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Wendelin Schmidt-Dengler: Armin A. Wallas: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Analytische Bibliographie und Register. Bde. 1.2. München, New Providence, London, Paris: Saur 1995, zus. 1200 S., ÖS 3504,-.. Rezension (09. 05. 2002). In: Sichtungen online, PURL: http://purl.org/sichtungen/schmidt-dengler-w-1a.html ([aktuelles Datum]). - Auch in: Sichtungen 1 (1998), S. 156-157.

Wendelin Schmidt-Dengler
Österreichische Nationalbibliothek
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Armin A. Wallas: Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus in Österreich. Analytische Bibliographie und Register. Bde. 1.2. München, New Providence, London, Paris: Saur 1995, zus. 1200 S., ÖS 3504,-.

Rezension

Wendelin Schmidt-Dengler

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[1/ S. 156:] Vorliegendes Werk ist eine Fundgrube für jeden, der sich mit der österreichischen Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen möchte, zugleich auch ein Beispiel dafür, daß Bibliographien ›lesbar‹ sein können. Das gilt auch für die Register des Werks, denn gerade die nüchterne alphabetische Ordnung gibt Zusammenhänge preis, die sonst nur schwer erschließbar sind. Das methodische Prinzip, das dieser analytischen Bibliographie zugrundeliegt, ist höchst einfach: Ausgewertet wurden 45 zum Teil sehr kurzlebige Zeitschriften und sieben Anthologien bzw. Sammelbände; der Beobachtungszeitraum erstreckt sich von 1911 bis 1926, wobei eine eindeutige Schwerpunktbildung für die Jahre unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg erkennbar ist. Im ersten Band bietet Wallas eine Kurzcharakteristik der einzelnen Zeitschriften und Anthologien, wobei er vor allem, soferne faßbar, das Programm zu umreißen sucht. Der Hauptteil besteht aus der Auflistung eben dieser Zeitschriften und Anthologien in alphabetischer Reihenfolge, wobei in chronologischer Folge der Inhalt der einzelnen Nummern und Bände verzeichnet ist. Darunter finden sich so wichtige Publikationsorgane wie »Der Anbruch«, »Der Brenner«, »Daimon«, »Der Friede«, »Die Gefährten«, »Die Rettung«, »Der Ruf« und »Ver!«, aber auch so wenig bekannte und für ihre Zeit doch signifikante Blättchen wie »Der Knockabout«. Die vorhandene Forschungsliteratur ist meist genau berücksichtigt und wird in jedem Fall auch herangezogen.

Der zweite Band bietet ein Autorenregister, für mich der wichtigste Teil des Werks, weil darin neben den Personennamen auch die Titel der Beiträge verzeichnet sind. So verfügen wir über eine Fülle von äußerst brauchbaren Personalbibliographien für den in Frage stehenden Zeitraum. Es handelt sich dabei um eine subjektive und / oder objektive Personalbibliographie, und dem Suchenden wird schnell und verläßlich Hilfe zuteil. Wer sich informieren möchte, welche Beiträge das untersuchte Material z. B. von und über Dostojewski bietet, wird hier sofort fündig. Lobenswert am Register ist darüber hinaus, daß es, soweit dies möglich war, Abkürzungen auflöst, so daß man bei der Sigle "I. H. Br." auf Hermann Broch und dessen Text »Die Straße« in Heft 11 der »Rettung« verwiesen wird; zugleich findet sich diese Sigle auch bei Broch, so daß man bei der Recherche auch hier alle festgestellten Beiträge dieses Autors beisammen hat. Bei Otto Basil findet sich ebenfalls ein Pfeil, der auf die Sigle »o. b.« verweist, und so werden für die frühe Tätigkeit dieser nach 1945 so bedeutenden Persönlichkeit des literarischen Lebens zumindest einige wichtige Spuren in übersichtlicher Form gesichert. Man könnte gegen das Register auch einwenden, daß sich darin einige Autoren finden, die mit Sicherheit nicht als Expressionisten gelten können, wie etwa Adalbert von Chamisso, Charlie Chaplin, Leo Trotzki und Johann Gottfried Herder, ja man könnte fast sagen, daß die Nicht-Expressionisten in der Mehrzahl sind und das Register dadurch überladen [1/ S. 157:] wirkt. Zum anderen aber wird man gerade auch für solche Eintragungen dankbar sein, weil dadurch doch auch die Wirkung der Genannten im Rahmen dieser Strömung überprüfbar wird. Vier weitere Register hat Wallas angelegt: Ein Sachregister, worin einzelne Themenkomplexe abgerufen werden können; dies ist gewiß brauchbar, so man auch über das geeignete Stichwort verfügt; wer aber wird etwa unter den Schlagworten »Güte«, »Minnesang« oder »Entente« gerade in diesem Register nachschauen wollen?

Es folgt noch ein Register der Verlage, aus deren Produktion Bücher besprochen wurden. Das mag hilfreich und verlagsgeschichtlich interessant sein, aber es verhält sich so wie beim vorangehenden Register: eine Schatzkammer, an der alle auf der Suche nach anderen Sammlungen wie Touristen vorbeieilen werden. Das gilt auch für das folgende Register mit den Titeln der besprochenen Bücher und der einzelnen Aufsätze.

Die kleinen Bedenken sind der Bedeutung dieses Werks nicht abträglich. Es steht außer Zweifel, daß Armin A. Wallas das grundlegende Werk für die Erforschung des Expressionismus in Österreich geschaffen hat. Die Frage allerdings, nach welchen Kriterien nun Zeitschriften und Anthologien als Zeitschriften und Anthologien des Expressionismus eingestuft werden, wird nicht gestellt; und von dieser Bibliographie war auch keine Antwort auf die Frage zu erwarten, ob es überhaupt einen Expressionismus in Österreich gegeben hat und wenn ja, wie dieser zu beschreiben wäre. Der Katalog »Österreichische Avantgarde 1900-1938. Ein unbekannter Aspekt«, zusammengestellt von Oswald Oberhuber (Bildende Kunst) und Peter Weibel (Literatur - Wissenschaft) aus dem Jahr 1976 hat als erster umfassend auf diese Lücke in der Forschung aufmerksam gemacht und die Beschränkung der Forschung auf den im engeren Sinne deutschen Expressionismus mit gutem Grund gerügt. Seit dieser Publikation (Wallas erwähnt sie nicht) ist einiges in diesem Bereich geschehen, allerdings fehlt es noch an der Grundlagenforschung. Mithilfe der analytischen Bibliographie wird es vielleicht möglich sein, durch Sichtung des Malerials zu einer einigermaßen verläßlichen Bestimmung dessen zu gelangen, was man als österreichischen Expressionismus bezeichnen kann.

Wendelin Schmidt-Dengler




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