Anmuthige Milben im Mehl
Ledermueller, Martin Frobenius:
Mikroskopische Gemüths- und Augen-Ergötzung – diesen Titel wählte der Naturforscher Martin Ledermüller (1719-1769) für sein 1761 veröffentlichtes Hauptwerk, und das zurecht. Denn seit seiner Erfindung um 1600 hatte das Mikroskop Wissenschaftler und Laien eine bunte Wunderwelt erschlossen, die nicht nur erstaunliche Einsichten, sondern auch ästhetisches Vergnügen bieten konnte. Die vielen schön kolorierten Kupfertafeln von Georg Paul Nussbiegel (Nusbiegel) lassen uns dies auch heute noch nachvollziehen. Ledermüller zeigt und beschreibt nicht nur Mineralien, Pflanzen, Insekten und Mikroorganismen, sondern auch die Spitze einer Nähnadel, einen Zwirnsfaden oder eine Probe von Seidentaft, letzteres auf Anregung einer Leserin seiner früheren Veröffentlichungen. Der humorvoll und persönlich formulierte Text sollte eine breite Leserschaft für die Mikroskopie begeistern, was dem Autor allerdings den Vorwurf eintrug, allzu populär zu schreiben. Doch gerade seine Erzählweise machte wohl für viele interessierte Laien den Reiz des Buches aus. So beschreibt er etwa die Milben in einer Probe von Dinkelmehl und kommt so auf Voltaires Erzählung Mikoromégas zu sprechen, in der ein riesenhafter Außerirdischer die Erde besucht und die Besatzung eines großen Forschungsschiffs für Milben hält:
Der zweite Band des Werks, die Nachleese (1762), informiert vor allem über Konstruktion und Anwendung von verschiedenen Mikroskopen und enthält auch eine genaue Beschreibung des Sonnenmikroskops. Mithilfe dieses Projektionsmikroskops, das das Sonnenlicht nutzte, konnten winzige Präparate an die Wand eines abgedunkelten Raums geworfen werden – ein für diese Zeit atemberaubender Effekt, mit dem Ledermüller auch den Hof seines Gönners, des Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth, unterhielt. Die Illustrationen zu diesem zweiten Band stammen von Adam Wolfgang Winterschmidt. Zum Katalogisat und Volltext der Gemüths-und Augen-Ergötzung (Bilder links: Mit Mausklick zum Vollbild.) |