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Edition der Tagebücher, Skizzenbücher und Notizhefte Hermann BahrsDie frühen nachgelassenen Aufzeichnungen des PhilosophenLukas Mayerhofer• Zur Geschichte des Editionsvorhabens
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Zur Geschichte des EditionsvorhabensVorarbeiten: Als 1986 die Arbeiten an der Edition der Tagebücher Hermann Bahrs aus dem Nachlaß aufgenommen wurden, konnte auf mehrere das Vorhaben begünstigende Faktoren verwiesen werden. Der Nachlaß Bahrs, der sich im Österreichischen Theatermuseum befindet, war in den frühen 1980er Jahren einer bemühten, wenngleich nicht fehlerlosen formalen Aufarbeitung im Rahmen eines Projekts des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) unterzogen worden. Die formale Erfassung des Nachlasses durch Erna Krampf, die auf Ordnungsversuche von Bahrs zweiter Frau Anna Bahr-Mildenburg zurückgriff, strukturierte den Nachlaß in fünf Hauptkategorien:
Nachdem die einzelnen Texte und Textkonvolute nach diesen fünf Kategorien abgelegt wurden, zudem von Erna Krampf - wieder unter Zuhilfenahme von Notizen Anna Bahr-Mildenburgs - datiert wurden, konnte leicht auf das zu edierende Material der fünften Kategorie zugegriffen werden, womit seine Beschaffenheit und sein Umfang von allem Anfang an ersichtlich war bzw. schien. Personalstand: Bis ins Jahr 1992 war ausschließlich eine Person hauptberuflich mit der Arbeit an der Edition betraut, was trotz allen Einsatzes zu zeitlichen Verzögerungen und methodisch kaum rechtfertigbaren Arbeitsbedingungen führte. 1992 konnte daher durchgesetzt werden, daß mindestens zwei Mitarbeiter zur gleichen Zeit am Editionsprojekt beschäftigt wurden. Die Aufstockung im Personalstand bewirkte, daß der erste Band nun zügig fertiggestellt wurde und seither alle zwei bis zweieinhalb Jahre ein neuer Band der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte. Finanzierung: Die Edition der Tagebücher Hermann Bahrs war ursprünglich ein selbständiges Einzelprojekt, das vom FWF bewilligt und finanziert wurde. Seit 1994 ist die Edition als Projekt des Fachbereichs Österreichische Geschichte in den Spezialforschungsbereich (SFB) [3/ S. 181:] »Moderne - Wien und Zentraleuropa um 1900« der Karl-Franzens-Universität Graz integriert und wird weiterhin vom FWF finanziert. |
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Zu den Inhalten des EditionsvorhabensZeitlicher Umfang der Edition und die BandeinteilungDas Editionskonzept der Tagebücher, Skizzenbücher und Notizhefte aus dem Nachlaß Hermann Bahrs setzte sich ursprünglich zum Ziel, ausschließlich die Texte der Zeit vor dem Erscheinen der publizierten Tagebücher öffentlich zugänglich zu machen. Das hätte eine vierbändige Edition der Texte zwischen 1885 und 1904 mit anschließendem Kommentarband bedeutet, wofür vor allem zwei Argumente sprachen: Zum einen sollte dieses Unterfangen Quellenmaterial gerade für die Zeit, in der Bahr als Mittler der europäischen Moderne seine höchste Bedeutung hatte, zur Verfügung stellen, zum anderen wurde davon ausgegangen, daß die Zugangsmöglichkeiten zum späteren Bahr durch die publizierten Tagebücher ohnehin ausreichend gegeben seien. Jedoch galt es nach einer genaueren Einsichtnahme in die Tagebuchmanuskripte bereits des Jahres 1905 als sinnvoll, zumindest eine teilweise Überschneidung zwischen von Bahr publizierten Tagebüchern und den Tagebüchern des Nachlasses zu bieten, um die unterschiedlichen Schreibstile zwischen ›öffentlichem‹ und ›privatem‹ Tagebuch erfahrbar zu machen. Deshalb wurde vom ursprünglichen Konzept abgewichen und ein fünfter Textband beschlossen. Über Bandgrenzen sowie über das Verhältnis von bereits fertiggestellten zu nur vorbereiteten oder erst konzipierten Bänden informiert folgende Übersicht:
Anordnung der Hefte innerhalb des BandesErna Krampf, die - wie bereits erwähnt - den Nachlaß Bahrs ordnete, wies klar abgeschlossenen Textkonvoluten (Heften) den Rubriken »Tagebuch«, »Skizzenbuch«, »Notizheft« oder »Kalender« zu und versuchte auf der Basis von Notizen Anna Bahr-Mildenburgs eine erste Datierung. Es hätte nun im Rahmen dieser Edition die Möglichkeit bestanden, die unterschiedlichen Genres chronologisch, aber voneinander geschieden wiederzugeben. Daß sich die Bearbeiter gegen dieses Anordnungsprinzip ausgesprochen haben, hängt maßgeblich mit den problematischen Genrebezeichnungen zusammen. Selbst nach den Kriterien von Krampf[2] erweist sich so manches »Skizzenbuch« als Tagebuch und umgekehrt. Bisweilen finden sich auch Textkonvolute, die eindeutig den Stückentwürfen oder den Prosamanuskripten zuzurechnen sind. Angesichts dieser wenig hilfreichen Einteilung wäre es nun nicht sinnvoll gewesen, eine bandinterne Anordnung zu treffen, die zuerst alle Tagebücher, dann alle Skizzenbücher usw. wiedergibt. Nicht weniger problematisch erwiesen sich die Datierungen der Hefte. Im Zuge der Edition der Tagebücher sind nun eindeutige Fehler in der bisherigen Datierung aufgefallen, die, nachdem die Benennungen (Datierung und Genrebezeichnung) innerhalb des zuständigen Archivs, Österreichisches Theatermuseum, unabänderlich waren, wenigstens nicht zu einer unrichtigen Anordnung der Hefte innerhalb der Edition führen sollten. Das Prinzip der Heftfolge ist es nun, daß der entstehungsgeschichtlich jeweils frühere Text dem späteren vorangestellt wird. Anhand z. B. des vierten Bandes der »Tagebücher, Skizzenbücher und Notizhefte« (1904-1905) bedeutet das also, daß der Text »1905: Notizheft 3« (Beginn der Eintragungen: Mitte November 1904) notwendigerweise vor dem Text »1904-08: Tagebuch« (Beginn der Eintragungen: 28. November 1904) wiedergegeben wird. So wie die Heftbezeichnungen Datierungsschwächen aufweisen, was den Beginn der Eintragungen anbelangt, so informieren sie auch ungenau über den Zeitpunkt der letzten Eintragung Bahrs. Einerseits mag das seine Ursache in Bahrs Neigung gehabt haben, seine Tagebuchtexte zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt noch zu ergänzen, andererseits werden dafür auch diverse Ordnungsbemühungen des Autors, seiner Frau oder vielleicht unberufener Personen verantwortlich sein, die dazu führten, daß den Heften Zettel oder sogar Textkonvolute aus wesentlich späterer Zeit beigelegt wurden.[3] Für den Benutzer der Tagebuchedition bedeutet das nun, daß Band- wie Heftbezeichnungen nur zeitliche Schwerpunkte fixieren. Es kann also wie z. B. im vierten Band vorkommen, daß sich auch Texte aus späterer als der im [3/ S. 183:] Titel angeführten Zeit finden lassen. Ausschlaggebend für die Aufnahme in den jeweiligen Band ist auch hier nur die jeweils früheste Eintragung und der zeitliche Schwerpunkt. |
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Editorische Richtlinien innerhalb des EinzelheftesDie Transkription der Tagebücher, Notizhefte und Skizzenbücher folgt, was Einteilung, Abschnitte, Absätze, Orthographie und Hervorhebungen anbelangt, dem Bahrschen Original. Daß eine Wort-für-Wort-Wiedergabe der leichten Lesbarkeit des Textes nicht zuträglich ist und dementsprechend auch schon in Rezensionen moniert wurde, ist angesichts des fragmentarischen Charakters der Aufzeichnungen naheliegend, jedoch würden jegliche Eingriffe in die Beschaffenheit des Bahrschen Textes sowohl eine grobe Verletzung gegenwärtiger Editionspraxis darstellen, als auch - und nun gerade bei Bahr - die typischen Textstrukturen verwischen.
Der textkritische Apparat, bewußt kurz gehalten, versucht die wichtigsten Hinweise für eine philologisch getreue Rekonstruktion des Bahrschen Originals zu geben. Dazu zählen vor allem die Kennzeichnung von Streichungen, Varianten, Angaben zu nicht wiedergegebenen Zeichnungen und Skizzen Bahrs sowie eine Unterscheidung zwischen Notaten in Bahrs eigener Handschrift und solchen von anderer Hand, zumeist der seines Schreibers. Auch hierbei bemühten bzw. bemühen sich die Bearbeiter, den kritischen Apparat nicht auf Kosten der Lesbarkeit des Textes übermäßig anschwellen zu lassen. So unterblieben [3/ S. 184:] z. B. Hinweise auf den Wechsel des Schreibmaterials (Tinte / Bleistift usw.), so viel dies auch über die jeweilige Schreibsituation Bahrs aussagen mag. Neben diesem kritischen Apparat, der seine Informationen hauptsächlich in Fußnotenform zugänglich macht, bietet die Tagebuchedition auch einen Endnotenteil, der dem einzelnen Heft angehängt ist. Die erste Endnote zitiert die formale Erfassung des Heftes im Wortlaut Erna Krampfs, d. h. dem Leser werden Angaben zur Datierung, zum Genre (Tagebuch, Skizzenbuch, Notizheft oder Kalender) und zur Beschaffenheit des Originals (Buch, Heft, Kuvert mit losen Blättern, Kassette usw.; Format, Seitenzahl) gegeben. Ein kurzer Folgetext der Bearbeiter korrigiert - falls notwendig - die Datierung, faßt die wichtigsten inhaltlichen Akzente zusammen und stellt das Heft in größtmöglicher Kürze in einen biographischen Kontext. Die folgenden Endnoten bringen bibliographische Hinweise. Sie dienen der Vervollständigung von bibliographischen Angaben im Text. Ihre Notwendigkeit scheint dadurch gegeben, daß auf der einen Seite von einer eigentlichen Kommentierung der Bahrschen Tagebücher vor der Fertigstellung der Textbände abgesehen wurde, auf der anderen Seite die Benützer ein naheliegendes Interesse an Lesehilfen eingefordert hätten. Diesen bibliographischen Hinweisen kommt nun sicherlich eine kommentarähnliche Funktion zu, sie lassen sich aber nur als erste Orientierung und Hilfe für den Benützer verstehen.
Das Personen- und Werkregister, das jeden Band beschließt, ist sicherlich der arbeitsaufwendigste Teil der gesamten Edition. Es umfaßt zentrale Aspekte einer vorläufigen Kommentierung und erleichtert zudem den Zugang zu den Inhalten der Tagebücher wesentlich. Benutzerfreundlichkeit ist also auch hier ein entscheidendes Kriterium, das die Anlage des Registers bestimmt. Zu seiner Beschaffenheit ist anzumerken, daß es alle in den Tagebüchern genannten Personen mit Geburts- [3/ S. 185:] und Sterbedaten anführt und alle im Text zitierten selbständigen Publikationen mit Kurztitel ausweist. Wurden in den ersten drei Bänden ausschließlich Buchpublikationen in das bio-bibliographische Register aufgenommen, so zeigte sich mit Fortschreiten der Arbeiten, daß in diesem Punkt ab dem vierten Band eine notwendige Ergänzung zu treffen ist. Um der seit der Bekanntschaft Bahrs mit der Opernsängerin Anna von Mildenburg, seiner späteren Frau, essentiell gesteigerten Bedeutung der Musik im Tagebuch Rechnung zu tragen, wurden in diesem vierten Band Musikwerke, sofern sie als selbständige Publikationen vorlagen, in das Personen- und Werkregister am Ende des Bandes aufgenommen. |
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KommentarbandDa die Arbeiten an den Textbänden nun so weit gediehen sind, daß kaum noch Veränderungen in den Editionsrichtlinien zu erwarten sind, werden zwischen den theoretischen Überlegungen zu einer effektiven Kommentierung der Bahrschen Tagebücher und der Kommentierungspraxis der nächsten Jahre vermutlich einige Diskrepanzen entstehen. Vorläufig werden folgende Inhalte des Kommentarbandes in Erwägung gezogen:
Diskutiert wird zur Zeit auch die Frage einer Edition der »Notizhefte o. J.« als Nachtragsteil innerhalb des Kommentarbandes. Dabei handelt es sich um einige wenig umfangreiche Textkonvolute, die von Erna Krampf nicht datiert werden konnten, aber innerhalb der Rubrik »Tagebücher, Skizzenbücher, Notizhefte« abgelegt wurden. Aus diesen Textkonvoluten könnten nun diejenigen, die aufgrund des Inhalts und der Spezifika der Handschrift Bahrs dem Zeitraum 1885 bis 1908 zugerechnet werden können, wiedergegeben werden. Daß sich auch in anderen Teilen des Nachlasses Hermann Bahrs Texte finden, die den Kriterien der Tagebücher, Skizzenbücher und Notizhefte entsprechen und aus dem relevanten Zeitraum stammen, ist jedem Benutzer des [3/ S. 186:] Nachlasses ersichtlich. Diese Texte kommen aber für die Herausgabe nicht in Frage, weil für ihre Edition die Lizenz fehlt und zudem eine völlige Neuordnung des Nachlasses erforderlich wäre. Die Edition der Tagebücher hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bahr intensiviert. Ohne Bahr als Autor aufwerten zu wollen, gehen Herausgeber und Bearbeiter davon aus, daß für viele Themen, die sich mit Aspekten der Wiener wie der europäischen Moderne auseinandersetzen, die Benutzung der Tagebücher bereichernd, wenn nicht unerläßlich ist. Lukas Mayerhofer |
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Anmerkungen1] Selbstverständlich sind diese Begriffe nur als Relationsbeziehungen zu verstehen, ist doch ein nicht-öffentliches Schreiben für einen professionellen Autor kaum denkbar, noch dazu bei einem, der wie Bahr trotz aller eigenen Dementis so sehr auf Wirkung bedacht wie von der Gunst des Publikums abhängig war. 2] Vgl. Erna Krampf: Aufarbeitung des Hermann-Bahr-Nachlasses. Endbericht. Wien 1983 (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung; Forschungsaufträge). 3] Den Versuch einer genauen Datierung leistet nun die erste Endnote eines jeweiligen Heftes. |
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