Errichtungsurkunde zum Bibliotheksfideikommiss (1849)

Wien, ÖStA, HHStA, Habsburg-lothringische Familienurkunden Nr. 2433; zitiert nach einer Abschrift des Obersthofmarschallamtes (Kt. 285-4).

„[fol. 1r] Wir

Franz Joseph der Erste,

von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich,

König von Ungarn und Böhmen u.s.w. Erzherzog von Oesterreich,

Herzog von Lothringen u.s.w. thun kund und bekennen hiemit:

Nachdem Unser in Gott ruhender Herr Großvater, des Kaisers Franz Majestät, in Seinem am 1.  März 1835 errichteten Testamente vorordnet hat, daß Allerhöchstdessen Privatbibliothek [fol.  1v] und die mit selber verbundenen Zeichnungen, Landkarten- und Kupferstich-Sammlungen, wie nicht minder die wo immer befindlichen Familienbilder, insoferne letztere nicht Staatseigenthum sind, zu einem Primogenitur-Fidei-Commiss für Allerhöchstdessen männliche Nachkommen erhoben werden sollen, und nachdem die zur Errichtung besagten Fideikommisses nöthigen Voreinleitungen und Erhebungen auf Befehl Unseres Herrn Oheims und Regierungs-Vorfahrers, des Kaisers Ferdinand Majestät, getroffen, von Uns aber vervollständigt worden sind;

So verfügen Wir nunmehr nach Einvernehmen und mit Zustimmung der durchlauchtigsten Erben des Kaisers Franz Majestät, wie folgt:

1tens Es werden somit zu einem dauernden, unveräußerlichen Fidei Commiß für sämmtliche männliche Nachfolger wailand des Kaisers Franz Majestät nach dem [fol. 2r] Rechte der Erstgeburt erklärt

a) sämmtliche Bücher, Manuscripte, Kupferstiche, Lithographien, Handzeichnungen, Landkarten und Familien Portraits nebst einer Marmorbüste wailand Seiner Höchstseligen Majestät, sowie selbe an Höchstderen Todestage in dem Lokale der kaiserlichen Privatbibliothek vereint sich befunden, nebst allen dazu gehörigen Einrichtungsstücken, Aufbewahrungs-Schränken und Behältnißen,

b) die seither hinzugekommenen Ergänzungen angefangener Werke,

c) sämmtliche Familien-Portraits, welche nicht als Staatseigenthum anerkannt und welche von der eigens hiezu beauftragten Kommission unter den im k.k. Lustschloße Laxenburg befindlichen Gemälden als zu besagtem Fidei Commiß geeignet befunden und verzeichnet worden sind.

2tens Die Verzeichnisse aller zum Familien-Fidei-Commiß gehörigen Gegenstände [fol. 2v] sind in duplo auszufertigen und ordnungsmäßig zu verificiren, das eine Exemplar ist, sowie das gegenwärtige Instrument, in dem geheimen Haus- Hof- und Staatsarchive zu hinterlegen, das andere aber den mit der Beaufsichtigung und Verwahrung des Fidei-Commisses jeweilig bestimmten Beamten zu übergeben.

3tens Die von Unserem vielgeliebten Herrn Oheim, des Kaisers Ferdinand Majestät, sowie von Uns selbst, von Unseren Regierungs-Nachfolgern, oder sonst mit der ausdrücklichen Bestimmung zur Vergrößerung dieses kostbaren Familienschatzes gewidmeten Gegenstände sind in nachträglichen doppelten Verzeichnissen mit Angabe der Widmung und des Gebers einzutragen und solchergestalt dem Fidei-Commisse einzuverleiben, auch haben diese Vermehrungen rücksichtlich der treuen und sicheren Verwahrung und des Besitzrechtes ganz denjenigen Anordnungen zu unterliegen, [fol. 3r] welche rücksichtlich der ursprünglichen Sammlungen festgesetzt sind;

4tens unbeschadet der Erhaltung und thunlichen Vermehrung des Fidei-Commisses steht es dem jeweiligen Besitzer desselben zu, zum Zwecke der Beaufsichtigung, Aufstellung und Benützung der Fideicommiß-Gegenstände die geeigneten Verfügungen zu treffen.

Urkund dessen haben Wir gegenwärtige Fideicommiß-Errichtungsurkunde eigenhändig unterschrieben, von Unserem Minister des Hauses contrasigniren und mit Unserem mittleren Insiegel versehen lassen. So geschehen in Unserer Haupt und Residenzstadt Wien den vier und zwanzigsten August, im Jahre Eintausend achthundert vierzig und neun, Unserer Reiche im ersten.

Franz Joseph m.p.

F[elix] Schwarzenberg F[eld]M[arschall]L[ieutenant]“[1]

[1] ÖStA, HHStA, Habsburg-lothringische Familienurkunden Nr. 2433; eine Abschrift liegt unter Obersthofmarschallamt, Kt. 285-4.