Biobibliographie, Typoskript, Fragebogen
1974
Biographische Angaben
1) Name, Vorname, Wohnort (PLZ), genaue Adresse, Tel.
Jandl Ernst, A-1020 Wien, Untere Augartenstr. 1-3/1/19
Tel.: 33 84 703
2) Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit.
1. August 1925, Wien, Österreich
3) Ev. Namen und bedeutsame Stellung der Eltern oder Familienangehörigen.
Dipl.Ing. Robert Jandl, Architekt (Bruder)
Hermann Jandl, Schriftsteller (Bruder)
4) Zivilstand, früherer Name der Gattin
unverheiratet (geschieden seit 1955)
5) Vornamen der Söhne. Wohnort. Vornamen und (heutige) Namen der Töchter. Wohnort.
6) Beruf, Beschäftigung, Stellung, Firma, Geschäft.
Schriftsteller
Professor für Deutsch und Englisch an Allgemeinbildenden
Höheren Schulen (Karenzurlaub seit September 1969;
zuletzt am Bundesrealgymnasium Wien 4, Waltergasse 7)
7) Bildungsgang (Schulen, Studien, Dissertation) mit Daten.
Volksschule; humanistisches Gymnasium (1935-1938 Schottengym-
nasium Wien; 1938-1943 Gymnasium Wien 3, Kundmanngasse 22);
Abitur 1943; 1946-1950 Studium an der Universität Wien (Germanistik
und Anglistik), 1949 Lehramtsprüfung (Deutsch, Englisch),
1950 Promotion zum Dr. phil. (Dissertation bei Prof. Eduard Castle:
"Die Novellen Arthur Schnitzlers")
8) Berufliche Laufbahn.
1949/50 Probedienst am Bundesgymnasium Wien 1, Stubenbastei 6;
1950-52 Professor am Bundesgymnasium Wien 2, Zirkusgasse 48;
1952/53 German Assistant, East Barnet Grammar School, England;
ab 1953 Professor am Bundesrealgymnasium Wien 4, Waltergasse 7;
1964/65 Karenzurlaub zur intensiven Fortführung der schrift-
stellerischen Laufbahn;
ab 1969 Karenzurlaub zum gleichen Zweck;
Herbst 1971 Gastprofessor, German Department, University of Texas,
Austin (3 Monate)
ab 1952 kontinuierlich Publikation von Lyrik in Zeitschriften und
Anthologien; vereinzelt kurze Prosa und Kritiken;
1956 erste Buchveröffentlichung
ab 1956 "Sprechgedichte", konkrete Poesie, experimentelle Texte;
bald darauf Ende der Publikationsmöglichkeit in Österreich;
ab 1962 gelegentlich Publikation in österreichischen Zeitschriften;
Für weitere Angaben und Mitteilungen bitte Rückseite oder separates Blatt ausfüllen.
8) Berufliche Laufbahn (Fortsetzung)
ab 1963 massive Veröffentlichung von "Sprechgedichten", konkreter
Poesie und experimentellen Texten in zahlreichen Zeit-
schriften und Anthologien in der Bundesrepublik Deutschland;
kontinuierliche Publikationsmöglichkeit nun auch in Öster-
reich in der von Alfred Kolleritsch in Graz redigierten
Avantgardezeitschrift "manuskripte" und ab 1966 in der
von Otto Breicha und Gerhard Fritsch herausgegebenen
Jahresschrift (später Halbjahresschrift) "protokolle";
ab 1963 durch Reinhard Döhl enger EKontakt mit der "Stutt-
garter Gruppe": Max Bense, Elisabeth Walther, Helmut
Heißenbüttel, Claus Henneberg, Franz Mon; bald darauf
enge Kontakte mit dem "Forum Stadpark" in Graz;
erfolgreiche Lesungen in Stuttgart und Graz als Beginn
einer regen Vortragstätigkeit;
1965, 66 und 71 Lesungen in Großbritannien, 1966 Realisation
radiophoner Texte für BBC, London, 3. Programm;
1966 erste umfassende Buchveröffentlichung von "Sprechgedichten",
konkreter Poesie und experimentellen Texten ("Laut und
Luise", Walter Verlag, Olten/Schweiz); seit 1968 Autor
des Hermann Luchterhand Verlags, Neuwied; seit 1968
Schallplatten ("Sprechgedichte") im Verlag Klaus Wagenbach,
Berlin;
Lesungen an zahlreichen Orten in der Bundesrepublik Deutschland
und in Österreich, ausserdem Holland, Luxemburg, Polen,
Ungarn
Teilnahme an allen bedeutenden Ausstellungen internationalen
Ausstellungen konkreter Poesie
1970/71 einjähriger Aufenthalt in Westberlin als Gast des
"Berliner Künstlerprogramms" des "Deutschen Akademischen
Austauschdienstes" (DAAD)
1972 gemeinsam mit Friederike Mayröcker Lesereise durch U.S.A.
9) Hat ev. Ihre Gattin (Ihr Gatte) Sie in Ihrer Arbeit ausserordentlich unterstützt?
Seit 1954 Freundschaft und Zusammenarbeit mit Friederike Mayröcker,
der bedeutendsten modernen deutschsprachigen Dichterin, die mich
seit nunmehr 20 Jahren in meiner Arbeit außerordentlich unterstützt.
10) Leistungen und Erfolge, Publikationen, Auszeichnungen, Ehrungen, Titel, Preise,
Verwaltungsrats-
mandate (Prasidien, Vizepräsidien), andere wichtige Mitgliedschaften (ev. mit Daten).
Publikationen: siehe Beiblatt
1969 gemeinsam mit Friederike Mayröcker "Hörspielpreis der
Kriegsblinden für das beste deutschsprachige Hörspiel"
Mitglied der progressiven Künstlervereinigung "Forum Stadtpark", Graz;
seit 1970 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin;
1973 Mitbegründer und Vorstandsmitglied der "Grazer Autorenversamm-
lung"
11) Wodurch und zu welchem Zeitpunkt sind Sie in der Öffentlichkeit am meisten bekannt
geworden?
Durch die erfolgreiche Teilnahme an \"Wholly Communion - International Poetry Incarnation",/
der historischen internatio-
nalen Dichterlesung in der Royal Alber Hall, London, 11. Juni 1965,
und durch den mir und Friederike Mayröcker 1969 gemeinsam verliehenen
"Hörspielpreis der Kriegsblinden" für das gemeinsam verfaßte Hörspiel
"Fünf Mann Menschen", das zum Startsignal für das sog. "Neue Hörspiel"
wurde.
12) Welche Ihrer Leistungen erachten Sie als die bedeutendste? Welche Anerkennung hat
Ihnen beson-
dere Freude bereitet?
Die Weckung - vor allem bei jungen Menschen - eines neuen, lebhaften
Interesses an der literarischen Gattung des Gedichts; dies gelang
in erster Linie durch "Sprechgedichte". -
Die Aufnahme, 1970, in die Akademie der Künste, Berlin.
13) Wofür haben Sie sich in der Vergangenheit besonders eingesetzt und wofür setzen Sie
sich heute
besonders ein?
Ziel meiner Arbeit, heute wie früher, sind funktionierende,
lebendige, wirksame direkte Gedichte, gesteuert, von welchem
Material immer sie ausgehen und in welcher Form immer sie
hervortreten, von dem was in mir ist an Richtung und Neigung,
an Freude und Zorn. Was ich will, sind Gedichte, die nicht
kalt lassen. - Seit der Gründung (März 1973) engagierte Mitarbeit
in der "Grazer Autorenversammlung", der Vereinigung aller pro-
gressiven österr. Autoren; Ziel: kulturpolitische Erneuerung,
Brechung von Monopolen im Kulturbereich, Beseitigung hierarchischer
Reste.
14) Was ist Ihre Lebensmaxime? Haben Sie Vorbilder? Wurden Sie vielleicht schon von
jemanden
treffend charakterisiert?
Totales Engagement für Literatur als Kunst. Vorbild: Gertrude Stein,
die große amerikanische Dichterin. - "Jandls Wesen ist scharf, dem
Ärger aufgetan, aber auch der vitalen Freude, politisch und ästhe-
tisch aggressiv, verstandbetont, aber den Reizen des Unlogischen in
Gehirn und Leben offen." (Andreas Okopenko in "Wort in der Zeit"
1/1964)
15) Welches sind Ihre bevorzugten Freizeitbeschäftigungen?
Stadtspaziergänge. Schachspiel. Anhören von Jazz und klassischer
Musik. Sammeln einschlägiger Schallplatten.
16) Bitte legen Sie Ihren biographischen Angaben ein gutes Original-Porträt-Foto in schwarz-
weiss
und ev. bereits über Sie publiziertes Material bei, das uns eine Hilfe bei der Redaktion
sein könnte.
Wir werden Ihnen nach Gebrauch gerne alles zurückgeben.
Unterschrift in schwarz. Ernst Jandl