Alfredo Bauer

geb. 1924

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Foto: Volker Kaukoreit, Wien

Alfredo Bauer (Pseudonyme: Jorge Bermúdez Blanco, Alfredo Ackermann, Roberto Bandler), geboren am 14. 11. 1924 in Wien, entstammt einer alteingesessenen jüdischen Familie. Mit vierzehn Jahren muß er mit seinen Eltern nach Argentinien emigrieren. Dort besucht er die deutschsprachige antifaschistische Pestalozzi-Schule in Buenos Aires. Ab 1941 beteiligt er sich aktiv am politischen Leben des Exils, im Jugendclub Blau-Weiß, in der Frei-Österreich-Bewegung und im Kommunistischen Jugendverband. In den Kriegsjahren beginnt er auch, Gedichte zu verfassen, die im "Argentinischen Tageblatt" veröffentlicht werden. 1944 erscheint "Die Antwort", ein Chorspiel über den österreichischen Freiheitskampf mit Brechtschen Anleihen.

Nach dem Krieg entschließt sich Bauer, in Argentinien zu bleiben, wo er Medizin studiert und anschließend als Gynäkologe und Kinderarzt arbeitet. Die politischen Ideale seiner Jugend prägen sein gesamtes Leben, seit 1946 ist er Mitglied der Kommunistischen Partei Argentiniens, im Laufe seines Lebens wird er zweimal aufgrund seiner politischen Überzeugung aus Spitälern entlassen. 1958 erscheint in Leipzig "Des Teufels Wettermacher", ein gesellschafts- und kapitalismuskritisches Kleinkunststück in Soyferscher Manier über den Fortschritt, der sich in falschen Händen als Rückschritt für die Menschheit erweist. In den folgenden Jahrzehnten veröffentlicht Bauer vorwiegend auf Spanisch: Essays, Artikel, seine populärwissenschaftlichen Abhandlungen über die Rolle der Frau in der Gesellschaft ("La mujer, ser social y conciencia", 1970) sowie u. a. über die Geschichte der Juden ("Historia Crítica de los Judíos", 1971), wobei er mit seinen emanzipatorischen Forderungen - vor allem unter der argentinischen Militärdiktatur - Mut beweist.

1976 erscheint der erste Roman in zyklischer Form. In der fünfbändigen Familiensaga "Los compañeros antepasados" spiegelt sich in der Geschichte der Wiener Familie Baiersdorf die österreichisch-jüdische Geschichte vom Revolutionsjahr 1848 bis zur Vertreibung durch die Nationalsozialisten. Die Inspiration zum Romanzyklus liefern Tagebücher und Briefe von Bauers Urgroßvater, die ihm eine Tante, die das KZ überlebt hat, übergibt. Nur die ersten zwei Bände erscheinen in der Deutschen Demokratischen Republik auf Deutsch. In den 1980er Jahren folgen Erzählungen ("El hombre, la fe, el delirio y la razón", dt. 2006: Vom Menschen, vom Glauben, vom Wahn und von der Vernunft") und Aufsätze. 1990 erscheint der vom Argentinischen Schriftstellerverband mit der "Faja de Honor" (Ehrenschleife) ausgezeichnete Stefan-Zweig-Roman "El hombre de Ayer y el Mundo", der die letzten Lebensjahre Zweigs im englischen und brasilianischen Exil nachdichtet: "Wahr sei nicht nur, was tatsächlich geschah, sondern auch, was hätte geschehen können" (Bauer). Ab den 1990er Jahren entdeckt seine alte Heimat den emigrierten Schriftsteller: Übersetzungen, Essays, ein Libretto, Romane - u. a. das Zweig-Buch "Der Mann von gestern und die Welt" (1993), "Geliebteste Tochter" (1997), "Eine Reise" (2005, auf Spanisch bereits 1992) - und die Szenenfolge über 2000 Jahre jüdische Geschichte "Anders als die anderen" (2004) erscheinen in Österreich.

Alfredo Bauer war über Jahre hinweg Mitarbeiter beim "Argentinischen Tageblatt" und ab 1988 bei "Mit der Ziehharmonika. Zeitschrift für Literatur/Widerstand/Exil" (später "Zwischenwelt", Wien) tätig. Nicht zu vergessen ist Bauer als Übersetzer von Heinrich Heine, Jura Soyfer, Felix Mitterer und anderen ins Spanische, sowie von José Hernández ins Deutsche. Alfredo Bauer, dessen zweite Ehefrau Gerti im April 2015 verstarb, lebt heute im Stadtviertel Belgrano von Buenos Aires.

Preise und Auszeichnungen (Auswahl): "Faja de Honor" der Sociedad Argentiña de Escritores (1982 und 1991), Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Preis der DDR (1987), Übersetzerstipendium der Stadt Wien (1994), Theodor Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil (2002, gemeinsam mit Fritz Kalmar), Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien (2010).

ÖLA 305/06: Vorlass

Zugangsdatum: 2006.
Umfang: 44 Archivboxen.
Der Bestand ist in Bearbeitung und zur Zeit nur eingeschränkt benutzbar.

Ordnungssystematik/Inhaltsübersicht

Briefe u.a. von: Günter Amendt, Helli Andis, Osvaldo Bayer, Donald Daviau, Ernst Fischer, Bruno Frei, Karl-Markus Gauß, Gerhard Giesa, Gustav Glück, Erich Hackl, Peter Hacks, Erich Honecker, Margot Honecker, Horst Jarka, Kontantin Kaiser, Felix Kreisler, Egon Krenz, Franz Marek, Kurt Neumann, Siegfried Schnabl, Herbert Steiner, Vladimir Vertlib, Diego Viga, Arthur West, Jean-Marie Winkler, Harry Zohn

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last update 03.04.2016