Objekte des Monats
In unserer Jubiläumsausstellung » Schatzkammer des Wissens werden der Reihe nach zwölf sehr kostbare Stücke im Prunksaal zu sehen sein, die aus konservatorischen Gründen nur höchst selten ausgestellt werden können.
26. bis 31. Jänner 2018 im Prunksaal
(aufgeschlagen)
2. bis 13. Jänner 2019 im Prunksaal
(zugeklappt)
Evangeliar des Johannes von Troppau
Prag, 1368
Die Anfänge der kaiserlichen Hofbibliothek, der Vorgängerin der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek, führen zurück ins europäische Mittelalter. 1368 wurde vom Brünner Kanonikus, Johannes von Troppau, für den Habsburger Herzog Albrecht III. ein prachtvoll geschmücktes Buch fertiggestellt. Das Werk wurde gänzlich in Gold geschrieben und ist mit Miniaturen und Zierseiten versehen. Als erste bedeutende Auftragsarbeit eines österreichischen Herzogs ist das Objekt der Ausgangspunkt der habsburgischen Büchersammlungen und gilt damit als Gründungscodex der Österreichischen Nationalbibliothek.
Um Ihnen sowohl die farbenprächtigen Innenseiten zu präsentieren, als auch den kostbaren Buchrücken, zeigen wir das Evangeliar zweimal: zu Beginn aufgeschlagen, am Ende der Ausstellung geschlossen!
Papyrusurkunde zum Indienhandel
Ägypten, 2. Jh. n. Chr.
Während der römischen Kaiserzeit blühte ein reger Handelsverkehr zwischen der Mittelmeerwelt und Indien. Aus Muziris an der Westküste Indiens wurden in der Antike kostbare Stoffe, Gewürze und Elfenbein importiert. Ein großer Teil des Warenaustausches wurde über den Seeweg abgewickelt. Die ägyptischen Häfen am Roten Meer waren dabei beliebte Ausgangspunkte der gefahrvollen Seereisen nach Indien. Die Papyrusurkunde aus dem 2. Jh. n. Chr. ist der einzige dokumentarische Text, der bislang zu den Handelsreisen nach Indien bekannt ist. Das einzigartige Fragment des Vertrages gibt Auskunft über die Modalitäten des damaligen Seehandels.
Alraunen Marion und Thrudacias
um 1600
Das Alraunenpaar Marion und Thrudacias stellt ein besonderes Kuriosum inmitten all der schriftlichen Zeugnisse der Österreichischen Nationalbibliothek dar. Einst in der Wunderkammer Rudolfs II. verwahrt und über bisher kaum rekonstruierte Pfade in die Hofbibliothek gelangt, werden ihnen spezielle Zauberkräfte zugesprochen. Um Wunder wirken zu können, mussten die mit schwarzen Samtmänteln bekleideten Wurzeln, zeitgenössischen Berichten zufolge, in Wein gebadet werden. Wurde dies unterlassen, so wurde ihnen ein jämmerliches Klagen wie bei kleinen Kindern nachgesagt. Dieses traditionelle Bad in Wein wurde noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts durchgeführt.
Mozarts Requiem
Wolfgang Amadeus Mozart, 1791
Kaum ein anderes Werk der Musikgeschichte ist so von Geheimnissen und Legenden umgeben wie Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem, seine letzte und unvollendete Komposition. Die Originalhandschrift dieses Werkes zählt zu den kostbarsten und berühmtesten Objekten der Österreichischen Nationalbibliothek. Das Requiem verdankt seine Entstehung der Initiative des Grafen Franz Walsegg-Stuppach, der das Werk bei Mozart über einen Mittelsmann in Auftrag gab. Mozart konnte die Arbeit am Requiem, die 1791 von der Komposition der Zauberflöte und des Titus unterbrochen wurde, nie fertigstellen. Von Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr vollendet, wurde das Requiem im Dezember 1793 in der Kirche des Stiftes Neukloster in Wiener Neustadt erstmals aufgeführt.
Der Hofbotanikmaler
Matthias Schmutzer, Aquarelle von 1794 bis 1824
Zur dauerhaften Dokumentation der botanischen Schätze seiner Gewächshäuser und Gärten gründete Kaiser Franz I. die Stelle eines Hofpflanzenmalers. Dieser sollte die Pflanzen- und Tierwelt der kaiserlichen Anlagen in großformatigen Aquarellen festhalten.
Zwischen den Jahren 1794 und 1824 dokumentierte der Maler Matthias Schmutzer die exotische und außergewöhnliche Pracht der Hofgärten in 1.300 imposanten, farbenfrohen Darstellungen. Die detailreichen und künstlerisch hochwertigen Aquarelle stellen einen wissenschafts-historisch ebenso wie ästhetisch einzigartigen Schatz der Österreichischen Nationalbibliothek aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts dar.
Gutenberg-Bibel
Mainz, um 1454
Die Gutenberg-Bibel ist mit 1.286 Seiten das eindrucksvollste Zeugnis der Erfindung und der handwerklich perfekten Umsetzung des Druckens mit beweglichen Lettern im ausgehenden Mittelalter – ein Ereignis von herausragender Bedeutung für die abendländische Kulturgeschichte. Nach mehrjähriger Vorbereitung stellte Johannes Gutenberg den Bibeldruck in Mainz um 1454/55 fertig. Man nimmt heute an, dass etwa 180 Exemplare hergestellt wurden. Davon sind weltweit 48 erhalten, nur 22 davon vollständig. Das Exemplar der Österreichischen Nationalbibliothek in zwei Bänden ist um 1460 von zwei unterschiedlichen Buchmalern in Wien reich verziert worden. 1783 gelangte die Bibel aus dem Dominikanerinnenkloster Maria Steinach an die kaiserliche Hofbibliothek.
Geographia
Claudius Ptolemäus, Martin Waldseemüller, Straßburg, 1513
Die Karte Generale Ptholomei befindet sich in der von dem berühmten Kosmographen Martin Waldseemüller (um 1472/75 – 1520) bearbeiteten Geographia des Claudius Ptolemäus (ca. 100 – 180 n. Chr.) und zeigt den in der Antike bekannten Teil der Erdoberfläche. Das 1513 veröffentlichte Werk gehört zu den bedeutendsten Ausgaben der ptolemäischen Geografie. Es enthält eine Projektionslehre, Koordinatentafeln und neben den klassischen, auf antikem Wissensstand basierenden Karten auch 20 moderne Darstellungen der damaligen Zeit und repräsentiert damit den Übergang der antiken zur neuzeitlichen Geografie. Diese wird durch eine zweite Weltkarte illustriert, die bereits die Neue Welt – Teile der Karibik und des südamerikanischen Kontinents – wiedergibt.
Das Wien der Basteien
Foto/Salzpapierabzug, 1858
Der großformatige Salzpapierabzug der Österreichischen Staatsdruckerei zeigt noch das alte Wien der Stadttore, hier das Rotenturmtor, bei der heutigen Rotenturmstraße am Schwedenplatz gelegen. Das Foto entstand kurz vor dem Abriss der Wiener Stadtbefestigung im März 1858. An dieser Stelle nahm das ambitionierteste Bauvorhaben in der Geschichte Wiens – die Abtragung der Basteien und die Errichtung der Wiener Ringstraße – seinen Ausgang.
Bis zu 18 Stunden täglich wurde an der Abtragung der Stadtbefestigungen gearbeitet, oft bis Mitternacht bei Fackelbeleuchtung. Bereits am 1. Mai 1858 wurde das erste Teilstück der Ringstraße, der sogenannte Franz-Josefs-Kai, durch den Kaiser und Initiator der Stadterweiterung feierlich eröffnet.
Böhmen liegt am Meer
Ingeborg Bachmann, Gedichttyposkript, 1964
Ingeborg Bachmanns spätes Gedicht zählt zu ihren berühmtesten und wurde oft als ihr schönstes eingestuft. Es entstand auf einer Reise nach Prag im Jänner 1964, bei der sie nach der Trennung von Max Frisch und einem Zusammenbruch wieder ins Leben und zum Schreiben zurückfand.
Böhmen liegt am Meer wurde von Ingeborg Bachmann mehrfach überarbeitet. Die im handschriftlich korrigierten Typoskript überlieferten Textstufen vermitteln sehr anschaulich den Entstehungsprozess des Gedichts. Es weist zahlreiche intertextuelle Bezüge, etwa zu Shakespeare, auf und ist Teil eines noch weitgehend unbekannten Lyrikzyklus von insgesamt sieben Gedichten, die Bachmann auf ihrer Reise schrieb.
Buch der Gegengifte
Mossul (?), 1220 –1240
Die arabische Handschrift ist nach bisherigen Erkenntnissen im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts in Mossul entstanden. Das kostbare Objekt gehört zu den wichtigsten Zeugnissen islamischer Buchmalerei und bietet unterschiedliche Anleitungen zur Herstellung des sogenannten Theriaks, eines in der Antike verwendeten Allheilmittels gegen tierische Gifte, insbesondere Schlangengifte.
Die Rezepte sind diagrammartig und kalligrafisch aufbereitet und mit prachtvollen, farbigen Abbildungen verschiedener Schlangen illustriert. Kolorierte Miniaturen geben zusätzlich Szenen aus der Geschichte des Theriaks und seine Entdecker wieder. Eingeleitet wird das Werk von einem einzigartigen Widmungsbild, welches das höfische Leben der Zeit widerspiegelt.
Tabula Peutingeriana
antike Straßenkarte, um 1200
Bei der Tabula Peutingeriana, benannt nach ihrem Besitzer Konrad Peutinger, handelt es sich um die mittelalterliche Kopie einer antiken Straßenkarte. Sie wurde um 1200 angefertigt und reflektiert das Original über mehrere Zwischenstufen.
Die ursprünglich als ca. sieben Meter lange Rolle konzipierte „Weltkarte“ stellt die einzelnen Landmassen vor, in die markante Flüsse, Seen und Gebirge eingetragen sind. Ortsbezeichnungen und aufwendige Stadtvignetten, z.B. für Rom, werden durch das Wegenetz verbunden, in das auch die Entfernungen eingetragen sind. Über verschiedene Zwischenbesitzer gelangte die Karte in den Besitz von Prinz Eugen von Savoyen, dessen Sammlung 1738 in die Hofbibliothek integriert wurde. Die Karte zählt heute zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.
Die Guckkastenserie
Jakob Alt und Rudolf von Alt, ca. 1833 –1845
Kronprinz Ferdinand besaß wie sein Vater Kaiser Franz I. eine eigene Kunstsammlung, die in seinen Privatgemächern untergebracht war. Sie bestand aus Landschaftsdarstellungen, historischen Ansichten, Porträts und Genreszenen herausragender österreichischer Künstler. Um 1833 beauftragte er den Maler Jakob Alt mit der Anfertigung von Landschaftsaquarellen für einen Guckkasten. Der Großteil der Aquarelle gelangte 1921 in die grafische Sammlung der Albertina. 24 Blätter werden in der Fideikommissbibliothek der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt.