[Über die Dörfer] (fragmentarisch überlieferte Textfassung 3c)

Typoskript 2-zeilig, Abschrift fremder Hand, mit hs. Korrekturen von Peter Handke, 6 Blatt, ohne Datum [??.??.1981]

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Die 93 Blatt umfassende, korrigierte Abschrift von Über die Dörfer (Textfassung 3a) dürfte Peter Handke gleich zwei Mal kopiert haben. Eine der beiden Kopien schickte er mit weiteren Korrekturen an den Suhrkamp Verlag (Textfassung 3b), die zweite Kopie (Textfassung 3c) behielt er sich. Von dieser Variante der dritten Textfassung sind lediglich sechs Blätter des Stückanfangs erhalten, die Seiten 1 sowie 3-7. Der Verbleib der restlichen 87 Blätter ist nicht bekannt. Ob Handke die Korrekturen von Textfassung 3b in sein Kopieexemplar übertragen hat, lässt sich anhand der wenigen überlieferten Blätter nicht sagen. Sie zeigen jedoch starke Eingriffe Handkes, die in den Textfassungen 3a und 3b nicht vorhanden sind, aber später in der vierten Textfassung des Stücks berücksichtigt wurden.

Es handelt sich vor allem um Streichungen, die eine Straffung der Dialoge und eine Verallgemeinerung der Motive bewirkte, wie die Korrekturen in Novas Anfangsrede zeigen: »Du, der Soundso, und ich, die Soundso, als die vom Fluch der Blutsverwandtschaft losgesagten f\F/reien Menschen. Du, das Auge des Passanten, und ich, der Antwortblick der Passantin. Aber jetzt plauderst du aus, nennst \du/ Namen, schrumpfst zum Menschenkind, schrumpelst zum Menschenbalg – verrätst dich. Du fährst aus dem Schlaf und redest von "Bruder" und "Schwester", rufst Sachen wie "Haus" und "Wiese" \"Terrasse"/, schimpfst auf "Räuber und Diebe", "Gesindel" und "Pack", umarmst mich und meinst jemand anderen, streichst dem andern über den Kopf, wie du mich nie gestreichelt hast, bittest um "Verzeihung", "Verzeihung", "Verzeihung", beteuerst eine "Liebe", die du mir hier keinmal geschworen hast, willst dann jemandem "die Kehle durchschneiden" und schlägst mich ins Gesicht. Ist es die alte Geschichte?« (Bl. 1) Die Anfangsrede wurde später, in den Druckfahnen erster Lauf (ÖLA SPH/LW/W52), völlig neu geschrieben. Trotz aller Bearbeitungen präsentierte Handke Nova in dieser Version noch als Geliebte Gregors. Ihre Bezeichnung als »Göttin« nahm er bei den Korrekturen in Textfassung 3c aber bereits zurück und strich Gregors Satz: »Nicht so schnell. Du bist zu schnell. Göttinnen sind langsam.« (Bl. 7) Weggefallen ist auch das von Nova für Gregors Konflikt verwendete Bild eines antiken Begräbniskultes – der Würdigung des toten Verwandten durch eine ins Grab gelegte Haarlocke – aus der Tragödie Elektra, das er am 26. Jänner 1980 bei der Sophokles-Lektüre ins Notizbuch geschrieben hatte (DLA, A: Handke Peter, Notizbuch 022, S. 28). Die letzten drei Sätze ihrer Antwort auf Gregor wurden gestrichen, sodass nur mehr ein Satz übrig blieb: »Du fingst von zwei Geschwistern an, und am Ende ging es nur noch um den Bruder. Die Schwester existiert nicht mehr für dich? Im Traum sprachst du von "Unterwelt". Nicht einmal eine Locke legst du auf das Grab?« (Bl. 6-7)

Diese fragmentarisch überlieferte Textfassung 3c ist undatiert. Die darin verzeichneten Korrekturen müssen jedoch Ende Februar/Anfang März entstanden sein – nach den von Peter Handke am 17. Februar 1981 an Siegfried Unseld geschickten Korrekturen zur Textfassung 3b. Ein am 10. März 1981 an seinen Lektor Raimund Fellinger geschriebener Brief zeigt, dass Handke zu diesem Zeitpunkt noch intensiv mit dem Stück befasst war (Handke / Unseld 2012, S. 434). (kp)

Siglenverzeichnis Editorische Zeichen

Tabellarische Daten

Titel, Datum und Ort

Entstehungsdatum (laut Vorlage):  ohne Datum
Datum normiert:  ohne Datum [??.??.1981]

Materialart und Besitz

Besitz:  Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Art, Umfang, Anzahl: 

Typoskript 2-zeilig, Abschrift fremder Hand, 6 Blatt, pag. 1, 3-7 (Blatt 2 fehlt); mit eh. Korrekturen

Format:  A4
Schreibstoff:  Bleistift