Karls VII. Anspruch auf Böhmen

Vorläuffig Historisch-Politische Einleitung Zu der Haupt-Frage, ob Die von König Ferdinand I. mit Seiner Gemahlin Anna Jagelonica, Königin zu Böheim [et]c. [et]c. erzeugte, und an Albrecht den Fünfften, Hertzogen aus Bayrn vermählt-ältiste Erb-Printzeßin Anna, ein solches radicirtes Erb-Recht, mit Vorwissen des Kaysers, und Einwilligung der Böheimischen Ständen, auf des Königreich Böheim erlanget, daß sie selbes auf ihre Erben und Nachkommen zu ewigen Zeiten verschicken mögen? Aus denen offentlichen Schrifften zusammen getragen, und mit etlichen neuen Urkunden beleuchtet Durch L. - [S.l.], [s.a. ca. 1745]

Österreichische Nationalbibliothek, Sign.: 310.567-C.Alt-Mag

Detailinformation

Der bayrische Kurfürst Maximilian Emanuel hatte die Pragmatische Sanktion anerkannt, die die Unteilbarkeit der habsburgischen Länder und damit die Erbfolge durch eine Person vorsah. Sein Sohn Karl Albrecht widerrief aber die Anerkennung, als Maria Theresia unter Berufung auf diese Regelung 1740 ihr Erbe beanspruchte; glaubte er doch selbst größeres  Anrecht auf die Erblande zu haben: Wenn, so argumentierte er, man aus der Pragmatischen Sanktion eine weibliche Nachfolge ableiten könne, so seien seine Ansprüche die älteren. Schließlich habe sein direkter Vorfahre, Herzog Albrecht, die Erzherzogin Anna geheiratet, Tochter Kaiser Ferdinands I. und der Anna Jagiello, Erbprinzessin von Böhmen und Ungarn. Auch Karl Albrechts Ehe mit der Erzherzogin Maria Amalia, Tochter Kaiser Josephs I. (und somit Maria Theresias Tante), stellte ein starkes Argument für einen Erbanspruch dar.

1741 besetzte Karl Albrecht mithilfe Frankreichs Teile Österreichs und Böhmen und erhob sich zum böhmischen König. Wenige Monate danach wurde er (als Karl VII.) zum Kaiser gewählt. Kurz darauf marschierten die österreichischen Truppen in München ein, und Karl musste auf die habsburgischen Länder verzichten. Im Frühjahr 1743 wurde Maria Theresia in Prag zur Königin von Böhmen gekrönt.  

Der Ausbruch des Zweiten Schlesischen Krieges im folgenden Jahr lenkte die Habsburger von Bayern ab, und Karl konnte wieder in München einziehen. Dass er das Thema Böhmen nicht ad acta gelegt hatte,  beweist die vorliegende Historisch-Politische Einleitung. Der erst 47-jährige, jedoch schwer an der Gicht leidende Mann beauftragte „kurtz vor Seinem  Krancken=Laager“ die beiden Räte J. I. Mandl von Deuttenhofen und J. B. F. von Lang, seine Argumente für den Erbanspruch „in einen kurtzen Entwurff und Bericht zu bringen, auch selben Allerhöchst Dero Majestät ganz allein allerunterthänigst zu behändigen“. Durch Karls Tod im Jänner 1745 hatte „dieses Wercklein unvollkommen erligen bleiben müssen“; schließlich stellten die beiden Räte die Schrift doch noch fertig und widmeten sie Karls Sohn und Erben, Maximilian III. Joseph. Für ihn hatte sie zu diesem Zeitpunkt jedoch nur noch Souvenircharakter, denn nach dem Tod des Vaters schloss Maximilian Joseph schon bald einen Separatfrieden mit den Habsburgern und unterstützte sogar die Kandidatur von Maria Theresias Gemahl Franz Stephan bei der folgenden Kaiserwahl.    


last update 03.09.2016