Errichtungsurkunde zum Falkenstein'schen Fideikommiss (1849)
Wien, ÖStA, HHStA, Habsburg-lothringische Familienurkunden Nr. 2434
„[pag. 1] Wir
Franz Joseph der Erste
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich,
König von Ungarn und Böhmen, u.u.u. Erzherzog von Oesterreich,
Herzog von Lothringen, u.u.u. thun kund und bekennen hiemit:
Nachdem die im deutschen Reichsverbande gestandene, auf dem linken [pag. 2] Rheinufer gelegene Grafschaft Falkenstein als ein abgesondertes lothringisches Patrimonial-Besitzthum, vermöge der in dem Hause Lothringen bestandenen, auf die Rechte der Primogenitur gegründeten Successions-Ordnung an Unseres in Gott ruhenden Herrn Großvaters, des Kaisers Franz Majestät gediehen, sonach aber in die durch die Zeitumstände herbeigeführten Länder-Abtretungen einbegriffen worden, wofür dem österreichischen Kaiserstaate traktatmässig anderweitiger Territorial-Ersatz zugeflossen ist, nachdem es für billig erkannt worden ist, daß dem regierenden Hause für den genannten abgesonderten, im Interesse der Monarchie aufgegebenen Patrimonial-Besitz eine Entschädigung gewährt werde; nachdem ferner in Folge der von weiland des Kaisers Franz Majestät deshalb angeordneten Erhebungen und darüber gepflogenen Verhandlungen besagte Entschädigung in der Art ausgemittelt und auch von Unserem Herrn Oheim und Regierungs-Vorfahrer, des Kaisers Ferdinand Majestät, bestätigt wurde, daß eine in dem Privatbesitze erst gedacht Seiner Majestät befindlich gewesene, aus dem Nachlasse Kaisers Leopold des Zweiten glorreichen Andenkens, herrührende vierperzentige österreichische Staatsschuldverschreibung im Kapitalsbetrage von einer Million zweimalhunderttausend Gulden, welche unter dem Namen der Falkenstein’schen Obligation aufgeführt ist, und auf deren Rückfall das Staats-Aerar Anspruch hätte machen können, als diese Entschädigung zu dienen habe, und zu diesem Ende aufrecht erhalten werden solle; und nachdem weiland des Kaisers Franz Majestät in dem §.5. seiner leztwilligen [sic] Anordnung festgesetzt hat, daß aus der für die verlorene Grafschaft Falkenstein bestimmten Entschädigung ein dem Werthe derselben entsprechendes Fidei-Commiß errichtet und von der Verlassenschafts-Vertheilung ausgeschieden werden solle.
So verfügen Wir mit Einvernehmen und mit Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers Ferdinand und Seiner kaiserlich-königlichen [pag. 3] Hoheit des Erzherzogs Franz Karl, als den Erben des Kaisers Franz, Höchstwelche zum Erweise dessen die gegenwärtige Urkunde unterzeichnet haben, wie folgt:
Erstens: Das für die Grafschaft Falkenstein zu errichtende Fidei-Commiß hat vom Tage der Unterzeichnung gegenwärtiger Urkunde zu bestehen:
A. aus der concentrirten Herrschaft St. Leonhardt am Forst[1] in Niederösterreich V.O.W.W. wozu nachstehende Realitäten gehören:
1. Die Herrschaft St. Leonhardt am Forst, Einlags Nro. 435.
2. Die Herrschaft Peillenstein, Einlags Nro 27.
3. Die Herrschaft Zwerbach V.O.W.W. sub Einlags Nro. 138.
4. Das Gut Grabenegg, sub Einlags Nro. 137.
5. Das Alodial-Amt Knoking, sub Einlags Nro. 139.
6. Der zur k.k. Patrimonal-Herrschaft Weinzierl, rücksichtlich Weichselbach dienstbare Meierhof Schlattenhof, bestehend in zwei Halblehen, und einer Hoffstatt, Grundbuch-folio 44.
7. Die Schedelmayer’sche Wirthschaft, rücksichtlich der Halblehenbehausung Nro. 8 sammt Appertinentien, dienstbar nach Zwerbach, und
8. Die landesfürstlichen und Regensburgischen Leben mit allen zubenannten Herrschaften, landtäflichen Gülten und Rustikal-Realitäten.
Mit Rücksicht auf den Kaufpreis veranschlagt zu … 181.400 fl. Conv. Münze
B. aus der concentrirten Herrschaft Wolfpassing[2] in Niederösterreich, wozu gehören:
1. Die Herrschaft Wolfpassing V.O.W.W. Einlags Nro. 33 nebst
2. der Herrschaft Perwarth Einlags Nro. 32
3. Die Herrschaft Reinsperg und Wang, Einlags-Nro. 32 mit Ausschluß der dabei befindlichen gräflich Zinzendorf-Baudisin’schen Lehen. [pag. 4]
4. Das Allodial-Amt Steinakirchen, Einlags Nro. 94 und
5. die Gülten Ober-Mannhardsberg, Einlags Nro. 480 mit Ausschluß der dabei befindlichen gräflich Zinzendorf’schen Lehen.
Mit Rücksicht auf den Kaufpreis veranschlagt zu … 150.000 fl. Conv. Münze.
C. Aus folgenden öffentlichen Obligationen, und zwar:
1. an zweiperzentigen [sic] unverloosten Hofkammer Obligationen 420.000 fl. W.W.
2. an vierpercentigen verloosten Obligationen 280.000 fl. Conv. Münze
3. einer vierpercentigen Metallique-Obligation per 1.000 fl. Conv. Münze
4. an fünfpercentigen Metallique-Obligationen 50.000 fl. Conv. Münze
Zweitens: Im Falle der allmählig erfolgenden Verloosung der vorerwähnten Obligation von 420.000 Gulden, treten die neuen dafür auszufolgenden Metallique-Obligationen als Bestandtheile des Fidei-Commisses ein, und ebenso die Realitäten, welche mit den vorhandenen Capitalsbeträgen etwa noch erkauft werden wollten, wozu einem jeweiligen Fidei-Commiß-Besitzer das Recht vorbehalten bleibt, so wie er andererseits die vorhandenen Güter in sichere Capitalien umwandeln kann.
Drittens: Da in dem Haus Lothringen, so wie in jenem von Habsburg die Primogenitur-Lineal-Erbfolge im Mannstamme und erst nach dessen gänzlichem Erlöschen der Uibergang an die Frauen, und zwar an die dem lezten [sic] Besitzer nach derselben Erbfolge-Ordnung zunächst stehenden gesetzlich und herkömmlich eingeführt war, so hat solches gleichfalls von der Nachfolge in das erwähnte Fidei-Commiß zu gelten, wovon der Genuß und die Verwaltung dem jeweiligen nach der bestehenden Successions-Ordnung zur Regierung der österreichischen Monarchie berufenen Familien Gliede zuzufallen hat.
Obwohl Wir nun durch die am 2. Dezember 1848 erfolgte Abdication Unseres Hochverehrten Oheims, des Kaisers Ferdinand Majestät, und durch die Verzichtleistung Unseres innigstgeliebten Herrn Vaters, des Erzherzogs Franz Carl kaiserliche Hoheit, noch bey Höchstderen Lebzeiten zur Regierung des österreichischen Kaiserstaates berufen, hiedurch aber deren Rechte auf den Genuß des vorerwähnten Fidei-Commisses nicht aufgehoben [pag. 5] worden sind, so versteht es sich, daß gedacht Seine Majestät Kaiser Ferdinand in den Genuß des Fidei-Commisses vom Tage dessen Errichtung zu verbleiben habe, und daß falls es dem Allmächtigen gefallen sollte, Höchstdenselben früher aus dieser Zeitlichkeit abzuberufen, Seine des Durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Carl, kaiserliche Hoheit in diesen Genuß zu treten habe, indem Wir Uns jedoch alle dem Regierer des Hauses zustehenden Verfügungen über dasselbe vorbehalten.
Viertens: Wenn gleich besagtes, dermalen gemischtes Geld- und Güter-Fidei-Commiß in seinen Bestandtheilen verändert und umgewandelt werden kann; so soll es doch dem wahren Werthe nach ungeschmälert erhalten werden, und insoferne eine gesetzliche Belastung desselben zum Zwecke der besseren Güter-Verwaltung, oder wegen eintretender dringender Nothwendigkeiten stattfinden müsste, wäre zuvörderst auf dessen Liberirung aus den paratesten Erträgnissen bedacht zu nehmen, und soll
Fünftens: ein jeweiliger Fidei-Commiß-Nachfolger berechtiget sein, aus dem Allodial-Nachlaß des früheren Besitzers den Ersatz absichtlicher Deteriorirung, oder nicht vorschriftmäßiger Belastung des besagten Fidei-Commisses in Anspruch zu nehmen.
Urkund dessen haben Wir gegenwärtige Fidei-Commiß-Errichtungsurkunde eigenhändig unterschrieben, von Unserem Minister des Hauses contrasigniren und mit Unserem mittleren Insiegel versehen lassen. So geschehen in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, am neunten Oktober im Jahres Eintausend Achthundert vierzig neun, Unserer Reiche im Ersten.
Franz Joseph m.p.
Ferdinand
Franz Karl m.p.
[Felix] Schwarzenberg“[3]
- Testament Kaiser Franz' I. (1835)
- Errichtungsurkunde zum Bibliotheksfideikommiss (1849)
- Errichtungsurkunde zum Falkenstein'schen Fideikommiss (1849)
- Engl. Beitrag zur Fideikommissbibliothek in der Zeitschrift LIFE vom 19. Juli 1898 (Pf 32242 E1)
- Eigenhändige Skizzen der Wohnräume des späteren Kaisers Ferdinands I. (März, Mai u. Juni 1808)