Frauenliteratur der österreichischen Moderne

 

Emil Marriot (1855 - 1938)

Berufsschriftstellerin unter männlichem Pseudonym

Biographie


Emilie Mataja wird am 20. November 1855 in eine Kaufmann-Familie hineingeboren. Schon früh widersetzt sie sich der ihr zugedachten traditionellen Frauenrolle und betreibt mit viel Ehrgeiz eine schriftstellerische Laufbahn. Dennoch „versteckt“ sie sich hinter einem männlichen Pseudonym: Emil Marriot – wohl, um am Literaturmarkt leichter zu reüssieren. In ihren „Lehrjahren“ sucht sie Kontakt zu geistigen Förderern und beginnt einen intensiven Lehrer-Schülerin-Briefwechsel mit dem von ihr verehrten Leopold von Sacher-Masoch. Ihr erster größerer Roman wird ein Misserfolg: „Egon Talmors“ kommt 1880 beim Verlag Hartleben in wenigen Exemplaren heraus und findet in der Presse kaum Beachtung. Allerdings gelingt es ihr, durch diese Erstveröffentlichung Kontakte zum Feuilleton zu knüpfen und eine ständige Mitarbeiterin der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ zu werden – ein Arbeitsverhältnis, das fast drei Jahrzehnte dauern wird. „Familie Hartenberg“ erscheint bereits Ende 1880 in Fortsetzungen in dieser Zeitung und ist so erfolgreich, dass er auch in Buchform erscheinen kann. Der nächste Roman „Der geistliche Tod“, der die Problematik des Priesterstandes zum Thema hat, erscheint bei Hugo Engel in Wien und erlebt bis zum Jahr 1924 zahlreiche Neuauflagen und Übersetzungen. E. M. schreibt auch in der Folge publikumswirksame Romane und Novellen. Nach dem Ersten Weltkrieg gerät sie zunehmend in Vergessenheit.

Werke online

Der geistliche Tod : Erzählung aus dem katholischen Priesterstande. - 6. Aufl. - Berlin : Freund & Jackel, 1899


Das Buch findet sich in der Tradition eines im 19. Jahrhundert beliebten literarischen Themas, das sich mit dem Priestertum und seinen Ambivalenzen zwischen geistiger Berufung und irdischer Verbundenheit beschäftigt. Vordergründig sind es Zölibat und verbotene Liebe, die Georg Harteck, den Helden der Erzählung, zugrunde richten. Er war, ohne innere Berufung, seiner Mutter zuliebe Priester geworden. Tatsächlich scheitert der aufgeschlossene, weltzugewandte Geistliche jedoch am kirchlichen Dogma und seinen fanatischen Vertretern. Er wird zur Strafe für sein Vergehen in ein weltabgeschiedenes Dorf versetzt, wo er lungenkrank stirbt. Paula Reinberg, die ernsthafte Arzttochter, fühlt sich zu Georg hingezogen. Angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage sublimiert sie ihre Liebe durch Mütterlichkeit. Einsicht, Verantwortung und Verzicht sind die Eigenschaften, die E. M. der tragenden Frauenfigur zuschreibt, und die die Autorin selbst als typisch weibliche "Stärken" betrachtet.

Der abgesetzte Mann : Roman aus der Zeit vor dem Kriege. - Berlin : Grote, 1916


Aglaja, Elly und Alice – drei ungleiche Schwestern – wachsen nach dem Tod ihres Vaters bei der Großmutter in Mödling auf. Um dem Kleinstadtleben zu entfliehen, wenden sich Aglaja und Alice an ihre Tante Eugenie von Barndorff, eine Führerin der Frauenbewegung. Mit ihrer Hilfe können sie die Großeltern zur Übersiedlung nach Wien veranlassen, wo sich den Mädchen neue Tätigkeitsbereiche öffnen: Aglaja engagiert sich in der Frauenbewegung, Elly besucht einen Haushaltskurs und die schöne Alice möchte zum Theater. Die drei Schwestern gehen verschiedene Lebenswege, Elly findet einen ihr würdigen Lebenspartner, Alice brennt mit einem Mann nach Hamburg durch. Eugenie, die ihren ganzen Ehrgeiz in die Frauensache legt, "vernachlässigt" ihren Mann – dieser beschließt, sich von ihr scheiden lassen. Eugenie wird dadurch verunsichert und beginnt, ihr Leben zu überdenken. Als sie zum todkranken Max gerufen wird, der sie Zeit seines Lebens verehrte, wird ihr im Gespräch klar, dass sie für eine gute Sache – die Frauenemanzipation – falsch gekämpft hat. Sie bleibt einsam zurück. Marriots ambivalente Einstellung zur Frauenbewegung tritt in diesem Werk besonders klar hervor: sie begrüßt auf der einen Seite die neuen Errungenschaften und Freiheiten, die durch die Frauenrechtsbewegung eröffnet wurden, auf der anderen Seite sieht sie deren Grenzen dort, wo die Frau durch "angeborene" Eigenschaften determiniert ist.

Weitere Werke

  • Fanny. Alltagsgeschichte. Wien, o.J.
    Signatur: 86643-A.Neu.24
  • Die Unzufriedenen : Roman aus den bürgerlichen Kreisen. - Berlin : Freund & Jeckel, 1888
    Signatur: 429746-B.Neu
  • Novellen. - Berlin : Freund & Jackel, 1890
    Signatur: 95532-B.Neu
  • Moderne Menschen. - Berlin : Freund & Jackel, 1893
    Signatur: 417897-B.Neu
  • Der heilige Dräusus : Novelle. - Wien, 1894
    Signatur: 147520-B.Neu.1
  • Die Familie Hartenberg. - Berlin : Freund & Jackel, 1895
    Signatur: 405420-B.Neu
  • Der Heiratsmarkt : Sittenbild in 3 Akten. - Berlin : Entsch, 1895
    Signatur: 819880-B.Th
  • Seine Gottheit : Roman. - Berlin : Freund & Jackel, 1896
    Signatur: 406091-B.Neu
  • Grete's Glück : Schauspiel in 3 Akten. - Berlin : Freund & Jackel, 1897
    Signatur: 842.204-A.Th, 842.205-A.Th, 842.203-C.Th und 840.773-A.Th
  • Junge Ehe : Roman. - Berlin : Freund & Jackel, 1897
    Signatur: 405419-B.Neu
  • Auferstehung : Roman. - Berlin : Freund & Jackel, 1898
    Signatur: 95536-B.Neu
  • Die Starken und die Schwachen. - Berlin : Freund & Jackel, 1899
    Signatur: 407894-B.Neu
  • Schlimme Ehen : Novellen von Emil Marriot. - Berlin : Grote, 1901
    Signatur: 435052-B.Neu
  • Menschlichkeit : Roman. - Berlin : Grote, 1902
    Signatur: 434003-B.Neu
  • Anständige Frauen : Roman. - Berlin : Grote, 1906
    Signatur: 448356-B.Neu
  • Heinz Henning : Roman. - Berlin : Grote, 1911
    Signatur: 482637-B.Neu

Weiterführende Literatur

  • Byrnes, John: An introduction to Emil Marriot. - In: Modern Austrian Literature 12 (1979) 3-4, S. 45 - 57
    Signatur: 1059574-B.Per
  • Dopplinger-Loebenstein, Andrea: Frauenehre, Liebe und der abgesetzte Mann : bürgerliche Frauenliteratur in Österreich (1866_1918) am Beispiel von Franziska von Kapff-Essenther, Julie Thenen, Rosa Mayreder, Dora von Stockert-Meynert und Emilie Mataja. - Wien, Diss., 1987
    Signatur: 1271175-C.Neu
  • Falkensammer, Gertrud: Emilie Mataja (1855-1938) : Beiträge zum österreichischen Ständeroman um 1900. - Univ. Wien, Diss., 1950
    Signatur: 788421-C.Neu
  • Fritsch, Cornelia: Emilie Mataja : Ein Beitrag zur Forschung der österreichischen Frauenliteratur um 1900. - In: Die österreichische Literatur (1880-1980) / hrsg. von Herbert Zemann. - Graz : Akademische Druck- und Verlagsanstalt, 1979-1989, Band 1: S. 805 - 822
    Signatur: 1174758-C.Kat
  • Hofmann-Weinberger, Helga & Christa Bittermann-Wille: Erotik - theoretischer Diskurs und literarische Chiffren in der Frauenliteratur des Fin-de-siècle. - In: Der verbotene Blick. - Klagenfurt, 2002, S.146 – 180
    Signatur: 1652936-C.Neu
  • Hofmann-Weinberger, Helga & Christa Bittermann-Wille: Erstklassige Schriftstellerinnen zweiter Güte? : literarische Bestseller österreichischer Autorinnen vom 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. - In: Biblos 54 (2005) 1, S. 19 - 39
    Signatur: 812716-B.Neu-Kat