Grundeintrag 2000
Während es bereits seit längerem Kabarettarchive in Deutschland (das 1958 von Reinhard Hippen gegründete Deutsche Kabarettarchiv
in Mainz) und in der Schweiz (das seit Anfang der 70er Jahre unter der Schirmherrschaft von Hans Ueli von Allmen stehende
Schweizerische Cabaret-, Chanson- und Pantomimen-Archiv in Thun) gibt, wird eine entsprechende Einrichtung in Österreich ab
Mai 2000 aufgebaut: Offiziell eröffnet wurde das Österreichische Kabarett-Archiv (ÖKA) am 1. April 2001. Es ist somit eines
der jüngsten Archive Österreichs. Zur Zeit ist es auf ca. 75m² in Räumlichkeiten des Kulturamtes der Stadt Graz untergebracht.
Als Rechtsträger fungiert ein Verein, der bislang von Seiten des Kulturamtes der Stadt Graz sowie der Kultur- und Forschungsabteilung
des Landes Steiermark regelmäßig finanzielle Unterstützung erfährt. (Förderungsanfragen beim Bund scheiterten bisher an der
Undurchsichtigkeit der Kompetenz- und Zuständigkeitsbereiche zwischen dem Kunststaatssekretariat und dem Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Kultur.)
Das ÖKA hat es sich zur Aufgabe gemacht, das kulturelle Erbe des Kabaretts zu bewahren und seine Geschichte bis zur Gegenwart
zu dokumentieren. Dies geschieht insbesondere durch eine umfassende und fortlaufende Archivierung, Dokumentation und Aufbereitung
zur wissenschaftlichen Erschließung sämtlicher satirisch-kabarettistischer Erscheinungsformen im deutschsprachigen Raum, vor
allem im österreichischen Bundesgebiet, zum Teil auch in den Grenzen vor 1918, sowie die rückwirkende wissenschaftliche Erschließung
kabarettistischer Aktivitäten und ihrer formalen Vorläufer.
Durch eine enge Zusammenarbeit mit den anderen Kabarett- respektive Cabaret-Archiven soll ein großer Teil des deutschsprachigen
Kabaretts / Cabarets beziehungsweise der deutschsprachigen Satire und Kleinkunst bewahrt und zugänglich gemacht werden.
Gesammelt werden Texte, Noten, Rezensionen, Programmhefte, Plakate, Fotos, Tonträger, Videos, Handschriften, Text- und Regiebücher,
Kritiken, Nachlässe, Zeitschriften, Monographien, Diplomarbeiten, Dissertationen und Sekundärliteratur zu Bereichen wie Emigration,
Exil, Karikatur, Comic, Literatur, Hörspiel, Film, politische Satire, politisches Lied, Musik, Chanson, Revue, Operette, Theater,
jüdisches Theater, Zensur und populäre Volkskulturformen zu den Schwerpunkten: Wiener Kleinkunst, Exilliteratur, jüdische
Kleinbühnen, Vorläufer, literarisches und politisches Kabarett in Österreich und Ostmitteleuropa. Weitere Aufgaben sind die
Sicherung dokumentarischer Vor- und Nachlässe sowie Forschungen und Publikationen auf dem Gebiet der jeweiligen populärkulturellen
Beziehungen zwischen den urbanen Zentren Mitteleuropas, unter besonderer Berücksichtigung der historischen wie aktuellen Kulturkontakte
der Städte Wien – Berlin – München – Prag – Brünn – Budapest.
Ausstellungen sind ebenso geplant wie regelmäßige Publikationen und Symposien. Ein wesentliches Interesse besteht natürlich
im Offenhalten der Einrichtung für die interessierte Öffentlichkeit zur Benutzung der Präsenzbestände.
Bislang (Stand: Mai 2001) wurden u. a. folgende Aktivitäten eingeleitet: Aufbau einer Fachbibliothek (bisher rund 700 Bücher)
sowie einer Audio- und Videothek (bisher rund 300 Tonträger und Videos). Zudem wurde eine Sammlung von Noten, Chansons, Programmheften,
Fotos, Plakaten und Zeitschriften angelegt, wie auch verschiedenste Presseartikel zu Personen, Gruppen, Spielstätten und Medien
in (bisher rund 250) Ordnern abgelegt werden konnten, wobei zum Teil auf private Bestände und Nachlässe zurückgegriffen wurde.
Weiters konnte das ÖKA den ersten Band seiner Publikationsreihe herausbringen, eine Grünbaum-Biographie von Hans Veigl anläßlich
des 60. Todesjahres dieses kongenialen Kleinkünstlers unter dem Titel »Entwürfe für ein Grünbaum-Monument. Fritz Grünbaum
und das Wiener Kabarett« (Graz, Wien: Selbstverlag 2001).
|
|