"Bis der Gesang verklang ... denn es gab keinen Gesang." (aus Juni 1950).
Bei den Russen Alkohol gekauft.
Strahlender Wintertag.
Nach dem Büro vom Kreis die Programme geholt, endlich fertig. Abends noch damit zu tun gehabt.
Woche voll häßlicher Arbeit.
Ich treffe Briggi oft.
Früh Anruf: Rußlandpaket für Papa kam zurück.
Zerfahrener Tag.
Winterkälte draußen, häßliche Zeit will nicht enden.
Abends lasen wir im Art Club. Ein ganz schöner Abend, Altmann und Weißenborn nach langer Zeit wiedergetroffen. Viel Unterhaltung. Bronnen, Armand Jacob.
Mehrere Eingeladene, wie Briggi und Brigitte Kahr, kamen nicht. Der Saal war sonst voll.
Katze muß fort.
Früher ausgefahren.
Unangenehme Atmosphäre im Büro.
Huber hat das Lauernde von einem Luder.
Freie Luder sind sympathisch. Sie aber ist ein Luder mit Dienstmädchennatur.
Huber: "... weil über seinen Chef red't man net."
Nach einem Anruf erfuhren wir, daß Papa aus Borowsk abgefahren ist und nicht als Zivilinternierter geführt werde.
Nach dem Büro zu Artmann. Er plant, Bändchen herzustellen und im Art Club aufzulegen.
Ich kam dazu, Bert Brecht zu lesen.
Konnte vom Büro fortbleiben. Seit gestern Abend geänderte Stimmung in der Familie.
Ruhte genügend aus. Ordnungen.
Abends am Gedicht gearbeitet, fast fertig.
(Russischen Schaumwein, die Flasche nur um 15.- Schilling, getrunken.)
Vormittag später aufgestanden.
Das Gedicht "Frühjahr, abermals unternommen" beendet.
Im schönen Winter - und doch an den Sommer erinnernden Wetter Spaziergang außerhalb Steinhof.
Die rot-weißen Sendetürme stehen in den hellblauen Himmel, schöne Tage.
Kinder rodeln.
Nachmittags bei Martha Hofmann. Ihre Gedichte weitgehend schwach, sie selbst recht einsichtsvoll gegenüber der Moderne und selbst versuchend. Wird für die "publikationen" schreiben.
Notizen außerhalb des Tagebuchs.
Abend Art Club.
Artmann und Mathes nicht getroffen, Lesung Gütersloh, (Ausstellung Bilger. Sie hat einen Brennofen.)
Ich ging bald wieder.
Aber ganz wohl gefühlt, und angenehmer Abend.
Hilde, Dein lieber Brief hat mich gefreut. Deine Gedichtzeilen sind schön, sie sollen wohl auch nicht hier "kritisiert" werden.
Daß Du kommen willst, Hilde, ist lieb. Wann, Hilde?
Deine Schweigsamkeit versuche ich mitfühlend zu verstehen. Ich werde mich aber dennoch freuen, wenn Du mehr Zutrauen zu Dir und mir haben, und zu mir sprechen wirst.
Was ich Dich "fragen möchte", möchte ich dann schon fragen, wenn wir beisammen sind. Auch in meinen Briefen habe ich ja viel gefragt.
(Hilde, ich hab mich für Dich offen gehalten.)
Ich warte jetzt sehr auf Deinen Brief und grüße Dich (sei weniger einsam).
Dein
Nach etwa einer Woche Briggi gesehen.
Sie war im Wartehäuschen, und es kam zu keinem tieferen Gespräch.
Im Büro, wie immer diese Tage, Hitchman und viel Arbeit.
Nachmittags unfrisch gefühlt. "Es gibt nichts Neues, Briggi. Meine Gegenwart ist fad, und meine Vergangenheit bist du."
Abend wie immer angenehm.
Winterliche Tage.
Vm. unangenehme Stimmung für mich im Büro. Hitchman noch da. Viel Arbeit im Geleit neuer geschäftlicher Manipulationen.
Früh fuhr ich mit Briggi. Sie lud mich zu einem Faschingsball in der Sezession ein ...
Briggi trägt jetzt rotgetöntes Haar.
Viel Post war für mich eingelangt.
Ich beantwortete mittags die Briefe der Helene Diem und von Trr.
Abends Wein getrunken. Organisierten gute Stimmung.
Besorgte mir für Sonntag eine Karte (Flötzersteig-Kino) für den "Reigen". Erster Film, den ich mir seit Orpheus u. Wozzeck ansehe.
Früh hatte ich noch Zeit für mich, nach schönen Träumen und bei blauem Morgenanfang.
Ein Tag im Büro ohne die Huber, angenehmer.
Nachm. Adamsgasse. Mäßiger Faschingsnachmittag.
Abends heim.
Freude war fast nur mit dem Mädchen von gegenüber.
Vm. Kein, ergebnisreich gesprochen,
Nm. Artmann, (beide überraschend).
Diktiert, García Lorca, Suite ...
Ab. "Der Reigen" (Flötzersteig-Kino). Im Winterwetter. Ich bin froh, ihn gesehen zu haben.
9h. Weniger ausgeglichener Tagesbeginn.
Früh Briggi ...
Wie leer ich jetzt bin.
Die beiden letzten großen Gedichte, zweier verschiedener Linien, gefallen Kein Artmann als "meine bisher besten".
nm. großer Ärger Dr. Lindners wegen Unübersichtlichkeit im Auftragstand.
Auch Huber ist wieder sehr unangenehm.
Tauwetter.
Abends keine Post.
Familie Pobisch zog sehr gegen die moderne Kunst los.
Briggi befürchtet, wegen mehrerer Eigenschaften aus ihrem Büro entlassen zu werden.
Früh Schneefall, der Schnee taut jedoch gleich.
Im Büro, obwohl Dr. Lindner für 3 Tage nach Wels gefahren ist, wird schlechte Stimmung angekündigt.
Witzmann zurückgekehrt.
Mittags holte ich mir das "stinkende" Geld für den Leseabend aus dem USiS.
Abends Art Club. Gespräch mit Muschik, Schmied, Aratym, der mich hier kennenlernen wollte, (anregend unterhalten über experimentelles Theater und Weiterentwicklung des Films), auch Trenks, Artmann kamen.
Kein blieb aus.
Ein ungenannt gebliebener Avantgardist, der, wie sich Schmied ausdrückte, "drei Reihen vor mir kämpft", hat über mich geäußert:
"Ok. ist die Posaune seiner eigenen Unfähigkeit."
Früh. Briggi wieder nicht gesehen.
Bei ödem Winterwetter Postweg; es kann keine ödere Zeit als die hier gedacht werden.
Verschiedene Ideen. Aratym konnte mich gestern fast zum Drehbuch, zum Bühnenstück verführen.
Vormittags die Nachricht: Tante erlitt einen Blutsturz und muß ins Spital.
Schon zeitig nachmittags sehr müde und lustlos gewesen.
Auf der Heimfahrt:
die Idee eines Theaterstückes sucht mich heim, ich machte mir aber viel Gedanken um das Theater überhaupt.
Abends holte ich Wein, wir tranken und hatten einen gemütlichen Abend.
Früh mit Briggi in der Straßenbahn.
Sie sah 16-jährig aus. Ich hatte sie kaum erkannt in ihrer hellblauen Winterbluse. Wir sprachen, über die Katze, über Maja, ein was erzählte sie mir von sich.
Wortsalat übe sie nie mehr (aber der hat sie doch damals so gereizt?) -
Das war damals, wahrscheinlich meinetwegen. Daß sie es heute nicht mehr tut, sei der Beweis.
Wir trennten uns "Wenn heute nicht Bürotag wäre!"
Im Büro weniger zu tun, sodaß ich Zeit für meine Korrespondenzen hatte.
Jetzt mittags sitze ich, in meine Beziehungen eingespannt, denen ich nicht entlaufen kann, an meinem Tisch und notiere.
Szene geschrieben.
Hoher Schnee.
Wieder Briggi gesehen früh.
Tante geht es besser. Injektionen werden an ihr versucht.
Langer Dienst abends (bis 3/4 7h).
Zuhause war der bestellte Band Rilke eingelangt.
Es schneit fort.
Die merkantile Durchsetzung frißt weiter .. Das "Kleine Theater im Konzerthaus" steht, wie ich gestern entdeckt habe, unter der Direktion von Trude Pöschl, der Frau des ARGA-Schiebers und Besitzers der ARGA-Ställe.
Die Ruheplätze nehmen ab ...
Tiefer Schnee in der Früh.
Gegen 12h begann noch wahnsinnige Arbeit.
Nm. bei Tante in der Adamsgasse. Sie wird Montag wieder ins Büro gehen können.
Einen ruhigen Nachmittag verbracht, meinen Dialog ins Reine geschrieben und außerdem einen zweiten hinzugefügt. Abends im tiefen Schnee heim.
Das Mädchen von gegenüber sah mich dieses Mal nicht.
Konnte später aufstehen. Helene Diems neuerliche Einladung, die gestern noch express mich erreichte, konnte ich nicht mehr annehmen, da ich nachmittags bei eingeladen war.
Vm. Ordnungen. Ausgeruht.
Nm. zu Artmann, interessant, (ich sandte ihn dann zu Helene Diem), darauf zu Polakovics.
Er hat nach über einjähriger Unterbrechung wieder ein Gedicht geschrieben.
Traude, die angesagt war, kam nicht; sie ist in Floridsdorf eingeschneit.
Über das letzte Gedicht, den Ingrid-Dialog und über mein letztes Halbjahr gesprochen ... Zu Ergebnissen für hier wie da jedenfalls gekommen -
Spät heim.
Mit Briggi gefahren.
Arbeit im Büro, die mir fast über den Kopf wuchs.
Spät heim. Linie "10" verkehrte nicht. Auf eine Viertelstunde zu Pol und Maja. Sie werden sich um die Unterbringung der Katze noch bemühen, Tierschutzverein ist Todesurteil.
Daheim noch Holz zerkleinert.
Früh am Dialog weitergeschrieben.
Briggi nur gesehn.
Viel Arbeit im Büro. Keine gute Stimmung.
Am Dialog weiter.
Art Club. Lauter schlechte Geschichten, mit Kein und Artmann gesprochen.
Abends wieder Briggi.
Sie hat den ersten Schritt ihres Vorhabens noch nicht unternommen; hat inzwischen eine Zeitlang ein Ersatzziel gefunden, es dann sogar erstmals für "keinen Ersatz" gehalten ... Das hat sich dann aber auch wieder anders entwickelt.
Wärmeres schmutziges Wetter. Öde. Öde. Heute Entscheidung mit der Katze. Briggi wieder getroffen.
Die Stimmung im Büro ist sehr zuwider.
Schwindelweg in die Bank (59.000.-)
Mittags heimliche Meuterei Machwitz' und Witzmanns. Die Stimmung wurde danach besser.
Chef nachmittags fort. Aufgelockerter Bürobetrieb.
Anruf von Polakovics:
Katze wird genommen! Morgen soll ich sie in die Tigergasse bringen.
Abends Abschiedtrinken dem Tigerl.
Früh Abschied von Tigerl.
Weniger Arbeit vm.
Herr Gottwald von der Welser Niederlage war zu Besuch.
Am Dialog weitergeschrieben. Das wurde nachher vernichtet.
Abends las ich in einer seltenen Pornographie, die ich von Huber ausgeliehen bekommen hatte.
Wenig Arbeit im Büro. Gegen Abend taute es. Abends kamen die "Neuen Wege", Feb/März-Heft. Diese Woche keine Post. Wieder gelesen.
Früh Überschwemmung im Keller.
Freundlicher Morgen.
Büro.
Nachmittags Pornographie , abends Wein.
Vm. Gedicht.
(Später aufgestanden.)
Fast schon Vorfrühjahr in der Luft.
Ausgeruht.
Versuchte vergebens am Dialog weiterzuschreiben.
Früh Briggi.
Ich war so alltäglich ... Im Büro Dr. Lindner wieder. Abends Faschingsausklang.
Mir tut jetzt so leid, daß auch Brigitte Kahr es nicht werden konnte.
Das Büro den Tag über war häßlich und nichts als ein Gefängnis.
Ich freue mich nicht einmal auf die Zusammenkunft im Art Club abends.
Ging abends nicht in den Art Club sondern fuhr zeitig heim.
Es wurde gemütlich.
Bier.
Schöne Gedanken abends.
Auch heute Briggi nicht getroffen. Schneeregen. Literarisch impotent.
Im Büro viel Arbeit, lange Fernschreiber mit Zürich. Huber ist krank.
Liebe Brigitte Kahr,
Sie würden mir eine große Freude machen, wenn Sie folgendem zusagen würden:
Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie, bitte, zu mir.
Falls Sie nichts Neues für die "publikationen" haben, spielt es keine Rolle. Einmal möcht ich mit Ihnen auf den ganzen literarischen Betrieb vergessen und möcht, daß Sie mir von sich erzählen; möcht hören, was Sie auf dem Herzen haben, liebes "Mädchen mit dem Sichelmund".
Daß Sie ein liebes Mädchen sind, möchte ich Ihnen immer wieder sagen, was Ihnen auch sonst von den Leuten vielleicht Trauriges zugestoßen ist.
Bitte, schreiben Sie mir, ob Sie Lust haben und ob Sie an einem Sonntag vielleicht Zeit haben, zu mir zu kommen.
Ich habe viel Freude an Ihnen.
Mit lieben Grüßen
Ihr
Tagebuch
1. Jan.-29. Feb. 1952
Im Novemberwetter warf ich
die "publikationen"
B. Kahr ins Kästchen.
Gehe zeitlos hin wie ein
Dreizehnjähriger.
Um die tragischen Reaktionen
reinzuhalten, brauchte es
Steine unter den Menschen,
die, wenn sie angeweint
werden, nicht selbst
zerfließen. Ohne solche
Nebenläufchen wären
Julia und Isolde bis heute
gleichungsgiltig.
Den Nachmittag mehr wenig verwendet.
Im Büro unter Herrn Witzmann
sehr zur Arbeit herangezogen.
Viele Kinder abends nahe
dem Eislaufplatz zu sehen.
Klaus Demus sagte ab; er
liest prinzipiell nicht.
Gedicht früh weitergeschrieben.
Im Büro wieder viel zu tun.
Nachmittag wurde es weniger,
und ich konnte zeitiger
fort. Fruhmann besucht,
anregendes Gespräch.
Susanne Wenger lebt zwei
Jahre schon in Afrika,
verheiratet.
Durch die Kärntnerstraße,
um die Zeit sehr
lärmvoll, in den Art Club.
Dort erst später Schmeller
(auch Ebner) getroffen.
Nach Demus' Absage
werde ich lesen.
Artmann nicht getroffen.
Fried überwies 80.- Schilling.
Lieber Okopenko,
wegen Krankheit unmittelbatr vor der Weihnachtszeit
komme ich erst jetzt zu einer Antwort; Dank für
Ihren Brief jedenfalls. In Wien war ich nur zwei
oder drei Tage, und diese ungern, zur Lesung bei
der Buchwoche. Ich sah fast niemanden; daß wir uns
nicht trafen, tut mir besonders leid.
Ihre Prosa in den "Stimmen" habe ich gelesen, mit
Spannung und Anteilnahme, welche allerdings gegen Ende
nachlassen. Da wünscht man sich doch etwas mehr reale
Anhaltspunkte, doch bleibt's irgendwo unverbindlich.
Wie wär's, wenn Sie zur Übung einmal etwas ganz
Gegenständliches versuchten? Zum Beispiel: Zwei Menschen
treffen einander zwei Mal; zuerst in der freien Natur
wo, und dann in einem Zimmer. Wie das jeweilige Milieu
ihre Verhaltensweisen bestimmt, wie sich die Menschen
in der jeweiligen Umwelt wandeln. Welche Bilder jeweils
möglich sind. - Oder eine Fahrt in der Stadtbahn, oder
ihr Büro, oder was geschieht, wenn Sie abends heim-
kommen. Läßt sich - so müssen sie sich selber fragen -
Psychologisches denn nicht in reale Bilder fassen?
Oder erzählen Sie eine Behandlung beim Arzt, beschreiben
Sie mehr, ohne zu denken, zu meditieren, zu träumen,
zu analysieren. Ansätze wären genug da in Ihrem Bis-
herigen, Sie vergeben sich nichts mit solchen Übungen.
Sind aber sehr nützlich. Tun Sie überhaupt mehr die-
jenigen Sachen, welche Ihnen weniger zu liegen scheinen.
Oder versuchen Sie ein Landschaftsgedicht: gerade
der Stadtmensch verliert das Kosmische aus dem Auge,
leider. Geben Sie's ihm im Wort zurück.
Das sind keine weisen Ratslchläge; das alles soll
Ihnen nur sagen, daß ich etwas von Ihnen erhoffe, was
ich wahrhaftig nicht bei jedem sagen könnte. Nehmen
Sie's auch so, und nicht als ungeziemende Einmischung
in das Ihre.
Damit Sie sehen, was ich treibe, als Nebenbeschäftigung
zur Prosa, lege ich ein paar Gedichte bei. Viel-
leicht sind sie imstande, Ihnen Lust zu machen für
einen Besuch hier; es lohnte sich, und wir beide,
Doktor Friedl und ich, würden uns freuen. Man kann
ganz billig in einem sauberen Gasthaus leben. Ein
Teil Ihres Urlaubs sollte sich doch erübrigen lassen
dafür.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit
Ihrem Brief bezeugt haben, und wünsche Ihnen, daß
das neue Jahr Ihnen freundlich sei und daß Sie es
zu nützen verstehen.
Herzlich grüßend:
Ihr
Treffen Sie Ernst Kein zuweilen? Wenn ja: Ich lasse
ihn grüßen, er möge doch was hören lassen von sich.
Oberneukirchen, O.Ö., 1.1.52
bei Dr. H. Friedl
Natürlich ist zuzugeben, daß
namentlich in letzter Zeit
eine isolierte Sinnlichkeit
in mir ihr Unwesen treibt.
Das ist degenerativ und
als Zufallserscheinung
der komplizierteren
Sehnsucht zu werten.
Konzentriert aber kürzer
zu tun.
Abends Wein und ein Brief
von Eisenreich.
(Briggi früh getroffen.)
Lieber Eisenreich,
es freut mich sehr daß Sie reagiert
haben. Vielleicht war mein Brief
einigermaßen berechnend.
Ich weiß natürlich wie unvollkommen
die Schreiberei von unsereinem ist.
Ich wollte die von Ihnen zitierte aus
den "St. d. Ggw." schon seinerzeit
wieder herausnehmen, aber Weigel
bestand auf ihr. Ohne das Erfüllen
der menschlichen Aufgaben wird
eine bessere Arbeit auch schwerlich
gelingen. Und der menschlichen Erfüllung
bin ich ferner als je, seit ich
Briggi Falkinger, die Sie vielleicht
kennen, nicht als Geliebte erwarten
kann. (Ihnen gegenüber will ich
offen sein.)
Wir haben eine nette Katze zuhaus, vom
Mädchen bekommen, jetzt ist sie in unserern
Augen schon ganz desymbolisiert, und
ich habe jetzt ein Stück anständigerer
Freude mit dem Tier, ganz um dessen
selbst willen.
Meine Mutter macht soeben einen Versuch
mit ihr, sie zu alkoholisieren (zwei
Kaffeelöffel Wein); die Katze vergißt
anscheinend viel leichter, von wo sie
herkam als unsereines wo es hin-
wollte. Und die sogenannte Steigerung
der Existenz macht sich im Springen
und dem intensivsten Spiel mit der
Stoffmaus bemerkbar. (Obwohl sie vor
der Dosis schon schlafen wollte.)
Ich werde zu Bett gerufen und habe
vorher noch Katze und restliche
Gedanken abzufertigen. Zugegeben:
gegenwärtig sterile Träume, doch
ich kann nicht über meine K räfte
hinaus; habe Wochen in nichts
als einem einzigen Hinzielen
gelebt. Vergönnen Sie mir ein
Impotenz.
Herzlich
(- und wie geht es Ihnen allen? -
Grüßen Sie Dr. Friedl von mir!)
Ihr
Eine dünne sSchichte Schnee
liegt früh. In der letzten
Zeit reizvolle Pastellfarben
über den Sonnenaufgängen.
Adamsgasse nachmittags.
Dort liegen Ortega y Gassets
"Meditationen über die
Liebe" zu lesen, ich habe
damit nicht begonnen.
Das traditionelle Mädchen
von drüben wiederge-
sehen, einen Stock darüber
ein Luder (die soll vier-
zehn Jahre erst sein)
in lila Kleid. Ich asso-
ziierte in die Schreib-
maschine, versuchte
nach dem Surrealen
eine anständige Prosa
und versagte schweinisch.
Paul kam und erzählte
von den Männern aus der
Fabrik. Dann vor allem
mit Wodka besoffen.
Erstmals; nach Glas
um Glas, kaum noch
gescheit heimgefahren.
Ins Bett gefallen.
Brigitte Kahr hat mir
geschrieben.
Fast krank aufgewacht:
Artmann und Kein
stellten mit mir die
Lesung am 31. zu-
sammen. Beide haben
gute Stücke geschrieben.
Das Programm fällt
zufriedenstellend aus.
Wegen des Lesers gibt
es noch Differenzen.
Nachmittags aufge-
arbeitet und ausgeruht.
Im "Gespräch" (Sender
Rot-Weiß-Rot) verabredete
Mißfallenskundgebung
gegen "die moderne Kunst".
Früh Briggi, von weitem,
gesehen.
Korrespondenzen, abends
ein wenig unangenehme
Post.
Vom Büro im vollbesetzten
Autobus auf den Bier-
häuselberg. Papier
abgegeben. Auf derm
Rückweg fuhren zwei
Buben mit, die noch
"jemand mit Brandwunden"
besuchen wollten.
Ich sah auf Hütteldorf
hinunter, und mir fiel
die Hauer ein, "eine ganz
gewöhnliche Geschichte",
bei der Endstation
wollte ich noch in ein
Fischgeschäft, Rohscheiben
essen, fand es aber nicht.
Nun auch Machwitz
wieder zurück. Im
Büro führte ich, ziemlich
ungestört, geschäftliche
Korrespondenz wie auch
eigene.
Brief an Häusler ab.
Bis heute sind 65
publ. versandt worden.
Langweilige Tage
innerlich.
Leben ohne Briggi wirkt
sich aus. Kräftner hat
in analoger Situation
Veronal vorgezogen.
Mit Briggi a ngeregte s
Gespräch früh.
Viel Arbeit.
Bei Matejka abends
Aufforderung, einen
Artikel über moderne
Literatur zu schreiben.
Viel Arbeit.
Briggi wieder getroffen
in der Früh.
Ich l ieh ihr das Buch
von Brigitte Kahr.
Sie deckte den Finger
über den Namen, sodaß
nur "Brigitte" zu lesen
war, und sah mich
dabei leicht lächelnd
an.
Ich fand gestern abends
in der Stadtbahn und
daheim, wie abstrakt
ich eigentlich jetzt lebe.
Auch heute so gefühlt,
sodaß ich am Artikel
nicht schreiben konnte.
Die letzte Nummer der
publ. gefällt allgemein
am besten.
Abends Art Club.
Ghosta erwartet. Aussprache
x
über ihr widerrechtlich in die publ.
genommenes Gedicht. Erst Wortgefecht,
sehr scharf und korrekt, dann Ausgleich..
Man glaubt nicht, wie
formvollendete Szenen
anstrengen.
Spaziergang im Stadt-
park mittags. Fast
frühlinghaft, nur
etwas wesenloser.
Abends mehrfache Post.
Von Diem (die schon
viel verlernt hat ...),
von Rotweißrot und
eine Sendung von
Fried.
Netter Abend; ein
"Fried-day" war
zumindest, wenn auch
kein "Wholly-day".
Immer wieder viel Arbeit
in der PHG.
Auf dieses Wochenende
habe ich mich besonders
gefreut.
Ich werde von Fried
einen langen Brief erhalten.
Wenn er sehr belehrt,
werde ich zurückschreiben,
daß an seinen Gedichten
immerhin die Länge
ein Mangel ist. Es
wird jede Ti-Schlampe
ausgekostet, und die
Geschichte wird leicht
leer.
Nm. angenehm. Ord-
nungen, und vor allem
ausgeruht.
Momentan sitze ich und
notiere, fer n von jeglichem
Mädchen.
(Mehr als einmal kommt
es nicht.)
Der zunehmende Frost oder besser
die sich steigernde Naßkälte der
Wohnung, die Auslagescheiben
der Stadt, die Gesichter davor,
die Mädchen mit den untrauten
teuren Textilien - .
Gerade der Wind am Abend
ist mir noch vertraut.
Und ein Liegen im Bett.
(Neuerdings ein vorstellungs-
armes Liegen im Bett.)
Nach schönen Träumen
bin ich aufgewacht.
Sonntag, um auszuruhen.
Schönwetter früh, später
zu wolkig.
Koreagedicht für die
Friedensanthologie herge-
richtet (einige Satzzeichen
geändert). Bei dieser letzteren
Fassung bleibe ich auch.
Einen größeren Artikel
über moderne Kunst
fürs "TB" geschrieben.
Damit genug angestrengt.
Den Rest des Tags ruhte
ich aus, 16h bei Elfe
Gerhart und ihren
Chansons (die immer
Mittelmäßige).
Nachmittag setzte Schneefall
ein.
Sehr den Gegenständen
und der Gegenwart mich
hingegeben. So wurde der
Abend recht geklärt und
schön.
Sieben Uhr: Eisgrün und
hellblau liegt der Horizont.
In der Stadt sind viele
Faschingsfeste.
Gegenüber liegt der Mond
hellgelb, noch etwas leuchtend,
in graublau.
Post erledigt, Artikel an
Matejka abgesandt.
Der Unfug, von männlichen
und weiblichen Tugenden
zu sprechen, ist fast
so schlecht, wie sich zu
sogenannten männlichen
oder weiblichen Gemein-
heiten berechtigt zu
glauben.
Abends Art Club;
Trenks dort wieder kennen-
gelernt.
Hundertwasser, der
gegenwärtig ausstellt,
hat einige schöne Bilder.
Pariserin, auch "Menschen
in Paris" und gewisse
gelb gehaltene. Die
primitiven, da sie
eigentlich eher
exotistisch sind,
gefallen mir weniger.
Anderes zu Bbaukasten-
ähnlich oder übertrieben.
Im "Impressionistischen"
beinah am stichhaltigsten.
Mit K
Artmann, Trenks und
den anderen nett unter-
halten.
Daheim abends kuriose
Post.
Mit Briggi gefahren.
Viele Arbeit und
Diskussion am Fern-
schreiber.
Es ist keinesfalls wahr,
daß sich die Liebe
nicht definieren ließe.
Aber durch eine
Definition ersetzen
läßt sich die Liebe
nicht.
Abends Post von Hildi.
Ein eigentümliches
Gedicht.
Angenehmer Morgen.
In Arbeit den Tag
verbracht. Ich bin
nicht mehr einge-
schüchtert vom Kom-
plizierten, sondern
habe heimlich Freude
da ran.
Abends hatte ich eine
Formel zur richtigen
Verdünnung von
96%igem Alkohol aus-
zuhecken für jemand,
der 35%igen Sligovitz
herstellen will.
Katastrophal schlechte
Zahlungseingänge für die
"publikationen".
Sehr kalter Morgen.
Arbeitsvolle Tage.
(Früh schöner Morgen.)
Briggi längere Zeit
schon nicht gesehen.
Nach dem Büro auf
die Praterstraße. Einen
Anzug gekauft. Danach
in die Adamsgasse.
zZu schreiben versucht,
und mit vier Kindern
von gegenüber unterhalten.
Vm. nach zwei häßlicher
gestimmten Tagen wieder
wohler gefühlt.
Artmann und Kein
kamen zu mir. Wir
unterhielten uns über
viel, auch - was
interessant wurde -
über das "surrea-
listische" und
lettristische Material.
Wir nahmen uns vor
(wie sonderbar bei uns!),
nächsten Sonntag über
das zu sprechen.
Fester Schneefall:;
plötzlich müssen Schnee-
pflüge fahren.
Schneespaziergang um
die Mauer.
Ein Vorfrühjahr-Gedicht
ist gelungen.
Früh ein gest ern
begonnenes Vorsommer-
Gedicht rasch
herübergerettet.
Früh Briggi getroffen.
Leer.
An einem Gedicht
versucht:
"Die Sonne wärmt am Morgen
Altmetalle ..."
"Jetzt gehen viele Wege
unverbindlich
in je ein neues Frühjahr
auseinander ..."
Erotische Gereiztheit arg.
Abends im Art Club.
Besprechung mit Mathes,
interessanter als ich
gedacht habe.
Sehr gemütliche Atmosphäre.
Sache mit J. D. absolviert.
Artmann und Schmied
kamen.
(Bei Mauthe bin ich wegen
der "Birke" von Liselotte
Matiasek verrufen.
Mauthe zitiert "Ich kenne
eine Birke, es kann sein ..."
immer, wenn von mir
die Rede ist.)
(Schmied selbst wird in
den "Mödl. Nachr." schreiben,
"
A. Ok. ist zwar einigermaßen
berechtigt, eine Anthologie
herauszugeben, er darf
sich aber nicht für das
A und O der Literatur
halten." W arum er
das schreibe? "Das
Wortspiel hat mir
gefallen!")
(Hartmann aus Mödling
kritisiert sehr die
"ausgespuckte Lunge"
aus der Weigel-Anthologie.)
(Mathes und Dreymann
lobten wiederum sehr.)
Es ist die Regel, daß die
Leute, die mich persönlich
kennenlernen, über
meine Jugend erstaunt
sind. Die meisten
schätzen mich vorher
für 30-40, manche für
"bärtig und zerfurcht" ein.
Ich komme nicht umhin,
das als psychologische
Flüchtigkeit heimlich
zu tadeln.
Man muß lesen und
herauslesen können.
Schnee- und Glatteis-Tage
bei trübem Himmel.
Briggi nicht gesehen.
Täglich laufen jetzt
Briefe und Zahlungen
betreffend die "publ."
ein.
Ich habe einen großen
Hang zur Llandschaftlichen
Lyrik in letzter Zeit.
Auch dazu gehört
aber ein anderes
Leben, als es mir
hereinkam.
9., 10., 12., 14., 16., 17.
wird es Briggi gut gehen.
Sie hat an diesen Tagen
bürofrei, amerikanischer
Feiertage wegen.
(Wie sie diese Zeit verbringen
wird, weiß ich nicht.
Auf meinem Kalender
stehen nu r die Daten.)
Solche Einfälle manchmal.
Ich war in der Mittags-
pause im USiA-Laden
und habe Wein gekauft.
Nachher habe ich aus-
nahmsweise mit Huber
geplaudert.
Es ist weniger Arbeit im
Büro.
Mittags habe ich Pol
angerufen, er hat sich
sehr über meinen Anruf
gefreut. Er hofft, Sonntag
schon mit Maja zu mir
kommen zu können.
Maja ist nun gesund, aber
wegen ihrer vergangenen
Krankheit aus der Fabrik
hinausgeworfen worden.
Fast keine Arbeit nm. im
Büro.
Keine Post daheim.
Gemütlich bei Holz sägen
und Schnaps trinken.
Ich habe solche anarchische
Sehnsucht.
Früh Amtsweg.
Die Spannung im Büro
brach heute aus.
Steger verbot den Herren
das Rauchen bei der
Postbesprechung. Machwitz
und Witzmann waren
sehr beleidigt.
Wenige Minuten später
kam die Zollfahndung
zu Steger. Er mußte,
rechts und links eskortiert,
zur Finanzlandes-
direktion marschieren.
Man sagt, er hätte
gern jedem fünfhundert
Schilling gegeben, wenn
er dieses Bild nicht
hätte bieten müssen.
Abends nach längerer Zeit
sehr guter Schweinsbraten.
M. Hofmann lud mich
abermals ein. Ich muß
einmal schon hingehen.
Wieder Holz gesägt.
Den freien Gedanken
nachgegangen.
Früh Briggi gesehen.
West-östliche Gespräche
im Niemandsland.
Zweimal leichten
Schwindel verspürt.
Tags die Fried-Parodie
fertiggestellt.
Korrespondenzen und
Arbeit.
Abends mit Briggi
gefahren. Sie erzählte
erstmals seit jener Zeit
etwas von ihrem
innerlichen Zustand.
Nachts ist hoher Schnee
gefallen.
Verspätung auf der
Straßenbahn.
Das Paar Maja - Fr. Pol.
ist mir sehr lieb.
Huber zeigte sich verab-
scheuenswert.
Gebärmutterstolz,
Wochenblattneugierde
und Lebensbrutalität
setzen sie zusammen.
Gemeinplätze und eine
übliche "Anständigkeit"
halten das Flickwerk
dicht.
Auf das Wochenende habe
ich mich sehr gefreut.
Beim Ordnen gefiel
mir mein Fragment
von Mitte Jänner wieder.
Ich schrieb bis spät abends
weiter.
Winterlich.
Zwei ganz gute Teile
aus dem Zyklus sind
fertig.
Briggi lieh mir Kafkas
"Chines. Mauer".
Im Büro machte ich
das Buch auf, drinnen
standen Worte von
einem Freund Briggis,
wahrscheinlich jenem,
deswegen sie mir ent-
zogen wurde:
"Bis der Gesang verklang ...
denn es gab keinen Gesang."
(aus Juni 1950).
Bei den Russen Alkohol
gekauft.
Strahlender Wintertag.
Nach dem Büro vom
Kreis die Programme
geholt, endlich fertig.
Abends noch damit
zu tun gehabt.
Woche voll häßlicher
Arbeit.
Ich treffe Briggi oft.
Früh Anruf: Rußlandpaket
für Papa kam zurück.
Zerfahrener Tag.
Winterkälte draußen,
häßliche Zeit will nicht
enden.
Abends lasen wir im
Art Club. Ein ganz
schöner Abend, Altmann
und Weißenborn nach
langer Zeit wiedergetroffen.
Viel Unterhaltung.
Bronnen, Armand Jacob.
Mehrere Eingeladene,
wie Briggi und
Brigitte Kahr, kamen
nicht. Der Saal war
sonst voll.
Katze muß fort.
Früher ausgefahren.
Unangenehme Atmosphäre
im Büro.
Huber hat das Lauernde
von einem Luder.
Freie Luder sind sym-
pathisch. Sie aber ist
ein Luder mit Dienst-
mädchennatur.
Huber: "... weil über seinen
Chef red't man net."
Nach einem Anruf erfuhren
wir, daß Papa aus Borowsk
abgefahren ist und nicht
als Zivilinternierter geführt
werde.
Nach dem Büro zu Artmann.
Er pla nt, Bändechen her-
zustellen und im Art Club
aufzulegen.
Ich kam dazu, Bert Brecht
zu lesen.
Konnte vom Büro fortbleiben.
Seit gestern Abend geänderte
Stimmung in der Familie.
Ruhte genügend aus.
Ordnungen.
Abends am Gedicht
gearbeitet, fast fertig.
(Russischen Schaumwein,
die Flasche nur um
15.- Schilling, getrunken.)
Vormittag später aufge-
standen.
Das Gedicht "Frühjahr,
abermals unternommen"
beendet.
Im schönen Winter -
und doch an den
Sommer erinnerenden
Wetter Spaziergang
außerhalb Steinhof.
Die rot-weißen Sende-
türme stehen in den
hellblauen Himmel,
schöne Tage.
Kinder rodeln.
Nachmittags bei Martha
Hofmann. Ihre Gedichte
weitgehend schwach,
sie selbst recht einsichts-
voll gegenüber der
Moderne und selbst
versuchend. Wird
für die "publikationen"
schreiben.
Notizen außerhalb des
Tagebuchs.
Abend Art Club.
Artmann und Mathes
nicht getroffen, Lesung
Gütersloh, (Ausstellung
Bilger. Sie hat einen
Brennofen.)
Ich ging bald
wieder.
Aber ganz wohl gefühlt,
und angenehmer
Abend.
Hilde, Dein lieber Brief hat mich
gefreut. Deine Gedichtzeilen
sind schön, sie sollen wohl auch
nicht hier "kritisiert" werden.
Daß Du kommen willst, Hilde,
ist lieb. Wann, Hilde?
Deine Schweigsamkeit versuche
ich mitfühlend zu verstehen.
Ich werde mich aber dennoch
freuen, wenn Du mehr
Zutrauen zu Dir und mir
haben, und zu mir sprechen
wirst.
Was ich Dich "fragen möchte",
möchte ich dann schon fragen,
wenn wir beisammen sind.
Auch in meinen Briefen habe
ich ja viel gefragt.
(Hilde, ich hab mich für Dich
offen gehalten.)
Ich warte jetzt sehr auf
Deinen Brief und grüße Dich
(sei weniger einsam).
Dein
Nach etwa einer Woche
Briggi gesehen.
Sie war im Wartehäuschen,
und es kam zu keinem
tieferen Gespräch.
Im Büro, wie immer
diese Tage, Hitchman
und viel Arbeit.
Nachmittags unfrisch
gefühlt. "Es gibt
nichts Neues, Briggi.
Meine Gegenwart ist fad,
und meine Vergangenheit
bist du."
Abend wie immer angenehm.
Winterliche Tage.
Vm. unangenehme Stim-
mung für mich im Büro.
Hitchman noch da.
Viel Arbeit im Geleit
neuer geschäftlicher
Manipulationen.
Früh fuhr ich
mit Briggi. Sie
lud mich zu einem
Faschingsball in der
Sezession ein ...
Briggi trägt jetzt
rotgetöntes Haar.
Viel Post war für
mich eingelangt.
Ich beantwortete
mittags die Briefe
der Helene Diem
und von Trr.
Abends Wein getrunken.
Organisierten gute
Stimmung.
Besorgte mir für
Sonntag eine Karte
(Flötzersteig-Kino)
für den "Reigen".
Erster Film, den
ich mir seit
Orpheus u. Wozzeck
ansehe.
Früh hatte ich noch
Zeit für mich, nach
schönen Träumen und
bei blauem Morgenanfang.
Ein Tag im Büro
ohne die Huber,
angenehmer.
Nachm. Adamsgasse.
Mäßiger Faschings-
nachmittag.
Abends heim.
Freude war fast nur
mi t dem Mädchen
von gegenüber.
Vm.
K ein, ergebnisreich
gesprochen,
Nm.
Artmann, (beide
überraschend).
Diktiert, García Lorca,
Suite ...
Ab. "Der Reigen" (Flötzersteig-
Kino). Im Winter-
wetter. Ich bin
froh, ihn gesehen zu
haben.
9h. Weniger ausgeglichener
Tagesbeginn.
Früh Briggi ...
Wie leer ich jetzt bin.
Die beiden letzten großen
Gedichte, zweier ver-
schiedener Linien,
gefallen Kein
Artmann als
"meine bisher besten".
nm. großer Ärger
Dr. Lindners wegen
Unübersichtlichkeit
im Auftragstand.
Auch Huber ist wieder
sehr unangenehm.
Tauwetter.
Abends keine Post.
Familie Pobisch zog sehr
gegen die moderne Kunst
los.
Briggi befürchtet, wegen
mehrerer Eigenschaften
aus ihrem Büro ent-
lassen zu werden.
Früh Schneefall, der
Schnee taut jedoch
gleich.
Im Büro, obwohl
Dr. Lindner für 3 Tage
nach Wels gefahren ist,
wird schlechte Stimmung
angekündigt.
Witzmann zurückgekehrt.
Mittags holte ich mir das
"stinkende" Geld für
den Leseabend aus
dem USiS.
Abends Art Club. Gespräch
mit Muschik, Schmied,
Aratym, der mich hier
kennenlernen wollte,
(anregend unterhalten
über experimentelles
Theater und Weiter-
entwicklung des Films),
auch Trenks, Artmann
kamen.
Kein blieb aus.
Ein ungenannt gebliebener
Avantgardist, der, wie
sich Schmied ausdrückte,
"drei Reihen vor mir
kämpft", hat über mich
geäußert:
"Ok. ist die Posaune
seiner eigenen Unfähig-
keit."
Früh. Briggi wieder
nicht gesehen.
Bei ödem Winterwetter
Postweg; es kann keine
ödere Zeit als die hier
gedacht werden.
Verschiedene Ideen.
Aratym konnte mich
gestern fast zum
Drehbuch, zum Bühnen-
stück verführen.
Vormittags die Nachricht:
Tante erlitt einen
Blutsturz und muß
ins Spital.
Schon zeitig nachmittags
sehr müde und lustlos
gewesen.
Auf der Heimfahrt:
die Idee eines Theater-
stückes sucht mich
heim, ich machte mir
aber viel Gedanken um
das Theater überhaupt.
Abends holte ich Wein,
wir tranken und
hatten einen gemütlichen
Abend.
Früh mit Briggi in
der Straßenbahn.
Sie sah 16-jährig aus.
Ich hatte sie kaum
erkannt in ihrer
hellblauen Winterbluse.
Wir sprachen, über
die Katze, über Maja,
ein was
erzählte sie mir von
sich.
Wortsalat übe sie
nie mehr (aber der
hat sie doch damals
so gereizt?) -
Das war damals,
wahrscheinlich meinet-
wegen. Daß sie es
heute nicht mehr tut,
sei der Beweis.
Wir trennten uns
"Wenn heute nicht
Bürotag wäre!"
Im Büro weniger zu tun,
sodaß ich Zeit
für meine Korrespon-
denzen hatte.
Jetzt mittags sitze ich,
in meine Beziehungen
eingespannt, denen
ich nicht entlaufen
kann, an meinem
Tisch und notiere.
Szene geschrieben.
Hoher Schnee.
Wieder Briggi gesehen
früh.
Tante geht es besser.
Injektionen werden
an ihr versucht.
Langer Dienst abends
(bis 3/4 7h).
Zuhause war der
bestellte Band
Rilke
eingelangt.
Es schneit fort.
Die merkantile Durchsetzung
frißt weiter .. Das
"Kleine Theater im Konzerthaus"
steht, wie ich gestern
entdeckt habe, unter der
Direktion von Trude Pöschl,
der Frau des ARGA-Schiebers
und Besitzers der
ARGA-Ställe.
Die Ruheplätze nehmen
ab ...
Tiefer Schnee in der Früh.
Gegen 12h begann
noch wahnsinnige
Arbeit.
Nm. bei Tante in der
Adamsgasse. Sie wird
Montag wieder ins
Büro gehen können.
Einen ruhigen Nach-
mittag verbracht,
meinen Dialog ins
Reine geschrieben
und außerdem einen
zweiten hinzugefügt.
Abends im tiefen
Schnee heim.
Das Mädchen von
gegenüber sah mich
dieses Mal nicht.
Konnte später aufstehen.
Helene Diems neuerliche
Einladung, die gestern
noch express mich
erreichte, konnte ich
nicht mehr annehmen,
das ich nachmittags
bei eingeladen
war.
Vm. Ordnungen.
Ausgeruht.
Nm. z u
Artmann,
interessant, (ich
sandte ihn dann
zu Helene Diem),
darauf zu Polakovics.
Er hat nach über ein-
jähriger Unterbrechung
wieder ein Gedicht
geschrieben.
Traude, die angesagt
war, kam nicht; sie
ist in Floridsdorf
eingeschneit.
Über das letzte Gedicht,
den Ingrid-Dialog
und über mein letztes
Halbjahr gesprochen ...
Zu Ergebnissen
für hier wie da
jedenfalls gekommen -
Spät heim.
Mit Briggi gefahren.
Arbeit im Büro, die
mir fast über den
Kopf wuchs.
Spät heim. Linie "10"
verkehrte nicht.
Auf eine Viertel-
stunde zu Pol und
Maja. Sie werden
sich um die Unter-
bringung der Katze
noch bemühen,
Tierschutzverein ist
Todesurteil.
Daheim noch Holz
zerkleinert.
Früh am Dialog weiter-
geschrieben.
Briggi nur gesehn.
Viel Arbeit im Büro.
Keine gute Stimmung.
Am Dialog weiter.
Art Club. Lauter
schlechte Geschichten,
mit Kein und Artmann
gesprochen.
Abends wieder Briggi.
Sie hat den ersten Schritt
ihres Vorhabens noch nicht
unternommen; hat
inzwischen eine Zeitlang
ein Ersatzziel gefunden,
es da nn sogar erstmals
für "keinen Ersatz"
gehalten ... Das hat
sich dann aber auch
wieder anders entwickelt.
Wärmeres schmutziges
Wetter. Öde. Öde. Heute
Entscheidung mit der
Katze. Briggi wieder
getroffen.
Die Stimmung im Büro
ist sehr zuwider.
Schwindelweg in die Bank
(59.000.-)
Mittags heimliche Meuterei
Machwitz' und Witzmanns.
Die Stimmung wurde
danach besser.
Chef nachmittags fort.
Aufgelockerter Bürobetrieb.
Anruf von Polakovics:
Katze wird genommen!
Morgen soll ich sie in die
Tigergasse bringen.
Abends Abschiedtrinken
dem Tigerl.
Früh Abschied von Tigerl.
Weniger Arbeit vm.
Herr Gottwald von der
Welser Niederlage war
zu Besuch.
Am Dialog weitergeschrieben.
Das wurde nachher
vernichtet.
Abends las ich in einer
seltenen Pornographie,
die ich von Huber
ausgeliehen bekommen
hatte.
Wenig Arbeit im Büro.
Gegen Abend taute es.
Abends kamen die
"Neuen Wege", Feb/März-Heft.
Diese Woche keine Post.
Wieder gelesen.
Früh Überschwemmung
im Keller.
Freundlicher Morgen.
Büro.
Nachmittags Pornographie
, abends
Wein.
Vm. Gedicht.
(Später aufgestanden.)
Fast schon Vorfrühjahr
in der Luft.
Ausgeruht.
Versuchte vergebens
am Dialog weiterzu-
schreiben.
Früh Briggi.
Ich war so alltäglich ...
Im Büro Dr. Lindner wieder.
Abends Faschingsausklang.
Mir tut jetzt so leid, daß
auch Brigitte Kahr es nicht
werden konnte.
Das Büro den Tag über
war häßlich und nichts
als ein Gefängnis.
Ich freue mich nicht
einmal auf die Zusam-
menkunft im Art Club
abends.
Ging abends nicht in den
Art Club sondern fuhr
zeitig heim.
Es wurde gemütlich.
Bier.
Schöne Gedanken abends.
Auch heute Briggi nicht
getroffen. Schneeregen.
Literarisch impotent.
Im Büro viel Arbeit,
lange Fernschreiber mit Zürich.
Huber ist krank.
Liebe Brigitte Kahr,
Sie würden mir eine große Freude
machen, wenn Sie folgendem
zusagen würden:
Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie,
bitte, zu mir.
Falls Sie nichts Neues für die
"publikationen" haben, spielt es
keine Rolle. Einmal möcht ich
mit Ihnen auf den ganzen
literarischen Betrieb vergessen
und möcht, daß Sie mir von
sich erzählen; möcht hören,
was Sie auf dem Herzen haben,
liebes "Mädchen mit dem Sichelmund".
Daß Sie ein liebes Mädchen sind,
möchte ich Ihnen immer
wieder sagen, was Ihnen auch
sonst von den Leuten vielleicht
Trauriges zugestoßen ist.
Bitte, schreiben Sie mir, ob Sie
Lust haben und ob Sie an
einem Sonntag vielleicht
Zeit haben, zu mir zu kommen.
Ich habe viel Freude an Ihnen.
Mit lieben Grüßen
Ihr
Okopenko, Andreas: Tagebuch 01.01.1952–29.02.1952. Digitale Edition, hrsg. von Roland
Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno
Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische
Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 1.1,
15.1.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/
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