85 Jahre allgemeines Frauenwahlrecht in Österreich
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II. Die Frau als Wählerin und Politikerin - 1918 bis 1919
Frauen im Parlament
Emmy Freundlich
Emmy Freundlich

Im Gegensatz zu anderen sozialistischen Mitstreiterinnen stammte Emmy Freundlich aus einer wohlhabenden Familie: Sie wurde 1878 in Aussig (Böhmen) als Tochter eines Ingenieurs und Bürgermeisters als Emmy Kögler geboren. Durch die Beziehung zu einem Sozialdemokraten kam sie in Berührung mit sozialistischem Gedankengut. Sie gab die Sicherheit ihres Elternhauses auf und verließ mit ihrem Freund die Heimatstadt. Fortan lebte sie als Schriftstellerin und bildete sich vor allem in Bezug auf wirtschaftliche Fragen weiter. Ein besonderes Augenmerk widmete sie der Genossenschaftsbewegung und den volkswirtschaftlichen Aspekten von Ernährungsfragen.

Als Emmy Freundlich 1919 als Abgeordnete in den Nationalrat einzog, konnte sie dieses Wissen einbringen: In Belangen von Zoll- und Steuerrecht vertrat sie kompetent ihren Standpunkt und wusste sich schlagfertig gegen die zahlreichen männliche Angriffe zu verteidigen. Als Direktorin im Bundeministerium für Volksernährung hatte sie eine in der Nachkriegszeit besonders wichtige und verantwortungsvolle Stellung inne. In dieser Zeit war das die höchste weiblich besetzte staatliche Funktion in Österreich. Während ihrer politischen Laufbahn war sie als Delegierte auf der Weltwirtschaftskonferenz 1928 und Mitglied des Wirtschaftsrates des Völkerbundes auch international tätig. Seit 1921 fungierte sie als Präsidentin der internationalen genossenschaftlichen Frauengilde; sie wurde immer wieder gewählt und behielt das Amt bis zu ihrem Tod.

1934, nach der Ausschaltung des Parlaments, wurde sie zunächst verhaftet. Fünf Jahre später gelang es ihr, nach England zu emigrieren. 1947 zog sie schließlich nach New York, um als Beobachterin der internationalen Frauengilde im Wirtschafts- und Sozialrat der UNO mitzuwirken. Lange konnte sie dieses Amt jedoch nicht mehr ausfüllen – Emmy Freundlich starb bereits im folgenden Jahr.