Sichtungen. Archiv - Bibliothek - Literaturwissenschaft ISSN: 1680-8975
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Mitteilungen: Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek [Grundeintrag 1997 / Aktualisierung 1998] (21. 10. 2001). In: Sichtungen online, PURL: http://purl.org/sichtungen/wstlbhan-1a.html ([aktuelles Datum]). - Auch in: Sichtungen 1 (1998), S. 209-210 [Grundeintrag 1997]; Sichtungen 2 (1999), S. 328-330 [Aktualisierung 1998].

Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek
Rathaus, Stiege 4, A-1082 Wien
Tel.: +43-1-4000-84946; Fax: +43-1-4000-7219
Email: post@m09.magwien.gv.at; URL: http://www.stadtbibliothek.wien.at/handschriften/
Adressinformation zuletzt aktualisiert: 1999

Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek


Grundeintrag 1997

[1/ S. 209:] Die Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek konnte in den letzten Monaten als Ergänzung zu ihren reichhaltigen literarischen Beständen des 19. und 20. Jahrhunderts drei wichtige Nachlaßteile erwerben: von Peter Altenberg, Herta Staub und Max Mell. Der äußerst umfangreiche Nachlaß von Max Mell befindet sich nun praktisch zur Gänze im Besitz der Sammlung und umfaßt neben Manuskripten und Vorarbeiten zu Mells literarischem Schaffen vor allem viele tausend Briefe, aber auch reichhaltiges dokumentarisches Material (Aufzeichnungen verschiedenster Art, Typoskripte, Korrekturfahnen, Rezensionen etc.). Er soll - zumindest teilweise - ab Ende 1998 in einer groben Übersichtsordnung den Benützern zur Verfügung stehen. Herta Staubs Nachlaß befindet sich seit 1995 in der Sammlung und konnte nun um Tagebücher, Korrespondenzen etc. angereichert werden. Zu dem großen vorhandenen Bestand an Altenberg-Autographen wurde ein umfangreiches Konvolut mit Handschriften, Briefabschriften, Vorarbeiten zu einer Briefausgabe und verschiedenen dokumentarischen Materialien erworben. Auch die Nachlaßteile Staub und Altenberg sollen - soweit dies die Arbeitskraft der wenigen Mitarbeiter der Sammlung zuläßt - bis Ende 1998 / Anfang 1999 zugänglich sein.

[1/ S. 210:] Am Beginn dieses Jahres ist außerdem der abschließende vierte Band der von Hermann Böhm edierten und kommentierten Edition der Prozeßakten aus dem Karl-Kraus-Archiv »Karl Kraus contra ... Die Prozeßakten der Kanzlei Oskar Samek (1934-1936)« erschienen. Diese Edition ist ein wichtiger Beitrag zur Kraus-Forschung und wurde bereits im In- und Ausland entsprechend gewürdigt.

Im Zuge der Neuaufstellung der Briefautographen in säurefreien Autographenmappen wurde 1997 die Revision sämtlicher einzeln inventarisierter Korrespondenzstücke abgeschlossen.

Von besonderer Wichtigkeit ist, daß Ende des vergangenen Jahres der gesamte Katalog der Handschriftensammlung mit insgesamt 394.122 Katalogkarten gescannt wurde; er wird noch im ersten Halbjahr über Internet verfügbar sein.


Aktualisierung 1998

[2/ S. 328:] 1998 war, was Zahl und Bedeutung der Zuwächse auf dem literarischen Sektor betrifft, ein äußerst erfolgreiches Jahr für die Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Unter den Erwerbungen ragen vor allem zwei hervor: der Teilnachlaß von Max Reinhardt und ein großer Bestand an Autographen von Karl Kraus.

Der Nachlaß von Max Reinhardt (1873-1943) umfaßt neben einem Regiebuch (die überwiegende Zahl der Regiebücher befindet sich heute in den Vereinigten Staaten, einen bedeutsamen Reinhardt-Bestand besitzt auch das Österreichische Theatermuseum) zahlreiche Manuskripte Reinhardts zum Theater sowie verschiedene Materialien zu seiner Regietätigkeit. Außerdem enthält er über 300 Briefe und Telegramme Reinhardts und ebensoviele von seiner Gattin Helene Thimig. Dazu kommen über hundert Briefe an Reinhardt, darunter solche von Hugo von Hofmannsthal, aber auch Korrespondenzen mit bedeutenden Persönlichkeiten aus dem Theaterleben.

Was zu Karl Kraus (1874-1936) angekauft werden konnte, ist die wichtigste und umfangreichste Ergänzung des Karl-Kraus-Archivs, die seit dessen Bestehen angeboten wurde und zugleich der größte Bestand an Kraus-Autographen, der sich noch in Privatbesitz befand. - Es handelt sich um ca. 2.000 Blatt in eigener Handschrift, darunter das komplette Manuskript der Bearbeitung von Offenbachs »Perichole« und von Shakespeares »Macbeth« sowie Gedichte und Zusatzstrophen zu Couplets mehrerer Nestroy-Stücke, Artikel und Korrekturfahnen für die »Fackel«, aber auch um über hundert zumeist zeitgenössische und teilweise bisher unbekannte Fotografien von Kraus und seinem Umkreis.

[2/ S. 329:] Von Interesse ist auch der literarische Nachlaß der Schriftstellerin Joe Lederer (1904-1987) mit Werkmanuskripten und -typoskripten, Privat- und Verlagskorrespondenzen, die durch Fotografien und persönliche Dokumente (darunter auch solche aus der Emigration) ergänzt werden.

Der Nachlaß von Felix Braun (1885-1973), von dem sich der Großteil schon seit vielen Jahren in der Sammlung befindet, erfuhr eine interessante Ergänzung: Briefe, autographe Vorlesungen, Gedichte und Erzählungen vor allem aus der Zwischenkriegszeit sowie das Typoskript des Romans »Agnes Altkircher«.

Zum Nachlaß von Max Mell (1882-1971), über den bereits in den »Sichtungen« 1/1998 berichtet worden war, kam noch eine wichtige abschließende Erwerbung vor allem von Korrespondenzen und werkbezogenen Materialien, so daß dieser für die österreichische Literatur vor allem der Zwischen- und Nachkriegszeit wichtige Bestand nunmehr geschlossen in der Sammlung aufbewahrt wird. - Leider hat sich die im Vorjahr geäußerte Hoffnung, den äußerst umfangreichen Nachlaß bis Ende 1998 so weit zu bearbeiten, daß er in einer groben Übersichtsordnung den Benützern zur Verfügung steht, nicht erfüllt. Dies lag gleicherweise an der Komplexität des Materials (das zudem gegen Ende des Jahres noch einen wesentlichen Zuwachs erfuhr) wie an der Notwendigkeit der vordringlichen Sichtung der neuerworbenen Reinhardt- und Kraus-Bestände, und ist vor allem in der Tatsache begründet, daß die Sammlung personell hoffnungslos unterbesetzt ist und der drückende Platzmangel die Aufarbeitung zusätzlich erschwert. Es besteht begründete Hoffnung, daß eine Grobordnung des Nachlasses dennoch 1999 durchgeführt und abgeschlossen werden kann.

Nicht vergessen werden soll auch der Ankauf zahlreicher Einzelautographen, die eine wertvolle Ergänzung der vorhandenen Bestände darstellen. Hier spannt sich der Bogen von Franz Grillparzer, Ferdinand Kürnberger, Nikolaus Lenau und Marie von Ebner-Eschenbach über Peter Altenberg (von dem ein weiteres Postkartenalbum erworben wurde) und Franz Werfel (eine autographe Novelle) bis zu Friedrich Achleitner, Ilse Aichinger, H. C. Artmann, Joe Berger, Günter Brus, Ernst Jandl, Andreas Okopenko und Gerhard Rühm. Eine umfassende Dokumentation zu Leben und Schaffen Heimito von Doderers (Sammlung Herbert Ketzler) rundet die Erwerbungen des Jahres 1998 ab.

Hervorzuheben ist auch, daß von der Sammlung nicht nur zahlreiche Leihgabenwünsche für verschiedene Ausstellungen erfüllt werden konnten, sondern daß im Rahmen der Wechselausstellungen der Bibliothek die Ausstellung »Karl Emil Franzos (1848-1904). Der Dichter [2/ S. 330:] Galiziens« (Gestaltung: Hermann Böhm) eingerichtet wurde, nach deren Katalog noch immer rege Nachfrage herrscht. Auch an der vom ÖLA veranstalteten Ausstellung »Der literarische Einfall« wurden in Eigenverantwortung die Kapitel Grillparzer und Nestroy verfaßt (Walter Obermaier).

Während die auf die Briefautographen folgende Revision und Neuaufstellung der Nachlaßstücke (Lyrik, Prosa, dramatische Werke, Tagebücher, Dokumente usw.) in säurefreie Autographenmappen und Cahiers 1998 zügig voranschritt, kann auf den bereits gescannten Katalog der Handschriftensammlung mit seinen fast 400.000 Katalogkarten noch nicht auf elektronischem Weg zugegriffen werden, was neben der erwähnten Personalknappheit auch technische Gründe hat. Doch auch hier wird 1999 eine zukunftsorientierte Lösung gefunden werden.




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